Aus dem digitalkamera.de-Testlabor

Bildqualität des Huawei Mate 9 mit Leica-Doppelkamera getestet

2016-11-23 Im neuen Phablet-Flaggschiff Mate 9 des chinesischen Herstellers Huawei steckt eine gegenüber dem P9 weiterentwickelte Leica-Doppelkamera mit Bildstabilisator und 20 Megapixel Auflösung der Monochromkamera. Die Farbkamera hingegen löst weiterhin zwölf Megapixel auf. Das klingt nur logisch, sind doch die Pixel der Monochromkamera durch den Wegfall der Farbfiltermatrix ohnehin deutlich lichtempfindlicher. Durch die Kombination der beiden Kameras ergibt sich nicht nur eine Gesamtauflösung von 20 Megapixeln, sondern auch das Rauschverhalten und damit die Bildqualität sollen sich dadurch verbessern. Wir haben die Doppelkamera einem Labortest unterzogen.  (Benjamin Kirchheim)

Die Vorderseite des Huawei Mate 9 besteht größtenteils aus Display, wodurch es trotz der 5,9 Zoll (fast 15 Zentimeter) großen Bildschirmdiagonale nicht zu klobig ausfällt. Die Rückseite besteht aus Metall mit matter Oberfläche. Die ganze Anmutung sowie die technischen Leistungsdaten, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, sind denen eines Flaggschiffmodells absolut würdig und brauchen sich nicht hinter anderen etablierten Herstellern wie Apple, Samsung oder Sony zu verstecken. Die Kamera wird über die App gestartet, einen Hardware-Auslöser gibt es nicht. In der App ruft ein Wisch nach rechts die Motivprogramme beziehungsweise Mini-Apps auf, ein Wisch nach links bringt die Kameraeinstellungen zum Vorschein. Hier stehen beispielsweise die Auflösungseinstellungen bereit oder etwa der Timer (Selbstauslöser), die Einblendung von nützlichen Gitterlinien oder die zusätzliche Speicheroption im Rohdatenformat DNG. Auf die einzelnen Bilder der Doppelkamera kann man übrigens nicht zugreifen, gespeichert werden die fertig zusammengesetzten Bilder. Als Ersatz für den Hardware-Auslöser lässt sich zwar die Lautstärkewippe konfigurieren, wahlweise als Fokus- oder als Auslösetaste. Anders als bei einem echten Kameraauslöser wird jedoch unsinnigerweise erst ausgelöst, wenn man die Taste wieder loslässt.

Wichtige Einstellungen lassen sich direkt auf dem Haupt-Aufnahmebildschirm vornehmen. Dazu zählen die ISO-Empfindlichkeit, der Weißabgleich (leider ohne manuelle Messung) sowie die Belichtungszeit. Hinter dem Blendensymbol verbirgt sich nicht etwa eine Einstellmöglichkeit der Blende, die ist mit F2,2 fest belegt, sondern hier wird in einen speziellen Modus der Doppelkamera umgeschaltet, der für einen unscharfen Hintergrund mit Freistelleffekt sorgt. Für alltägliche Ansprüche funktioniert das sogar recht gut, mit einer echten geringen, über die Blende beeinflussbaren Schärfentiefe einer ausgewachsenen Digitalkamera kann das aber nicht mithalten.

Der Test der Bildqualität erfolgte wie bei jeder Digitalkamera auch in unserem Messlabor. Jedoch ist der über die weiterführenden Links einsehbare komplette Labortest des Mate 9 wie bei allen Smartphones kostenlos. Im Labortest verhielt sich das Mate 9 auffallend zahm. Oft sind Tests von Smartphones-Kameras mit Fallstricken versehen, etwa, weil sie keinen echten manuellen Modus besitzen oder andere für echte Fotografen unvorhergesehene Verhaltensweisen an den Tag legen, beispielsweise indem die getätigten Voreinstellungen nicht eingehalten werden. Nicht so das Mate 9. ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit lassen sich unabhängig voneinander und vor allem gleichzeitig manuell regeln. Die gemessene ISO-Empfindlichkeit entspricht sogar fast exakt dem eingestellten Wert, selbst richtige Digitalkameras weisen hier oft deutlich stärkere Abweichungen auf. Mit ISO 50 bis 3.200 bietet das Mate 9 immerhin sieben Blendenstufen bei der Empfindlichkeit.

