Hochauflösend und schnell zugleich

Highend-Vollformat-Systemkamera Nikon Z 9 vorgestellt

2021-10-28 Lange gab es nur kleine Informationshäppchen, doch nun stellt Nikon die Highend-Vollformat-Systemkamera Z 9 endgültig vor. Dabei gelingt es Nikon, eine 45,7 Megapixel hohe Auflösung mit einer 20 Raw-Bilder pro Sekunde schnellen Serienbildrate zu vereinen. Obendrein können 8K-Videos mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde (später sogar 60 B/s) oder 4K-Videos mit 120 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden, ohne dass die Kamera schnell überhitzt.  (Benjamin Kirchheim)

Auch wenn der Kleinbildsensor dieselbe effektive Auflösung wie bei der Z 7 und Z 7II besitzt, wurde er völlig neu entwickelt. Es handelt sich um einen Stacked BSI-CMOS-Sensor, also einen rückwärtig belichteten Sensor, bei dem die AD-Wandler samt DRAM-Zwischenspeicher direkt auf dem Sensor integriert sind. Nikon verspricht die schnellste Ausleserate aller Kamerasensoren, so dass selbst bei sehr schnellen Motivbewegungen praktisch kein Rolling-Shutter-Effekt mehr zu sehen ist.

Folgerichtig spart Nikon den mechanischen Verschluss direkt ein. Stattdessen sitzt nur noch ein Schutzvorhang vor dem Sensor, der diesen beim Ausschalten und Objektivwechsel schützt. Zudem ist der Sensor mit einer neuen, leitfähigen Anti-Staub-Beschichtung versehen. Der elektronische Verschluss erlaubt bis zu 1/32.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten und bietet eine Blitzsynchronzeit von 1/250 Sekunde. Zudem ist Highspeedblitzen mit bis zu 1/8.000 Sekunde möglich – also auch hier kein Nachteil des elektronischen Verschlusses gegenüber einem mechanischen.

Der Empfindlichkeitsbereich beginnt bei ISO 64 und geht bis zu ISO 25.600. Mit Erweiterung lässt sich die Empfindlichkeit auf bis zu ISO 32 senken und bis zu ISO 102.400 erhöhen. Die Bildqualität soll laut Nikon trotz identischer Auflösung noch besser (rauschärmer) als bei der Z 7II sein. Zudem bietet die Z 9 ein neues, verlustbehaftetes 14-Bit-Raw-Format. Es soll die Dateien auf etwa 1/3 der unkomprimierten Größe zusammenschrumpfen, ohne dass man dabei einen Bildqualitätsverlust sehen kann. Selbstverständlich lassen sich die Rohdaten aber auch weiterhin unkomprimiert oder verlustfrei komprimiert speichern.

Das Livebild wird mit 120 Bildern pro Sekunde generiert – und zwar unabhängig davon, ob die Kamera gerade fokussiert oder Serienbilder aufnimmt. Statt wie bei anderen Herstellern das Livebild mit Fakebildern aufzufüllen, falls der Sensor gerade mit einer Bildaufnahme oder dem Fokussieren beschäftigt ist, setzt Nikon auf eine andere Technik: Das Sensorsignal wird aufgeteilt beziehungsweise verdoppelt. Bei der von Nikon Dual-Stream getauften Technologie geht ein Signal zur Livebilderzeugung und eines geht zum Bildprozessor, der sich um den Autofokus und die Bildaufnahme kümmert. Somit kann das Sucherbild völlig unabhängig erzeugt werden.

Beim Sucher selbst kommt übrigens derselbe wie bei der Z 6 (II) und Z 7 (II) zum Einsatz, also ein OLED mit 3,69 Millionen Bildpunkten und eine Sucheroptik mit 0,8-facher Vergrößerung. Statt auf eine besonders hohe Auflösung setzt Nikon also auf eine ausreichend hohe Auflösung kombiniert mit einem flüssigen, so gut wie verzögerungsfreien Bild und zudem eine hohe Helligkeit von bis zu 3.000 (!) Nits, womit sich ein HDR-Bild generieren lässt, das laut Nikon einem optischen Sucher in Nichts nachstehen soll.

Beim Bildprozessor handelt es sich um den besonders leistungsfähigen Expeed 7, der etwa zwölfmal schneller als der Expeed 6 sein soll. Er stellt die nötige Rechenpower für bis zu 30 Bilder pro Sekunde in JPEG oder 20 Bilder pro Sekunde in Raw bei voller Auflösung für über 1.000 Bilder am Stück zur Verfügung. Zudem kümmert er sich um den Autofokus, der Menschen, Köpfe, Gesichter, Augen (auch von der Seite), Tiere, Tieraugen, Vögel, Vogelaugen und diverse "Fahrzeuge" erkennt, etwa Autos, Motorräder, Flugzeuge und Züge. Auf dem Sensor sind dafür 493 Phasen-AF-Punkte integriert und über die gesamte Fläche verteilt. Die Automatik nutzt 405 dieser Felder, manuell lassen sich alle ansteuern. Insgesamt zehn AF-Bereichsmodi stehen dem Fotografen zur Verfügung. Die Erkennungsfunktionen arbeiten selbstverständlich auch im Tracking-Modus, wobei hier das 3D-Tracking von Nikon zum Einsatz kommt, das bereits aus den DSLRs bekannt ist.

Beim rückwärtigen Touchscreen (3,2 Zoll beziehungsweise acht Zentimeter Diagonale und 2,1 Millionen Bildpunkte Auflösung) kommt eine neue Schwenkmechanik zum Einsatz. Der Bildschirm lässt sich nicht nur um 90 Grad nach oben und 45 Grad nach unten kippen, sondern auch um 90 Grad zur Seite – und zwar so, dass er hinter der Kamera bleibt und bei Verwendung des Hochformatgriffs nach oben zeigt.

