Spiegellose Vollformat-Systemkamera
Canon EOS R6 Mark II im Test
2023-01-31 Die Canon EOS R6 Mark II besitzt gegenüber dem Vorgängermodell gleich zwei entscheidende Verbesserungen: Der neue Vollformat-Bildsensor zieht mit seinen 24 Megapixeln Auflösung mit der Konkurrenz gleich. Außerdem soll ein optimierter Bildprozessor für weniger Abwärme und damit für längere Aufnahmezeiten sorgen, verspricht gleichzeitig aber trotz höherer Auflösung sogar eine bessere Performance, auch beim Autofokus. Was die Canon EOS R6 Mark II alles zu bieten hat und wie sie sich bei der Bildqualität sowie in der Praxis schlägt, verrät unser ausführlicher Testbericht. (Benjamin Kirchheim)
Diesen Kameratest gibt es nur als Premium-Test mit erweitertem Informationsumfang.
Er enthält gegenüber unserer Standard-Online-Version zusätzlich eine Tabelle mit detaillierten
Einzelbewertungen sowie Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar
dargestellt werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären,
welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Canon EOS R6 Mark II haben. Der sehr ausführliche Test kann
direkt online gelesen oder als 37-seitiges PDF-E-Book heruntergeladen werden. Der Test ist in
digitalkamera.de-Premium enthalten und einzeln für 1,99 € erhältlich (bzw.
1,79 € bei Bezahlung mit digitalkamera.de-Guthaben).
Die Canon EOS R6 Mark II besitzt wie das Vorgängermodell ein hochwertiges, ergonomisches Kunststoffgehäuse, das auf einem Leichtmetallkäfig sitzt. [Foto: MediaNord]
Ergonomie und Verarbeitung
Im Grunde genommen hat Canon am Gehäuse der EOS R6 Mark II gegenüber dem Vorgängermodell nur an einigen Details gefeilt. Nach wie vor bemerkt man beim ersten Anfassen, dass man eine Kamera mit Kunststoffgehäuse in der Hand hält. Dennoch ist die Verarbeitung gut. Die Spaltmaße sind minimal, wenn auch nicht ganz gleichmäßig und das Gehäuse gibt auch beim Versuch, es zu verwinden, nicht nach. Im Inneren kommt nämlich ein Leichtmetall-Chassis zum Einsatz, das der Kamera die nötige Stabilität gibt.
Zudem ist das Gehäuse gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, das schließt die Klappen am Akku- sowie dem Speicherkartenfach mit ein, die entsprechende Dichtungen besitzen. Die Schnittstellen sind mit Kapillardichtungen versehen, die durch die Nuten um die Schnittstellen herum im Kunststoff und entsprechende Gegenstücke an den Gummi-Abdeckungen gebildet werden. Unterstrichen wird die Robustheit beim mechanischen Verschluss, der für 300.000 Auslösungen ausgelegt ist.
Dank der großzügigen Belederung und dem angenehm ergonomisch geformten Griff liegt die R6 II exzellent in der Hand. Eine kleine Änderung fällt hingegen auf der Oberseite auf: Statt der Lock-Taste gibt es nun vor dem Daumenrad einen Off-Lock-On-Schalter, der laut Canon ein einhändiges Anschalten der Kamera ermöglichen soll. Tatsächlich benötigt man dafür jedoch einen sehr gelenkigen Zeigefinger. Nur zwei von vier Testpersonen gelang das Einschalten, ohne den Mittelfinger vom Griff zu lösen.
Der ehemalige On-Off-Schalter links des Suchers schaltet nun zwischen Foto- und Videomodus um. Das bringt den Vorteil, Bedienelemente und Benutzerspeicher für den jeweiligen Modus unabhängig individualisieren zu können. Bei genauerem Hinsehen fällt zudem auf, dass das Programmwählrad jetzt 13 statt elf Positionen besitzt. Mit den neuen Einstellungen für Motivprogramme und Kreativfilter möchte Canon wohl auch Einsteiger abholen, die sich eine ohne Objektiv knapp 2.900 Euro teure Kamera leisten können und wollen.
