Miniaturisiertes Telezoom

Testbericht: Panasonic Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. O.I.S.

2014-11-19 Mit dem Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. O.I.S. stellt Panasonic dem kompakten, speziell für die Lumix-GM-Serie entwickelten 12-32 mm ein ebenso kleines Telezoom an die Seite. Durch den mechanischen Einfahrmechanismus ist es äußerst klein und kann, obwohl für die GM-Serie konzipiert, an jeder Micro-Four-Thirds-Kamera von Olympus und Panasonic betrieben werden. Bisher bekleckerten sich alle Telezooms unter 700 Euro im MFT-System im Telebereich nicht gerade mit Ruhm – ob das Panasonic 35-100 mm mit seiner eher geringen Telebrennweite besser abschneidet und wie es sich überhaupt in der Praxis und im Labor schlägt, zeigt unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Im ersten Moment mag man gar nicht glauben, dass es sich bei dem kleinen Objektivchen tatsächlich um ein Telezoom handelt, eher würde man eine Festbrennweite von vielleicht 50 Millimeter vermuten. Mit Deckeln beansprucht das Panasonic Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. O.I.S. gerade einmal 6,5 Zentimeter Länge in der Fototasche, der Durchmesser beträgt gar nur 5,5 Zentimeter. Mit umgedrehter Sonnenblende plustert sich das 35-100 mm auf gerade einmal 6,2 Zentimeter Durchmesser auf, kaum ein Grund, sie aus Platzgründen zu Hause zu lassen. Ohne Deckel an der Kamera angesetzt ragt es ab Bajonett nur fünf Zentimeter nach vorne. Gegen einen kleinen mechanischen Widerstand am Zoomring gedreht entfaltet sich das Telezoom in 35mm-Stellung auf 6,7 Zentimeter Länge, in 100mm-Telestellung auf 7,8 Zentimeter. Mit dem Materialmix aus Metall (Bajonett, unterer Gehäuseteil und Objektivvfront mit 46mm-Filtergewinde) und Kunststoff (Stellringe und ausfahrender Tubus) macht die Verarbeitung des ca. 350 Euro teuren Telezwegs einen ordentlichen Eindruck. Gerade einmal 133 Gramm drückt das 35-100 mm auf die Waage. Für Sonnenblende (13 Gramm) und die beiden Deckel (16 Gramm) gesellen sich nochmal 29 Gramm hinzu, was das Gesamtgewicht auf nur 162 Gramm hebt. Je nach persönlichem Geschmack wird das Objektiv in Schwarz und Silber angeboten, zum Test trat die schwarze Variante an, die auf uns einen etwas höherwertigeren Eindruck machte.

Dass das Objektiv ein wenig klappert, liegt am eingebauten optischen Bildstabilisator mittels beweglicher Linsengruppe. Bei eingeschalteter Kamera wird die Linsengruppe in Position gehalten, stabilisiert das Bild zuverlässig und klappert auch nicht mehr beim Schütteln. Der Zoomring selbst läuft in seinem kurzen Einstellbereich minimal hakelig, was aber nicht weiter stört. Aufdrucke bei 35, 50, 70 und 100 Millimeter erlauben eine ungefähre Abschätzung der eingestellten Brennweite, Anwender eines neueren Olympus-Bodies, bei uns eine OM-D E-M10, profitieren von einer millimetergenauen Brennweitenanzeige auf dem Display beziehunsweise im Sucher, die ebenfalls verwendete Panasonic Lumix DMC-GM5 kann nicht mit diesem Komfort aufwarten.

Der Fokuseinstellring ganz vorne am Objektiv arbeitet Fly-by-Wire, also rein elektronisch und verrichtet tadellos seinen Dienst. Manuell lässt sich das Objektiv dank Fokuspeaking und Sucherlupe seitens der Kamera, egal ob Olymnpus oder Panasonic, einwandfrei und präzise scharf stellen. Die automatische Fokussierung erfolgt schnell und zuverlässig, der Fokusmotor ist dabei durch ganz leises Surren nur in sehr stillen Umgebungen und auch nur nahe der Kamera überhaupt zu vernehmen. Zum Lieferumfang des Objektivs gehört eine leicht tulpenförmige Streulichtblende aus Kunststoff, sie macht einen robusten Eindruck und lässt sich, wie eingangs erwähnt, auch verkehrt herum zum Transport am Objektiv fixieren.

