Zuwachs im Micro Four Thirds System

Yi M1 Systemkamera Neuigkeiten und erster Eindruck

Seite 2 von 2, vom 2016-11-15 (Autor: Jan-Markus Rupprecht)Zur Seite 1 wechseln

Die Haptik der Kamera und der Objektive ist "geht so". Dem Preis angemessen, könnte man sagen. Und auch sicherlich gut genug. Sowohl Kamera als auch die Objektive sind leicht. Das ist objektiv betrachtet ein Vorteil (wer will in dieser Kameraklasse schon gern viel Gewicht herumschleppen), führt aber subjektiv zu einer etwas verminderten Qualitätsanmutung. "Erreicht" wird das geringe Gewicht offensichtlich durch überwiegende Verwendung von Kunststoff, auch beispielsweise am Bajonett der Objektive (nicht aber am Bajonett der Kamera, das ist aus Metall), was ebenfalls alles objektiv im Grunde kein Nachteil ist. Die Objektive, so hört man (chinesische Hersteller machen aus derlei Informationen nicht so ein Staatsgeheimnis wie japanische Firmen), kommen übrigens beide von Tamron. Einen Bildstabilisator haben übrigens weder die Objektive noch die Kamera. Das ist im Vergleich zu vielen anderen Kameras dieser Klasse durchaus ein Nachteil.

Die Bedienung der Kamera erfolgt, wie schon erwähnt, weitgehend über den Touch-Screen. Abhängig von der am Modus-Wahlrad oben auf der Kamera eingestellten Betriebsart hat der Bildschirm meist drei, gelegentlich auch nur zwei, "Seiten". Diese werden (wie beim Smartphone) durch drei halbtransparente Punkte auf dem Monitor symbolisiert. Fotografiert wird auf der mittleren Seite. Mit einer Wischgeste nach rechts landet man auf der ganz linken Seite. Dort werden die Einstellungen gemacht. Die verschiedenen einzustellenden Positionen haben jeweils ein Symbol und eine Beschriftung. Klickt man darauf, kommt man auf eine Seite mit den Optionen. Wählt man eine davon aus, kommt man zurück ins Menü. Viel einzustellen gibt es nicht und weitere Untermenüs gibt es schon mal gar nicht. Alles wirklich Wichtige lässt sich einstellen und mehr eben nicht. Das ist schön übersichtlich und reicht für den normalen Einsteiger völlig aus. Auf der ganz rechten der drei Bildschirmseiten befinden sich jeweils die sogenannten Mustervorlagen. Das sind Motivbeispiele, von denen der Anwender eines auswählen kann, das dem Foto, dass er aufnehmen möchte, nahe kommt. Daraufhin werden dann auf der "Kameraseite" (der mittleren Seite) die Konturen als Strichzeichnung eingeblendet, z. B. ein Modell in der gewählten Pose. Parallel dazu werden alle Parameter der Kamera entsprechend der Mustervorlage eingestellt. Jetzt braucht der Anwender sozusagen nur noch einen geeigneten Hintergrund und ein williges Modell und kann damit die zuvor ausgewählte Szene nachstellen. Der Profi mag die Nase rümpfen, aber der Zielgruppe könnte das durchaus gefallen. Die technische Umsetzung dieser Vorlagen und Strichzeichnungseinblendungen ist durchaus schön gemacht. Warum also nicht? Und wer das nicht nutzen möchte, den wird das auch nicht stören. Er muss es ja nicht verwenden.

