Photokina 2002

Olympus und Kodak kündigen Wechselobjektiv-System an

2002-09-25 Auch wenn man sich mehr bzw. konkretere Infos auf der Pressekonferenz am Vortag der offiziellen Eröffnung der Photokina 2002 gewünscht hätte, der von Olympus und Kodak zusammen aus der Taufe gehobene Wechselobjektiv- und Kamerastandard ist jetzt eine offizielle Sache. Der so genannte "Four Thirds"-Standard wurde der Presse vorgestellt; der Otto-Normalverbraucher bekommt Informationen dazu entweder auf dem Olympus-Stand auf der Photokina oder online.  (Yvan Boeres)

Four Thirds-Logo [Foto: Olympus]
  
  
   Olympus und Kodak kündigen Wechselobjektiv-System auf der Photokina 2000 an [Foto: MediaNord]
  
Viel mehr als seit unserer Meldung von vor eineinhalb Jahren (am 27. April 2001) war allerdings auf der Pressekonferenz nicht zu erfahren. Wer technische Details oder gar funktionsfähige Geräte auf Basis des neuen Standards zu Gesicht bekommen möchte, muss sich wohl bis zum nächsten Frühjahr gedulden. Zumindest ist jetzt sicher, dass der "Four Thirds"-Standard kommen wird. Wie der Name es schon verrät, dreht sich dabei alles um Bildwandler im 4/3-Zoll-Formfaktor. Die lichtempfindliche Fläche eines solchen Bildwandler auf CMOS- oder CCD-Basis wird 13,5 x 18 Millimeter groß sein und um einen solchen Bildwandler haben nun Kodak und Olympus ein Wechselobjektiv-System aufgebaut. Dank der definierten Abbildungs- (Bildkreis-Diagonale) sowie CCD/CMOS-Größe sind sowohl der Scharfstellbereich als auch das Auflagemaß, also der Abstand der letzten Linse eines Objektivs zur Abbildungsebene der Kamera, verbindlich festgelegt. Grund für die Entwicklung des neuen Wechselobjektivsystems sind – laut Olympus und Kodak – die sehr unterschiedlichen Charakteristika eines Bildwandlers im Vergleich zum Kleinbild-Film. Auch wenn es mittlerweile digitale Spiegelreflexkameras (z. B. Canon EOS-D-Serie, Nikon D-Serie, Fujifilm FinePix S-Pro-Serie) gibt, die das gleiche Wechselobjektivsystem wie ihre analogen Schwestern benutzen, kommen diese Objektive aus der analogen Welt und sind demnach – immer noch laut Olympus und Kodak – nicht so sehr für Digitalkameras geeignet. Probleme bzw. technische Grenzen soll es sowohl bei der Strahlenführung als auch bei der optischen Abbildungsleistung geben. So ließ zum Beispiel Olympus verlauten, dass nur die allerwenigsten Kleinbild-Objektive hoch auflösend genug sind, um Pixel "scharf" genug abzubilden, die kleiner als zehn Mikrometer sind. Bei digitalen Kompaktkameras sind aber die Pixel des Sensors oft sogar kleiner als fünf Mikrometer. Was die Strahlenführung betrifft, liefern die CCD/CMOS-Bildsensoren ein optimales Bildergebnis, wenn die Lichtstrahlen ausschließlich im rechten Winkel auf die Pixelelemente treffen; eine Eigenschaft die bei KB-Wechselobjektiven nicht sichergestellt ist. Deshalb musste für Olympus und Kodak ein neues, an die Eigenheiten der Bildwandler angepasstes, Wechselobjektivsystem her.

So hat man um den 4/3"-Bildwandler, der wohl von den Abmessungen her einen guten Kompromiss zwischen Fertigungskosten, Lichtausbeute und Anforderungen an das Auflösungsvermögen der Objektive darstellt, ein neues Wechselobjektivsystem von Grund auf neu entwickelt. Neben der Lösung der o. a. "Probleme" bietet das neuen "Four Thirds"-Wechselobjektivsystem auch einige konstruktionsbedingte Vorteile. Wegen des kleineren Auflagemaßes können zuerst mal wesentlich kleinere, kompaktere Objektive gebaut werden. Bei kürzerer Brennweite (z. B. 300 mm) – und folglich kürzerem Abstand zwischen Frontlinse und Bildebene – kann der gleiche Bildwinkel wie bei einem 600 mm-Kleinbild-Wechselobjektiv erzielt werden. Und da der "Weg" vom Objektiv bis zum Bildwandler kürzer ist, geht unterwegs auch weniger Licht verloren. Insofern sind die neuen 4/3-Objektive auch lichtstärker. Das ist zumindest die – zugegebenermaßen von uns stark vereinfachte – Theorie.

Da das neue Wechselobjektivsystem keine "Altlasten" aus der Kleinbildfotografie mit sich herumschleppen muss und von Beginn an für ein digitales Kamerasystem entworfen wurde, konnte man modernste Technologien in die Objektive einfließen lassen. Was für Technologien dabei vorgesehen sein könnten (Ultraschall-Fokussiermotor, eingebauter Bildstabilisator o. ä.) ist noch nicht bekannt. Sicher ist aber bereits, dass die neuen Objektive mit den Kameras kommunizieren werden. Wie beim Canon EF-Kleinbild-Wechselobjektivsystem wird die Kamera ihre Befehle (z. B. Fokussier-Ansteuerung oder Blendensteuerung) über elektrische Kontakte an der Objektivfassung an das Objektiv weitergeben. Das Objektiv wird seinerseits über dieselben Kontakte der Kamera wichtige Informationen liefern (z. B. die eingestellte Entfernung zum Hauptmotiv). Mechanische Antriebswellen oder mechanische Blendenkupplungen wie bei anderen KB-Wechselobjektivsystemen wird es beim "Four Thirds"-System nicht geben.

   "Mockup" eines Four Thirds-Kameramodells [Foto: Olympus]
  

Die Pressekonferenz auf der Photokina zum "Four Thirds"-System beschränkte sich darauf, die oben genannten Punkte zu umreißen. Näheres ist derzeit nicht bekannt. Zumindest Olympus zeigt sich aber ziemlich zuversichtlich und will schon Anfang nächsten Jahres "Four Thirds"-Produkte auf den Markt bringen. Wie ein solches Kamera- und Objektivsystem aussehen könnte, konnte man anhand eines so genannten "Mockups" (ein nicht-funktionsfähiges Ausstellungsmodell) begutachten, das sehr stark an die Olympus E-Digitalkameraserie erinnert. Olympus und Kodak werden aber vermutlich nicht die Einzigen sein, die Kameras und/oder Objektive rund um das neue System vorstellen werden. Denn das "Four Thirds"-System, soll – den Wünschen von Olympus und Kodak nach – auch von anderen Herstellern unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll das Industrie-Forum "Universal Digital Interchangeable Lens System Forums" gegründet werden. Wie groß das Interesse seitens der Kamera- und Objektivhersteller sein wird, bleibt abzuwarten. Bisher hat sich offiziell nur die Firma Fujifilm dem neuen Standard angeschlossen und derzeit sieht so aus, als ob die "Platzhirsche" auf dem Kameramarkt (Canon, Nikon und Minolta) nicht mitmachen werden. Welche anderen Hersteller sich dem "Four Thirds"-Standard anschließen werden, bleibt abzuwarten. Viel versprechend ist die Idee auf jeden Fall und wir sind gespannt auf erste Produkte und die Preisgestaltung der Hersteller.

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