Aus dem digitalkamera.de-Testlabor

Bildqualität der Android-Kamera Nikon Coolpix S800c getestet

2012-11-07 Das Betriebssystem Android ist in aller Munde. Erst kürzlich wurde verkündet, dass inzwischen die Hälfte des deutschen Smartphone-Marktes dem Google-Betriebssystem gehört; weltweit sollen es sogar schon 75 Prozent sein. Bei den Digitalkameras sieht es noch anders aus: Aktuell ist lediglich die Nikon Coolpix S800c mit Android 2.3.3 erhältlich, während die "Samsung Galaxy Camera" noch auf sich warten lässt. Ob Nikons S800c nicht nur mit einem innovativen Betriebssystem beeindrucken kann, sondern auch mit einer guten Bildqualität, haben wir im Labor von digitalkamera.de getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Nikon Coolpix S800c [Foto: Nikon]Das Objektiv besitzt mit seinem Zehnfach-Zoom einen großen und universell verwendbaren Brennweitenbereich mit einem Kleinbildäquivalent von 25-250 Millimeter. Die Leistung des Objektivs, das sich mittels dreifachem Tubus aus dem recht kompakten Gehäuse entfaltet, ist allerdings eher durchwachsen. Die Schärfemessung zeigt, dass auf einem A4 großen Ausdruck die Bildecken sichtbar unschärfer werden als das Bildzentrum, vor allem im Weitwinkel. Bei einer Brennweite von rund 60 Millimeter ist das Objektiv noch am besten. Immerhin ist die Randabdunklung sehr gut auskorrigiert, auch die Verzeichnung ist minimal, wobei allerdings im Weitwinkel überkompensiert wird. Anders ist die eher kissenförmige statt der zu erwartenden tonnenförmigen Verzeichnung nicht zu erklären. Farbsäume sind zwar im Mittel nicht oder kaum sichtbar, können in extremeren Ausprägungen aber bei mittlerer und vor allem längerer Brennweite schon einmal ins Auge stechen.

Interessant ist die Tatsache, dass die Nikon Coolpix S800c bei der Auflösungsmessung respektable Werte von über 45 Linienpaaren pro Millimeter erzielt – aber auch hier wieder mit der Einschränkung: nur im Bildzentrum. Vor allem im Weitwinkel ist der Auflösungsverlust zum Bildrand eklatant, sie fällt auf gerade einmal 45 Prozent der Auflösung im Zentrum. Nikon Coolpix S800c [Foto: Nikon]Der Grund für die hohe Auflösung zeigt sich bei der Messung der Schärfeartefakte (siehe Diagramm unten): Nikon hat das Nachschärfen kräftig aufgedreht, dadurch werden die Kantenkontraste ordentlich erhöht, was aber auch zu Überschwingern, Clipping und ähnlichen unschönen Artefakten führt. Diese unerwünschten Nebeneffekte sind naturgemäß im Zentrum stärker ausgeprägt als am Bildrand, denn wo mehr Auflösung ist, nehmen durch das Nachschärfen auch die Artefakte stärker zu.

Das Spielchen mit den durchwachsenen Messwerten setzt sich bei den Messwerten des Bildsensors und der Bildaufbereitung fort. Der Signal-Rauschabstand ist bei ISO 125 gerade noch akzeptabel, sinkt aber schon bei ISO 200 unter die kritische Grenze von 35 dB. Mit steigender Empfindlichkeit nimmt dieser schlechte Wert dann aber kaum noch weiter ab. Das Korn des Rauschens ist mit etwas mehr als zwei Pixeln mittelgroß, es wird auf einem DIN-A4 großen Druck nicht kritisch. Helligkeitsrauschen ist ebenfalls über einen weiten ISO-Bereich sichtbar, wird von der Rauschunterdrückung aber insgesamt auf einem niedrigen Level gehalten. Das Farbrauschen hat die Coolpix sogar noch etwas besser im Griff. Die Kehrseite zeigt sich bei der Detailschärfe über die ISO-Empfindlichkeiten Nikon Coolpix S800c [Foto: MediaNord]gemessen. Schon bei ISO 125 kämpft die S800c mit leichtem Detailverlust, der bei ISO 200 gerade noch nicht kritisch wird. Doch ab ISO 400 wirken die Aufnahmen deutlich zu weich.

Neben der starken Rauschunterdrückung zielt die Bildaufbereitung auch auf einen hohen Dynamikumfang ab – und das gelingt der kleinen Nikon. Von ISO 125 bis 800 verarbeitet sie einen Kontrastumfang von über zehn Blendenstufen (EV), bei ISO 1.600 und 3.200 immer noch respektable 9 EV. Die Tonwertkurve ist für eine subjektiv angenehmere Bildwiedergabe leicht angesteilt, was für eine derartige Kamera, deren Bilder eher für zur direkten Verwendung geeignet sein sollen, aber durchaus positiv sein kann. Weniger gut gefällt der Tonwertumfang, von den 256 möglichen Helligkeitsstufen werden in allen Farbkanälen zu wenige effektiv genutzt. Akzeptabel ist die Farbwiedergabe der Coolpix. Zwar gibt es hier durchaus Abweichungen von der Testvorlage, beispielsweise ist leuchtendes Gelb eher etwas gedeckter oder ein Cyan eher Richtung Blau verschoben, jedoch ist dies in einem solchen Maße ausgeprägt, das noch gut als herstellerspezifische Interpretation durchgehen kann. Schließlich sind schöne Fotos mit angenehmen Farben gefordert und nicht exakte. Nahezu perfekt arbeitet übrigens der manuelle Weißabgleich. Auch die gemessene Farbtiefe ist Nikon Coolpix S800c – Android-Homebildschirm [Foto: MediaNord]praktisch über den gesamten ISO-Bereich gut; das heißt, die S800c kann stets mehr als zwei Millionen echte Farbtöne unterscheiden und wiedergeben.

Durchwachsen sind die Messwerte für den Autofokus. Während die S800c im Weitwinkel mit nur 0,17 Sekunden für Fokussierung und Auslösung hervorragend schnell ist, sackt dieser Wert am Teleende deutlich auf nur noch mittelmäßige 0,6 Sekunden ab. Actionfotos sollte man also lieber im Weitwinkel aufnehmen und möglichst nahe an das Motiv heran gehen. Die Blitzausleuchtung ist ebenfalls eher nur mäßig. Im Weitwinkel ist das Bild in den Ecken deutlich dunkler als im Bildzentrum. Beim Blitzen sollte man also lieber leicht zoomen, wenn eine gleichmäßige Helligkeit gefordert ist.

In der Summe hinterlässt die Bildqualität nur einen mäßigen Eindruck und spiegelt nicht den Preis der Kamera wieder. Sie spielt eher auf dem Niveau halb so teurer Kameras. Im ausführlichen digitalkamera.de-Test muss sich zeigen, ob die Nikon Coolpix S800c mit anderen Eigenschaften punkten kann, die diesen Preisaufschlag rechtfertigen.

Nikon Coolpix S800c

Schärfeartefakte

F3,2F4,1F5,8
25 mm21,1 / 1,9
57 mm20,9 / 12,3
250 mm17,9 / 4,5

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.