Die EOS R6 II bietet für eine direkte Bedienung neben zahlreichen Tasten auch einen Fokus-Joystick und gleich drei Einstellräder: eines hinter dem Auslöser, eines auf der Oberseite hinten und eines auf der Rückseite. Selbst in der Defaultbelegung werden alle drei Räder konsequent genutzt, um etwa ISO-Empfindlichkeit, Belichtungszeit und Blende gleichzeitig einstellen zu können.
Dank der drei Bedienräder navigiert man auch sehr schnell durch das Menü: Ein Rad ist für die Hauptkategorien zuständig, eines für die Unterkategorien und das dritte scrollt durch die Menüpunkte. Hat man sich erstmal daran gewöhnt, gelingt die Menünavigation flüssig und in rasender Geschwindigkeit. Zählt man übrigens das Objektiv-Einstellrad mit, sind es sogar vier Einstellräder, mit denen sich schnell und direkt Aufnahmeparameter anpassen lassen.
Der Einstellring, den viele Objektive bieten, sitzt ganz vorne und ist mit der Belichtungskorrektur vorbelegt. Der Ring rastet zwar ein, das aber butterweich und verstellt sich damit an dieser exponierten Position gerne mal unbeabsichtigt. Vielleicht hätte Canon den Ring lieber ganz hinten platzieren sollen, zumal das schlüssiger in der Hinsicht wäre, dass es einen EF-Bajonettadapter mit eben diesem Einstellring gibt, der dann aber hinten statt vorne am Objektiv sitzt. Den Ring an den nativen Objektiven an dieselbe Position zu verfrachten, wäre also durchaus schlüssig gewesen.
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Das günstigere der beiden 24-105mm-Setobjektive, das wir auch in diesem Test verwendet haben, bietet einen solchen Einstellring übrigens nicht. Wenn man möchte, kann man dank eines Umschalters an der Objektivseite aber den Fokusring dafür verwenden. Dann sogar ohne Klickgeräusche. Immerhin ist ein optischer Bildstabilisator verbaut, der direkt am Objektiv an- und abgeschaltet werden kann. Ansonsten ist das Objektiv ziemlich lichtschwach, bis 52 Millimeter Brennweite fällt die Lichtstärke um eine Blendenstufe auf F5,6, ab 80 Millimeter beträgt die Maximalöffnung nur noch F7,1.
Betriebsbereit wiegt die Canon EOS R6 II 664 Gramm und ist damit elf Gramm leichter als das Vorgängermodell. Zusammen mit dem RF 24-105 mm F4-7.1 IS STM, das mit Ausnahme des Bajonetts ebenfalls aus Kunststoff besteht, sind es 1.054 Gramm. Der Setpreis beträgt knapp 3.260 Euro, jedoch gibt es an dem Objektiv, abgesehen von der etwas mauen Lichtstärke, nicht viel auszusetzen. Angesichts des 4,4-fachen Zoomfaktors ist es durchaus kompakt, auch wenn der Unterschied zum zugegebenermaßen deutlich teureren RF 24-105 mm 4L IS USM nicht allzu groß ist. Wer zu diesem greift, muss gut 4.200 Euro im Set mit der R6 II auf den Tisch legen. Das Objektiv bietet nicht nur eine höhere Lichtstärke, sondern im Gegensatz zum einfach 24-105 auch einen Spritzwasser- und Staubschutz.
Nochmal zurück zu den EF-Adaptern, von denen es verschiedene Versionen gibt: Eine ist dank des integrierten Filtereinschubs besonders pfiffig. So wird der ansonsten leere Platz sinnvoll genutzt. Die verschiedenen EF-Adapter funktionieren gut und bringen auch einen Spritzwasserschutz mit. Man muss aber das "Kleingedruckte" beachten, je nach Alter des adaptierten Objektivs gibt es Einschränkungen bei der Serienbildfrequenz und je nach Objektiv können die AF-Felder am Randbereich nicht genutzt werden, weil es dafür besonders senkrechte Randstrahlen benötigt, die nicht jedes alte Objektiv bietet. Bei der Autofokus-Performance gibt es hingegen keine Einschränkungen.
