Gedanken und Ideen für kleinere Fotohändler in der Covid-19-Zeit

Für Fotohändler (Teil 1): Wie finden die Kunden mich als Händler?

Seite 2 von 2, vom 2020-04-01 (Autor: Jan-Markus Rupprecht)Zur Seite 1 wechseln

Verkauf über Marktplätze

Normalerweise würde ich den Verkauf über Marktplätze nicht als erste Wahl bezeichnen, da die Marktplätze ihren Anteil von der ohnehin oft schmalen Marge einbehalten. Dass bei bestimmten Produkten Verträge mit den Lieferanten die Listung in Marktplätzen ausschließen, ist eine andere Sache. Gerade ist eine Not-Situation und wenn Sie die Ware im lokalen Geschäft gerade nicht verkaufen können, müssen Sie andere Wege finden. Ein eigener Online-Shop ist gut, wenn er gut gepflegt und etabliert und beworben ist. Das macht sich nicht auf die Schnelle, sondern kostet enorm viel Manpower, Zeit und Geld. Das ist nichts, was man mal kurz während einer Corona-Schließzeit macht. Aber Marktplätze bestücken geht immer.

Amazon

Für einen Marktplatz eine Empfehlung auszusprechen, fällt mir nicht ganz leicht. Früher hätte ich sicherlich Amazon empfohlen für bestimmte Produkte, denn Amazon hat den Vorteil, dass man als Verkäufer ein dort schon vorhandenes Produkt (zu finden über die EAN) mit wenigen Klicks listen kann, ohne selbst irgendwelche Fotos und Beschreibungen beisteuern zu müssen. Momentan ist bei Amazon etwas der Wurm drin. Viele Produkte sind auf eine Lieferzeit von 28 Tagen gesetzt. Zudem ist Amazon seit einigen Tagen nicht mehr auf Idealo.de gelistet (evtl. hat Idealo die Umstellung auf die neue Amazon Product Advertising API 5.0 verpennt und die alte 4.0-Version wurde vor kurzem abgeschaltet). Man kann sicherlich mal schauen, ob man sich da mit dem einen oder anderen Produkt sinnvoll platzieren kann.

eBay

Mehr Arbeit macht das Listen auf eBay, aber eBay ist generell natürlich keine schlechte Möglichkeit, zumal man dort als Händler noch eine gewisse Eigenständigkeit behält. Hinweise auf das eigene Ladengeschäft und eine Beratungsmöglichkeit wirken vertrauensbildend. Damit kann man sich gegenüber anderen preisgleichen Angeboten Vorteile verschaffen, vielleicht sogar mal den einen oder anderen Euro mehr durchsetzen. eBay gibt zudem richtig Gas bei "Ausnutzung" der aktuellen Pandemie und zwar auf eine wirklich symphytische Art. Wer jetzt neu mit einem eBay-Shop einsteigt, zahlt drei Monate keine Verkaufsprovision, bekommt sechs Monate einen kostenlosen Premium-Shop und sechs Monate kostenlosen Premium-Service. Auch wer mit einem lokalen Laden schon auf eBay aktiv ist, kann bis 30. Juni 2020 alle Verkaufsgebühren erlassen bekommen. Zudem verschlechtert sich derzeit der Service-Status für eBay-Händler nicht, wenn diese mal nicht so schnell liefern können, wie gewünscht und bestehende Verkäufer können einen Zahlungsaufschub für Ihre Verkaufsgebühren beantragen. Das ist ein tolles Paket mit wirklich sehr fairen Angeboten. Da würde ich zuschnappen.

  • Bild eBay-Soforthilfeprogramm zur Unterstützung kleinerer Unternehmen und lokaler Einzelhändler. [Foto: eBay, Screenshot: MediaNord]

    eBay-Soforthilfeprogramm zur Unterstützung kleinerer Unternehmen und lokaler Einzelhändler. [Foto: eBay, Screenshot: MediaNord]

  • Bild eBay-Soforthilfeprogramm zur Unterstützung kleinerer Unternehmen und lokaler Einzelhändler. [Foto: eBay, Screenshot: MediaNord]

    eBay-Soforthilfeprogramm zur Unterstützung kleinerer Unternehmen und lokaler Einzelhändler. [Foto: eBay, Screenshot: MediaNord]

