Lichtstarkes Normalobjektiv

Testbericht: Sigma A 50 mm F1,4 DG HSM

2015-07-20 Auf der Photokina 2012 begründete Sigma die neue "Art"-Serie, die mit ihrer aufwändigen optischen Konstruktion eine hohe Bildqualität bieten will. Das A 50 mm F1,4 DG HSM kam als zweites Festbrennweitenobjektiv dieser Serie im Jahr 2014 auf den Markt. Das erste der drei Exemplare, das 35 mm F1,4 sowie das neue 24 mm F1,4 haben wir bereits in den vergangenen zwei Wochen getestet. Nun muss das 50 mm F1,4 an der 36 Megapixel auflösenden Nikon D800E zeigen, was in ihm steckt.  (Benjamin Kirchheim)

Wie schon die anderen beiden Kandidaten musste auch das A 50 mm F1,4 DG HSM an der Vollformatkamera Nikon D800E seine Bildqualität unter Beweis stellen. Es ist aber auch mit Anschlüssen für Canon EF, Sigma AF und Sony A-Mount erhältlich. An der D800E konnten wir bereits zwei Konkurrenzmodelle testen: Das Nikon 50 mm F1,4G sowie das Zeiss Otus 1,4/55, sodass entsprechende Vergleiche möglich sind. Diesmal allerdings kostet das Sigma mehr als doppelt so viel wie das Nikon, nicht umgekehrt wie bei 24 mm und 35 mm, wo die Nikkore jeweils doppelt so viel kosten. Nur das Zeiss Otus ist mit dem 3,5-fachen Preis des Sigmas beziehungsweise achtfachen Preis des Nikons preislich weit ab vom Schuss.

Dass das Sigma A 50 mm F1,4 DG HSM viel aufwändiger konstruiert ist als das Nikon 50 mm F1,4G ist allein schon an den Dimensionen und dem Gewicht auszumachen: Das Sigma ist doppelt so lang wie das Nikon, wiegt mit über 800 Gramm gut das Dreifache und besitzt 77mm-Filtergewinde, während das Nikon mit 58 mm auskommt. Die optische Konstruktion des Art besteht aus 13 Linsen in acht Gruppen, die des Nikon nur aus acht Linsen in sieben Gruppen. Das Zeiss Otus allerdings ist noch deutlich wuchtiger als das Sigma. Wie seine beiden kleinbrennweitigeren Schwestern besteht auch der Tubus des 50 mm Art aus hochwertigem Kunststoff mit edlem Finish, der am Bajonett sowie am Fokusring von Metall verstärkt wird. Das Bajonett besteht ebenfalls aus Metall, einen Spritzwasserschutz hat das Sigma aber genauso wenig wie einen Bildstabilisator.

Der Ultraschallmotor "HSM" sorgt für eine schnelle, lautlose Fokussierung, mit der Naheinstellgrenze von 40 Zentimetern wird ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:5,6 erreicht. Der nicht mitdrehende, geriffelt-gummierte Fokusring erlaubt jederzeit einen manuellen Eingriff in die Fokussierung. Schaltet man den Fokusschalter links am Objektiv auf MF, so kann direkt manuell fokussiert werden. Mit gut einer Viertel-Umdrehung am Fokusring geht dies ausreichend feinfühlig von der Hand. Das Zeiss Otus als reines Manuellfokus-Objektiv aber lässt sich definitiv besser manuell scharfstellen. Das kleine Fenster auf der Oberseite des Sigma 50 mm gibt den Blick auf eine Fokusskala frei, die angebrachte Schärfentiefeskala indes ist kaum hilfreich, zeigt sie doch nur den Wert für F16 an. 

Die neun Lamellen der Blende schließen sehr gleichmäßig und nahezu kreisrund. Das erzeugte Bokeh sieht sehr angenehm aus. Bei Gegenlicht zeichnet das Sigma einen hohen Kontrast, bei hellen Lichtquellen im Bild kann es aber zu leichten Lensflares kommen. Die große, tulpenförmige Gegenlichtblende ist üppig dimensioniert und schirmt Streulicht gut ab. In der Praxis zeigt das Sigma Art 50 mm F1,4 DG HSM eine hervorragende Bildqualität ohne sichtbare Verzeichnung oder Randabdunklung. Vor allem aber wirken die Bilder knackig scharf, selbst bei weit geöffneter Blende.

Der Labortest untermauert den subjektiven Eindruck mit objektiven Daten: Die Verzeichnung ist genau Null und damit besser als bei Otus, das 0,7 Prozent tonnenförmig verzeichnet und erst Recht als das Nikon, das sogar 1,5 Prozent tonnenförmig – und damit gut sichtbar – verzeichnet. Auch die Randabdunklung des Sigmas ist gering, selbst bei Offenblende F1,4 beträgt sie lediglich 0,6 Blendenstufen in den Bildecken. Bereits auf F2 abgeblendet ist die Randabdunklung mit 0,2 EV nur noch akademischer Natur. Auch hier verweist das Sigma die Konkurrenten von Nikon und Zeiss klar auf die Plätze.

