Aus dem digitalkamera.de-Testlabor

Bildqualitätstest der 42 Megapixel Sony Alpha 7R II mit 1,8/55 Zeiss

2015-08-26 Sony setzt in der Alpha 7R II erstmals einen rückwärtig belichteten Kleinbildsensor ein und verspricht, damit den Spagat zwischen hoher Auflösung und hoher Empfindlichkeit zu bewältigen. Trotz von 36 auf 42 Megapixel gesteigerter Auflösung im Vergleich zur Alpha 7R, erreicht die 7R II mit ISO 102.400 statt 25.600 eine viermal so hohe ISO-Empfindlichkeit. Die Versprechen der besseren Bildqualität gilt es im Testlabor nachzuweisen oder zu widerlegen.  (Benjamin Kirchheim)

Dabei kam die Festbrennweite FE 1,8 55 mm ZA mit Zeiss-Label zum Einsatz, das bisher zweitbeste Objektiv, das wir in unserem Testlabor an der Alpha 7R messen konnten. Das bisher beste Objektiv, das Sony 90 mm Makro, stand uns hingegen leider nicht zum Test zur Verfügung. Zunächst zur Auflösung: Tatsächlich erreicht das 55er an der Alpha 7R II im Zentrum eine noch höhere Auflösung als an der Alpha 7R, auch wenn der Unterschied bei weniger als zehn Prozent liegt. An der 7R II wird bei F4 eine maximale Auflösung von 79,4 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei der MTF50-Messung, also bei 50 Prozent Kantenkontrast, erreicht (siehe unten das Diagramm aus dem kostenpflichtigen Labortest). Die 7R erreichte bei F8 ein Maximum von 73,3 lp/mm mit diesem Objektiv.

Ein ebenfalls interessanter Unterschied: Da die Messung in JPEG erfolgt, spielt die Bildaufbereitung eine wesentliche Rolle, wobei die Alpha 7R und Alpha 7R II eine blendenabhängige Bildaufbereitung verwenden, etwa um Beugungseffekte zu minimieren. Sony spielt dabei keine Ausnahme, bei Fujifilm etwa nennt sich diese Technologie Lens Modulation Optimizer, kurz LMO. Bei der Alpha 7R führte dies zu einer bei F5,6 im Vergleich zu F4 steigenden Auflösung, während bei F4 im Vergleich zu F2,8 die Auflösung sank. Dieser "Knick" in der Auflösungskurve tritt bei der Alpha 7R II nicht mehr auf. Hier steigert sich die Auflösung im Bildzentrum bis F4 und beginnt dann zu fallen, bis F16 sanft, darüber stärker. Am Bildrand hingegen steigert sich die Auflösung sogar bis F11, wo sie ein Maximum von 66,1 lp/mm erreicht. Bei Offenblende hingegen ist das 55er an der Alpha 7R II am Bildrand sehr enttäuschend, 32,8 lp/mm sind gerader einmal knapp die Hälfte der 65,9 lp/mm im Bildzentrum. An der Alpha 7R zeigte das 55er somit am Bildrand eine bessere Performance. Interessant ist auch der Blick auf die maximale Auflösung des 90er Makros an der Alpha 7R: Sie liegt bei 78,1 lp/mm bei F4, also nur knapp hinter der Auflösung der Alpha 7R II mit dem 55er, obwohl die IIer sechs Megapixel mehr Auflösung bietet. Mit dem 90er Makro hätte sie sicherlich die 80 lp/mm geknackt, vielleicht hätte sie sogar an der Marke von 85 lp/mm gekratzt. Im September werden wir die neuen Zeiss-Batis-Objektive an der Sony Alpha 7R II testen können und sind gespannt auf die Ergebnisse. Vorerst bleibt festzuhalten, dass der Auflösungsvorteil des 42-Megapixel-Sensors gegenüber dem 36-Megapixel-Sensor marginal ist und ein gutes Objektiv hier den größeren Ausschlag gibt. Festzuhalten bleibt auch, dass es kaum solche Objektive gibt, auch wenn Sony behauptet, alle FE-Objektive wären für den neuen 42-Megapixel-Sensor gut genug. In der Praxis kann man diesen selbst mit dem zweitbesten Objektiv in Sonys Line-Up kaum ausreizen.

