Rückblende

Von 1,5 zu 25 Megapixel - 10 Jahre DSLR

2008-12-29 Erst 10 Jahre ist es her, dass viele Hersteller über rückläufigen Umsatz bei Spiegelreflexkameras klagten - gemeint waren allerdings die Modelle für den analogen Kleinbildfilm. Technisch waren sie zu der Zeit vollkommen ausentwickelt. Matrix Belichtungsmessung, Multifunktions-AF mit Kreuzsensoren, intelligente TTL-Blitztechnik, motorischen Filmtransport gab es nicht nur den Profimodellen (Canon EOS 1, Nikon F5, Minolta Dynax 9) sondern auch in abgespeckter Form in vielen Einsteiger SLRs. Für jeglichen Aufgabenbereich standen die entsprechenden Objektive zur Verfügung und Innovationen wie ED Glas, Innenfokussierung und Ultraschallantrieb setzten sich immer mehr durch.  (Harald Schwarzer)

  • Bild  [Foto: Harald Schwarzer]

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Aber der Markt für analoge SLR war gesättigt und die Absatzzahlen gingen zurück. Die Sorgen der Hersteller wurden größer und die Nachfrage nach digitalen Spiegelreflexkameras war praktisch nicht vorhanden. Denn die wenige Modelle, die zu dieser Zeit die Profis in ihren Händen hielten, waren mit Preisen von mehr 10.000 DM für jeden anderen unerschwinglich. Wettbewerb, der einen Preisrutsch hätte auslösen können, gab es eigentlich auch nicht, denn der Markt wurde von Kodak dominiert, die ihre Sensoren für die DCS Modelle in Nikon oder Canon Gehäuse einbauten. Diese Marktsituation änderte sich ab 1998 sehr zögerlich und in den letzten Jahren schlagartig - heute hat der Kunde die große Auswahl vom Einsteigermodell für 500 Euro zum semiprofessionellen Gehäuse für 1.500 Euro. Weiterhin steht ihm eine Vielzahl von Wechselobjektiven, die für digitale Anwendung gerechnet wurden, zur Verfügung. Gerade im Weitwinkelbereich hat es zahlreiche Neuentwicklungen gegeben - wegen des Crop-Faktors bei APS-C Sensoren müssen Brennweiten von 18 mm und kürzer eingesetzt werden, um einen entsprechenden Bildwinkel zu erreichen.

Mit dem gleichem Sensor (1,5 MP) ausgestattet hatten 1998 Rollei und Sony digitale Spiegelreflexkameras angekündigt. Beide haben einen optischen Sucher und ein fest eingebautes Objektiv - der Spiegel ist feststehend und bei der Sony DSC D700 teildurchlässig. Damit wird LiveView auf dem rückwärtigen 2,5 Zoll Monitor möglich. In der Sony Kamera kam ein lichtstarkes Weitwinkelzoom (ab 28 mm KB äquivalent) zum Einsatz, das noch aus Eigenentwicklung stammt. Die Rollei dflex Serie gab es mit 3-fach Zoom und Festbrennweite auch als metric Variante für Photogrammetrie. Während bei Rollei die Bilddaten in einem eigenen RAW Format gespeichert wurden, verwendete Sony das TIFF und JPEG Format. Die potentiellen Interessenten mussten sich gedulden, denn beide Kameras hatten anfängliche Lieferschwierigkeiten. Mit ihrem Preis von ca. 4.000 DM waren sie eher ein Angebot für die „early adaptors", also jene Mitmenschen, die immer die neueste Technik haben müssen. Bewegung in die Marktpreise für Profikameras brachte 1999 Nikon mit der Vorstellung der D1. Diese 2,7 MP Profi-Kamera basierte auf der analogen F100 und hatte viele Ausstattungs- und Bedienungsmerkmale von ihr übernommen. Eingebunden in das Nikon System erleichterte sie vielen professionellen Fotografen den Umstieg auf digital. Einige anfängliche Kinderkrankheiten wurden 2001 mit dem Nachfolger-Doppelpack D1X und D1H abgestellt, aber die relativ niedrige Akku Kapazität der NiMH Zellen blieb. Die Umstellung auf Li-Ionen Akkus erfolgte erst ein Jahr später mit der Einführung der D100 - seinerzeit die leichteste D-SLR der Welt (880g inkl. Akku). Mit ihrem 6 MP CCD Sensor und der praxisgerechten Ausstattung entwickelte sich schnell zum Erfolgsmodell dieses Herstellers. Für ca. 3.000 Euro gab es in dieser MP-Klasse inzwischen auch Alternativen von Canon (D60) und Fuji (S2Pro).