In der Praxis begeistert das Objektiv durch seine kleinen Transportabmessungen, so verschwindet es problemlos in einer Jackentasche oder findet in einer kleinen Fototasche Platz. Der Zwerg zeigt auch im Gegenlicht gute Kontraste und ist selbst ohne Streulichtblende kaum anfällig für Störlicht, Blendenreflexe lassen sich wenn überhaupt, dann nur ganz kleine provozieren. Die Schärfe des Objektivs ist gut, der Abfall zum Bildrand tritt nur bei Vergrößerungen in Augenschein. Vor allem die Verzeichnungsfreiheit springt positiv ins Auge. Das Bokeh hingegen wirkt etwas harsch und unruhig, die Unschärfekreise von Lichtreflexen zeigen einen hellen, hart abgegrenzten äußeren Rand. Man kann mit dem Objektiv zwar freistellen, sollte seinen Hintergrund dafür aber sorgfältig auswählen oder aber diesen Bokeheffekt gezielt einsetzen. Apropos Freistellung: Die Lichtstärke beginnt bei F4,0, fällt aber schon bei 43 Millimeter auf F4,5 ab, Blende 5,0 wird bei 51 Millimeter erreicht und F5,6 ab 75 Millimeter. Das ist neben der mit 100 Millimeter etwas schwachen Telebrennweite (200 Millimeter entsprechend Kleinbild) der zweite Kompromiss, der mit den geringen Transportabmessungen einhergeht.

Im Labortest bestätigt sich der in der Praxis gewonnene Eindruck. Das 35-100 mm ist praktisch verzeichnungsfrei; kein Wunder, ist die entsprechende Korrektur doch Teil des Micro-Four-Thirds-Standards. Dazu gehört auch die Korrektur der Randabschattung, die einzig bei Offenblende F4,0 in kurzer Brennweitenstellung mit einer Blende Lichtabfall zum Bildrand überhaupt nennenswert in Erscheinung tritt. Der Verlauf ist indes weich, kann aber etwa bei blauem Himmel trotzdem wahrgenommen werden. Etwas abgeblendet und/oder gezoomt spielt die Randabdunklung mit rund einer halben Blendenstufe keine Rolle mehr. Und obwohl die Korrektur chromatischer Aberrationen nicht im MFT-Standard festgeschrieben sind, korrigieren beide Testkameras, die Panasonic GM5 und die Olympus E-M10 diese von sich aus, so treten CAs nur in Telestellung in den extremen Ausprägungen minimal auf.

An beiden Kameras ist die Bildschärfe bezogen auf 20 mal 30 Zentimeter große Fotos bei allen Brennweiten und Blenden von der Bildmitte bis zum Bildrand gut. Es bedarf schon eines Blickes auf die MTF-Auflösung bei 50 Prozent Motivkontrast, um die kleinen Schwächen des Objektivs aufzuzeigen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Bei Offenblende im Weitwinkel erreicht das 35-100 mm an der GM5 sein Auflösungsmaximum von 45 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm), der Randabfall beträgt rund 30 Prozent. Ab F8 legt der Bildrand deutlich zu, während im Zentrum die Auflösung minimal sinkt, was nur noch rund 15 Prozent Randabfall der Auflösung bedeutet, das spielt in der Praxis kaum noch eine Rolle. Bei mittlerer und langer Brennweite ist die Auflösung im Bildzentrum zwar minimal schlechter als bei kurzer Brennweite, aber der Bildrand dafür jeweils besser, der Randabfall liegt auch offen schon bei nur rund 15 Prozent. Das ist eine hervorragende Leistung, erst recht wenn man bedenkt, dass die bisher erhältlichen Telezooms, auch wenn sie eine höhere Endbrennweite erreichen, doch jeweils vor allem am langen Ende mit deutlichen Einbußen bei der Auflösung zu kämpfen hatten.

An der Olympus OM-D E-M10 ergibt sich ein etwas differnzierteres Bild. Die Olympus besitzt eine aggressivere Bildaufbereitung, die Fotos wirken dadurch direkt aus der Kamera knackiger. Das sorgt im Allgemeinen auch für etwas höhere Auflösungswerte. So werden an der E-M10 im Maximum 48 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) aufgelöst, bei F5,6 und 35 Millimeter im Bildzentrum. Überhaupt zeigt die kurze Brennweite die höchste Auflösung, aber auch einen nicht zu unterschätzenden Randabfall von rund 40 Prozent. Erst bei F8 überspringt die Auflösung am Bildrand bei 35 Millimeter die 30 lp/mm-Marke, und das sogar recht deutlich: der Randabfall liegt nur noch bei gut 20 Prozent. Ab F11 zeigt sich langsam die Beugung, die aber erst ab F16 zu deutlichen Auflösungsverlusten führt, bis F11 kann der Bildrand sogar noch zulegen. Die Marke von 30 lp/mm wird aber erst bei F22 sowohl in der Bildmitte als auch am Rand unterschritten. Bei mittlerer und langer Brennweite wiederum ist der Randabfall der Auflösung deutlich geringer, die Auflösung im Zentrum bei mittlerer Brennweite ist zudem kaum schlechter als im Weitwinkel und auch in Telestellung werden die 40 lp/mm locker geknackt. Insbesondere bei F8, F11 und F16 ist die Auflösung bei mittlerer und langer Brennweite äußerst gleichmäßig, fast könnte man meinen, es handele sich um eine Festbrennweite. Auch hier gilt: Ein Olympus 40-150 mm oder 75-300 mm bekleckern sich in Telestellkung nicht gerade mit Ruhm, während man mit dem Panasonic 35-100 mm bedenkenlos den gesamten Zoombereich ohne optische Qualitätsverluste verwenden kann – bei längeren Brennweite sogar mit fast keinen Randabfall der Auflösung.