Bildqualität

Für DIN A4 große Bilder bietet das Mate 9 eine ausreichend gute Bildqualität. Die Schärfe ist nicht nur im Zentrum, sondern auch in den Bildecken gut. Eine Verzeichnung zeigt das 27-Millimeter-Objektiv (Kleinbildäquivalent) nicht und auch die Randabdunklung fällt mit lediglich einer halben Blendenstufe und sanft ansteigendem Verlauf nicht weiter auf. Farbsäume spielen keine Rolle. Bei der reinen Auflösungsmessung liefert das Mate 9 im Bildzentrum erstaunlich hohe 50 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Das ist zwar für 20 Megapixel kein Rekord, aber für ein Smartphone ein wirklich guter Wert. Zum Bildrand hin fällt die Auflösung jedoch um 45 Prozent auf gut 27 lp/mm ab. Das reicht immerhin für das eingangs erwähnte DIN A4 große Bild, aber bei größeren Ausbelichtungen würden sich dann unscharfe Bildecken bemerkbar machen.

Sehr interessant ist der Verlauf des Signal-Rauschabstands sowie einiger anderer Messwerte, die wir über die Empfindlichkeitsbandbreite erheben. Bei ISO 50 und 100 ist der Signal-Rauschabstand mit über 40 dB gut, sinkt aber kontinuierlich bis ISO 400, wo er die kritische Grenze von 35 dB unterschreitet. Bei weiter steigender Empfindlichkeit klettert der Wert jedoch wieder nach oben, hier machen sich der Einfluss der Doppelkamera mit dem Monochromchip sowie die Bildaufbereitungstricks immer stärker bemerkbar. So erreicht auch das Helligkeitsrauschen bei ISO 400 seinen Spitzenwert, jedoch ist es bei allen ISO-Empfindlichkeiten unkritisch; auch Farbrauschen spielt praktisch keine Rolle. Einhergehend mit der Rauschunterdrückung sinkt jedoch die Detailzeichnung.

Wie bei vielen Smartphones mit starker Bildaufbereitung wird auch hier unsere Messung stark getäuscht und vermittelt teilweise fabelhafte Messwerte – zu gut, um wahr zu sein. Zum Glück hilft ein Blick auf die parallel im Testlabor aufgenommenen Bilder unseres Testmotivs. Hierzu sei anzumerken, dass das Mate 9 kleine 1/2,5"-Sensoren besitzt, die noch minimal kleiner sind als oftmals eingesetzte 1/2,3"-Chips. Daraus ergibt sich eine sehr hohe Pixeldichte, die eigentlich nicht für eine gute Bildqualität bei höheren Empfindlichkeiten spricht. Freilich nimmt die Bildqualität mit jeder ISO-Stufe auch visuell ab, jedoch in viel geringerem Maße als erwartet. Zwar kann das Mate 9 nicht zaubern, aber bis ISO 200 ist die Bildqualität mehr als in Ordnung. Bei ISO 400 fehlt die Differenzierung von Details mit sehr geringen Kontrastunterschieben (etwa schwarze Haare), immerhin werden einzelne Haare vor dunkelgrauem Hintergrund noch sichtbar, auch die Maserung des Holzlineals bleibt einigermaßen erhalten. Bei ISO 800 wird die Bildqualität sogar wieder einen Tick besser, das Bild wirkt feinkörniger, Details sind immer noch gut erhalten. Bei ISO 1.600 ist die Bildqualität einen Hauch schlechter als bei ISO 400, aber immer noch brauchbar. Erst bei ISO 3.200 wirken die Bilder nicht mehr schön, Details verwaschen und die Farben sind blass.

Fortsetzung auf Seite 2

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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.