Fotoindustrie
Leica Camera AG bleibt auf eigenem Kurs
2005-06-01 Auf der mit Spannung erwarteten außerordentlichen Hauptversammlung der in existentielle Schwierigkeiten geratenen Leica Camera AG am 31.05.2005 haben die Aktionäre mit überwiegender Mehrheit von mehr als 90 Prozent den Sanierungsplänen von Vorstand und Aufsichtsrat zugestimmt. Dabei geht es aktienrechtlich und bilanziell um eine Herabsetzung des Grundkapitals, die gleichzeitige Ausgabe neuer Aktien und die Bewertung vorhandener Vorräte. Geschäftspolitisch verfolgt die Leica-Unternehmensführung selbständig die Entwicklung hochwertiger digitaler Kameras auf der Basis ihrer R- und M-Modelle sowie in Partnerschaften die verstärkte Entwicklung von Kompaktkameras "im Sinne eines Engineerings mit Leica Know-how". (Jan-Gert Hagemeyer)
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Die Herabsetzung des Grundkapitals und die Schaffung neuen Kapitals durch
Ausgabe neuer Aktien bezeichnete Dr. Josef Spichtig, seit dem 18. April 2005
Vorstandsvorsitzender der Leica Camera AG, auf der Hauptversammlung als
"unabdingbar für die Existenz des Unternehmens". Die Zustimmung der
Aktionäre wertete er als "Bekenntnis zum Erhalt des Unternehmens und
Bejahung seiner Zukunftsperspektiven". Geplant ist nun die Herausgabe von
13,5 Millionen neuen Aktien im Wert von je 1,70 EUR. Die neuen Aktien werden
zunächst den bestehenden Aktionären angeboten.
Für das Unternehmen formulierte Spichtig das Ziel, die gesamte Struktur
auf ein in naher Zukunft erzielbares Umsatzvolumen von etwa 100 Millionen EUR
auszurichten. Dabei wolle er das Unternehmen in seiner Gesamtheit, also mit
den Geschäftseinheiten Foto und Sportoptik, fortführen. Neben den beiden
Kamerasystemen Leica M und Leica R sollen auch in Zukunft Kompaktkameras als
Kooperationsprodukte angeboten werden. Digitale Lösungen in allen
Produktbereichen sollen in Partnerschaften entwickelt und verstärkt werden.
"Die digitalen Technologien sind bekannter Weise entwickelt und auf dem
Markt vorhanden. Sie sollen im Sinne eines Engineerings mit Leica Know-how
verbunden werden. Für die Bearbeitung dieser Fragestellung wollen wir uns
personell verstärken", führte der Vorstandsvorsitzende aus.
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Die erzielte Reife digitaler Fotolösungen, die in der Spitze zu einem
Kopf-an-Kopf-Rennen mit analogen Verfahren führe, böte jetzt auch vermehrt
Platz für Leica Lösungen. Beste Optik, die Konzentration auf das Wesentliche
und Solidität spielten wieder eine Rolle, da die Sensoren nicht mehr das
allein bestimmende Qualitätsmerkmal eines digitalen Systems seien. Bezüglich
der Produktion und Logistik plane er eine Straffung, die auch zu einer
Halbierung des Lagerbestands von aktuell 42 Millionen EUR führen solle. Die
Maßnahmen sollen an den Standorten Solms und Portugal so getroffen werden,
dass die Fertigung "Made in Germany" nicht gefährdet wird.
Auf der Seite des Marketing und Vertriebs sieht sich Spichtig einem
qualitätsorientierten Umbau der Vertriebsstruktur verpflichtet. "Für die
erklärungsbedürftigen Leica Produkte brauchen wir gut ausgebildete Händler
mit gutem Service. Wir müssen unsere internationale Distributionspolitik so
ausrichten, dass sich für die ausgewählten Partner ein attraktives Geschäft
entwickelt", so Spichtig.
In seinem Vortrag vor den Aktionären des Unternehmens führte Spichtig
aus, dass in der Leica Camera Gruppe im Geschäftsjahr 2004/2005 (per 31.
März) in einem schweren Marktumfeld ein Umsatzrückgang von 119,1 Millionen EUR
um 21% auf 93,7 Millionen EUR zu verzeichnen war. Zu den Gründen für den
Verlust führte er aus, dass es Fehleinschätzungen des Managements in Bezug
auf die Geschwindigkeit des Wandels hin zur Digitalisierung des Fotomarkts
gegeben habe, die sich mit strukturellen Schwachstellen des Unternehmens und
auch externen Faktoren wie ungünstigen Währungskursen gepaart hätten. Die
Verluste haben handelsbilanziell zu einer Überschuldung geführt; durch
Rangrücktritte sei jedoch derzeit sichergestellt, dass im
Überschuldungsstatus eine solche Überschuldung nicht entsteht.
Den geplanten Kapitalmaßnahmen liegt eine Ergebnisplanung zu Grunde, die
operative Verluste im Geschäftsjahr 2005/2006 in einer Größenordnung von
13 Millionen EUR berücksichtigt. Überprüfungen im Hinblick auf mögliche
Verbesserungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Zu berücksichtigen sei
auch ein möglicher außerordentlicher Aufwand für Restrukturierungsmaßnahmen.
Für das Geschäftsjahr 2006/2007 werde dann ein ausgeglichenes Ergebnis als
Ziel festgehalten.