Die Canon EOS R6 Mark II bietet außer den Bedienrädern auch viele Tasten an. Die sinnvollen Vorbelegungen lassen sich weitreichend an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Vermisst haben wir hingegen ein Bedienelement, das zwischen manuellem und den verschiedenen Autofokusmodi umschaltet. Während man die Fokusfeldwahl bequem mit einer Taste erreicht und dort auch die Gesichtserkennung aktivieren kann, wird zwischen One-Shot- und Servo-AF im Quick-Menü umgeschaltet. Bei der AF-MF-Umschaltung hingegen scheint sich Canon auf einen Objektiv-Schalter zu verlassen, den aber ausgerechnet das Setobjektiv RF 24-105 mm F4-7.1 IS STM nicht bietet, sodass man zur AF-MF-Umschaltung ins Menü muss oder die Tastenbelegung anpassen muss.
Canon setzt beim Sucher auf ein 3,69 Millionen Bildpunkte auflösendes OLED und ein großes Sucherbild mit 0,76-facher Vergrößerung. Dank der Dioptrienkorrektur kann man ihn mit nicht zu starker Fehlsichtigkeit gut ohne Brille verwenden. Mit Brille auf der Nase kann man nämlich das Sucherbild nicht vollends überblicken. Notfalls kann man das Sucherbild kleiner schalten.
Das Sucherokular steht ein gutes Stück nach hinten über, sodass man nicht gleich mit der Nase am Touchscreen klebt und diesen noch bequem mit dem Auge am Sucher bedienen kann. Durch die feine Auflösung und hohe Aktualisierungsrate von 120 Bildern pro Sekunde vergisst man zuweilen, dass man durch einen Videosucher blickt. Seine Stärken spielt er beispielsweise dann aus, wenn das Umgebungslicht schwindet und man quasi eine Nachtsichtgerät-Kamera vor der Nase hat. Man erkennt mehr Details als mit dem bloßen Auge.
Auch bei der Bedienung hilft der elektronische Sucher. So kann man nach Betätigung der M-Fn-Taste mit dem oberen Daumenrad durch verschiedene Einstellungen scrollen. Hier kommen im Gegensatz zum Vorgängermodell nun alle drei Einstellräder zum Einsatz, sodass immer zwei Einstellungen gleichzeitig angepasst werden können: Eine mit dem Zeigefingerrad und die andere mit dem hinteren unteren Daumenrad. Durch die Einblendung im Livebild verliert man sein Motiv dabei nicht aus dem Auge und kann je nach Option die Auswirkungen, beispielsweise beim Weißabgleich, direkt im Sucherbild beobachten.
Der rückwärtige, 7,5 Zentimeter große Touchscreen lässt sich schwenken und drehen, sodass er für Aufnahmen aus allen erdenklichen Blickwinkeln inklusive Selfies taugt. Er arbeitet mit LCD-Technik und löst feine 1,6 Millionen Bildpunkte auf. Seine maximale Helligkeit ist mit einer Leuchtdichte von knapp 500 cd/m² allerdings nicht besonders hoch, was die Ablesbarkeit bei Sonnenlicht nicht gerade fördert.
Die Rückseite der Canon EOS R6 Mark II ist gegenüber dem Vorgängermodell unverändert. Die Tasten sind identisch, der 7,5 cm große Touchscreen ist dreh- und schwenkbar, der 0,76-fach vergrößernde OLED-Sucher löst 3,69 Millionen Bildpunkte auf. [Foto: MediaNord]
Die Touchbedienung setzt Canon löblicherweise konsequent um, auch im Menü funktioniert sie. Man kann aber komplett darauf verzichten, denn alle Funktionen lassen sich auch mit physischen Bedienelementen verwenden. Statt des Fokusjoysticks kann der Touchscreen zur Platzierung des beziehungsweise der Autofokusfelder benutzt werden, von denen die Kamera knapp 5.000 bis an den Randbereich verteilt besitzt.
Auch beim Blick durch den Sucher erlaubt der Touchscreen die Verschiebung der Autofokusfelder. Dabei kann man auswählen, welcher Bildschirmbereich dafür verwendet wird und ob die Positionierung relativ oder absolut erfolgen soll. Das funktioniert unserem subjektiven Eindruck nach sogar besser, schneller und präziser als der AF-Joystick.