Aus der Nähe betrachtet

Makroaufnahmen so leicht wie noch nie

2001-07-25 Makroaufnahmen sind eine der beliebtesten Spezialanwendungen von Digitalkameras. Wenn das natürliche Umgebungslicht nicht reicht, ist es allerdings aufgrund der kurzen Aufnahmeentfernung nicht immer einfach, das Motiv mit Blitzlicht oder Kunstlicht auszuleuchten. Neben speziellen Ringblitzgeräten gibt es mittlerweile speziell für Digitalkameras zwei Makro-Ringlichter mit Dauerlicht, die wir uns einmal genauer angeschaut haben.  (Christopher Adolph, Jan-Markus Rupprecht)

Vieles geht mit Digitalkameras einfacher als mit ihren analogen Kollegen. Zu dem Vorteil des Monitors, der auch bei dunklem Umfeld eine "erhellende" Sicht der Dinge erlaubt, gehört bei einigen Modellen zusätzlich ein schwenkbarer Monitor für ungewöhnliche Perspektiven ohne Verrenkungen. Besonders beliebt sind Digitalkameras fürs Fotografieren im Nahbereich. Da gibt es Modelle, die bis zur 1 cm Naheinstellgrenze (Casio) oder 2 cm Nikon Coolpix (950/990/995) erlauben. Und aufgrund der im Vergleich zum Kleinbildfilm wesentlich kleineren Abmessungen des CCD-Sensors ergibt sich eine größere Schärfentiefe als in der analogen Kleinbildfotografie. So gelingen schneller und ohne großen Aufwand gute Bildergebnisse.

Über handelsübliche Adapterringe lassen sich die Nikons Coolpix Modelle mit Blitzanschluss mit dem Ringblitz Nikon SB 29 verbinden. Ähnliche Möglichkeiten bietet auch die Canon PowerShot G1 (Naheinstellgrenze 6 cm) in Verbindung mit Canons Ringblitz MR-14 EX. Das Problem mit Standard-Adaptern ist, dass sie die neben dem Objektiv sitzende Blitz-Messzelle der Nikon Coolpix Kameras verdecken und so keine automatische Blitzbelichtung mehr zulassen. Ein Herantasten an die exakte Blitzleistung ist lästig und nicht jedermanns Sache. So gesehen ist die spezielle Adapterlösung von Imaging One (siehe Meldung vom 9. April 2001) eine feine Sache. Der Spezialadapter für die Coolpix 950 und 990 besitzt große Langlöcher, die das Licht auf die Messzelle durchlassen und so das Zusammenspiel von Kamera und Blitz im vollautomatischen TTL-Betrieb ermöglichen. Leider ist der Adapter aufgrund der kleinen Stückzahl mit 180 DM recht teuer und funktioniert nicht in Verbindung mit der neuen Nikon Coolpix 995, da bei dieser der Blitzsensor im Pop-Up-Blitz sitzt und damit in jedem Fall von dem montierten Ringblitz abgeschirmt wird.

Ein Nachteil der Blitzfotografie ist generell, dass das Licht im Moment der Aufnahme ein ganz anderes ist als während der Vorbereitungen. Deshalb schwören gerade Digitalfotografen, die es gewohnt sind, das Motiv per LCD-Monitor oder angeschlossenem TV-Gerät anzuvisieren, eher auf Dauerlicht. Dieses liefert bereits vor der Aufnahme die spätere Lichtcharakteristik und eignet sich deshalb besser zum Beurteilen von Ausleuchtung und Schattenwurf. Da Digitalkameras über einen automatischen (und häufig zusätzlich auch einen manuellen Weißabgleich) verfügen, kommen hierbei verschiedene Lichtquellen in Betracht und so gibt es mittlerweile zwei ganz unterschiedliche und dennoch gleichermaßen interessante Lösungen zur Makrofotografie mit Dauerlicht.

LED-Ringlicht

   Ringlicht mit LED der Fa. dentalelectronic GmbH [Foto: MedfiaNord]
 
Die erste Spezial-Lichtquelle kommt aus Deutschland und findet in Dentallabors und bei Zahnärzten bereits großen Anklang. Die dentalelectronic GmbH aus Weiden hat für diese Anwendergruppe bereits vor etwas mehr als einem Jahr die "LEDLite" auf den Markt gebracht. Mit einem Gewicht von nur 50 Gramm und einem Außendurchmesser von 57 mm und einem Innendurchmesser von 37 mm ist die Leuchte geradezu winzig klein. Auch der Akku Pack mit knapp 90 Gramm und einer Größe von 85 x 47 x 22 mm, fällt nicht weiter ins Gewicht. Die 80 cm lange Zuleitung sorgt für entsprechenden Bewegungsspielraum. Gerade bei der Zahntechnik ist es sehr wichtig, eine mobile und tragbare Lösung für die Makrofotografie zu haben. Dabei sorgt der kleine Akku immerhin für knapp eine Stunde Leuchtdauer der 32 weißen Ultra Bright LEDs, um dann nach 6 Stunden Ladezeit wieder zur Verfügung zu stehen. Alternativ kann man zusätzlich ein Netzgerät für den Dauerbetrieb (z. B. auch an Videokameras oder Mikroskopen) für rund 280 DM erwerben.

