Zuwachs im Micro Four Thirds System

Yi M1 Systemkamera Neuigkeiten und erster Eindruck

2016-11-15 Im Rahmen eines Pressegespräches wurde das kurz "M1" genannte Erstlingswerk des neuen Kameraherstellers gestern der Fotopresse vorgestellt, denn der Euro-Preis steht nun fest und der Markteinführungstermin in Europa zeichnet sich ebenfalls ab. Bei der Gelegenheit hatten wir auch Gelegenheit, einen ersten Blick auf eine voll funktionsfähige Kamera zu werfen und die Konnektivität mit der App mit einem Smartphone auszuprobieren.  (Jan-Markus Rupprecht)

Ganz neu ist die Yi M1 für uns ja nicht, wir haben sie schon auf der Photokina gesehen und darüber berichtet. Und auch der Hersteller ist zwar noch jung (Gründung 2014) aber nicht wirklich neu, sondern hat sich bei Actioncams und Heim-Überwachungskameras schon einen guten Namen gemacht. Mehr dazu siehe unsere Kameravorstellung auf digitalkamera.de und die Test der Actioncams in unserem Schwestermagazin digitalEyes.de (siehe weiterführende Links).

Zuerst zum Preis: Der wird nun in Europa doch nicht ganz so günstig, wie zunächst vermutet. Auf der Photokina berichteten uns die Mitarbeiter von Yi Technology wie super günstig die Kamera in China auf den Markt käme. Alle Kurs-Umrechnungsversuche, selbst mit Aufschlägen für mögliche Zölle und lokale Umsatzsteuer ließen auf einen möglicherweise ebenfalls konkurrenzlos günstigen Preis in Europa hoffen. Zwischenzeitlich ist die Kamera in China (auch bei international versendenden Online-Shops wie GearBest oder Banggood) und USA (dort u. a. bei Amazon.com) lieferbar und die Preise sind dort auch nicht ganz spektakulär niedrig. Auch bei den nun bekanntgegebenen Euro-Preisen kann sich die etablierte japanische Konkurrenz erstmal relativ entspannt zurücklehnen: 599 Euro soll das Kit der Kamera mit dem Standard-Zoom kosten. Das ist zwar kein schlechter Preis, aber zu dem Preis gibt es auch schon sehr attraktive (wir würden sagen: mindestens gleichwertige, wenn nicht in der Summe bessere) Kameras von bekannten japanischen Kameraherstellern. Durchaus etwas attraktiver ist dagegen das Kit mit zwei Objektiven. Zusätzlich mit der F1,8 lichtstarken 42,5 mm Festbrennweite im Karton (plus Standard-Zoom) kostet die Yi M1 dann 799 Euro unverbindliche Preisempfehlung. Für 200 Euro (Aufpreis) gibt es aber sonst am Markt kein lichtstarkes und hochwertiges Porträt- und Makro-Objektiv zu kaufen. Wer sich für die Yi M1 interessiert, dem können wir an dieser Stelle deshalb nur raten: Die 200 Euro Aufpreis sind bestens investiert! Denn unser erster Eindruck ist, dass insbesondere die Festbrennweite ein echter Kracher ist (dazu unten mehr).

Die große Frage wird sein, wie preisstabil sich die Kamera im europäischen und natürlich auch im internationalen Markt halten wird. Grundsätzlich verspricht der Hersteller, der hierzulande die Kamera auch via europafoto- und Ringfoto-Einkaufskooperationen über den Fotofachhandel vertreiben wird, Preisstabilität und vernünftige Margen. Solche "Deals" gibt es offenbar auch mit den oben genannten drei Online-Händlern. Denn die Preise bei Amazon.com, GearBest und Banggood sind auf den ersten Blick mit 499 und 699 US-Dollar "sauber". Allerdings wechseln sich zumindest bei GearBest und Banggood quasi nahtlos Vorbestellungs-Preis mit Einführungspreisen, Eleven-Eleven-Sonderpreisen und anderen "Sales" ab, sodass man zumindest bei GearBest gerade mal wieder tatsächlich nur 363,30 Euro für das Zoom-Kit und 486,51 Euro für das 2-Objektiv-Kamera-Kit bezahlt. Dies bei versandkostenfreier Lieferung nach Deutschland. Hinzu kommen dann allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit noch Einfuhrumsatzsteuer und evtl. noch eine Bearbeitungsgebühr. Aber das wären dann am Ende großzügig gerechnet maximal 460 Euro für Kit mit einem Objektiv und 610 Euro für das Kit mit zwei Objektiven. Und das sind natürlich scharfe Preise! Die Markteinführung in Europa soll vielleicht/hoffentlich noch kurz vor Weihnachten sein. Natürlich möchte man auch hier noch etwas vom Weihnachtsgeschäft mitnehmen.