Fazit Das Panasonic Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. O.I.S. weiß sowohl in der Praxis als auch bei der Labortest-Bildqualität zu überzeugen. Zwar glänzt das Zoom weder mit Lichtstärke noch mit einer besonders langen Brennweite, ist mit 70-200 Millimeter entsprechend Kleinbild aber eine gute Ergänzung zu den Standard-Setobjektiven von Olympus und Panasonic. Das 35-100 mm begeistert mit seinen kompakten Transportabmessungen selbst inklusive Streulichtblende und fällt in der Foto- oder Jackentasche kaum zur Last. Das Bokeh ist für preiswerte Zooms typisch etwas harsch, Gegenlicht hingegen steckt das 35-100 mm ohne große Kontrastverluste weg. Bei der Auflösung zeigt sich ein Randabfall bei kurzer Brennweite, vor allem aber bei mittlerer und langer Brennweite überzeugt das Objektiv mit hoher Auflösung und geringem Randabfall. Das gab es in dem Preisbereich bei Telezooms im Micro-Four-Thirds-System bisher nicht.

Kurzbewertung

  • Gute Auflösung selbst bei langer Brennweite
  • Äußerst kompakte Abmessungen, selbst inklusive Streulichtblende
  • Schneller, leiser, interner Fokus
  • Verzeichnungsfrei
  • Gut verarbeitet und designt
  • Etwas harsches Bokeh
  • Hoher Randabfall der Auflösung (nur im Weitwinkel)
  • Etwas lichtschwach und kurzbrennweitig (Kompromiss für Kompaktheit)

Panasonic Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. OIS mit Panasonic Lumix DMC-GM5 (v6.0)

Auflösung MTF


Lumix DMC-GM5

F4,0F5,3F5,6F8,0F11,0F16,0F22,0
35 mm45 / 31,4 (30 %)44,3 / 32,9 (26 %)43 / 36,4 (15 %)39,1 / 34,1 (13 %)33,2 / 28,5 (14 %)26,3 / 22 (16 %)
60 mm42,5 / 36,3 (15 %)42,8 / 36,9 (14 %)42,6 / 38,6 (9 %)38,9 / 37 (5 %)34 / 32,7 (4 %)24,9 / 23,4 (6 %)
100 mm42,2 / 35,1 (17 %)40,8 / 34,5 (15 %)37,5 / 32,3 (14 %)32,2 / 27,6 (14 %)24,5 / 20,3 (17 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Panasonic
Modell Lumix G Vario 35-100 mm 4-5.6 Asph. OIS (H-FS35100E)
Unverbindliche Preisempfehlung 349,00 €
Bajonett Micro Four Thirds
Brennweitenbereich 35-100 mm
Lichtstärke (größte Blende) F4 bis F5,6
Kleinste Blendenöffnung F22
Linsensystem 12 Linsen in 9 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
KB-Vollformat nicht relevant
Anzahl Blendenlamellen 7
Naheinstellgrenze 900 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 46 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 56 x 50 mm
Objektivgewicht 135 g

Passende Publikationen

digitalkamera.de-Bezahlinhalte (in Premium enthalten)


Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

digitalkamera.de Kaufberatung Spiegellose Systemkameras aktualisiert

digitalkamera.de "Kaufberatung Spiegellose Systemkameras" aktualisiert

Überarbeitete und ergänzte Ausgabe mit allen neuen Kameras, aktualisierten Testspiegeln und Ausstattungsübersicht. mehr…

Den Fokus richtig setzen (Schulungsvideo)

Den Fokus richtig setzen (Schulungsvideo)

Wie an der Nikon Z fc der Fokus sicher auf das Motiv gesetzt werden kann, das zeigt Michael Nagel in diesem Video. mehr…

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Kamerabücher und Bücher zu Bildbearbeitung und allgemeinen Fotothemen gibt es schon ab 3,99 € zum Herunterladen. mehr…

Vintage-Objektive – 6. aktualisierte Auflage als PDF erhältlich

"Vintage-Objektive – 6. aktualisierte Auflage" als PDF erhältlich

In diesem Buch lernt der Leser die Vor- und Nachteile beim Einsatz alter Objektive an modernen Digitalkameras kennen. mehr…

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.