Das kameraseitige Anschlussgewinde hat einen Durchmesser von 52 mm, ein Adapterring für Nikon Coolpix 9xx von 28 auf 52 mm ist für rund 70 DM erhältlich. Durch die Bauform ist die Verwendung von Vorsatzlinsen weiterhin gegeben, diese werden einfach zwischen Kamera und LED-Ringlicht montiert. Die konzentrisch um die optische Achse angeordneten Lichtquellen garantieren eine optimale und schattenfreie Ausleuchtung des Arbeitsfeldes. Da die leicht schräg nach innen montierten Bright Light LEDs ein gebündeltes Licht abgeben, ergibt sich ein fokussiertes Licht, das erst ab einem Aufnahmeabstand von rund 17 cm auch in der Bildmitte voll ausgeleuchtet wird. In diesem Abstand bewirkt die 6.000 Lux starke Lichtquelle noch ein Plus von 4 Blenden. Die hohe Energieausbeute von 80 % von LEDs sorgt für eine nur minimale Wärmeentwicklung, womit dem Langzeiteinsatz dieser Leuchte nichts im Wege steht. In der Praxis sehr angenehm ist die Tatsache, dass LEDs keinerlei Aufwärmphase benötigen und deshalb direkt nach dem Einschalten die volle Helligkeit und eine stabile Farbtemperatur liefern.

Damit die, mit einer Farbtemperatur von knapp 8000 Kelvin leicht bläuliche scheinenden, LEDs auch jeder Situation gewachsen sind, gibt es eine Anzahl von sinnvollem Zubehör:

  • Einen 30 mm im Durchmesser messenden Umlenkspiegel für 85 DM, der dazu dient, auch unzugängliche Stellen abzubilden und Licht von hinten an diese Stellen zu lenken.
  • Je eine 4 und 6 Dioptrien Vorsatzlinse mit 52 mm Filtergewinde.
  • Zwei in ihrer Stärke unterschiedliche Streuscheiben. Diese "kosten" zwar etwa 1 Blende Lichtstärke, sorgen aber für eine weichere Ausleuchtung und für in der Mitte ausgeleuchtete Aufnahmen bereits ab ca. 13 bzw. 15 cm.
  • Einen Polfilter.
  • Das eben schon erwähntes Steckernetzgerät.

In Kürze wird es die Möglichkeit geben, mittels einer Stellschraube den ganzen Leuchtring zu verschwenken, um so von der einen oder anderen Seite mehr Licht auf das Objekt zu lenken. Außerdem ist eine Ringleuchte mit einem größeren lichten Durchmesser in Planung, so dass auch viele analoge Kameras und Digitalkameras mit größerem Objektivdurchmesser in den Genuss dieser Ausleuchtung kommen können.

Neon-Ringlicht

   Neon-Ringlicht der Fa. Foto Brenner [Foto: MediaNord]
  
Ein weiteres Produkt zum Thema "schattenfreie Nahfotografie" erreichte uns aus Japan. Das nun bei Foto Brenner (ansässig wie der Hersteller des LED-Ringlichts ebenfalls in Weiden im nordöstlichen Bayern) exklusiv erhältliche Neon-Ringlicht kostet rund 850 DM. Das Ringlicht besitzt einen deutlich größeren Außendurchmesser von 85 mm und einen Innendurchmesser von 38 mm. Der Gewindedurchmesser beträgt 41 mm und passt so bereits ohne Vorsatzlinsenadapter an die Digitalkameras C-20x0/C-30x0/C-40x0 von Olympus. Genaugenommen hat die Ringleuchte aufgrund ihrer Bauform einen Objektivadapter für die Olympus-Kameras bereits integriert. Die Linse des ausgefahrene Zoom-Objektivs liegt deshalb auf gleicher Höhe mit der Vorderseite des Ringlichtes.

Eine Anpassung mittels entsprechender Adapterringe an Kamera mit 28 oder 37 mm Filterdurchmesser ist prinzipiell kein Problem, jedoch steht die Ringleuchte dann durch den fest angebauten Alu-Tubus unnötig weit vor der Kamera und man erreicht die 2-mm-Nahgrenze der Nikon Coolpix-Modelle nicht. So wie das Ringlicht gebaut ist, scheint es maßgeschneidert für die Olympus-Modelle zu sein. Da man mit diesen aber erst mit Hilfe einer Nahlinse erst richtig dicht ans Objekt herangehen kann, ist es praktisch, dass eine Makrolinse für das 46 mm Frontgewinde des Ringlichts gleich zum Lieferumfang gehört. Eine vor der Leuchtstofflampe befindliche Streuscheibe "softet" das schon bereits weiche Licht des Leuchtmittels nochmals und erlaubt so schattenfreie Ausleuchtungen bis runter auf 5 cm Abstand. Probleme wie dunkle Stellen in der Bildmitte gibt es im Gegensatz zur oben vorgestellten LED-Leuchte bei diesem Neon-Ringlicht also nicht. Dafür steht die volle Leuchtkraft nicht sofort nach dem Einschalten zur Verfügung. Bedingt durch die Art des Leuchtmittels sollte man mit dem Fotografieren etwa vier bis fünf Minuten nach dem Einschalten der Ringleuchte warten, bis sich die volle Helligkeit und die endgültige Farbtemperatur eingestellt hat. Aufgrund der hohen Energieausbeute der Neonleuchte ist auch hier nur eine geringfügige Wärmeentwicklung die Folge.

