Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Motive und Situationen

Konzertfotografie – Musik im Bild Teil 2

2005-03-21 Konzerte sind für den Fotografen vor allem auch ein visuelles Erlebnis. Und es geht ihm in erster Linie darum, die jeweilige Stimmung richtig ins Bild zu setzen. Im vorigen Fototipp ging es zunächst um grundlegende Voraussetzungen für effektvolle Bühnenfotos. In diesem zweiten Teil folgen nun einige praktische Tipps für eindrucksvolle Aufnahmen, und es soll auch etwas zur Bildgestaltung bei Konzertaufnahmen gesagt werden.  (Bernd Jaeger)

   Bild 1: Detailaufnahme [Foto: MediaNord]
 

Neben den Gesamtaufnahmen (den "Totalen") der Bühne mit der gesamten Gruppe wirken selbstverständlich Nahaufnahmen der Musiker häufig sehr interessant und eindrucksvoll. Hierfür benötigt man zumeist eine "lange" Brennweite, also ein Teleobjektiv oder ein bis in den Telebereich regelbares Zoomobjektiv, damit man die gewünschte vergrößerte Darstellung auch erzielen kann. Und noch wichtiger als bei den Gruppen-Gesamtaufnahmen ist hier die jeweilige Beleuchtung, welche auf den groß dargestellten Musiker fällt – hiermit steht und fällt auch die Brauchbarkeit der Aufnahme. Diese Beleuchtung hat fast nie der Fotograf in der Hand, weil sie vom Veranstalter nach eigenem Ermessen gesetzt werden, und Blitzlicht scheidet aus unterschiedlichen Gründen meist aus. Es geht also auch hier wieder einmal um das Thema Fotografie bei "available Light" (siehe auch weiterführenden Link). Zur Technik ist anzumerken, dass eine hohe Lichtstärke des verwendeten Objektivs im Telebereich gegeben sein sollte – also eine Blende von 2,8 bis max. 3,5. Ansonsten wird man nur bei allerbesten (und zumeist nicht vorliegenden) Lichtverhältnissen ausreichend kurze Belichtungszeiten erreichen. Eine auf Kleinbildformat umgerechnete Brennweite zwischen mindestens 85 mm bis 200 mm sollte zur Verfügung stehen, selbst wenn man seinen Standpunkt in der Nähe der Bühne hat.

   Bild 2: Detailaufnahme [Foto: MediaNord]
 

Für Format füllende Porträtaufnahmen der Akteure ist es zweckmäßig, den Musiker zunächst einige Zeit anzuvisieren und im richtigen Moment (abhängig von Beleuchtung, Gesichtsausdruck und freiem Blick auf die Person) auszulösen. Da die Beleuchtung häufig im Sekundentakt oder rhythmisch stark (zumeist auch farblich) verändert wird, empfiehlt es sich außerdem, hierbei die Kamera auf Serienbildmodus einzustellen, um später aus einer Reihe von Aufnahmen das beste Bild auswählen zu können. Die Belichtungsmessung sollte bei nahezu Format füllenden Aufnahmen von Musikern sinnvoller Weise auf "Spotmessung" oder zumindest "mittenbetonte Selektivmessung" (wenn verfügbar) geschaltet werden, damit man zu starke Einflüsse der restlichen Beleuchtung ausschaltet. Hier ist aber zu empfehlen, die besten Ergebnisse – die kamerabedingt sehr unterschiedlich ausfallen können – in der Praxis zu erproben.

Bei der Bildgestaltung sollte eine "schöne" Freistellung des in Großaufnahme abzulichtenden Musikers angestrebt werden. Hierbei ist es wichtig, dass möglichst auch keine fremden Mikrofone oder Teile von anderen Instrumenten die Person teilweise verdecken. Außerdem sollte man beachten, dass ein vom Künstler gespieltes Instrument – wenn man ihn nicht als reines Porträt haben will – auch zumindest angeschnitten mit im Bild ist und nicht etwa grob abgeschnitten wird. Auch die Freistellung vom Hintergrund ist wichtig – dieses ist (je nach verwendeter Kamera) bei offener Blende und langer Brennweite zumeist ohnehin gewährleistet, sonst ist dies aber für die Bildwirkung unbedingt anzustreben. Denn ein unruhiger und zu scharfer Hintergrund kann die Bildwirkung stark stören und teilweise komplett zunichte machen. Interessant sind auch Aufnahmen von zwei oder drei gestaffelt stehenden Musikern, wobei die Schärfe selektiv auf einem liegt – die hierzu kontrastierende, schon deutliche Unschärfe des zweiten Musikers kann die Bildwirkung ebenfalls stark erhöhen. Wenn man sich – im günstigsten Fall – relativ frei vor der Bühne bewegen kann, sollte man den Aufnahmestandpunkt unbedingt auch einmal wechseln. Aufnahmen aus verschiedenen Richtungen können ganz andere Lichtstimmungen ergeben; auch Licht im Rücken des Künstlers kann dabei ausgenutzt werden, welches dann ein interessantes Gegenlicht und einen Lichtschein um die Haare oder das Gesicht (eine so genannte "Spitze") ergibt. Die Konzertfotografie lebt insbesondere von der Lichtstimmung sowie der dem Betrachter übermittelten Atmosphäre – daher stört hier in aller Regel ein leichtes Bildrauschen nicht, und es kann durchaus in vielen Fällen sogar noch stimmungsverstärkend realistisch eingesetzt werden.

