Flaggschiff-Smartphone mit hochauflösender Kamera

Sony Xperia XZ nicht nur auf Bildqualität getestet

2016-11-15 Mit dem Xperia XZ präsentierte Sony Anfang September auf der IFA in Berlin erstmals im Jahr 2016 wieder ein echtes Android Flaggschiff Smartphone, das das Xperia Z5 ablöst. Ausgestattet mit einem F2 lichtstarken 24-Millimeter-Objektiv und einem 23 Megapixel auflösenden 1/2,3"-Sensor verspricht Sony eine hohe Bildqualität. Der Fünf-Achsen-Bildstabilisator hingegen arbeitet rein digital und ist nur bei Videoaufnahmen verfügbar. Mit der hohen Auflösung gehen kleine Pixel einher, der fehlende Bildstabilisator spricht ebenfalls nicht gerade für gute Low-Light-Qualitäten. Was die Smartphone-Kamera tatsächlich taugt, haben wir in unserem Testlabor genauer untersucht.  (Benjamin Kirchheim)

  • Bild Die kleine Kamera des Sony Xperia XZ besitzt einen erstaunlich komplexen Aufbau, lässt aber einen optischen Bildstabilisator vermissen. [Foto: Sony]

    Die kleine Kamera des Sony Xperia XZ besitzt einen erstaunlich komplexen Aufbau, lässt aber einen optischen Bildstabilisator vermissen. [Foto: Sony]

  • Bild Die Kamera des Sony Xperia XZ verschwindet komplett im nur acht Millimeter dünnen Gehäuse. Die Prozessoren sitzen in Kameranähe und sorgen vor allem bei 4K-Videoaufnahmen für Erwärmung. [Foto: Sony]

    Die Kamera des Sony Xperia XZ verschwindet komplett im nur acht Millimeter dünnen Gehäuse. Die Prozessoren sitzen in Kameranähe und sorgen vor allem bei 4K-Videoaufnahmen für Erwärmung. [Foto: Sony]

Genereller Eindruck und technische Eckwerte

Immerhin knapp 700 Euro verlangt Sony für sein neues Flaggschiff-Smartphone, das für unseren Test in der edlen Farbe "Forrest Blue" vorlag. Es handelt sich dabei nicht wie sonst üblich um eine Teststellung seitens Sony, sondern um ein Privat von einem digitalkamera.de-Redakteur gekauftes Gerät. Das XZ besitzt ein hochwertiges Gehäuse mit einer Metallrückseite und einer großflächigen Glasfront, die mit einer fingerabdruckabweisenden Schicht überzogen ist. Wie aus der früheren Z-Serie bekannt, ist das XZ gegen Staub und Wasser abgedichtet, nur für Tauchgänge eignet es sich nicht. Sony bleibt seinem "eckigen" Design grundsätzlich treu, rundet aber die langen Kanten ab, sodass das XZ sehr gut in der Hand liegt. Im Verhältnis zur Displaygröße ist das XZ relativ groß, dafür punktet es mit Stereo-Frontlautsprechern, die beim Betrachten von Videos echt Spaß machen. Apropos Spaß: Das IPS-Display ist hervorragend! Es bietet eine feine Full-HD-Auflösung, einzelne Pixel kann man praktisch nicht erkennen. Nur für Virtual-Reality-Brillen ist die Auflösung etwas mager. Die Leuchtkraft ist so stark, dass man es selbst in der spanischen Herbstsonne einwandfrei ablesen kann, ohne in den Schatten gehen zu müssen. In Dunkelheit regelt die Helligkeit automatisch so weit herunter, dass das Display nicht blendet. Die Kontraste sind für ein IPS-Display außergewöhnlich hoch, was dem sehr guten Schwarzwert zu verdanken ist. Sony nutzt im Übrigen Technologie aus den Bravia-Fernsehern für die Bildaufbereitung zur Displaydarstellung. Entsprechend lebendig wirken die Farben. Dies lässt sich für eine neutralere Darstellung abschalten, auch die Farben lassen sich manuell anpassen.

Mit 2.900 mAh ist der Akku etwas schwachbrüstig, reicht aber locker über einen Arbeitstag. Sony legt leider kein Schnellladegerät bei, obwohl ein solches vom Chipsatz grundsätzlich unterstützt wird. Doch selbst mit einem solchen Schnellladegerät lädt der Akku nicht wesentlich schneller (weniger als ein Prozent pro Minute), was etwas enttäuschend ist. Im Inneren kommt der leistungsfähige Snapdragon 820 Vierkern-Prozessor von Qualcomm zum Einsatz, der mit 2,15 Gigahertz taktet. Ihm stehen "nur" drei Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite, der interne Speicher liegt mit 32 Gigabyte, wovon 22 nutzbar sind, ebenfalls eher am unteren Ende für ein aktuelles Smartphone-Flaggschiff. Der schlanken Benutzeroberfläche sei Dank läuft das XZ dennoch äußerst flüssig und Apps werden schnell gestartet. Dies trifft auch auf die Kamera-App zu. Als eines der wenigen Smartphones besitzt das XZ einen echten zweistufigen Kameraauslöser. Hält man diesen gedrückt, startet die Kamera – egal ob das Smartphone schon entsperrt war oder man es gerade erst in die Hand genommen hat – augenblicklich im Automatikmodus, auch wenn sie zuletzt im manuellen Modus benutzt wurde. Standardmäßig läuft die Kamera mit reduzierter Auflösung von acht Megapixeln, zum Glück merkt sich die App aber immerhin die gewählte Auflösung, die maximal 23 Megapixel im 4:3-Format und 20 Megapixel im 16:9-Format beträgt.

