Falsches Spiel?
Online-Magazine zeigen ihren Unmut über so genannte "Leaks"
2005-10-28 Als Reaktion auf die wiederholte "versehentliche" Veröffentlichung von Information zu neuen Kameramodellen, die noch unter Sperrfrist stehen, haben zwei größere Online-Magazine öffentlich diese Missstände angeprangert. So kann man auf der englischsprachigen Website dpreview.com und der französischen Website photim.com entsprechende Stellungnahmen der jeweiligen Redaktionen bzw. Betreiber nachlesen. Wir möchten uns mit dieser Meldung dem Protest unserer englischen und französischen Kollegen anschließen bzw. Solidarität mit den verärgerten Kollegen zeigen. (Yvan Boeres)
Wir
wollen zwar keine Namen nennen (da wir nicht einen einzelnen Hersteller,
sondern einfach nur allgemein die Missstände anprangern wollen), aber
diejenigen Leser, die ständig Ausschau nach den neuesten Digitalkameras
halten und regelmäßige Besucher der "Gerüchteküche" in unserem Forum sind,
wissen, von wem in diesem jüngsten Fall die Rede ist. Der Unmut unserer
Kollegen und unsere eigene Verärgerung ist insofern begründet, dass man bei
den von den Herstellern selbst "versehentlich" veröffentlichten
Informationen zu eigentlich vertraulichen Produkten längst nicht mehr von
einem bedauerlichen Einzelfall reden kann, sondern das schon fast zur Regel
geworden ist.
Nun kann man darüber spekulieren, ob das mit Absicht geschieht oder nicht.
Die Regelmäßigkeit, mit der solche "Pannen" stattfinden, spricht eher dafür.
Wenn wirklich keine Absicht dahinter stecken sollte, kann man sich die Frage
stellen, ob die Webmaster bzw. Systemadministratoren der jeweiligen Firmen
mit grober Fahrlässigkeit handeln. Es ist sicherlich keine einfache Sache,
im Informationszeitalter Informationen bis zum letzten Moment geheim zu
halten, und ein kleines "Missgeschick" kann immer passieren, aber wenn man
sorgfältig genug arbeitet, darf so was nicht immer wieder geschehen. Um zum
Schluss zu kommen, dass so genannte "Leaks" ebenso gut geplant sein könnten,
muss man aber nicht unbedingt paranoid oder Verschwörungstheoretiker sein.
Es gibt sogar ganze Bücher zum Thema, und wer sich dafür interessiert, dem
empfehlen wir die Recherche nach solchen Begriffen wie "Guerilla Marketing"
und "Viral Marketing".
Wie dem auch sei: Der Konsument mag sich vielleicht darüber freuen, schon im
Vorfeld über bevorstehende Kameraankündigungen Bescheid zu wissen, aber wenn
die "versehentlichen" Vorveröffentlichungen beabsichtigt sein sollten, würde
das auch bedeuten, dass die Hersteller mit der natürlichen Neugier des
Verbrauchers spielen und ihn so in gewisser Weise "manipulieren". Und wenn
die Presse aus lauter Frust oder aus Zugzwang nur noch schnell und
unverifiziert Informationen weiterleitet, die im Internet die Runde machen,
leidet die Qualität der Berichterstattung insofern, dass der Leser nicht
mehr genau auseinander halten kann, was Gerücht, was
"Mund-zu-Mund-Propaganda" bzw. Marketing und was echte redaktionelle Inhalte
sind.
Wir überlassen es unseren Lesern zu entscheiden, was für sie besser ist. Wir
werden uns aber auch überlegen, ob wir dieses "Spielchen" noch lange
mitmachen und ggf. Konsequenzen ziehen. Im jüngsten Fall haben wir
beschlossen, die im Internet kursierenden Produktfotos einer Kamera, deren
offizielle Ankündigung kurz bevorsteht, nicht zu veröffentlichen (obwohl
diese definitiv authentisch sind), und raten unseren Lesern, nächste Woche
abzuwarten. Denn wir haben mehr als ein paar Fotos und Eckdaten zu zeigen
und werden in gewohnter Qualität über die neuen Produkte berichten.