Content Aware Scaling
Seam Carving GUI – inhaltsbezogenes Skalieren
2008-11-03 Skalieren ist immer eine besonders heikle Angelegenheit für Fotografen und Bildbearbeiter, denn der kleinste Fehler kann das Ergebnis als "Fälschung" entlarven. So wird retuschiert, ersetzt und angepasst, was die elektronische Bildverarbeitung hergibt. Doch es geht auch anders – Adobe hat es mit der Implementierung eines Content Aware Scalings (Inhaltsbezogenem Skalieren) im neuen EBV-Flaggschiff Photoshop CS4 vorgemacht. Doch auch auf dem kostenlosen Markt gibt es etwas zum inhaltsbezogenen Skalieren: das Seam Carving GUI. (Harm-Diercks Gronewold)
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Die Grundidee hinter dem kleinen, englischsprachigen Programm ist die Benutzeroberfläche, die auch einem nicht versierten User die Möglichkeit gibt, den so genannten CAIR-Algorithmus zu nutzen, der von den beiden Professoren Shai Avidan (vom Mitsubishi Electric Research Lab) und Ariel Shamir (von The Interdisciplinary Center & MERL) entwickelt und dessen Funktion und Vorgehensweise in einem Video auf der SIGGRAPH 2007 Conference in San Diego/Kalifornien erläutert wurde (siehe weiterführende Links). In dieser Technologie geht es darum, dass bestimmte Bildteile problemlos skaliert werden können und andere Bildelemente nicht, weil sie ggf. ihre Proportionen verlieren würden und das Ergebnis unbrauchbar wäre.
Die dazu gehörige Theorie ist beeindruckend komplex und mathematisch aufwändig, was sicherlich die lange Rechenzeit erklärt, die das Programm braucht, um ein Bild zu analysieren und zu skalieren. Der Algorithmus analysiert zuerst die Energieverteilung im Bild und "entdeckt" so die Gebiete, die problemlos vergrößert bzw. verkleinert werden können. Dies sind die niederenergiehaltigen, zusammenhängenden Bildteile (Seams), also die Bildteile ohne große Details wie Kontrastunterschiede, Farbkontraste und Helligkeit. Das funktioniert in beiden Richtungen: Beim Vergrößern werden diese Seams einfach eingefügt, so dass das gewünschte Bildformat erreicht wird, und beim Verkleinern werden Seams entfernt (siehe Bild). Auch das Entfernen von störenden Bildelementen ist mit Seam Carving möglich, doch auch hier gilt, je mehr Details in der Umgebung vorhanden sind, desto auffälliger sind die Fehler, die das Programm einbaut (siehe Bild).
Die Bedienung ist recht einfach. Zuerst wird ein Bild (BMP, JPEG oder PNG) geöffnet, und dann wird mit einem Pinsel – Größe und Gewicht sind wählbar – der Bildteil gewählt, den man erhalten möchte. Danach gibt man die gewünschte Bildgröße ein und drückt den Resize-Knopf. Dann passiert, je nach Bildgröße, erst einmal gar nichts. Denn es kann, abhängig von der Prozessorleistung und Bildgröße, einige Zeit dauern, bis ein Ergebnis präsentiert wird. Schwierigkeiten hat das Programm erst, wenn die Bilder zu komplex sind, d. h. zu viele Details haben oder die Maskierung sich über die gesamte Länge bzw. Höhe erstreckt.
Doch auch in die andere Richtung schlägt sich Seam Carving GUI recht gut, denn das sonst schwierige "Upscaling", also das Vergrößern eines Bildes über die Ursprungsgröße hinaus, wird mit hervorragenden Ergebnissen belohnt. Die Benutzung ist etwas gewöhnungsbedürftig, und an der Haptik könnte auch noch etwas "geschraubt" werden. Denn die fehlende Vorschau und die recht beachtliche Rechenzeit bei großen Dateien ist alles andere als optimal. Auch lohnt sich der Einsatz nur bei Motiven, die wenig Details in bestimmten Bildbereichen aufweisen. Ansonsten bekommt man eine Menge Technologie für einen extrem geringen Preis – den Download. Seam Carving GUI ist für Linux, Windows oder Mac zum Download erhältlich (siehe weiterführende Links).