APS-C-Flaggschiff der fünften Generation

Fujifilm X-H2S für professionelle Foto- und Videografie präsentiert

2022-05-31 Mit reichlich "Verspätung" präsentiert Fujifilm mit der X-H2S das lang ersehnte Nachfolgemodell der X-H1. Dabei überspringt der japanische Kameraspezialist gleich eine ganze Generation und hebt die neue Fujifilm X-H2S zum zehnjährigen Jubiläum des X-Systems auf das neue Flaggschiffniveau der fünften Generation, das somit auch das bisherige Flaggschiff X-T4 übertrumpft. Dafür gibt es einen viermal so schnellen, 26 Megapixel auflösenden APS-C-Sensor (Stacked BSI), der 4K-Videos mit 120 Bildern pro Sekunde sowie 40 Serienbilder pro Sekunde beherrscht.  (Benjamin Kirchheim)

Den Kern der neuen Fujifilm X-H2S bildet das Sensor-Bildprozessor-Gespann der fünften Generation. Der neue X-Trans CMOS 5 HS ist viermal so schnell wie die Vorgängergeneration (das HS steht für High Speed). Möglich macht das die neue Stacked-BSI-Bauweise, bei der nicht nur (wie bisher auch schon) die lichtempfindliche Fläche durch rückwärtige Belichtung größer ist, sondern nun noch mehr elektronische Schaltkreise für eine schnellere Datenauslesung sorgen. Diese soll viermal so schnell sein wie bei der Vorgängergeneration. Das ermöglicht nicht nur einen deutlich verringerten Rolling-Shutter-Effekt, sondern auch eine viel häufigere Autofokus- und Belichtungsmessung zwischen den Auslesevorgängen – selbst bei 40 Bildern pro Sekunde können zwischen zwei Einzelbildern zwei Livebilder erzeugt und der Autofokus entsprechend gemessen werden. Zum Vergleich: Das Bild wird beim neuen Sensor in 1/151 Sekunde bei Fotos und 1/180 Sekunde bei Videos ausgelesen, beim X-Trans CMOS 4 dauerten diese Vorgänge noch 1/40 beziehungsweise 1/60 Sekunde. Die kürzeste elektronische Belichtungszeit bleibt bei 1/32.000 Sekunde.

Die Auflösung beträgt physikalisch 26,16 Megapixel, beim Vorgänger waren es noch 26,1 Megapixel. Die effektive Auflösung bleibt mit 6.120 x 4.160 Pixeln (25,46 Megapixel) identisch. Auch die Zahl der integrierten Phasen-Autofokus-Messsensoren ist mit 2,16 Millionen identisch, den Unterschied beim Autofokus machen die höhere Auslesegeschwindigkeit und die deutlich verbesserten Algorithmen mit künstlicher Intelligenz und Deep Learning sowie zahlreichen Erkennungsfunktionen von Menschen, Tieren, Vögeln, Autos, Motorrädern, Flugzeugen und Zügen. Natürlich werden auch Gesichter und Augen erkannt. Der Tracking-Autofokus bleibt nun auf Wunsch länger auf dem ursprünglich fokussierten Motiv, auch wenn es vom Vordergrund verdeckt wird. Die Videofunktion profitiert gleichermaßen von den neuen Algorithmen.

Für die nötige Rechenpower sorgt der neue X-Processor 5, der bei halbem Stromverbrauch die doppelte Rechenleistung wie das Vorgängermodell bieten soll. 580 Aufnahmen sollen nach CIPA-Standard mit Bildschirm möglich sein, mit Sucher sind es 550. Im Economy-Modus sind es ein paar Aufnahmen mehr, im Boost-Modus einige weniger. Um die großen Datenmengen, nicht nur bei Serienbildern, sondern vor allem auch bei Videoaufnahmen schnell wegschreiben zu können, kommen bei der Fujifilm X-H2S nun ein Speicherkartenschacht mit CFexpress Typ B und einer mit SD/SDHC/SDXC UHS II zum Einsatz.

Die Serienbildgeschwindigkeit beträgt 15 Bilder pro Sekunde mit mechanischem oder 40 Serienbilder pro Sekunde mit elektronischem Verschluss, und zwar jeweils in voller Auflösung und mit Autofokus- und Belichtungs-Nachführung. Bei höchster Geschwindigkeit reicht der im Vergleich zur Vorgängergeneration verdoppelte Pufferspeicher für 184 JPEG- oder 175 Raw-Aufnahmen. Bei bis zu 30 Bildern pro Sekunde sind in JPEG sogar über 1.000 Fotos am Stück möglich, in Raw sind es 270 Aufnahmen bei 30 Bildern pro Sekunde oder 400 Aufnahmen bei 15 Bildern pro Sekunde. Als neues Bildformat steht außerdem HEIF zur Verfügung, das bei weniger Speicherplatzverbrauch im Vergleich zu JPEG eine deutlich höhere Bildqualität mit mehr Farbtiefe (10 Bit) bieten soll. Das HEIF-Format soll übrigens vom nächsten Update an direkt in Adobe Photoshop geöffnet werden können.