Hood

Den Marktplatz hood.de, eigentlich ein Urgestein aus Deutschland, aber bislang irgendwie immer deutlich unterhalb meines Radars, sehe ich in letzter Zeit öfter mal irgendwo. Die haben eine generelle Rabatt-Aktion, aber nichts tolles. Sehr intransparente Preisstruktur, aber ziemlich schöne Produkt- und Shop-Darstellung. Ich bekam letztens einen Aquise-Anruf, ob ich nicht für X Monate mal einen kostenlosen Hood.de-Shop ausprobieren wollte. Da das für mich nicht infrage kam, habe ich das Gespräch schnell beendet. Auf der Hood.de-Website findet man nichts dazu, auch Covid-19/Corona wird dort nicht thematisiert. Business as usual. Ich mag es aber nicht, wenn es offiziell keine Aktionen gibt und hintenrum wird dann was umsonst offeriert. Bei Interesse trotzdem einfach mal anfragen übers Impressum.

Rakuten

Der vierte relevante Marktplatz ist sicherlich Rakuten. Kommt aus Asien, aber in letzter Zeit mit Macht auf den europäischen Markt und sehr professionell und mit attraktiven Marketing-Maßnahmen. Die Standard-Gebühren sind sehr hoch und die sonstigen Gebühren auch (z. B. 3 Prozent Stornogebühr), Corona/Covid-19 derzeit kein Thema. Falls Rakuten mit einem tollen Angebot auf Sie als lokalen Händler zukommt, könnten Sie sich das mal anschauen.

Marketing der Marktplätze

Generell muss man bei den Marktplätzen etwas weiter über den Horizont schauen, um zu verstehen, was die für den Händler tun. Das ist vor allem Marketing. Das kann teilweise schon merkwürdige Blüten treiben. Da gibt teilweise der Marktplatz oder der Payment-Dienstleister (PayPal früher öfter) richtig Geld dazu. Damit wundert man sich dann im besten Fall über zahlreiche Bestellungen, obwohl man als Händler eigentlich gar keinen so tollen Preis eingestellt hatte. Aber irgendwie gibt PayPal oder Rakuten dann im Rahmen einer Marketing-Aktion 10, 20 oder 50 Euro dazu oder auch 5 oder 10 Prozent, je nachdem, was gerade läuft. Damit schießen sich eBay oder Rakuten auf Platz 1 bei Idealo. In dem Listing steht dann beispielsweise 899,10 € mit dem Hinweis "erfordert Gutschein" und wenn der Kunde darauf klickt, sieht er den Gutschein "PayPal10%" (fiktives Beispiel). Rübergeklickt zu eBay steht dort zunächst der normale Preis 999 Euro und oben irgendwann "Hurra, heute gibt es 10 % auf alles über 800 Euro! Gutschein PayPal10%. Bedingungen gelten nur für bestimmte Produkte, nicht auf Tierfutter." (wieder rein fiktiv).

Der Kunde klickt beim Produkt für 999 Euro auf kaufen und gibt später den Gutscheincode ein, worauf hin er nur 899,10 € bezahlen muss. Erstaunlicherweise bekommt er vom Händler später eine Rechnung über 999 Euro, denn die hat der Händler wirklich bekommen. Davon muss er zwar die Verkaufsprovision bezahlen. Die beträgt aber bei Elektronik-Produkten keine 10 Prozent, sondern z. B. 5 Prozent. Effektiv bekommt der Händler also z. B. 949,05 Euro und der Kunde hat 899,10 Euro bezahlt. Wo kommen nun die fehlenden 49,95 Euro her? Aus dem Marketing-Topf des Payment-Dienstleisters oder des Marktplatzes, d. h. letztlich aus den Gebühren aller Händler. Für die Kamerahersteller, die zum Teil um Preishygiene bemüht sind, sind solche Aktionen natürlich ein Alptraum. Der Händler kann seine Hände in Unschuld waschen, er hat das Produkt ja für 999 Euro verkauft. Aber auf Idealo stand es trotzdem auf 899,10 Euro. Das ist eben einer der Gründe, warum die Hersteller in selektiven Verträgen die Listung auf solchen Marktplätzen untersagen. Aber es gibt sicherlich genug andere Produkte, die man dort listen kann und darf.

Das genannte erlebe ich so oder ähnlich von eBay und Rakuten, der frühere Marktplatz von DHL war auch "berühmt" für solche Aktionen. Amazon macht sowas nicht, Hood ebenfalls nicht, soweit ich weiß.

Morgen haben wir einen zweiten Teil zu diesem Thema, da gibt es Beratung, Verkauf und Versand während der Ladenschließzeit.

Haben Sie Ideen oder Vorschläge, die wir hier ergänzen sollten? Dann schreiben Sie mir (Jan-Markus Rupprecht) an jmr@medianord.de.

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Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.