   Bild 3: Detailaufnahme [Foto: MediaNord]
 

Welche digitalen Kameras sind nun geeignet oder zu bevorzugen? Die Konzertfotografie der "fortgeschrittenen" Art ist eindeutig eine Domäne der digitalen Spiegelreflexkameras (DSLRs), da hier einige Grundeigenschaften für gelungene Aufnahmen praktisch "eingebaut" sind. So ist es wegen der Beleuchtung zumeist notwendig, mit hohen und höchsten ISO-Werten zu arbeiten, was bei digitalen Kompaktkameras entweder gar nicht möglich ist oder mit nicht mehr vertretbarem Bildrauschen einhergeht. Sehr wichtig ist auch ein guter Autofokus, der selbst bei schlechteren Lichtverhältnissen, wie sie hier meist vorliegen, noch möglichst schnell arbeitet. Schließlich ist auch die häufig erwünschte geringe Schärfentiefe bei lichtstarken Objektiven an DSLRs sehr viel einfacher zu erzielen, da diese aufgrund ihrer größeren Bildsensoren eine deutlich geringere Schärfentiefe besitzen und mithin das "Freistellen" des Objekts besser ermöglichen. Als besonders geeignet erweisen sich in der Praxis Tele-Zoomobjektive mit Brennweiten von 70 bis 200 mm und einer durchgängigen Lichtstärke von 2,8; ferner Festbrennweiten von 85 mm, 135 mm und 200 mm mit Lichtstärken von 2,8, 2,0, 1,8 oder sogar 1,4. In Einzelfällen kann man sogar noch mit den "Standardobjektiven" 50 mm und Lichtstärken von 1,7/1,8 oder besser noch 1,4 gelungene Aufnahmen erzielen – hierbei sollte man allerdings schon "hautnah" an die Musiker gelangen können. Je nach Lichtverhältnissen sowie der Art des Konzertes kann man natürlich auch noch mit lichtschwächeren Objektiven (z. B. in der Art eines 75 bis 300 mm /F4-5,6) zu durchaus brauchbaren Ergebnissen gelangen. Zu diesen Angaben sei angemerkt, dass es sich dabei jeweils um KB-äquivalente Brennweiten handelt.

Neben einer ausreichenden Vorsorge gegen eigenes Verwackeln (etwa durch ein "mobiles" Einbeinstativ) ist unter den ständig wechselnden gesamten Aufnahmeverhältnissen besonders auf die gute Ausleuchtung als auch auf die Ruhepunkte in der Bewegung der Musiker spontan einzugehen. Hilfreich gegen eigenes Verwackeln (aber nur gegen dieses) kann auch ein Bildstabilisator im Objektiv oder gar in der Kamera sein (bislang nur in Spiegelreflex-Kameras von Konica Minolta verfügbar). Diese Ausführungen sollen keinesfalls das "Aus" für Kameras der so genannten Prosumer-Klasse bei solchen Aufnahmen bedeuten. Beispielhaft seien die Konica Minolta Dimage A2, Sony DSC-F828 oder die Panasonic Lumix DMC-FZ3, 10 und 20 erwähnt. Hierbei hat man es zumeist mit hochlichtstarken Objektiven und großen Brennweitenbereichen zu tun. Außerdem ist häufig auch ein Bildstabilisator integriert, was grundsätzlich die Eignung für Konzertaufnahmen bedeutet. Probleme sind hier zumeist nur die bei schlechten Lichtverhältnissen teilweise doch relativ trägen Autofokussiereinrichtungen, die (Sensorgröße bedingte) recht große Schärfentiefe sowie das Rauschen bei hohen ISO-Werten.

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