Doch die Fujifilm X-H2S ist nicht nur eine potente Fotokamera, sondern auch eine ebenso professionelle Videokamera. Bei 6,2K30, 4K60 und Full-HD 120p wird die gesamte Sensorbreite genutzt (Oversampling bei allen Auflösungen kleiner 6,2K). Bei 4K120 beträgt der Crop-Faktor 1,29, bei Full-HD 240p 1,38. Aufgezeichnet wird intern mit H.264 oder H.265 mit 4:2:2 10 Bit, externe Raw-Aufnahmen via HDMI sind mit 4:2:2 12 Bit möglich. Zudem stehen Apples ProRes-Formate als Speicheroptionen bereit. Für einen erweiterten Dynamikumfang steht F-Log2 zur Verfügung. Die Aufnahmedauer ist prinzipiell unbegrenzt. Die Wärme wird über die Rückseite abgeleitet und erlaubt unter normalen Temperaturbedingungen (bis 25 °C) problemlos vier Stunden lange Aufzeichnungen bei 4K60. Für höhere Anforderungen steht ein optional erhältlicher Lüfter zur Verfügung, der bei abgeklapptem Bildschirm auf die Gehäuserückseite geschraubt und von diesem mit Strom versorgt wird. Zum Vergleich: Während ohne Lüfter bei 40 °C Umgebungstemperatur nur noch 20 Minuten lange Aufnahmen mit 4K60 möglich sind, verlängert der Lüfter diese Zeit auf 50 Minuten.

Die Fujifilm X-H2S besitzt ein neu designtes Gehäuse, das sich zwar grundsätzlich am Vorgängermodell orientiert, aber etwas kompakter und dennoch dank vergrößertem Griff ergonomischer ausfällt. Es nimmt außerdem Design-Anleihen bei den Mittelformatmodellen und ist etwas kantiger gestaltet. Auf der Oberseite fällt sofort der riesige Statusbildschirm auf (3,3 Zentimeter Diagonale), über den sich die Aufnahmeeinstellungen ablesen lassen. Fujifilm verzichtet bei der H-H2S konsequent auf mechanische Bedienelemente, selbst der AF-MF-Schalter am Gehäuse ist nun eine Funktionstaste. Das hat einen Grund: Die Kamera lässt sich komplett fernsteuern und alle Funktionen können in Benutzerspeichern hinterlegt werden, was mit mechanischen Schaltern nicht ginge. Zahlreiche Tasten sollen nun übrigens einen verbesserten Druckpunkt bieten. Das Gehäuse besteht größtenteils aus einer Magnesiumlegierung und ist selbstverständlich gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet.

Der elektronische Sucher wurde gegenüber den bisherigen Modellen deutlich verbessert. Er vergrößert nun 0,8-fach im Kleinbildäquivalent und löst 5,76 Millionen Bildpunkte auf. Die Verzögerung des Livebilds beträgt lediglich 0,005 Sekunden und mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde ist der Sucher sehr flüssig. Die verbesserte Dioptrienkorrektur reicht nun von -5 bis +3 dpt, auch der Augensensor soll nun schneller reagieren. Zudem muss man beim neuen Sucher nicht mehr so präzise durch die Mitte schauen, um einen optimalen Einblick zu erhalten. Der rückwärtige Bildschirm misst 7,6 Zentimeter in der Diagonale und löst 1,62 Millionen Bildpunkte auf. Es handelt sich um einen schwenk- und drehbaren Touchscreen.

Ein weiteres Highlight der Fujifilm X-H2S ist der verbesserte Sensor-Shift-Bildstabilisator. Ein 600 MHz schneller Prozessorkern ist eigens dafür verantwortlich und soll zusammen mit dem optischen Bildstabilisator des angesetzten Objektivs bis zu sieben Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Auch bei Videoaufnahmen steht der Bildstabilisator zur Verfügung.

Die Schnittstellenausstattung ist ebenfalls sehr komplett. Der große HDMI-A-Anschluss ist robuster als die kleineren Varianten, für den Anschluss eine Kopfhörers und Mikrofons stehen jeweils eine 3,5mm-Klinkenbuchse bereit. Über eine 2,5mm-Klinkenbuchse kann ein Fernauslösekabel angeschlossen werden, auch eine Blitzsynchronbuchse ist zusätzlich zum TTL-Systemblitzschuh verbaut. Zudem gibt es eine USB-C-Schnittstelle, über die sich die Kamera mit Strom versorgen und der Akku laden lässt. Dank UVC und UAC können Videos mit bis zu 4K30 über die USB-Schnittstelle direkt ausgegeben werden, beispielsweise um die X-H2S als Webcam zu verwenden oder Videos live zu streamen. Für die drahtlose Konnektivität sorgen Bluetooth und WLAN. Darüber lassen sich beispielsweise Geoinformationen direkt bei der Aufnahme in die Bilder schreiben, Fotos auf Mobilgeräte übertragen oder die Kamerafirmware aktualisieren. Eine Fernsteuerung ist ebenfalls drahtlos möglich, inklusive Livebildübertragung.

Ab Juli 2022 soll die Fujifilm X-H2S zu einem Preis von knapp 2.750 Euro erhältlich sein. Der optionale Lüfter kostet fast 200 Euro. Zudem will Fujifilm gleich zwei Batteriehandgriffe anbieten. Ab Juli 2022 verfügbar sein soll der "normale" Batteriegriff VG-XH und gut 450 Euro kosten. Er bietet nicht nur einen Hochformatgriff, sondern auch entsprechende Bedienelemente und nimmt gleich zwei weitere Akkus auf, so dass dann 1.700 Aufnahmen möglich sind. Beim FT-XH handelt es sich hingegen um einen "File Transmitter". Dieser Batteriegriff soll eine deutlich bessere Konnektivität mit LAN-Schnittstelle und mehr WLAN-Antennen sowie FTP-Übertragung bieten. Er soll ab September 2022 zu einem Preis von knapp 1.100 Euro erhältlich sein.

Ebenfalls im September 2022 soll mit der Fujifilm X-H2 ein Schwestermodell zur X-H2S auf den Markt kommen, das mehr auf hohe Auflösung und weniger auf Geschwindigkeit ausgelegt ist. Sie soll einen 40 Megapixel auflösenden Sensor des Typs X-Trans CMOS 5 HR (High Resolution) besitzen und preislich sogar unterhalb der X-H2S angesiedelt sein.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.