Kamera-App und Praxis

Im Automatikmodus funktioniert die Motiverkennung wunderbar, selbst wenn man das XZ auf ein Stativ klemmt, wird dies erkannt. Der Autofokus stellt sehr schnell scharf. Neben auf dem Bildsensor integrierten Phasen-AF-Sensoren verfügt das XZ auch noch über einen separaten Laser-AF-Messsensor, der unterhalb beziehungsweise neben der Kamera sitzt. Dieser arbeitet zumindest im Nahbereich zuverlässig und sorgt für eine zusätzliche Autofokus-Beschleunigung. Der Autofokus ist ständig aktiv und so dauert es vom Drücken des Auslösers bis zur Aufnahme lediglich 0,07 Sekunden. Dank des zweistufigen Auslösers kann vorfokussiert werden, bis zum Auslösen vergehen dann nur noch 0,005 Sekunden. Beide Werte sind für ein Smartphone und selbst verglichen mit einer ausgewachsenen Digitalkamera verdammt schnell. Nicht so fix ist hingegen die Bildverarbeitung, das XZ gönnt sich hier trotz des schnellen Prozessors ein Gedenksekündchen. Das ist nicht wirklich dramatisch, aber etwas unschön. Einen Serienbildmodus gibt es leider nicht.

  • Bild Im intelligenten Automatikmodus erkennt die Kamera-App des Sony Xperia XZ verschiedene Aufnahmesituationen, etwa wie hier Gegenlicht. [Foto: MediaNord]

    Im intelligenten Automatikmodus erkennt die Kamera-App des Sony Xperia XZ verschiedene Aufnahmesituationen, etwa wie hier Gegenlicht. [Foto: MediaNord]

  • Bild Im manuellen Modus, der maximal eine Halbautomatik bietet, lassen sich einige weitergehende Einstellungen vornehmen. [Foto: MediaNord]

    Im manuellen Modus, der maximal eine Halbautomatik bietet, lassen sich einige weitergehende Einstellungen vornehmen. [Foto: MediaNord]

  • Bild Die Kamera-App des Sony Xperia XZ lässt allerlei Einstellungen zu, etwa ob der Aufnahmeort gespeichert werden soll oder das Sucherbild nützliche Gitterlinien zeigen soll. [Foto: MediaNord]

    Die Kamera-App des Sony Xperia XZ lässt allerlei Einstellungen zu, etwa ob der Aufnahmeort gespeichert werden soll oder das Sucherbild nützliche Gitterlinien zeigen soll. [Foto: MediaNord]

  • Bild Mini-Apps erweitern beim Sony Xperia XZ die Funktionalität der Kamera-App. Sogar die 4K-Videoaufnahme wurde in eine solche Mini-App ausgelagert. [Foto: MediaNord]

    Mini-Apps erweitern beim Sony Xperia XZ die Funktionalität der Kamera-App. Sogar die 4K-Videoaufnahme wurde in eine solche Mini-App ausgelagert. [Foto: MediaNord]

Um nochmal auf das Design des XZ zurückzukommen: Im Gegensatz zu anderen Smartphones steht die Kamera nicht hervor, sondern schließt plan mit der Rückseite des Smartphones ab, was uns sehr gefällt. Die Schutzabdeckung besteht übrigens im Gegensatz zu früher nicht mehr aus Kunststoff, sondern aus relativ kratzfestem Glas. Nicht so optimal ist hingegen die Position der Kameralinse, die weit in der Ecke liegt. Dadurch passiert es relativ leicht, dass ein Finger ins Bild ragt, schließlich will man sein Smartphone auch sicher festhalten. Neben dem Laser-AF-Sensor befinden sich noch zwei weitere Elemente unterhalb/neben der Kamera. Dabei handelt es sich zum einen um den LED-"Blitz", der allerdings dunkler ausfällt als bei anderen Smartphones. Dafür leuchtet er die 24 Millimeter Weitwinkel wirklich sehr gleichmäßig bis in die Ecken aus, die kaum dunkler sind als das Bildzentrum. Als drittes Kamerahilfsmittel kommt ein separater Farbsensor zum Einsatz, der den Weißabgleich der Kamera unterstützen soll. Das funktioniert ebenfalls sehr gut.