Bei den Farbsäumen sieht es schon etwas anders aus. Diese sind beim Sigma zwar im Mittel gering, in den maximalen Ausprägungen nahe des Bildrands mit bis zu knapp drei Pixeln aber durchaus sichtbar. Im Durchschnitt zeigen das Zeiss und das Nikon ebenfalls kaum Farbsäume, diese sind in den extremen Ausprägungen aber etwas geringer als beim Sigma. Der Abstand jedoch ist klein – insbesondere wenn man das Sigma abblendet. Dass das Sigma bei den optischen Fehlern (Randabdunklung, Verzeichnung und Farbsäume) insgesamt das Nikon schlägt, ist keine Überraschung, wohl aber, dass sogar das Zeiss Otus etwas schlechter abschneidet als das Sigma.

Der Auflösungstest bei 50 Prozent Kantenkontrast offenbart für das Sigma ein weiteres Mal eine dicke Überraschung (siehe Diagramm aus dem Labortest unten): Schon bei Offenblende löst es mit 60 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) äußerst hoch auf, bereits bei F2 kratzt es an der Marke von 70 lp/mm. Das Auflösungsmaximum liegt bei F4 mit knapp 74 lp/mm. Darüber setzt, ganz langsam steigend, die Beugung ein. Bei F11 liegt die Auflösung wieder knapp unter 70 lp/mm, bei der kleinsten Blende F16 sind es immer noch stolze 64 lp/mm. Auch am Bildrand gibt es fast nichts auszusetzen. Zwar ist die Auflösung mit 56 lp/mm bei Offenblende etwas geringer als im Zentrum, aber dennoch auf sehr hohem Niveau. Bei F5,6, F8 und F11 kratzt die Randauflösung sogar an der Marke von 70 lp/mm, bei diesen drei Blenden liefert das Sigma eine sehr gleichmäßig hohe Auflösung von der Bildmitte bis zum Bildrand. Vor allem bei großen Blendenöffnungen lässt das Sigma das Nikon weit hinter sich. Das Nikkor muss auf F2,8 abgeblendet werden, um im Zentrum die 60 lp/mm zu überspringen, am Bildrand ist sogar F5,6 dafür nötig. Bei jeder Blende löst das Sigma sowohl im Bildzentrum als auch am Bildrand höher auf als das Nikon.

Das Sigma Art 50 mm F1,4 DG HSM ist sogar so gut, dass es dem Zeiss Otus gefährlich nahe kommt. Ab F2,8 ist das Sigma praktisch auf dem Niveau des Otus. Nur bei offenen Blenden löst das Otus noch etwas höher auf als das Sigma. Dafür kostet das Sigma einen Bruchteil und wirft zudem seinen Autofokus als dicken Pluspunkt in die Waagschale. Das Sigma ist eindeutiger Preis-Leistungssieger. Da das Nikon aber deutlich günstiger ist, macht man mit dessen Kauf auch nichts falsch, sehr gut ist es allemal.

Fazit Das Sigma A 50 mm F1,4 DG HSM ist eindeutig die Krönung der Art-Serie. Hochwertig verarbeitet wie die Schwestermodelle ist es zwar etwas wuchtig, aber an einer Vollformatkamera wie der Nikon D800E dennoch ausgewogen. Der interne Autofokus arbeitet schnell und leise. Gegenlicht verkraftet das Sigma sehr gut, allenfalls bei hellen Lichtquellen mitten im Bild kann es zu leichten Lensflares kommen. Auch das weiche Bokeh weiß zu überzeugen. Vor allem aber die hohe optische Güte mit der Verzeichnungsfreiheit und erst Recht die hohe Bildauflösung im Zentrum und am Bildrand sind absolut auf höchsten Niveau. Selbst ein 3,5 Mal so teures Zeiss Otus löst nur bei F1,4 und F2 höher auf, ab F2,8 ist das Sigma auf Otus-Niveau. Das im Vergleich zum Sigma halb so teure Nikon 50 mm F1,4G wird in allen Belangen klar geschlagen. Wer ein lichtstarkes 50 mm mit hoher Bildqualität sucht, kommt am Sigma A 50 mm F1,4 DG HSM praktisch nicht vorbei, zumal es dem Zeiss Otus den Autofokus voraus hat.

Kurzbewertung

  • Überragende Bildqualität mit hoher Auflösung und ohne optische Fehler
  • Gutes Kontrastverhalten, selbst bei Gegenlicht
  • Trotz Kunststofftubus sehr solide Verarbeitung
  • Fokusskala im Fenster
  • Schneller, leiser Autofokus
  • Recht groß und schwer
  • Leichte Lensflares bei Lichtquellen im Bildfeld
  • Kaum brauchbare Schärfentiefeskala

Sigma 50 mm F1,4 DG HSM Art mit Nikon D800E (v6.0)

Auflösung MTF


D800E

F1,4F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0
50 mm59,3 / 55,7 (6 %)68,4 / 58,2 (15 %)71,6 / 64,4 (10 %)73,5 / 66,5 (10 %)73 / 69 (5 %)71,6 / 69,8 (3 %)68,7 / 68,6 (0 %)63,9 / 63,3 (1 %)

Hersteller Sigma
Modell 50 mm F1,4 DG HSM Art
Unverbindliche Preisempfehlung 789,00 € bis 999,00 € (je nach Version)
Bajonettanschluss Canon EF, Nikon F, Sigma SA, Sony AF, Sony E, L-Mount
Brennweite 50,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 13 Linsen in 8 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 400 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 77 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 85 x 100 mm
Objektivgewicht 815 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.