Versorgt wird das Neon Ringlicht über ein 75 cm langes festangeschlossenes Spiralkabel von einem Batterieteil mit acht Mignonzellen (Typ AA-Batterien). Damit kann die Leuchte rund zwei Stunden mit Energie versorgt werden. Am Batterieteil gibt es einen Schalter für die Leuchtstärke "High" und "Low". Dieser erzeugt einen Helligkeitsunterschied von ca. einer dreiviertel Blende. Generell bringt dieses Ringlicht in einem Abstand von 12 cm einen Gewinn von 4 Blendenstufen und im Nahbereich unter 8 cm von 5 Blendenstufen. Sowohl an der Ringleuchte selbst als auch am Batteriegehäuse befinden sich ein 1/4 Zoll Stativgewindeanschluss. Zusätzlich lässt sich das Batteriegehäuse auch auf einen Blitzschuh montieren.

Noch ein Tipp

Sollte Ihnen die Auflösung einer 3,3 Millionen Kamera zu viel sein (z. B. weil die Bilder stets der Bildschirmpräsentation dienen oder Sie diese nicht größer als 10 x 15 cm ausdrucken oder ausbelichten) und ihr Hauptaufgabengebiet ist die Nahbereichsfotografie, dann greifen Sie doch zu einer Kamera der 2,1 Megapixelklasse. Diese besitzen in der Regel gegenüber den höher auflösenden Modellen der 3- und 4- Megapixelklasse einen CCD-Sensor mit kleineren Abmessungen und erreichen damit einen noch größeren Schärfentiefebereich. Relevant ist hier die in unseren Datenblättern jeweils angegebene Nenngröße des CCD-Elements. 3,3- und 4,1-Megapixel-CCDs werden in der Regel mit 1/1,8 Zoll angegeben, was einer Aufnahmefläche von 7,0 x 5,3 mm entspricht. CCD-Sensoren mit einer Auflösung von 2,1 Megapixeln sind hingegen meist 1/2" oder sogar nur 1/2,7" groß, was 6,4 x 4,8 mm bzw. 5,3 x 3,9 mm entspricht und bei vergleichbarer (auf Kleinbildformat umgerechneter) Brennweite eine größere Scharfentiefe erzeugt, die die Makrofotografie erleichtert.

Fazit

Das Neon-Ringlicht erweist sich im praktischen Einsatz als unproblematisch, da kein Mindestabstand beachtet werden muss. Allerdings sollte sie bereits einige Minuten vor der eigentlichen Aufnahme eingeschaltet werden und in der derzeitigen Bauform erscheint diese Ringleuchte wie eine sehr gelungene Speziallösung für die Olympus Modelle C-20x0 bis C-40x0. Ein Betrieb an anderen Kameras sieht "gebastelt" aus und verschenkt den Vorteil eines geringen Aufnahmeabstandes zum Objektiv. Hier wäre ein Verzicht auf den fest angebauten Vorsatzlinsenadapter und statt dessen ein 43-mm-Filtergewinde direkt am Kunststoffgehäuse der Leuchte die universellere Lösung gewesen.

Das LED-Ringlicht ist dank 52-mm-Gewinde direkt am Leuchtenkörper universell verwendbar. Allerdings muss man bei diesem Modell penibel auf den Mindestabstand von 13, 15 oder 17 cm achten, was in der Praxis gar nicht immer einfach ist. So verschenkt diese Makro-Ringleuchte die spektakuläre Nahgrenze einiger Digitalkameras. Hier ist der Hersteller gefordert, eine geeignete Streuscheibe für eine weichere Ausleuchtung zu entwickeln. Die heute erhältlichen Streuscheiben schlucken viel Licht und streuen wenig.

Dennoch sind beide Ringleuchten schon heute gute Hilfsmittel für die Nahbereichsfotografie. Den Ultra-Nahbereich der Nikon Coolpix Modelle erreicht man aber bisher nur mir dem Ringblitz.

Artikel-Vorschläge der Redaktion

FOTOPROFI Die News sponsert FOTOPROFI, ein familien­geführter Fachhändler mit 9 Standorten in Baden-Württemberg, hochwertiger Bildmanufaktur, umfangreichem Webshop und kompetenter Telefonberatung: +49 (0) 7121 768 100.

News-Suche

von bis
Hersteller
Autor
Suche nach

Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.