Hobby-DSLRs mit unterschiedlichem Bedienkonzept

Testbericht: Canon EOS 77D und EOS 800D

2017-12-26 Mit der EOS 77D und 800D hat Canon erneut zwei nahezu identische Kameras für den ambitionierten Einsteiger auf den Markt gebracht. Mit nur geringfügigen Änderungen im Bedienkonzept, Bedienelementen und der Ausstattung könnten die 24 Megapixel-Kameras echte Geschwister sein, wenn da nicht die unterschiedliche Bezeichnung wäre. Worin sich die beiden Kameras genau unterscheiden und wieso die Kameras nicht ähnlich heißen, klären wir in diesem Testbericht.  (Harm-Diercks Gronewold)

Ergonomie und Verarbeitung

Trotz der deutlichen Übereinstimmungen der Ausstattungsmerkmale der EOS 800D und der 77D tragen beide Kameras einen unterschiedlichen Namen und dieser sorgt dafür, dass die Kameras in verschiedene Produktkategorien und auch Vertriebskanäle von Canon eingeordnet wird. Während die EOS 800D den üblichen Serviceweg nimmt, zählt die EOS 77D zu den Kameras, die für die Mitgliedsstufe des Canon Professional Service, kurz CPS, angerechnet werden. Mitglieder der kostenlosen CPS-Mitgliedschaft verfügen je nach Mitgliedsstufe über verkürzte Reparaturzeiten, Leihgeräte und einen kostenlosen Reinigungsservice zweimal im Jahr. Mehr zu den CPS-Mitgliedsstufen ist auf der Canon Website zu erfahren (siehe weiterführende Links).

Doch auch abseits der CPS-Tauglichkeit der EOS 77D hat die Kamera der EOS 800D einige Ausstattungsmerkmale voraus. Diese machen sich besonders im Handling der Kamera bemerkbar. Während Akku- und Speicherkartenfach bei beiden Kameras auf der Unterseite beziehungsweise am Handgriff zu finden sind, ist bei der Draufsicht leicht erkennbar, dass die EOS 77D über ein zusätzliches LC-Info-Display verfügt. Das Moduswahlrad mit Einschalthebel ist auch nicht an der selben Stelle zu finden. Beide Kameras verfügen über das gleiche Prinzip des Einschalthebels, das leider etwas unglücklich gelöst ist. Denn der Einschalthebel besitzt drei Positionen: aus, an und Videomodus. Der Videomodus befindet sich am Ende der Hebeleinstellung. Zwar rastet der Hebel recht straff ein, aber in der Hitze des Gefechtes kann es schon vorkommen, dass der Fotograf den Hebel zu weit nach vorne beziehungsweise zur Seite schiebt und im Videomodus landet und nicht im Fotomodus. Die Moduswahlräder selber haben ebenfalls einen kleinen Unterschied. Das Rad der EOS 77D besitzt eine Sperrtaste. Diese muss gedrückt gehalten werden, bevor der Fotograf den Betriebsmodus ändern kann. Dies soll verhindern, dass man versehentlich die Betriebsart ändert.

Die Rückseite der Kameras muss man sich schon genauer anschauen, um zu erkennen, worin sie sich unterscheiden. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail und so stolpert der Fotograf auf der Kamerarückseite über das verriegelbare Daumenrad der EOS 77D, dieses fehlt gänzlich bei der EOS 800D. Dafür besitzt die EOS 800D eine dedizierte Taste für die Belichtungskorrektur. Diese wird bei der EOS 77D mit dem Daumenrad ausgeführt, nachdem der Auslöser einmal angetippt wurde. Das Daumenrad ist ein klarer Vorteil der EOS 77D, da es Einstellungen beschleunigt und einen erhöhten Komfort der Kamera im Arbeitseinsatz bietet.

