Kleine DSLR mit Klappmonitor

Testbericht: Canon EOS 200D

Seite 2 von 2, vom 2017-11-06 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Einsteiger-Kameras auch im Spiegelreflex-Segment besitzen neben den Aufnahmefunktion auch eine Vielzahl von Wiedergabefunktionen. Im Fall der EOS 200D umfassen diese neben den üblichen Beschnitt-, Rotations-, Bewertungs- sowie Suchfunktionen auch Spezial-Effekte. Diese Spezial-Effekte sind die gleichen die dem Fotografen auch im Aufnahmemenü zur Verfügung stehen. Allerdings haben die nachträglichen Spezialeffekte den Vorteil, dass die Aufnahme im Original bestehen bleiben kann und so in beiden Versionen zur Verfügung steht.

Moderne digitale Spiegelreflexkameras besitzen seit einigen Jahren eine Live-View-Funktion. Bei dieser wird der Spiegel hochgeklappt und der Monitor auf der Rückseite zeigt das Bild an. Der Sucher bleibt dabei natürlich dunkel. Der Nachteil des Live-Views war bislang, dass der Autofokus über die auf dem Sensor ermittelten Kontraste gesteuert wurde. Dieses System ist bei DSLRs sehr träge und machte die Kombination aus Live-View und Autofokus gerade bei schlechten Lichtverhältnissen zur Geduldsprobe. Abhilfe schafft hier ein sogenannter Hybrid-Autofokus. Bei diesem System besitzt der Aufnahmesensor spezialisierte Elemente, die die gleiche Funktionsart haben wie das klassische Phasenautofokussystem einer DSLR. Natürlich besitzt auch die 200D einen Phasenautofokus, wenn der Live-View nicht aktiv ist.

Die längste Auslöseverzögerung mit Autofokus zeigte die EOS 200D bei 55 mm Brennweiteneinstellung mit Live-View. Diese betrug 0,75 Sekunden, die Messung bei gleichen Voraussetzungen mit Phasen-Autofokus lag bei nur 0,4 Sekunden. Im Weitwinkel bei 18 mm lag die Geschwindigkeit bei 0,3 Sekunden und mit Live-View bei 0,5 Sekunden. Trotz des Hybrid-Autofokussystems ist der Phasen-Autofokus schneller. Insgesamt stehen dem Fotografen 49 Messfelder im Live-View und neun Messfelder inklusive einem mittigen Kreussensor beim Phasen-Autofokus zur Verfügung. Die weiteren Sensoren sind weniger genaue Liniensensoren. Eine Schärfennachführung für bewegte Objekte und sich zu bewegende Objekte sowie eine Gesichtserkennung sind ebenfalls vorhanden. In unserem Labortest kam es gelegentlich zu unpräzisem Verhalten des Fokussierens, und zwar sowohl beim Phasen- als auch beim Live-View-Autofokus.

Das eingebaute Blitzgerät liegt, wie bereits erwähnt, mit einer gemessenen Leitzahl von zehn etwas oberhalb der vom Hersteller angegeben Leistung. Der Fotograf auf eine separate Blitz-Belichtungskorrektur zurückgreifen und auch eine Funktion, um den Blitz am Ende der Aufnahme zu zünden, ist vorhanden. Diese erlaubt eine bessere Nutzung des vorhandenen Lichts bei der Aufnahme. Alles in allem ist der eingebaute Blitz aber nur eine “Notbeleuchtung”. Besser geht das Blitzen mit einem externen Aufsteckblitz. Passend dafür besitzt die EOS 200D einen TTL-Blitzschuh. Mit diesem kann die Kamera mit einem kompatiblen Blitz kommunizieren und die Lichtmenge, je nach Anforderung, präzise steuern. Eine Steuerung für das entfesselte Blitzen bietet die EOS 200D nur mit einem externen Systemblitz beziehungsweise Steuergerät auf dem Blitzschuh.