Das soll nicht heißen, dass das 55er Zeiss F1,8 ein schlechtes Objektiv wäre: Es ist an der Alpha 7R II verzeichnungsfrei, auch chromatische Aberrationen sind minimal, selbst das Maximum erreicht nur etwa einen Pixel. Die Randabdunklung liegt mit 0,4 bis 0,8 EV (23 bis 44 Prozent) auf einem niedrigen Niveau. Dabei sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Alpha 7R II alle diese optischen Fehler defaultmäßig in JPEG korrigiert.

Im Testlabor stellte sich ein weiterer interessanter Effekt heraus: Bei der Messung von Dynamik, Rauschen und Tonwerten ist immer exakt dieselbe Belichtung vonnöten. Im Vergleich zur Alpha 7R und Alpha 7 II jedoch musste die Blende des Objektivs an der Alpha 7R II bei gleicher ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit um 1/3 EV weiter geöffnet werden, um dieselbe Bildhelligkeit zu erreichen. Faktisch ist die ISO-Empfindlichkeit der Alpha 7R II durchweg etwas niedriger als der eingestellte Wert. Dies trifft zwar auch auf die 7R zu, aber bei der 7R II ist dieser Effekt stärker ausgeprägt und sollte beim Low-Light-Vergleich der beiden Kameras nicht außer Acht gelassen werden.

Beim Signal-Rauschabstand legt die Alpha 7R vor: Bis ISO 800 liegt dieser über 40 dB, bis zur höchsten Empfindlichkeit von ISO 25.600 über der kritischen Marke von 35 dB. Damit schlägt sie bei hohen ISO sogar die Alpha 7 II, die bis ISO 1.600 zwar mit über 40 dB die Nase vorne hat, aber nur bis ISO 6.400 über der Marke von 35 dB bleibt. Die Alpha 7R II liegt bis ISO 800 bei über 40 dB und bis ISO 1.600 bei über 35 dB. In dieser Disziplin kann der höher integrierte Sensor also keinen Blumentopf gewinnen. Helligkeitsrauschen wird bei der 7R II ab ISO 3.200 leicht und ab ISO 25.600 stark sichtbar, das Farbrauschen ist jedoch auf niedrigem Niveau. Bei der 7R hingegen treten weder Farb- noch Helligkeitsrauschen dominant in Erscheinung. Die Alpha 7 II zeigt lediglich bei ISO 25.600 etwas stärker sichtbares Helligkeitsrauschen, es ist aber geringer als bei der 7R II bei ISO 25.600.

Entscheidend sind diese Parameter aber nicht alleine, denn mit einer starken Rauschunterdrückung lassen sich Signal-Rauschabstand und Rauschen auf ein sehr gutes Niveau bringen, während die Texturen feiner Details sichtbar darunter leiden können, wenn die Kameras mit dem Rauschen auch diese beseitigen. Die Alpha 7R II liefert bis ISO 3.200 ein verlustfreies Bild, bis ISO 12.800 bleibt der Einfluss der Rauschunterdrückung auf feine Details gering. Bis ISO 12.800 liefert die Alpha 7R II also eine mehr als brauchbare Bildqualität, wie auch die Praxisbilder zeigen, selbst wenn hier der Messwert des Signal-Rauschabstands nicht besonders gut ist. Die Alpha 7R kann mithalten: Bis ISO 3.200 gibt es praktisch keinen Texturverlust, bis ISO 12.800 bleibt dieser gering. Bei der Alpha 7 II liegen die Grenzen hingegen bei ISO 1.600 und 3.200. Dabei sollte als Randnotiz nicht unerwähnt bleiben, dass die Texturmessung sich auf dieselbe Ausgabegröße mit demselben Betrachtungsabstand bezieht. Hier können die hochauflösenden Kleinbildsensoren tatsächlich von ihrer höheren Auflösung profitieren und trotz kleinerer Pixel bei hohen ISO mehr Details bei gleicher Ausgabegröße darstellen.

