Rückblende

Teildurchlässiger Spiegel – das gab es doch schon mal

2010-09-02 Als letzte Woche Sony seine neuen alpha 33 und 55 Kameras ankündigte und den teildurchlässigen Spiegel als Sensation im Bereich der DSLR vorstellte, hieß es bald in den Kommentaren und Einträgen der Internetforen: „Ist doch ein alter Hut" oder „Hatte schon meine EOS RT vor vielen Jahren". Es ist durchaus richtig, dass Canon der erste Kamerahersteller war, der einen feststehenden und teildurchlässigen Spiegel in eine seiner Spiegelreflexkameras einbaute, aber das hatte einen anderen Grund. Man sollte diese technische Lösung also im jeweiligen entwicklungshistorischen Zusammenhang sehen.  (Harald Schwarzer)

  • Bild  [Foto: Harald Schwarzer]

Hinweis Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserem Blog-System veröffentlicht und später zur Archivierung automatisch in unser Redaktionssystem übertragen.

 Im Jahr 1965 liefen die Konstrukteure bei Canon dem technischen Stand im Bereich der einäugigen Spiegelreflexkameras eher hinterher - zwar hatte die ein paar Jahre zuvor auf den Markt gebrachte Canonflex RM einen eingebauten Selen-Belichtungsmesser, aber sie blieb trotzdem ein Ladenhüter. Zu altbacken war das Gehäusedesign und zu eingeschränkt das Programm an Wechselobjektiven. Etwas erfolgreicher war die 1963 eingeführte FX, die zumindest im Aussehen und der Handhabung den Wettbewerbsmodellen ähnelte. Aber es gab keine TTL (Through_The_Lens) Belichtungsmessung wie z.B. in der Pentax Spotmatic, denn die CdS Messzelle befindet sich am rechten oberen Gehäuserand. Der erste Versuch mit einer innenliegenden Messzelle war die Canon Pelllix. Der teildurchlässige Spiegel ist fest eingebaut und hat ein Teilungsverhältnis von 70% zu 30%.

 

Im Gehäuseboden versteckt ist die Messzelle - erst wenn man den Hebel auf der linken Kameraseite in Richtung Bajonett drückt, schwenkt sie in den optischen Strahlengang. Im Sucher kann man dann durch Verstellung von Zeit oder Blende die Messnadel mit dem Messkreis zur Deckung bringen und so die korrekte Belichtung ermitteln. Das Ganze passiert bei Arbeitsblende, d.h. wenn man auf Blende 8 abblendet, verdunkelt sich der Sucher noch weiter.

 So richtig überzeugt waren die Canon Entwickler von ihrer Lösung wohl nicht, denn schon 1 Jahr später kam die FT heraus - in dieses Modell hatten sie nun wieder einen normalen Rückschwingspiegel eingebaut. In der um 450 Grad geteilten Kondensorlinse unterhalb des Sucherprismas sind ca. 12% des Bereiches teilverspiegelt, so dass dieser Teil des Lichtes auf die dahinter angeordnete Messzelle gelenkt wird. Im Sucher erkennt man dieses Messfeld leicht, denn es ist etwas dunkler als die restliche Mattscheibe. Canon nannte es eine Teil-Spotmessung und blieb diesem Prinzip lange Zeit treu. Die FT und die Pellix wurden bis Anfang der 1970er Jahre parallel angeboten, aber ein Verkauferfolg wurde nur die FT, insbesondere als sie 1971 mit der Einführung des FD-Objektivbajonetts auch offenblendtauglich wurde. Jetzt war Canon endlich auf dem technischen Niveau der Wettbewerber angekommen.    

 Der Kampf mit Nikon um die Gunst der professionellen Fotografen begann und machte sich immer wieder an der Schnelligkeit des motorischen Filmtransports fest - und mehr als 8 Bilder/sec konnte man nur ohne Spiegelschlag erreichen - so kamen auch die Canon F1-  und Nikon F2- und F3-High Speed  Kameras mit einem teildurchlässigen Spiegel zu den Profis. Anders als Nikon brachte Canon diese Lösung auch in den EOS Modellen mit Autofocus (EOS RT von 1989 und EOS 1n RS von 1995). Ausführliche Informationen zu diesen Kameras findet man in den weiterführenden Links.

 

Von links nach rechts: Canon Pellix, Canon FT, Sony alpha 55 (Fotos der Hersteller)

Sony belebt nun diese technische Lösung neu und nennt die entsprechenden Kameras SLT (Single_Lens_Translucent). Allerdings sind die Gründe für die Einführung heute ganz andere als vor mehr als 40 Jahren. Das abgezweigte Licht dient nicht der Belichtungsmessung sondern der kontinuierlichen Funktion des Autofocus auch bei der Aufnahme von Serienbildern oder HD Videosequenzen. Der frühere Nachteil des Lichtverlustes im optischen Sucher entfällt durch die Verwendung eines elektronischen Suchers.

 Das ist insofern einzigartig und innovativ. 

 Weiterführende Links:

 http://www.mir.com.my/rb/photography/companies/canon/fdresources/pellix/index.htm

Kommentare

charkut 2010-09-15

Auch SONY hatte ihn schon, in der DSC 770 sorgte ein halb-durchlässiger Spiegel für Live-View auf einem 2,5" TFT-Screen und gleichzeitig die Ansicht über den Spiegelreflexsucher.....

Schönes Teil, aber zu teuer.

charkut

Artikel-Vorschläge der Redaktion