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Auf der Rückseite dominiert bei beiden Kameras ein 3”-TFT-Touchscreen, der sich drehen, klappen und schwenken lässt. Dies bedeutet problemlose Frosch- und Vogelperspektiven. Natürlich ist auch der “klassische” Selfie mit dem beweglichen Display kein Problem. Die Touchbedienung hat Canon voll im Griff. Die Steuerung der Kameraeinstellungen geht problemlos und sehr präzise von der Hand. Auch Neueinsteiger werden in kurzer Zeit mit dem Canon Bedienkonzept warm werden. Dies ist der klaren “Karteikarten”-Struktur der einzelnen Menüs geschuldet, durch die der Fotograf entweder per Touchbedienung, per Richtungstasten oder mit einer Mischung aus beidem navigieren kann. In unserem Test sind wir mit einer Bedienungsmischung aus Richtungstasten beziehungsweise Daumenrad und Touchscreen sehr schnell durch die Menüs zu den Einstellungen gelangt, die für uns relevant waren. Um noch schneller an wichtige Einstellungen zu gelangen, ist es bei beiden Kameras möglich, eigene Menükonfigurationen zu erstellen, in der nur die Menüpunkte zu finden sind, die für den Fotografen relevante Einstellungen bieten. Beide Kameras besitzen eine dedizierte Taste, um die ISO-Empfindlichkeit einzustellen. Dies erleichtert das Ändern der Empfindlichkeit deutlich und ist vor allem wesentlich schneller, wenn es drauf ankommt. Für einige Verwunderung hat die ISO-Erweiterung gesorgt. Diese ist nämlich nicht in den Aufnahmeeinstellungen im Menü zu finden, also dort, wo auch das ISO-Limit der Automatik eingestellt wird, sondern muss im Custom-Funktionsmenü (C.Fn) erst aktiviert werden.

Der optische Sucher gehört zu den definierenden Eigenschaften einer Spiegereflexkamera. Im Fall der beiden Kameras basiert der Sucher auf einem Spiegelsystem und bietet etwa 95% Bildfeldabdeckung. Der Sucher bietet einen recht guten Überblick über die Belichtungseinstellungen und die Autofokusmessfelder werden per Überlagerung im Sichtfeld eingeblendet und verändern sich, je nachdem welches Messmuster der Fotograf auswählt. Zudem werden die Messfelder beleuchtet angezeigt.  Muss der Fotograf eine Brille tragen, so ist die Übersicht nicht mehr ganz so gut. Aus diesem Grund gibt es einen Dioptrienausgleich, der Sehfehler von -3 bis +1 Dioptrien ausgleichen kann. Der Monitor zeigt bei der Benutzung des Suchers die Belichtungseinstellungen, Betriebsart und einiges mehr an. Damit der Fotograf in dunklen Umgebungen nicht davon geblendet wird, schaltet sich das Display bei der 77D automatisch ab, wenn der Fotograf sein Auge an den Sucher legt. Bei der 800D muss der Fotograf den Monitor nach innen klappen oder mit einem Druck auf die Info-Taste den weniger störenden elektronischen Horizont aktivieren.

Die Stromversorgung wird über einen LP-E17 Lithiumionenakku gewährleistet. Dieser soll für bis zu 440 Aufnahmen Energie bereitstellen. Diese Angaben beruhen auf Tests nach dem CIPA-Standard. Für den stationären Betrieb kann in beiden Kameras ein Netzgerät mit Akkufach-Adapter (DR-E18) eingesetzt werden. Das Stativgewinde ist aus Metall und in der optischen Achse angebracht und hat genug Abstand vom Akkufach, dass ein Akkuwechsel mit einer mittelgroßen Schnellwechselplatte kein Problem darstellen sollte. Konnektivität steht bei Canon generell hoch im Kurs und so verwundert es nicht, dass die Kameras mit WLAN und Bluetooth ausgestattet sind. Neben der drahtlosen Konnektivität bieten die Kameras zudem eine Mini-HDMI- sowie eine USB-Schnittstelle. Auch ein 3,5 mm Klinkensteckeranschluss für ein Stereomikrofon und ein Steckanschluss für einen Kabelauslöser sind auf der linken Seite der Kamera, unter Kunststoffabdeckungen, vorhanden.

Das Gehäuse der beiden Kameras besteht aus Kunststoff und ist an den wichtigen Stellen mit griffigen Gummiarmierungen bestückt. Das Objektivbajonett besteht dagegen bei den beiden Kameras aus Metall. Einen wackeligen oder gar minderwertig verarbeiteten Eindruck machen beide Kameras nicht. Während die EOS 800D ein “Arbeitsgewicht" von etwa 740 Gramm auf die Waage bringt, erreicht die EOS 77D ganze 750 Gramm, ist also unwesentlich schwerer.

Wie üblich bei Canon versieht auch in der EOS 77D und EOS 800D ein CMOS-Aufnahmesensor seinen Dienst. In diesem Fall besitzt der Sensor APS-C-Abmessungen (22,5 x 15 mm) und eine effektive Auflösung von 24,2 Megapixeln. Zudem sind auf dem Sensor sogenannte Dual Pixel untergebracht. Diese werden im Live-View-Modus eingesetzt und beschleunigen die Autofokusgeschwindigkeit. Wie das funktioniert, erläutern wir ein wenig weiter unten im Text.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.