Die Videofunktion der EOS 200D kann ohne abwertend zu klingen als Standard bezeichnet werden. Mehr als eine Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Bildpunkten) mit 50 Bilder pro Sekunde im PAL-Modus und 60 Bildern pro Sekunde im NTSC-Modus sind nicht drin. Eine 4K Auflösung bietet die Kamera nicht an. Wie auch im Fotomodus ist der Videomodus mit einer Motivautomatik ausgestattet, manuelle und halbautomatische Betriebsarten sind ebenfalls vorhanden. Darüber hinaus können Spezialeffekte bei der Aufnahme mit aufgezeichnet werden. Insgesamt stehen dem Fotografen fünf verschiedene Spezialeffekte zur Verfügung, die das Video beispielsweise mit einem Retroeffekt versehen, so dass das Video einem alten zerkratzen Analogfilm ähnelt. Diese Effekte sind allerdings permanent und lassen sich nicht rückgängig machen. Die EOS 200D besitzt ein eingebautes Stereomikrofon, das automatisch ausgesteuert wird. Wenn das nicht ausreicht, kann ein Mikrofon mit 3,5 mm Klinkenstecker angeschlossen werden. Sollen die Videos gleich angeschaut werden, so kann die Kamera mit einem TV-Gerät mit HDMI-Anschluss verbunden werden. Die Autofokusnachführung klappt bei Verwendung des STM-Setobjektivs zufriedenstellend.

Wie Eingangs erwähnt, verfügt die EOS 200D über eine WLAN- und Bluetooth-Funktion. Die Verbindung der Kamera über Bluetooth mit dem Smartphone war leider sehr fummelig. So akzeptiert die App nur Verbindungen, die über die Canon Camera Connect App erstellt wurden. Manuell über das Smartphone-Systemmenü erstellte Verbindungen müssen gelöscht werden. Nachdem die Bluetooth-Verbindung hergestellt wurde, kann der Fotograf die Geotagging-Verbindung aktivieren. Bei der EOS 200D muss eine permanente Bluetoothverbindung vorhanden sein, damit die Positionsdaten in die Metadaten des Bildes geschrieben werden können. Wählt der Fotograf hingegen die Fernbedienungsfunktion aus, dann wird das WLAN aktiviert. Der Theorie nach verbindet sich die Kamera dann automatisch mit dem Smartphone. In unserem Test weigerte sich die App, eine WLAN-Verbindung zwischen einem Samsung S5 und EOS 200D aufzubauen. Die Verbindung zwischen einem Sony Xperia XZ und der Kamera funktionierte dagegen problemlos und schnell. Das Xperia XZ konnte dabei sogar als reiner Fernauslöser ohne Live-View genutzt werden. Die NFC-Funktion hilft, die WLAN-Verbindung schnell aufzubauen. Mit dem Smartphone kann der Fotograf nach erfolgreichem Verbindungsaufbau alle Aufnahme-Einstellungen ändern und die Aufnahme von seinem Smartphone auslösen. Die Bilder können zudem auf das Smartphone übertragen werden, so dass diese gleich geteilt und weiter versendet werden können.

Bildqualität

Wir haben die Canon EOS 200D mit dem EF-S 18-55 mm 4-5,6 IS STM in unserem Labor genau durchgemessen und geben in diesem Abschnitt des Testberichtes einen Überblick über die zu erwartende Bildqualität der Kamera und des Objektivs. Wer sich für mehr Details des Labortests interessiert, kann diesen gegen eine kleine Gebühr als Einzeltest über die weiterführenden Links abrufen. Zudem bieten wir eine “Labortest-Flatrate” an, bei der alle bislang gemachten Labortests zur Verfügung stehen.

