Kompaktkamera mit großem Sensor, Kompaktkamera

Testbericht: Canon PowerShot G9 X

2015-12-11 Bisher stellte die PowerShot-S-Serie von Canon die kompaktesten Kameras mit der besten Bildqualität. Doch nun will sich der japanische Hersteller mit der PowerShot G9 X selbst übertrumpfen: Bei fast identischen Abmessungen steckt nun der größere 1"-Sensor im knapp 31 mm dünnen Gehäuse. Als Kompromiss zoomt das Objektiv jedoch nur noch dreifach und verliert sowohl an Weitwinkel als auch an Tele. Dennoch ist die G9 X die mit Abstand kompakteste 1"-Sensor-Kamera am Markt. Zudem setzt Canon auf einen Touchscreen und spart an Bedienelementen. Was die ambitionierte G9 X taugt, zeigt unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Eine schlichte Eleganz und edle Verarbeitung charakterisieren die Canon PowerShot G9 X. Das Design lehnt sich sowohl bei den S-Modellen an, etwa beim schlanken Metallgehäuse und dem kompakten F2-4,9 lichtstarken Dreifachzoom mit Einstellring, aber auch Designelemente der G-Serie finden sich am Gehäuse wieder, etwa bei der "Belederung". Diese ist sowohl rechts als auch links am Gehäuse zu finden und zieht sich bis auf die Vorderseite, wo sie bei der eigentlich grifflosen Kamera einen Handgriff andeutet. Auch die Daumenauflage ist mit dem Material beklebt. Das Gummi fällt indes viel zu glatt aus und wirkt fast eher wie Plastik. Besseren Halt gibt es damit gegenüber blankem, mattem Metall leider kaum. Zum Glück drückt die G9 X nur knapp 200 Gramm auf die Waage – sie ist also federleicht und lässt sich dadurch passabel festhalten. Statt in edlem Schwarz, wie bei unserer Testkamera, gibt es die PowerShot auch in Silber mit brauner Belederung – dann wirkt die Kamera etwas retromäßiger und wird zum auffälligen Hingucker.

Dank des leichten Gewichts und der geringen Gehäusetiefe von nur 31 Millimetern kann man(n) die G9 X auch mal schnell in die Hemdtasche gleiten lassen. Betriebsbereit ist sie in gut 1,5 Sekunden, so lange dauert es, das Dreifachzoom ausfahren zu lassen. Mittels des Rings rund um den Auslöser wird das Zoom eingestellt, wahlweise übernimmt aber auch der Objektivring diese Funktion und fährt auf Wunsch auf eine von vier vorgegebenen kleinbildäquivalenten Brennweiten: 28, 35, 50 oder 84 Millimeter. Mehr hat das Objektiv nicht zu bieten, denn angesichts des 1"-Sensors hätte ein üppigerer Brennweitenumfang zwangsläufig zu einer größeren Kamera geführt – und solche hat Canon inzwischen mit 1"-Sensor ja reichlich im Angebot. Wir hätten trotzdem gerne lieber ein 25-75mm-Objektiv in der kleinen G9 X gesehen, zumal die 20 Megapixel Auflösung durchaus etwas Beschnittreserve bieten.

Obwohl die PowerShot der G-Serie angehört, bietet sie weder einen Sucher noch einen Blitzschuh – nicht einmal der Monitor ist beweglich. Canon setzt auf die besondere Kompaktheit eines fest verbauten Touchscreens. Dieser misst 7,5 Zentimeter in der Diagonale, löst gut eine Million Bildpunkte auf und besitzt wie der Bildsensor ein Seitenverhältnis von 3:2, wodurch keine schwarzen Trauerränder entstehen. Auf der Rückseite fällt ansonsten die Tastenarmut auf. Ein Vierwegekreuz fehlt völlig. Ins Menü gelangt man dennoch per Tastendruck, auch das Quick-Menü lässt sich so aufrufen. Des Weiteren befinden sich eine Info-Taste zum Einstellen der Bildschirmeinblendungen sowie die Videoaufnahmetaste auf der Rückseite. Aber wie navigiert man durch die Menüs, stellt die Parameter ein? Dies gelingt einzig über den Touchscreen. Obwohl die Menüs aussehen wie bei einer Canon mit Navigationstasten lässt es sich komplett per Fingertipper bedienen. Das geht wie bei einem Smartphone flott von statten, man gewöhnt sich schnell daran. Nur mit den Fingerabdrücken auf dem Bildschirm und damit dem einzigen "Sucher" muss man leben.

Dank des Einstellrads am Objektiv lassen sich aber doch viele Parameter, etwa Blende, Belichtungskorrektur oder Verschlusszeit, mit einem hörbar rastenden Klicken einstellen. Die Canon G9 X vereint klassische und moderne Bedienung nahezu perfekt. Das Aufnahmeprogramm wird zum Glück per Programmwählrad, das ebenfalls aus Metall besteht, ganz klassisch eingestellt. Ganz G-Like gibt es sogar eine Custom-Einstellung, wo man sich ein bevorzugtes Aufnahmeprogramm ablegen kann. Mangels Tasten gibt es keine individuelle Belegung eben jener, dafür kann ein eigenes Menü mit favorisierten Einstellungen gefüllt werden, auch das Quick-Menü lässt sich den eigenen Wünschen anpassen.

