Rubrik: Bildbearbeitung
Was ist Color Grading und wozu werden Lookup Tables (LUT) gebraucht?
2023-02-04 Anders als in der Farbkorrektur, die farbliche Fehler beseitigt, sorgt das Color Grading dafür, Stimmungen im Video und Foto über die Farbe zu erzeugen oder einen Wiedererkennungswert zu schaffen. Dabei helfen Lookup Tables, kurz LUT, um schnell zu präzisen Ergebnissen zu kommen. Außerdem vergleichen wir LUTs mit Presets aus Bildbearbeitungsprogrammen. (Harm-Diercks Gronewold)
LUT Würfel-Beispiel auf der Sony-Website. Der Würfel zeigt die visualisierten Farbbereiche und eine Vielzahl einzelner Punkte. Diese repräsentieren die Nodes der LUT. Je mehr Nodes vorhanden sind, desto präziser arbeitet die LUT. [Foto: MediaNord]
Schaut man sich eine LUT-Datei in einem Texteditor an, dann ist in der obersten Zeile ein Bezeichner mit der Größe des Node Gitters zu finden, der Rest der Datei enthält die Transformationsinformationen. [Foto: MediaNord]
Color Grading wird zwar laut deutscher Wikipedia mit "Farbkorrektur" übersetzt, der Begriff ist allerdings irreführend, denn eine Korrektur impliziert, dass ein Fehler vorliegt, der korrigiert werden muss. Genau das ist beim Color Grading normalerweise nicht der Fall, da das Color Grading durchgeführt wird, wenn die Farbkorrektur bereits erledigt ist.
Beim Color Grading werden Farben, Kontrast und Helligkeit so angepasst, dass sie die Bildaussage unterstützen. In Film- und TV-Produktionen wird das Color Grading massiv eingesetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Produktion der "Herr der Ringe"-Trilogie, wo das Color Grading sehr stark eingesetzt wurde, um die verschiedenen Schauplätze unterbewusst für den Zuschauer zu differenzieren. In TV-Produktionen wird das Color Grading zeitweise etwas lästig. So werden Schauplätze in sonnigen Gefilden mit eher gelblichem Color Grading versehen, während es im Norden bläulich kühl ist.
Auch in der Fotografie kommt Color Grading zum Einsatz, es wird aber nicht so genannt. Stattdessen kennen Sie es eher unter Presets, Vorgaben, Looks et cetera. Diese Vorgaben erlauben es, ein Foto mit einem Klick nach den Vorgaben des Vorgaben-Autors umzuwandeln. Oftmals sind zudem individuelle Einstellungen der Vorgabe möglich. Alle besseren Bildbearbeitungsprogramme bieten Vorgaben an oder ermöglichen die Erstellung eigener Vorgaben.
Was der Unterschied zwischen LUT und Vorgaben ist, klären wir etwas weiter unten im Text.
Lookup Table
LUTs in der Video- und Fotografie erlauben es, den Bildeindruck einer Aufnahme ohne individuelle Anpassungen mit wenigen Handgriffen zu verändern. Sie tun also genau das, was Vorgaben in einer Bildbearbeitung auch machen, könnte man meinen. In der Realität sieht das aber anders aus. Zum einen sind LUTs wesentlich präziser als Vorgaben und zum anderen sind sie, in den meisten Fällen, system- und plattformübergreifend.
Mit dieser cinematischen 16 Node LUT bekommt das Bild einen sehr warmen Farbton. Im Vergleich dazu das originale JPEG Rendering auf der linken Seite. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Der Begriff der Lookup Table, kurz LUT, bedeutet auf Deutsch Umsetzungstabellen und wird in verschiedensten Einsatzgebieten der Informatik verwendet. Sie dienen dazu, Informationen statisch zu definieren, sodass eine Software bei der Datennutzung keine zusätzlichen Berechnungen durchführen muss.
Die Aufgabe der LUT ist es, den Eingabewert anhand definierter Parameter in einen Ausgabewert zu verwandeln. Es gibt zwei Arten von Lookup Tables: 1D- und 3D-LUTs. Bei einer 1D-LUT werden die Eingabewerte anhand der LUT in die Ausgabewerte umgewandelt.
In der Bildbearbeitung wird durch eine 1D-LUT der Eingangs-Luminanz-Wert nach den vordefinierten Werten in einen anderen Luminanz-Wert geändert. Dies wird für jeden einzelnen Pixel in jedem der drei Farbkanäle (RGB) durchgeführt. Die 1D-LUT ist also mehr oder weniger eine 2-in-1-LUT.
