CompactFlash vs. Adam Riese
Unterschiedliche Kapazitäten bei CompactFlash-Karten gleicher Speichergröße
2000-01-29 Vielleicht ist es Ihnen schon mal aufgefallen, daß Ihre CompactFlash-Karte die angegebene Kapazität nicht oder nur annähernd erreicht. Von einer 128 MByte-Karte sind z. B. nur noch 110 MByte verfügbar. Die digitalkamera.de-Redaktion hat einmal recherchiert, woher diese Abweichung kommt. (Yvan Boeres)
Im Gebrauch mit Digitalkameras fällt der Unterschied kaum auf, denn hier
wird nicht die Kapazität in MByte, sondern nur die Bildkapazität angezeigt.
Wer aber seine CompactFlash-Karte auf seinem Rechner ausgelesen hat, wird schon
mal verblüfft gewesen sein, daß selbst bei leerer Karte die vom Hersteller
angegebene Kapazität nicht erreicht wird. Auch weichen die verfügbaren
Kapazitäten von Hersteller zu Hersteller mehr oder weniger gravierend
voneinander ab.
Die Gründe dafür sind genauso unterschiedlich wie irritierend.
CompactFlash-Karten verhalten sich zum größten Teil wie die Festplatte im
Computer. Das kommt daher, daß beide Speichermedien über eine integrierte
Verwaltungselektronik verfügen. Bei Festplatten heißt diese Elektronik
meistens IDE, was für "Integrated Drive Electronics", also
"integrierte Laufwerkselektronik" steht. Sie verwaltet den
verfügbaren Speicherplatz und weist den Daten ihren Platz auf der Platte zu.
Dasselbe Prinzip gilt für CompactFlash-Karten, nur daß statt des magnetischen
Datenträgers einer oder mehrere Speicherbausteine verwaltet werden. Bei
SmartMedia-Karten gibt es einen solchen "Controller" übrigens nicht,
da dort die Speicherverwaltung von der Kameraelektronik übernommen wird.
Gerade die Art der Speicherverwaltung verursacht die Kapazitätsunterschiede
zwischen den verschiedenen CompactFlash-Speicherkarten in der Regel zwischen
5 und 15 Prozent Unterschied, je nach Marke. Um ein konkretes Beispiel aus
unseren eigenen Messungen zu nehmen: Bei einer 128 MByte-CompactFlash-Karte sind
bei SanDisk lediglich 122 MByte tatsächlich verfügbar, bei der uns
vorliegenden Simple Technology-Karte nur noch schlappe 110 MByte. Bei einer 96
MByte-Karte sind es bei SanDisk noch 91 MByte; bei Simple Technology 83 MByte.
Um den Unterschied zu verstehen, muß man zuerst die innere Architektur der
CompactFlash-Karten kennenlernen: Meistens besteht eine CompactFlash-Karte aus
bis zu vier einzelnen Speicherbausteinen und einem Controllerbaustein (z. B.
Hitachi). Heute kann ein solcher Flash-Speicherbaustein maximal 256 MBit fassen.
Da bekanntlich 8 Bit einem Byte entsprechen, ergibt das 256/8 = 32 MByte. Vier
Bausteine zu je 32 MByte ergeben folglich die Gesamtkapazität von 128 MByte.
Je nachdem, wie der einzelne Hersteller diese Speicherbausteine verwaltet,
kommen unterschiedliche Speicherkapazitäten zustande. Wir wollen nicht zu sehr
ins technische Detail eingehen, aber kurz gesagt kann man bei der
Speicherherstellung auf unterschiedliche Technologien zurückgreifen. Einige
Hersteller wie Samsung setzen auf NAND-Technologie, andere wie z. B. Hitachi auf
AND-Technologie. Auf der Welt gibt es überhaupt nur eine Handvoll Hersteller
von Speicherbausteinen, die nicht unbedingt zur Liga der Controller-Hersteller
gehören. So kommt es gerne vor, daß eine CompactFlash-Karte gleich mehrere
"Schöpfer" hat: Unter der Haube sitzt dann ein Speicherchip der Marke
X, ein Controller der Marke Y und die Marke Z baut aus dem Ganzen die
gebrauchsfertige Karte. Da einige Speicherkarten-Hersteller auch mal während
des Produktionszeitraumes eines Speicherkarten-Typs den Hersteller der
Speicherchips oder des Controllers wechseln, können sogar bei äußerlich
identischen Speicherkarten unterschiedliche verfügbare Kapazitäten auftreten.
Die Sache wird noch etwas komplizierter, da die Hersteller sogenannte
Spare-Blocks den Speicherbausteinen zufügen. Wie die Menschen unterliegen die
Speicherbausteine einem Alterungsprozess, und es kann vorkommen, daß einzelne
Speicherzellen "sterben" oder nüchtern gesagt "ausfallen".
Diese Spare-Blocks sind einfach Reservezellen, die dieses Phänomen kompensieren
sollen. Nun ist es so, daß die Anzahl der Spare-Blocks von Hersteller zu
Hersteller variiert. Einige Hersteller begnügen sich mit 5 Prozent
Reservekapazität, andere sind großzügiger und gönnen bis zu 10 Prozent
dieser Reservekapazität den Speicherchips zu.
Schließlich spielt auch noch wie bei den Festplatten die
Formatierung der Speicherchips eine große Rolle. Je nach Betriebssystem, sei es
nun das Computer-Betriebssystem (Windows, Mac OS, Linux usw.) oder bei
Digitalkameras das kamerainterne Betriebssystem: jedes OS formatiert den
verfügbaren Speicher zwar nach bestimmten Standards, es kommt aber meistens
vor, daß jeder Betriebssystemhersteller sein eigenes Süppchen kocht (oder der
Suppe noch einige Zutaten beigibt) und somit etliche Variationen des
Betriebssystems dabei entstehen. Da kann es mal vorkommen, daß es zu
Kapazitätsschwankungen und/oder Unterschieden in der Angabe der verfügbaren
Kapazität kommt eine CompactFlash-Karte, auf einem Windows-Rechner
eingelesen, zeigt dann unter Umständen mehr freien Speicher an als auf einem
Apple-Rechner (oder auch umgekehrt).
Man sieht also, daß unterschiedliche Faktoren von der
Speicherarchitektur bis hin zum verwendeten Betriebssystem eine Rolle bei
der Verteilung der Speicherkapazität spielen. Deshalb sollte man sich nicht
wundern, wenn die verfügbare Kapazität von der angegebenen Kapazität nach
unten abweicht, sich aber darüber bewußt sein, daß CompactFlash nicht gleich
CompactFlash ist. Eine Karte, die bei einem Hersteller wesentlich billiger
einzukaufen ist als bei einer anderen Marke, ist nicht immer ein Schnäppchen:
Angesichts einer vielleicht geringeren verfügbaren Speicherkapazität sind ein
paar Mark Preisunterschied oft schnell wieder eingeholt.