Der Schärfenabfall des Objektivs ist auf 20 mal 30 Zentimeter Ausgabegröße recht gering. Da die Werte aber eine Überschärfung zeigen ist davon auszugehen, dass der Bildprozessor hier “nachhilft”. Beugungsunschärfe ist bei keiner Brennweite so stark, dass Bilder sichtbar unscharf werden. Eine Randabdunklung ist zwar vorhanden, diese ist aber mit maximal 0,3 EV fast unsichtbar in allen Brennweiten. Die Verzeichnung, die das 18-55 mm zeigt, ist im Weitwinkelbereich sehr sichtbar tonnenförmig und im Telebereich sichtbar kissenförmig. Die chromatischen Aberrationen hingegen sind gering und werden erst im Telebereich leicht sichtbar. Zwar zeigt die EOS 200D mit dem 18-55 mm 4-5,6 IS STM bei offener Blende im Weitwinkel eine respektable Auflösung, doch die höchste Auflösung von etwa 54 Linienpaaren pro Millimeter in der Bildmitte wird in der mittleren Brennweite bei F5,6 erreicht. Zum Rand fällt die Auflösung in allen Bereichen zum Teil deutlich ab.

Der für die Bildqualität wichtige Signal-Rauschabstand gibt an, wie stark sich das Bildsignal vom Bildrauschen unterscheidet. Im Fall der EOS 200D zeigt dieser einen hohen Abstand bis ISO 200, danach reduziert sich der Abstand immer weiter und wird bei etwas mehr als ISO 800 gering. Ab ISO 6.400 setzt dann offenbar eine Rauschunterdrückung ein, die den Abstand bis ISO 12.800 konstant hält. Darüber hinaus verringert sich der Abstand kontinuierlich. Aufnahmen oberhalb ISO 12.800 sind aus diesem Grund nicht mehr empfehlenswert.

Der Detailverlust über die ISO-Stufen wird anhand eines Texturcharts gemessen. Auch dieses bestätigt den Eindruck der kamerainternen Überschärfung der Bilder. Oberhalb von ISO 1.600 fangen Bilder an, sichtbar unscharf zu werden. Die Schwelle zum sehr unscharfen Bild wird jedoch auch bei der maximalen ISO von 51.200 knapp nicht erreicht. Das Bildrauschen ist bis ISO 3.200 kaum sichtbar und wird darüber hinaus immer stärker sichtbar. Das sehr störende Farbrauschen ist bis ISO 6.400 kein Problem. Danach schlägt die Rauschunterdrückung stark zu und ab ISO 12.800 steigt das Farbrauschen deutlich an. Im Vergleich mit einer gleichwertigen Kamera eines Mitbewerbers liegt die EOS 200D in hohen ISO-Bereichen leicht unterhalb deren Bildqualität. 

Die Eingangsdynamik einer Kamera zeigt, welchen Motivkontrast sie bewältigen kann. Die EOS 200D erreicht hier etwa bei ISO 200 etwas mehr als zwölf Blendenstufen. Darüber hinaus sinkt die Eingangsdynamik immer weiter ab und unterschreitet kurz vor ISO 12.800 neun Blendenstufen. Auf der Ausgabeseite, also der Tonwertübertragung, zeigt die Kamera eine bauchige Kurve, die typisch für Kameras ist, die auf Shoot-to-Print ausgelegt sind. Der Tonwertumfang ist sehr hoch und beträgt fast voll 256 Helligkeitsstufen. Kurz vor ISO 1.600 unterschreitet dieser die Grenze zwischen gut und akzeptabel mit 160 Helligkeitsstufen. Die Messung der Farbtreue zeigt, dass die EOS 200D die Magentatöne deutlich rötlicher darstellt. Orange und grün sind nur leicht verschoben und Cyantöne fast gar nicht. Die Farbabweichung ist im Durchschnitt eher gering.