Auch wenn wir eben so intensiv auf die Preisstellung eingegangen sind – die Yi M1 soll und wird sich nicht notwendigerweise in erster Linie über den Preis verkaufen, sondern über ihr andersartiges Bedienkonzept und naja, klar, irgendwie doch ein gutes Preis/Leistungsverhältnis. Andersartig ist die Bedienung der Yi M1 insofern, dass sie nahezu vollständig und ausschließlich über ihren großen Touchscreen bedient wird. Das kommt der "Generation Smartphone" entgegen, die ganz offensichtlich die Haupt-Zielgruppe der Yi M1 darstellen soll. Gemeint ist der Aufsteiger vom Smartphone, der von "klassischen" Kameras und Bedienkonzepten noch völlig unbeeinflusst ist. Der einen Touchscreen zur Bedienung gewohnt ist und Wischgesten erwartet statt zahllose Tasten. Da mag der Fotoamateur die Nase rümpfen, aber diese Zielgruppe gibt es und die etablierten Kamerahersteller machen um diese Zielgruppe seit Jahren einen ziemlichen Bogen. Leica allerdings hat mit der Leica T und  deren Nachfolger TL eine Kamera im Programm, die ein sehr ähnliches Konzept verfolgt. Ähnlichkeiten der Yi M1 mit der Leica T sowohl hinsichtlich Gehäusedesign als auch bei der Bedienung sind also wohl nicht ganz zufällig.

Wenn Sie sich die Bedienung der Yi M1 vorstellen wollen, dann nehmen Sie mal eine "vernünftige" Kamera-App am Smartphone. Nicht gerade das, was Apple mit der Standard-Kamera-App verbricht, bei der erstens sowieso fast nichts einstellbar ist und das Wenige dann noch nicht einmal innerhalb der App eingestellt werden kann, sondern im Einstellungsmenü des Betriebssystems (bedienerfreundlich und zweckmäßig geht anders). Aber es gibt zahlreiche Apps mit "professionellem" Anspruch. Die können im Grunde auch nicht wirklich viel, aber doch genug – und sind in der Regel auch recht bedienungsfreundlich (Ausnahmen bestätigen diese Regel). Und diese App stellen sie sich jetzt in einer Kamera vor, die gute technische Anlagen hat, wie z. B. einen 20-Megapixel-FourThirds-Sensor. Dann haben Sie quasi die Yi M1.

Genau sieben "Hardware"-Bedienelemente hat die Kamera, der Rest läuft über den Touch-Screen. Einen Ein-/Aus-Schalter, sinnvoll am Auslöser angeordnet. Ein Modus-Wahlrad mit acht leicht erlernbaren Positionen, in dessen Mitte sich der Video-Aufnahmeknopf befindet. Ein Drehrädchen zum schnellen Verändern z. B. von Blende oder Belichtungszeit (ja, so etwas gibt es durchaus!) und dann noch zwei Tasten neben dem Monitor (Wiedergabe und Schnell-Funktionstaste mit kontextabhängiger Funktion). Darüber hinaus gibt es noch die Entriegelungen für das Objektiv und den Akkufachdeckel. Übrigens sehr praktisch gelöst: die Speicherkarte sitzt nicht, wie in dieser Kameraklasse sonst üblich, unten mit im Akku-Fach, sondern gut erreichbar am rechten Gehäuserand hinter einer großen, leicht zu öffnenden, hinreichend stabilen Klappe, hinter der sich sinnvollerweise auch gleich der USB- und der HDMI-Anschluss befinden. Erfreulicherweise handelt es sich bei dem Speicherkarten-Steckplatz sogar um eine normale, große SD-Karte und nicht um eine (der Zielgruppe wohl vertrauteren) winzig kleinen Mikro-SD-Karte. Wer will, kann sich ja dort eine Micro-SD-Karte mit SD-Karten-Adapter einstecken. Dann hat er seinen Adapter auch für andere Zwecke immer dabei und kann all seine Speicherkarten jederzeit in einem normalen SD-Karten-Slot, z. B. im Notebook-Computer, auslesen. Und er muss sich im Alltag nicht notwendigerweise mit den winzigen, leicht verlierbaren Micro-SD-Karten herumschlagen.

Fortsetzung auf Seite 2

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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.