Die Kamera-App von Sony bietet neben dem Automatikmodus auch einen manuellen Modus, der aus Fotografensicht seinen Namen allerdings nicht wirklich verdient. Tatsächlich arbeitet die Kamera immer mindestens in einem Halbautomatikmodus. Zunächst sei angemerkt, dass Smartphone-Kameras fast immer eine feste Blendenöffnung besitzen, so auch das XZ. Die Lichtstärke beträgt F2,0. Einstellbar sind also nur noch die ISO-Empfindlichkeit (von 50 bis 3.200) sowie die Belichtungszeit (1/4.000 bis 1 Sekunde). Sobald man jedoch einen der beiden Werte manuell einstellt, springt der andere auf Automatik. Lediglich die Belichtungskorrektur (+/-2 EV) kann dann noch helfen, falls einem die automatische Belichtungsmessung nicht passt. Hat man die Kamera-App über den Auslöseknopf gestartet, muss man übrigens erst in den manuellen Modus wechseln, um diesen zu verwenden. Startet man die App hingegen über das App-Symbol, so sind die zuletzt verwendeten Einstellungen aktiv.

Bildstabilisator und Video

Über einen optischen Bildstabilisator verfügt die Kamera nicht, was vor allem bei Low-Light-Aufnahmen schnell zu Verwackelungen oder aber verwaschenen Bildern durch eine dann erhöhte ISO-Empfindlichkeit führt. Hier sind andere Smartphonekameras einfach überlegen. Etwas anders sieht es im Videomodus aus. Filmt man in Full-HD mit 30 Bildern pro Sekunde, so ist ein sehr effektiver elektronischer Fünf-Achsen-Bildstabilisator aktiv, der einem reinen optischen Bildstabilisator überlegen ist. Vor allem bei Schwenks oder beim Gehen ist das Bild sehr ruhig. Wird es etwas dunkler, so merkt man aber auch bei den Videos, dass eine zusätzliche optische Bildstabilisierung fehlt. Geht die Belichtungszeit der Einzelbilder im Video rauf (bis 1/30 Sekunde), so sind Motive, wenn man beispielsweise im Gehen filmt, teilweise doch wieder leicht verschwommen, wobei dies nicht die Videosequenz an sich betrifft, die ruhig bleibt, sondern die Einzelbilder selbst, die Verwackelungsunschärfen aufweisen. Im Gegensatz zu Digitalkameras hat die Videofunktion übrigens keine 30-Minuten-Zeitbegrenzung, wir konnten problemlos darüber hinaus filmen. Unser XZ wurde dabei handwarm, ein Überhitzungsproblem, von dem beim XZ vereinzelt berichtet wird, gab es nicht.

  • Bild Das Design des Xperia XZ ist Sony-typisch minimalistisch. [Foto: Sony]

    Das Design des Xperia XZ ist Sony-typisch minimalistisch. [Foto: Sony]

  • Bild Die Hauptkamera des Xperia XZ bietet eine Auflösung von 23 Megapixel. [Foto: Sony]

    Die Hauptkamera des Xperia XZ bietet eine Auflösung von 23 Megapixel. [Foto: Sony]

Mini-Apps innerhalb der Kamera-App bieten verschiedene, teilweise spielerische Zusatzfunktionen, auf die wir hier mit einer Ausnahme nicht näher eingehen wollen. Die 4K-Videofunktion hat Sony nämlich in eine solche Mini-App ausgelagert. Beim Filmen in 4K bleibt sogar der elektronische Bildstabilisator aktiv. Beim ersten Aufruf der Mini-App gibt es eine Warnmeldung, dass das Gerät überhitzen könne und die App beziehungsweise Aufnahme dadurch beendet wird. Tatsächlich erwärmt sich das XZ hier stärker als bei Full-HD-Aufnahmen. Nach etwa zehn Minuten 4K-Videoaufnahme erscheint der Hinweis erneut, nach knapp 14 Minuten wurde die Aufnahme dann beendet, aber korrekt gespeichert.

Für 4K-Videoaufnahmen auf die Micro-SD-Speicherkarte wird übrigens eine schnelle Karte benötigt, die mindestens Class 10 erfüllt. Allerdings ist das Speicherkarteninterface nicht das schnellste, über 32 Megabyte pro Sekunde (MB/s) Lese- und 22 MB/s Schreibgeschwindigkeit kamen wir nicht hinaus. Zum Vergleich: Der interne Speicher erreicht über 200 MB/s beim Lesen und knapp 60 MB/s beim Schreiben, womit er zwar ebenfalls nicht zu den schnellsten gehört, aber schnell genug ist. Der RAM hingegen bietet 15.550 MB/s Geschwindigkeit. Beim Herausnehmen der SD- und SIM-Karte, die sich im selben Einschub befinden, wird das XZ übrigens neu gestartet, was bei einem Flaggschiff-Smartphone heutzutage eigentlich nicht mehr der Fall sein sollte. Immerhin lässt sich der Einschub im Gegensatz zu anderen Smartphones ohne Werkzeug öffnen.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.