Alles in allem zeigt die Kamera eine gute Leistung in Kombination mit dem Objektiv. Das volle Potential der Kamera wird allerdings vom Objektiv nicht angekratzt. Fotografen, die mehr wollen, sollten sich also überlegen, ob sie die EOS 200D lieber mit einem hochwertigeren Objektiv einsetzen. Durch die sehr auf Shoot to Print abgestimmte Bildaufbereitung ist die Möglichkeit, die JPEG-Dateien zu bearbeiten, eingeschränkt. Hier hilft nur die konsequente Nutzung des Rohdatenformats oder der Bildstilanpassung, indem die Bildschärfe drastisch reduziert wird. 

Fazit

Die EOS 200D zeigt deutlich, dass Canon es sehr gut versteht, was eine Einsteigerkamera braucht und was nicht. Angefangen beim exzellent verarbeiteten und sehr griffigen Gehäuse bis hin zur jederzeit verständlichen Bedienung über den hochauflösenden und dazu noch beweglichen Touchscreen gab es mit der Kamera keine Unklarheit beim Bedienkonzept. Die Schalter, Wahlräder und Tasten sind straff, lassen sich aber jederzeit einwandfrei bedienen. Ein separater Speicherkartensteckplatz wäre schön gewesen, ist aber der Preis, der für die wirklich geringe Größe gezahlt werden muss. Bei den Aufnahmeprogrammen gibt es ebenfalls nichts auszusetzen und die Motivautomatik erkennt recht sicher verschiedene Aufnahmeszenarien. Schade ist, dass es bei der Kamera keine 4K-Video-Aufnahme gibt, zumal Canon in Sachen Video kein unbeschriebenes Blatt ist und eine solche Funktion aus dem Ärmel hätte implementieren können. Die Bildqualität gibt keinen Anlass zur Klage, solange der Fotograf unterhalb von ISO 1.600 bleibt. Darüber hinaus nimmt die Unschärfe durch Bildrauschen und Rauschunterdrückung kontinuierlich zu. Wie bei Set-Objektiven üblich war auch in diesem Fall das EF-S 18-55 mm 4-5,6 IS STM der limitierende Faktor. Die Kamera kann in Sachen Auflösung deutlich mehr liefern als das Objektiv.
 

Kurzbewertung

  • Kleines, griffiges Gehäuse
  • Beweglicher Touchscreen
  • Nachvollziebares Bedienkonzept
  • Gute Bildqualität bis ISO 1.600
  • WLAN-Funktion bei älteren Smartphones "zickig"
  • Bildqualität bei hohen ISO-Empfindlichkeiten bleibt leicht hinter den Mitbewerbern zurück
  • Autofokus gelegentlich etwas unpräzise

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Steckbrief

Hersteller Canon
Modell EOS 200D
Sensor CMOS APS-C 22,5 x 15,0 mm (Cropfaktor 1,6)
25,8 Megapixel (physikalisch)
24,2 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,7 µm
Auflösung (max.) 6.000 x 4.000 (3:2)
Video (max.) 1.920 x 1.080 60p
Objektiv Canon EF-S 18-55 mm 4-5.6 IS STM (Zoom-Objektiv)
Spiegelreflexsucher Spiegelsucher, 95 Prozent Bildfeldabdeckung, 0,87-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 19 mm Augabstand, Dioptrienkorrektur von -3,0 bis 1,0 dpt, wechselbare Mattscheiben
Monitor 3,0" (7,7 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar ja
  schwenkbar ja
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Mini (Typ C)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 13
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion nein
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (63 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/200 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Canon, Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC ja
GPS extern, dauerhafte Smartphone Verbindung
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Bluetooth-Auslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme
Speichermedium
SD (UHS I, SDXC, SDHC)
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 100-51.200
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 9
1 Kreuzsensoren
8 Liniensensoren
49 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit Phasen-Autofokus: 0,30 s bis 0,40 s
Live-View-Autofokus: 0,50 s bis 0,75 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 122 x 93 x 70 mm
Gewicht (betriebsbereit) 440 g (nur Gehäuse)
658 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 650 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.