Zwar ist die Nikon Z 9 eine große (15 x 15 x 9 cm) und schwere (1,34 kg) Kamera, aber sie ist etwa 20 Prozent kleiner als eine D6. Das große Gehäuse besteht aus einer Magnesiumlegierung und ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Zudem dient es als Kühlkörper für den Bildsensor, der übrigens beweglich gelagert ist und damit bis zu 5,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten erlaubt. In Kombination mit bildstabilisierten Objektiven sollen sogar bis zu sechs Blendenstufen möglich sein. Zum Transport wird der Sensor übrigens fixiert. Auf der Oberseite bietet das Gehäuse ein beleuchtetes Info-Display, zudem sind die wichtigsten Tasten beleuchtet.

Die Videofunktion der Nikon Z 9 ist ebenfalls überdurchschnittlich leistungsfähig. 8K-Videos werden mit 30 Bildern pro Sekunde für 125 Minuten am Stück aufgezeichnet; dafür sorgt die erwähnte gute Kühlung. Gleiches gilt für 4K-Videos mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde. Später sollen per Firmwareupdate (das voraussichtlich im Frühjahr 2022 kommt) 8K-Videos sogar mit 60 Bildern pro Sekunde möglich sein, die Aufnahmedauer dürfte dann etwas kürzer sein. 8K-Videos werden wahlweise im UHD-Format (16:9 mit 7.680 x 4.320 Pixeln) oder DCI-Format (17:9 mit 8.192 x 4.320 Pixeln) aufgezeichnet. Bei 4K-Videos kommt übrigens ein Oversampling zum Einsatz, so dass die gesamte Sensorbreite genutzt werden kann.

Die Videos können intern auf der Speicherkarte im Format ProRes 422 HQ gespeichert werden oder wahlweise mit H.264- oder H.265-Kompession. Mit dem bereits erwähnten Firmwareupdate will Nikon zudem ein neues N-Raw-Videoformat nachliefern, das bei etwa halber Dateigröße im Vergleich zu ProRes aufzeichnet und auch 8K-Videos mit 60 Bildern pro Sekunde bewältigen kann.

Um die großen Datenmengen auch wegspeichern zu können, bietet die Nikon Z 9 zwei CFexpress-Speicherkartenschächte. Hier sollte man unbedingt drauf achten, die schnellsten Speicherkarten zu verwenden, die man bekommen kann, sofern man die hohe Leistung der Nikon Z 9 ausreizen möchte. Laut Nikon zertifiziert sind derzeit ausschließlich die CFexpress-Speicherkarten ProGrade Digital Cobalt. Mit anderen Speicherkartenherstellern ist man im Gespräch, um auch hier zertifizierte Modelle auf den Markt zu bringen.

Die Schnittstellenausstattung der Nikon Z 9 ist ebenfalls üppig. Sie besitzt ein eingebautes GPS und funkt drahtlos mit Bluetooth sowie Wi-Fi 6 auf 2,4 und 5 GHz. Neben einer schnellen USB-C-Schnittstelle sind auch ein großer HDMI-A-Anschluss, eine Stereomikrofon-Klinkenbuchse mit abschaltbarer Spannungsversorgung sowie eine Kopfhörer-Klinkenbuchse und ein 1000Base-T-LAN-Anschluss verbaut. Apropos Mikrofon: Dieses sampelt mit 24 Bit Linear-PCM.

Zur Stromversorgung kommt ein neuer Akku des Typs EN-EL18d zum Einsatz, der sich in der Kamera per USB aufladen lässt. Ein externes Ladegerät (mit allerdings nur einem Ladeschacht) samt Netzteil gehört zum Lieferumfang der Nikon Z 9. Zudem sind die älteren EN-EL18-Akkus, auch der Subtypen a-c, kompatibel, bieten aber nicht dieselbe Leistungsfähigkeit wie der 18d und lassen sich auch nicht per USB in der Kamera aufladen.

Ab Dezember 2021 soll die Nikon Z 9 zu einem Preis von knapp 6.000 Euro erhältlich sein. Zudem wird es für knapp 290 Euro einen neuen F-Objektivadapter mit der Typenbezeichnung FTZ II geben. Technisch ist dieser identisch zum bisherigen FTZ-Adapter, dessen Produktion ausläuft. Der einzige Unterschied ist das fehlende Stativgewinde, da dieses bei Verwendung des Hochformatgriffs der Nikon Z 9 störend wäre. Wer also noch einen Adapter mit Stativgewinde kaufen möchte, sollte das lieber früher als später tun, solange die alte Version noch erhältlich ist.

Zur Nikon Z 9 wird es einige Online-Live-Veranstaltungen geben, bei denen auch Fragen gestellt werden können. Diese starten bereits heute Abend um 19 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Nikon DACH (siehe weiterführende Links). Zudem wird die Z 9 bei den virtuellen Nikon-Days ab 5. November dabei sein, wo es Frage-Antwort-Runden, Tutorials, Live-Masterclasses und Vorträge von Fotografinnen und Fotografen geben wird, die bereits mit der Z 9 gearbeitet haben. Die Veranstaltung ist zwar kostenlos, jedoch muss man sich aufgrund begrenzter Platzzahl vorab anmelden (siehe weiterführende Links). Darüber hinaus plant Nikon passend zur Z 9 auch neue Profi-Teleobjektive, worauf wir in gesonderten Meldungen eingehen (siehe ebenfalls weiterführende Links).

Z 9 Live Q&A auf dem YouTube-Kanal von Nikon DACH


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.