Der etwas härtere Look eines LUT-Beispiels verstärkt den Kontrast und hebt die Lichter an. Im Vergleich dazu die unbearbeitete Version links. [Foto: Harm-Diercks Gronewold]
Bei 3D-LUTs ist es schon etwas komplizierter. Der Farbraum des Bildes wird als Würfel visualisiert. Die Achsen des Würfels entsprechen den Grundfarben Rot, Grün und Blau. Die x-Achse ist Rot, die y-Achse ist Blau und die z-Achse ist Grün. Durch diesen Aufbau sind die mathematischen Transformationen durch die LUT wesentlich genauer und sie können zudem auch komplexer sein.
Über die Komplexität entscheidet allerdings eher die Anzahl der Nodes. Eine komplette Abbildung jeder einzelnen Farbe innerhalb des Farbraums würde die LUT immens groß machen. Deshalb wird nur eine spezifische Anzahl von Koordinaten im LUT hinterlegt. Diese hinterlegten Punkte nennt man Nodes. Damit der Bereich zwischen den Nodes korrekt abgebildet werden kann, werden Interpolationsalgorithmen angewendet. Das bedeutet, dass je mehr Nodes eine LUT besitzt, desto präziser ist sie auch. Die Größe des Node-Gitters der LUT ist entweder im Dateinamen zu erkennen oder in der ersten Zeile der LUT, wenn man die Datei in einem Texteditor öffnet. LUTs mit weitem (grobem) Node-Gitter können in Farbverläufen beispielsweise zu Banding-Problemen führen.
Das gebräuchlichste LUT-Format ist ".cube" und es weist schon vom Namen auf ein 3D-LUT hin. Das Beste an diesem Format ist, dass es plattformübergreifend ist. Wenn Sie also im Besitz einer Kamera sind, die mit LUTs dieses Typs etwas anfangen kann, dann können Sie diese dort einsetzen. Kann Ihre Software mit .cube LUTs arbeiten, dann können Sie diese auch dort einsetzen.
Wenn Sie beispielsweise Bildbearbeitungsprogramme wie Affinity Photo, Adobe Photoshop oder Lightroom oder auch Luminar AI benutzen, dann können Sie LUTs des Typs .cube verwenden.
Unterschiede zwischen Vorgaben und LUTs
Der größte Unterschied zwischen Vorgaben und LUTs ist, dass Vorgaben immer nur in einer Software funktionieren, während LUTs system- und plattformübergreifend sind. Der Einsatz von LUTs ermöglicht eine Weiterverarbeitung mit dem gesamten Werkzeug-Arsenal der Bildbearbeitungssoftware, während die Software-Vorgabe einige der Werkzeuge schon in Benutzung hat und damit das Potenzial durchaus einschränkt. Möchte man also reproduzierbare Ergebnisse haben, dann ist der Einsatz einer LUT sinnvoller. Ein Vorteil der Software-Vorgaben ist die verhältnismäßig leichte Erstellung in der Software. In den meisten Fällen reicht es aus, ein Bild zu bearbeiten und dann auf eine Schaltfläche zu klicken oder ein Dropdown-Menü auszuwählen, um eine Vorgabe zu speichern.
Die Integration der LUT in Affinity Photo 2 benötigt zunächst einen Import der LUT. Dieser Import ist mit wenigen Klicks erledigt. Danach kann die LUT aus der Liste ausgewählt werden. [Foto: MediaNord]
Ein weiterer Unterschied ist, dass LUTs eine nicht lineare Verarbeitung der Aufnahme erlauben. Wenn Sie wissen wollen, was es mit linearer Verarbeitung auf sich hat, empfehlen wir Ihnen den Fototipp "Was ist ein lineares DNG", den wir für Sie am Ende des Tipps verlinkt haben.
Einer der größten Vorteile der LUTs ist, dass es extrem viele im Internet gibt. Sehr viele sind für Privatanwender kostenlos und müssen nur für kommerzielle Anwendungen lizenziert werden.
Die Erstellung von LUTs ist, wie bereits erwähnt, nicht so leicht zu bewerkstelligen wie die von Vorgaben. Wenn Sie Besitzer/Abonnement von Affinity Photo 1 und 2 beziehungsweise Photoshop sind, dann können Sie mit diesen Programmen eigene LUTs im .cube-Format erstellen. Ansonsten ermöglichen Standalone-Programme oder kostenlose Webservices die Erstellung von LUTs. Darauf und auf die praktische Verwendung von LUTs gehen wir in demnächst erscheinenden Fototipps näher ein.