Umfassend testen konnten wir die Kamera in der Kürze der Zeit und in der Konferenzraum-Umgebung natürlich nicht, deshalb soll dies auch kein Test sein, der folgt so bald wie möglich. Zu einem ersten allerersten Eindruck der Foto-Leistung lassen wir uns aber schon hinreißen. Die Bildqualität, vor allem mit der lichtstarken Festbrennweite ist einwandfrei. Der 20-Megapixel-Sensor in Verbindung mit dem rattenscharfen Objektiv macht Fotos in einer Qualität, wie man mehr einfach nicht erwarten kann. Was natürlich im Labor noch zu überprüfen ist. Der Autofokus scheint hingegen nicht zu den schnellsten seiner Art zu gehören. Beim Scharfstellen im durchaus vom Sonnenlicht durchfluteten Konferenzraum auf etwa 2,5 Meter entfernte kontrastreiche Motive durchlief die Schärfeeinstellung vergleichsweise gemächlich den gesamten Schärfebereich, bevor der Schärfepunkt dann endlich saß. So etwa eine Sekunde dürfte das wohl gewesen sein. Dass man dem Autofokus in dieser Form bei der Arbeit zuschauen kann, erleben wir heute eigentlich kaum noch. Auch dies werden wir natürlich noch im Labor mit reproduzierbaren Zahlen belegen. Vielleicht tritt das Phänomen speziell mit der Festbrennweite auf und das Zoom (das wir nicht auf der Kamera hatten) ist deutlich schneller. Oder das nächste Firmware-Update schafft Abhilfe. Bedingt lustig, aber wohl reparabel, ist übrigens die Tatsache, dass derzeit mit der Festbrennweite keine manuelle Scharfstellung möglich ist. Diese soll demnächst per Firmware-Update nachgerüstet werden.

Recht gut funktionierte das Pairing der Kamera mit dem Smartphone (ausprobiert mit einem Apple iPhone 6s Plus). Zwar erschließt sich der Vorteil der Parallel-Betriebs von Bluetooth und WLAN/WiFi zumindest mit den Apple iOS-Geräten derzeit nicht. Den Aufbau der WiFi-Verbindung muss der Anwender immer zusätzlich von Hand initiieren – ein unschöner, von Apple verursachter Nachteil von iOS gegenüber Android (wo das in der Tat dann automatisch geht). Aktuell gibt derzeit keinerlei Fernbedienungs-Optionen seitens der App und soweit wir recherchieren konnten auch z. B. keine Positionsdaten-Übertragung (das mag vielleicht später noch kommen). Bislang dient die App praktisch nur dazu, die Bilder aus der Kamera ins Smartphone zu übertragen – was auch intuitiv und schnell gelingt und Motiv-Vorlagen (darauf gehen wir später im Test noch näher ein) aus dem Internet in die Kamera zu laden. Wenn man aber die Actioncams von Yi Technology kennt, dann weiß man, dass das zur Firmenphilosophie gehört. Die Produkte kommen auf den Markt, wenn sie "gerade gut genug" sind und werden danach noch weiterentwickelt und mit neuen Funktionen ausgestattet. Für uns Tester ist das etwas blöd, denn das Produkt ist noch gar nicht wirklich fertig, wenn wir es testen (meist ja zur oder kurz nach der Produkteinführung) . Aber so ist es heutzutage fast schon üblich – auch bei anderen Herstellern oder Produkten.

Fazit

Die Kamera scheint derzeit noch nicht völlig "fertig" zu sein. Vielleicht auch ein Grund, warum sie zunächst in China und USA auf den Markt kam und die kritischen europäischen Verbraucher noch etwas darauf warten müssen. Die Ausstattung macht einen insgesamt etwas unausgegorenen Eindruck. Einerseits der tolle 20-Megapixel-Sensor, den Mitbewerber derzeit nur in ihren Spitzenmodellen bieten, andererseits ein Blitzschuh ohne TTL und keinen Bildstabilisator. Auch die bei der Zielgruppe wahrscheinlich beliebten Selfies werden praktisch nicht unterstützt, da weder der Monitor schwenkbar noch derzeit eine Fernbedienung per Smartphone möglich ist. Die Bedienung über den Touch-Screen ist hingegen gut gelungen. Wir sind jedenfalls gespannt darauf die Kamera demnächst noch ausführlich zu testen und freuen uns über einen neuen, aktiven Hersteller im Micro Four Thirds-Konsortium.


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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.