Aus Kunststoff, aber mit Metallscharnier, besteht die Klappe an der Kameraunterseite. Hinter ihr verbergen sich der kleine Lithium-Ionen-Akku, der für nur 220 Aufnahmen Saft bietet sowie der Steckplatz für die SD-Speicherkarte. Auch SDHC- und SDXC-Karten lassen sich einsetzen. Für den Akku wird eine externe Ladeschale mitgeliefert. Alternativ kann ein Dummy mit Netzkabelanschluss ins Akkufach eingesetzt werden. Das Metallstativgewinde sitzt sogar in der optischen Achse, allerdings blockiert es beim Stativeinsatz ob der Kompaktheit der Kamera zwangsläufig der Zugang zum Akku- und Speicherkartenfach. Allenfalls kleinste Stativkupplungssysteme wie etwa die runde Miniconnect von Novoflex erlauben den schnellen Akkuwechsel. Schnittstellen bietet die G9 X lediglich zwei: Neben Micro-HDMI gibt es einen Micro-USB-Anschluss, wie er bei Smartphones üblich ist. Ein AV-Kabel lässt sich also nicht mehr verwenden. Obwohl der USB-Anschluss nun standardisiert ist und laut Bedienungsanleitung ein Laden darüber möglich sein soll, funktionierte es bei uns mit verschiedenen handelsüblichen Handyladegeräten nicht – sehr schade, denn so ist die Funktion nicht praxistauglich. Auch an zwei verschiedenen Computern funktionierte das Aufladen nicht.

Ausstattung

Die Canon PowerShot G9 X bietet vieles, was man im Fotoalltag braucht, lässt aber durchaus auch ein paar moderne Funktionen vermissen. So gibt es etwa einen vollautomatischen Modus, der auch das Motivprogramm selbstständig wählt. Dabei ist seine Auswahl mit 58 Programmen sehr groß. Möchte der Fotograf das Motivprogramm hingegen selbst wählen, so gibt es nur eine deutlich abgespeckte Auswahl. Ambitionierte Fotografen kommen in den Programmen P, A, S und M auf ihre Kosten, können hier doch praktisch alle Fotoparameter auf Wunsch manuell festgelegt werden. Neben der Blende, die bis auf F11 geschlossen werden kann, gibt es einen aktivierbaren Graufilter, der drei Blendenwerte Licht schluckt. Sehr praktisch, wenn man beispielsweise Beugung vermeiden möchte. Auch Belichtungsreihen mit drei Aufnahmen und bis zu 2 EV Belichtungsabstand zwischen den Aufnahmen lassen sich erstellen. HDR-Aufnahmen mit automatischer Zusammensetzung gibt es hingegen nur als Motivprogramm. Ein Panoramamodus fehlt der Canon gänzlich.

Die Serienbildfunktion erlaubt über sieben Bilder pro Sekunde – bei bester JPEG-Qualität allerdings für nur sieben Aufnahmen am Stück. Düster sieht es im Rohdatenformat aus: Hier wird keine hohe Serienbildrate erreicht, scheinbar ist der Puffer viel zu eng bemessen. Auch das Speichern auf einer schnellen SD-Karte dauert etwas lange, nur alle 1,4 Sekunden kann ein Raw-Foto aufgenommen werden. Der Autofokus arbeitet hingegen mit 0,3 Sekunden ordentlich schnell. Für Sportaufnahmen oder auch Schnappschüsse in schneller Folge taugt die G9 X dennoch insgesamt eher weniger.

Der Miniaturblitz schnellt nach mechanischer Entriegelung nach oben, kann also nicht automatisch von der Kamera ausgefahren werden. Auf die Notwenigkeit eines Blitzeinsatzes weist die Automatik nur mit einem kleinen blinkenden Blitzsymbol hin. Die Leitzahl fällt mit 5 auch nicht gerade üppig aus. Immerhin beherrscht der Blitz eine Langzeitsynchronisation, kann wahlweise am Anfang oder am Ende der Belichtung zünden und lässt sich in seiner Leistungsabgabe korrigieren. Bei halbautomatischer und manueller Belichtung gibt es sogar eine manuelle Blitzmöglichkeit, allerdings nur in drei Leistungsstufen. Dabei entfällt der manchmal lästige TTL-Mess-Vorblitz und taugt somit zur Auslösung einfachster Slave-Blitze oder Studioblitzanlagen. Dank des Zentralverschlusses ist die kürzeste Blitzsynchronzeit genauso kurz wie die kürzeste Verschlusszeit: 1/2.000 Sekunde.

Fortsetzung auf Seite 2

Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Kamerabücher und Bücher zu Bildbearbeitung und allgemeinen Fotothemen gibt es schon ab 3,99 € zum Herunterladen. mehr…

Vintage-Objektive – 6. aktualisierte Auflage als PDF erhältlich

"Vintage-Objektive – 6. aktualisierte Auflage" als PDF erhältlich

In diesem Buch lernt der Leser die Vor- und Nachteile beim Einsatz alter Objektive an modernen Digitalkameras kennen. mehr…

Das Fn-Menü bei Sony Alpha 7 Systemkameras individuell anpassen

Das Fn-Menü bei Sony Alpha 7 Systemkameras individuell anpassen

Fototrainer Manuel Quarta zeigt, wie man das Fn-Menü bei der Sony Alpha 7 Serie auf eigene Bedürfnisse anpassen kann. mehr…

Fotokurs-Schulungsvideos zum halben Preis

Fotokurs-Schulungsvideos zum halben Preis

Einsteiger- und Fortgeschrittenenseminare für Canon, Fujifilm, Nikon, Olympus, Panasonic und Sony mit Uli Soja. mehr…

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.