Digital Light & Color

Testbericht: Digital Light & Color Picture Window Pro 3.1

2001-07-31 "Serious software for serious photographers" – so preist die Softwareschmiede Digital Light & Color seine Produkte an. Dabei resümiert dieses Motto ganz gut das Erscheinungsbild der Bildverarbeitungssoftware Picture Window Pro, die derzeit in der Version 3.1 erhältlich ist. Zuerst einmal durch den Begriff "serious": Picture Window Pro 3.1 ist in aller Hinsicht "ernst".  (Yvan Boeres)

   Picture Window Pro - Arbeitsoberfläche [Screenshot: MediaNord]
 
Das stellt man spätestens beim Auspacken der CD-ROM fest. Nüchterner kann das Inlet kaum sein: keine bunten Bildchen und Fotos, keine grafischen Elemente und keine besonderen Textformatierungen. Die Präsentation der CD beschränkt sich auf ein paar farbige Schriftzüge, ein Bilderrahmen-ähnliches Design und ein aufs Minimum formatierten Text. Der gleichen Nüchternheit begegnet man auch während der Installation und sogar beim Öffnen des Programms. Denn auch die Bedienungsoberfläche der Software kann man bestenfalls als "spartanisch" bezeichnen. Wer sich an bunte 3D-Schaltflächen moderner Betriebssysteme und Anwendungen gewöhnt hatte, fühlt sich mit Picture Window Pro in die frühe Windows 3.1-Zeit zurückversetzt. Ganz in grau und schwarz präsentiert sich die Bedienoberfläche des Programms und die Icons sind alles andere als selbsterklärend.

Überhaupt ist Picture Window Pro wenig selbsterklärend. Wer zum ersten Mal das Programm startet, wird nicht wissen, wo er/sie anfangen soll und nach spätestens fünf Minuten die auf der CD enthaltene PDF-Bedienungsanleitung "durchblättern". Selbst alte EBV-Hasen werden sich zunächst verloren fühlen, bevor sie anfangen, alle einzelnen Möglichkeiten von Picture Window Pro 3.1 schrittweise zu "ertasten". Denn Möglichkeiten bietet die Software in Hülle und Fülle – zumindest was die fotografischen Fähigkeiten betrifft. Wenn Digital Light & Color sagt "for serious photographers", dann untertreibt die Firma nicht. Picture Window Pro 3.1 bietet all die Möglichkeiten eines ausgewachsenen EBV-Programmes plus eine Menge fotografisch basierter Funktionen, die ihresgleichen suchen. So kann man nicht nur Bilder beschneiden, rotieren, maskieren und Standard-Verarbeitungsschritte (z. B. Helligkeit, Kontrast und Farbbalance einstellen), sondern auch Filter, Tonwert- und Gammakorrekturen, Histogrammeinstellungen und Retusche-Funktionen (z. B. Rote-Augen- und Fussel/Staub-Entfernung) anwenden. Doch Picture Window Pro 3.1 geht sogar noch weiter: Das Programm kann ICC-Profile verwalten, bietet eine ausgefeilte Farbverwaltung, kann Bilder verzerren (Warp) und auch z. B. mit 48-Bit-Bildern arbeiten. Selbst solche ungewöhnlichen, aber höchst nützlichen Funktionen wie z. B. die Korrektur von tonnen- und kissenförmigen Verzerrungen, von Vignettierungen oder von chromatischen Aberrationen stehen dem Bildverarbeiter bzw. Fotografen zur Verfügung. Dabei wird für jeden Arbeitschritt ein Vorschau-Fenster geöffnet, in dem man das Resultat in Echtzeit begutachten kann. Schade, dass auch hier die spartanische Bedienungsoberfläche nicht gerade anwenderfreundlich ist. Die meisten Korrekturen werden über Schieberegler angewandt, die aber weder über eine direkte Wert-Angabe, noch über eine Feineinstellung verfügen. So muss man oft die perfekte Einstellung durch Hin- und Herschieben der Maus "ertasten" und verliert so wertvolle Zeit – und oft auch die Geduld. Die verlorengegangene Zeit wird jedoch vom flotten Arbeitstempo des Programms zum Teil wieder wettgemacht, denn Picture Window Pro 3.1 arbeitet sehr schnell. Ob dies auf den Verzicht von einer augen- und benutzerfreundlichen Bedienungsoberfläche zurückzuführen ist, sei dahingestellt. 

Picture Window Pro - Menü Farbkorrektur [Screenshot: MediaNord]
  
  

Die darauffolgenden Schritte werden immer auf das vorhergehenden Vorschau-Fenster angewandt. So hat man zwar am Ende mit einer Unzahl von Fenstern, aber das Original bleibt unangetastet und ein einzelner Fehlschritt lässt sich so sehr leicht rückgängig machen. Zu bemerken ist auch, das globale Bildkorrekturen aufgrund der Komplexität des Programms und seiner Bedienung leichter anzuwenden sind als lokale Korrekturen. Zumindest solange, bis man sich mit dem enormen Funktionsumfang und der Bedienung von Picture Window Pro 3.1 vertraut gemacht hat. Weblastige Funktionen und sonstige "Spielereien" sucht man bei Picture Window 3.1 vergebens: Das Programm ist für Fotografen gedacht und nicht für Webdesigner, Fotomontage- und Special-Effekt-Spezialisten oder Hobby-Bildbearbeiter. So setzt das Programm auch solide fotografische Kenntnisse voraus, damit man nicht nur einen bestimmten Bildfehler erkennt, sondern auch weiß, mit welcher Funktion oder welchem Werkzeug und mit welchen Einstellungen man diesen korrigieren will.

Fazit: Picture Window Pro 3.1 von Digital Light & Color ist ein sehr leistungsfähiges Werkzeug ausschließlich für den erfahrenen und ambitionierten Fotografen. Denn im Gegensatz zu anderen Bildverarbeitungsprogrammen, die sich als leicht bedienende Multifunktions-Werkzeuge entpuppen, ist Picture Window Pro 3.1 ein Präzisionswerkzeug, dessen Bedienung erst mühsam erlernt werden muss. Das Programm kann man als 30-Tage-Testversion auf der – ebenso spartanisch ausgelegten – Website von Digital Light & Color herunterladen; dort findet man auch zahlreiche Dokumente, Beispielbilder und Informationen. Wer sich aber für die Vollversion von Picture Window Pro 3.1 begeistern lässt, ist mit der CD-ROM-Version (ab 50 Dollar) bestens bedient, da sich darauf das unverzichtbare PDF-Handbuch befindet.

Kurzbewertung

  • schnelles Arbeitstempo
  • geringer Preis
  • viele fototechnische Funktionen
  • ohne solide fotografische Vorkenntnisse nur bedingt einsetzbar
  • Bedienung teilweise umständlich
  •  grafisch wenig ansprechende Bedienungsoberfläche

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