Zurück zur Alpha 7R II: Die Labormessungen zeigen von ISO 100 bis 6.400 einen sehr hohen Dynamikumfang von über zehn Blendenstufen, von ISO 100 bis 800 sind es sogar fast elf. Bei ISO 50 findet eine Signaldämpfung statt, die nahezu eine Blendenstufe Dynamikumfang kostet. Selbst bis ISO 51.200 bleibt der Dynamikumfang mit über neun Blendenstufen im grünen Bereich. Bei ISO 102.400 sind die Einflüsse der Bildaufbereitung auf die Tonwerte so stark, dass der DxO Analyzer weder Tonwertkurve noch Dynamikumfang berechnen konnte. Apropos Tonwertkurve: Mit Ausnahme der gedämpften ISO 50 mit flacherer Tonwertkurve verläuft diese knackig angesteilt. Schärfeartefakte hingegen bleiben auf niedrigem Niveau, steigen aber durch die eingangs bereits erwähnte blendenabhängige Bildaufbereitung zur Kompensation der Beugungsverluste bis F16 an, wo sie ihr Maximum erreichen, das aber unterhalb von zehn Prozent völlig unkritisch ist.

Der Ausgangs-Tonwertumfang ist bis ISO 400 sehr gut und erreicht dabei mit 256 von 256 möglichen Abstufungen Höchstniveau. Ab ISO 800 fällt der Ausgangs-Tonwertumfang rapide ab, bleibt bis ISO 1.600 mit über 160 Stufen aber auf gutem Niveau. Kritisch wird es erst über ISO 12.800 mit weniger als 96 Helligkeitsstufen. Die Farbtiefe ist bis ISO 12.800 mit über zwei Millionen Farben gut. Die beiden höchsten ISO-Empfindlichkeiten hingegen unterschieden weniger als eine Million Farben, was etwas wenig ist. Während der manuelle Weißabgleich erwartungsgemäß exakt arbeitet, weichen einige Farben etwas stärker von der Vorlage ab. Dies betrifft aber im Wesentlichen die zu hohe Farbsättigung von Rot-, Orange-, Magenta- und Violetttönen.

Insgesamt erreicht die Sony Alpha 7R II bis ISO 400 eine Bildqualität auf allerhöchstem Niveau, bis ISO 3.200 ist sie sehr gut und erst oberhalb von ISO 12.800 treten deutliche Verluste auf. Trotz der gesteigerten Auflösung lassen sich also hohe ISO-Empfindlichkeiten bedenkenlos nutzen, auch wenn die ISO-Erweiterung, die Sony bei der 7R II im Vergleich zu den niedriger auflösenden Sensoren freigeschaltet hat, eine ziemlich bescheidene Bildqualität liefert. ISO 12.800 mit einem hohen Bildqualitätsniveau sind auf jeden Fall eine Ansage! Um hingegen die enorm hohe Auflösung auch nutzen zu können, bedarf es noch mehr als beim 36-Megapixel-Sensor nicht nur sehr guter Objektive, sondern auch einer hohen Präzision des Fotografen bei seinem Handwerk, was Verwackelungen und Fokusgenauigkeit angeht. Die Auslöseverzögerung der Sony Alpha 7R II ist mit 0,03 Sekunden übrigens sehr kurz, der Autofokus des 55 mm löst mit 0,45 Sekunden inklusive der 0,03 Sekunden Auslöseverzögerung allerdings keine Begeisterungsstürme aus. Dafür arbeitet der Autofokus aber sehr präzise.

Sony Alpha 7R II mit Sony FE 55 mm 1.8 Sonnar T* ZA (SEL-55F18Z)

Auflösung MTF

F1,8F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0F22,0
55 mm65,9 / 32,8 (50 %)70,9 / 34 (52 %)77,3 / 42,8 (45 %)79,4 / 50,5 (36 %)76,8 / 56 (27 %)73,5 / 62,2 (15 %)70,7 / 66,1 (7 %)67 / 63,3 (6 %)51,9 / 50,3 (3 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.