Höhere Megapixel sind nicht alleine für die Bildqualität entscheidend, denn die ausnahmslos von ihren analogen Modellen abgeleitenden DSLR harmonierten nicht wie gewohnt mit den Objektiven. Ein nicht telezentrischer Strahlengang ist beim analogen Film noch zu tolerieren, aber Lichtstrahlen, die z.B. im Randbereich, nicht senkrecht auf die einzelnen Pixel des Sensor treffen, führen zu Abbildungsfehlern wie Vignettierung oder Blooming. Speziell gerechnete Objektive, die bei Nikon DX, bei Canon EF-S oder bei Minolta DT heißen, sollen das Problem beheben. Auch Fremdhersteller wie Sigma (DC) oder Tokina (DX)  haben begonnen, speziell digital gerechnete Wechselobjektive auf den Markt zu bringen. In den meisten Kameragehäusen wurden Bildsensoren verbaut, die in etwa der Größe des APS-C Filmformats entsprechen. Bei der Technologie gingen die Hersteller unterschiedliche Wege - CCD oder CMOS. Canon war ein Pionier auf dem Gebiet der CMOS Technik. Die Entwickler hatten es schon frühzeitig geschafft, das störende Rauschen zu unterdrücken und setzten schon in der EOS D60 einen CMOS Sensor ein. Auch Nikon und Sony zeigten 2004 bei der D2X (12 MP) und der Cypershot R1 (10 MP) die Leistungsfähigkeit dieser Technik. Einen anderen Weg schlug Olympus ein: das Four-Thirds Format ist ein komplett eignes DSLR Kamerasystem, bei dem die Objektive (telezentrischer Strahlengang) kompromisslos auf den Sensor anpasst sind. E1 und E300 waren die ersten Modelle in diesem Format und hatten von Anfang an eine weitere Innovation eingebaut, die sich immer mehr zu einem Verkaufsargument entwickelte - automatische Sensorreinigung. Das Olympus System mittels Ultraschall erzielt in den Vergleichstest immer noch Bestnoten. Während sich Panasonic dem Four-Thirds Format anschloss und mit der DMC LC1 und dem Leica DC Vario Summicron seine erste DSLR vorstellte, versuchte Sigma mit alternativer Sensortechnologie zu punkten. In der 2003 angekündigten SD9  wird der Foveon X3 Sensor verwendet - revolutionär ist die Farberfassung, bei der ähnlich dem Farbfilm alle RGB-Farben von dem einzelnen Pixel erfasst werden. Herkömmliche Sensoren mit Bayer-Mosaik erfassen nur eine Farbe pro Pixel. Die Verkaufszahlen blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Zum Marktführer hatte sich inzwischen Canon entwickelt u.z. sowohl bei den Profikameras als auch bei den Amateurkameras. Die EOS 1Ds Mark II mit dem 16 MP CMOS Vollformat Sensor war jahrelang das Maß der Dinge und die EOS 300D mit einem Listenpreis von unter 1.000 Euro entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Aber der Markt blieb in Bewegung und brachte neue Anbieter hervor. Samsung hatte die Kooperation mit Pentax begonnen und so sind die GX-10 und die K10D im Prinzip baugleich. Andere Bewegungen waren eher unerwünscht - nämlich die der Kamera während der Aufnahme. Natürlich kann man Objektive mit eingebautem Bildstabilisator an sein Gehäuse ansetzen, aber die sind teuer und nicht für alle Brennweiten verfügbar. Des Weiteren bringt die Linsenbewegung eine Auslöseverzögerung mit sich. Warum also nicht den Sensor beweglich lagern, dachten sich die Konica Minolta Ingenieure und statteten ihre Dynax 7D und 5D mit Anti Shake aus. Diese Technologie hat Sony beim Kauf des Kamerageschäftes Anfang 2006 übernommen und so findet man diese Art der Bildstabilisierung heute in allen alpha Modellen.  


Zwei Kameramodelle, die sich als Flops herausstellten, sollten nicht unerwähnt bleiben - Leica Digital Modul R und Contax N digital. Das Unternehmen aus Solms wollte seinen treuen SLR Kunden den Einstieg in die digitale Welt nicht vorenthalten. Da sollten die alten R-Objektive verwendbar bleiben. Der Austausch der Rückwand einer Leica R9 mit dem Digital Modul R macht aus dieser analogen Kamera eine DSLR. Klingt von der Idee her bestechend, war aber wegen der enormen Lieferverzögerung (ca. 2 Jahre) beim Erscheinen technisch längst überholt. Kyocera versuchte vor etwa fünf Jahren mit der Contax N digital und seinen hochwertigen Carl Zeiss Objektiven im Markt für professionelle digitale Kameras Fuß zu fassen. Dazu gab es ein technisch wirklich ausgereiftes Konzept. An das mit einem Vollformatsensor ausgestattete Gehäuse konnten mittels Adapter auch die Objektive der Mittelformat Contax 645 verwendet werden. Vignettierungsprobleme, die sonst an Vollformatkameras mit Kleinbildobjektiven auftreten, gibt es in dieser Kombination wegen des größeren Bildkreises der Mittelformatobjektive nicht. „Coole Dreierbeziehung" hieß das in der Werbung bei Kyocera. Ca. 8.000 Euro für das Gehäuse war es den Profis aber doch nicht wert und so verschwand dieses Modell Ende 2004 vom Markt. Lange ersehnt kam dann endlich im Herbst 2007 die Nikon D3 mit Vollformatsensor auf den Markt und schaffte es, viele Profis von Canon zurückzuholen. Die hatten aber immer noch bei den semiprofessionellen Modellen die Nase vorn, denn die EOS 5D, die schon zwei Jahre früher erschienen war, war lange Zeit (bis zum Erscheinen der Nikon D700) die einzige für den engagierten Amateur bezahlbare DSLR mit Vollformat Sensor. Auch im Bereich der Einsteigerkameras zeigt sich der Zweikampf dieser beiden japanischen Hersteller. Lockten vor einem halben Jahr noch die Canon Anzeigen für die neue EOS 450D mit „Let's play" konterten die Nikon Werbestrategen ein paar Tage später mit „Werkzeug statt Spielzeug" für ihre D60.

Fortsetzung auf Seite 2
Kommentare

Yvan Boeres 2008-12-30

IMHO wären auch die Olympus C-1000L und C-1400L von 1997 eine Erwähnung wert gewesen – waren sie doch in gewisser Weise auch digitale Spiegelreflexkameras und dabei sogar noch halbwegs bezahlbar.

Harald Schwarzer 2009-01-02

Hallo Yvan, das stimmt wohl - ich habe noch ein Color Foto Heft von 1998 gefunden und da gab es einen Extrateil mit den photokina Neuheiten von Olympus. Das damalige Topmodell war die C-1400XL und kostete 2.300 DM ... so vergeht die Zeit.

Frohes Neues Jahr !!  

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