Super-Tele-Zoom

Testbericht: Panasonic Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. OIS

2016-09-30 Mit dem Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. OIS übernimmt Panasonic die Führung bei den Superteleobjektiven im Micro-Four-Thirds-System, deckt das Supertelezoom doch einen kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 200 bis 800 Millimetern ab. Nur mit 1,4-fachem Telekonverter kommt das Olympus 300 mm F4 zwar noch ein paar Millimeter weiter, ist aber weniger flexibel. Wie im Micro-Four-Thirds-System üblich, bekommt man die lange Brennweite mit relativ geringen Abmessungen und kleinem Gewicht, nur der Preis ist mit knapp 1.700 Euro nicht mehr ganz so leicht zu stemmen. Im Test muss das Supertelezoom nun zeigen, welche Qualitäten in ihm stecken.  (Benjamin Kirchheim)

Mit einer Länge von lediglich 17 Zentimetern bei einem Durchmesser von gut acht Zentimetern kann man das Panasonic Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. OIS durchaus als kompakt bezeichnen, berücksichtigt man die enorme kleinbildäquivalente Brennweite. Mit gut einem Kilogramm Gewicht inklusive Stativschelle bleibt es auch noch tragbar. Beim unserem Test kam zwar eine Panasonic Lumix DMC-GX8 zum Einsatz, aber nicht, weil es die ideale Kamera für das Objektiv wäre, sondern weil es die aktuell einzige 20 Megapixel auflösende Lumix ist. Der Handgriff indes fällt angesichts des für diese Kameraklasse massigen Objektivs einfach zu klein aus, um ein vernünftiges, sicheres Handling zu gewährleisten. Wir würden eher Kameras der G- oder GH-Serie empfehlen, am besten mit Hochformatgriff, sofern erhältlich.

Beim vollen Zoomen wird das Objektiv etwa sieben Zentimeter länger. Trotz des großen Pumpeffekts soll die Konstruktion das Eindringen von Staub und Spritzwasser verhindern. Am Bajonett befindet sich eine Dichtlippe, um die Schnittstelle zwischen Objektiv und Kamera zu verschließen. Die Konstruktion besteht außen größtenteils aus Metall, das trifft sogar auf die Bedienringe zu. Der ausfahrende Tubus jedoch besteht aus Kunststoff. Ein Bajonett zum Anbringen einer Sonnenblende besitzt das Zoom nicht, stattdessen hat Panasonic sich für eine fest verbaute, nach vorne schiebbare Mini-Metallblende entschieden, auf die sich eine zweite, im Lieferumfang befindliche Metallblende schieben lässt, die mit einer kleinen Rändelschraube gesichert werden muss. Außerdem befindet sich noch ein Stoffbeutel für das Objektiv im Lieferumfang. Dank des 72mm-Frontgewindes lassen sich übrigens optische Filter verwenden, die bei diesem Durchmesser noch bezahlbar sind.

Bedienung

Der breite Zoomring erlaubt das Durchfahren der Brennweite mit einer Viertel-Umdrehung. Alternativ kann auch einfach vorne am Objektiv gezogen beziehungsweise geschoben werden, wer das lieber mag. Da der Tubus recht leicht ausfährt, hat Panasonic sinnvollerweise einen Lock-Mechanismus verbaut, der den Zoomwiderstand mittels Dreh deutlich erhöht. Nun kann die Kamera-Objektivkombination auf dem Objektiv abgestellt werden. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da die kleine Gegenlichtblende sich nicht verriegeln lässt.

Vor dem Lockring sitzt der Fokusring, der auf elektronischem Wege Steuerbefehle an den Fokusmotor weitergibt. Das funktioniert äußerst gut und so kann man wahlweise schnell oder sehr feinfühlig fokussieren. Dank Hilfen in der Kamera wie einer Fokuslupe und dem Fokuspeaking kann man punktgenau manuell fokussieren. Die Entfernungsskala auf dem Kameradisplay hingegen fungiert eher als große Richtlinie, genaue Entfernungsangaben in Zentimetern lassen sich hier nicht ablesen. Der Autofokus arbeitet ebenfalls sehr zuverlässig, jedoch bemerkt man deutlich die langen Fokuswege im Zusammenspiel mit der geringen Schärfentiefe, sodass es auch schonmal einen Moment länger dauern kann. Da ist es sehr praktisch, dass das Objektiv einen Fokusbegrenzer besitzt, der den Nahbereich unter fünf Metern deaktivieren kann. Obwohl die Naheinstellgrenze mit 1,3 Metern recht weit ist, erreicht das 100-400mm übrigens einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:4. Damit lassen sich bis zu rund sieben mal fünf Zentimeter kleine Motive formatfüllend ablichten.

Neben dem Fokusbegrenzer verfügt das Objektiv im hinteren Bereich noch über zwei weitere Schalter, die den Autofokus sowie den optischen Bildstabilisator an- und abschalten. Übrigens unterstützt das 100-400 selbstverständlich den Hybrid-Bildstabilisator, sodass im Zusammenspiel mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator einiger Lumix-Systemkameras noch größere Verwackelungen ausgeglichen werden können, auch wenn Panasonic dazu keine konkreten Zahlen nennt.

Die große Metallstativschelle lässt übrigens eine Kompatibilität zu Arca-Swiss vermissen, wie man sie inzwischen praktischerweise bei einigen anderen Herstellern findet. Man ist also auf eine klassische Stativwechselplatte angewiesen. Der Stativfuß lässt sich übrigens abnehmen und auf Wunsch auch um 180 Grad gedreht anbringen. Selbst ohne den Fuß lässt sich das Objektiv weiterhin auf einem Stativ montieren und auch drehen. Besonders clever hat Panasonic übrigens den Drehmechanismus gestaltet: Er ist integraler Bestandteil des Objektivs und die Schalter sitzen am drehbaren Teil, sodass sie unabhängig vom Hoch- oder Querformat immer an derselben Stelle sitzen.

Bildqualität

Die optische Konstruktion des Panasonic Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. OIS setzt sich aus 20 Linsen zusammen, die in 13 Gruppen angeordnet sind. Dabei kommen zwei ED-Linsen, eine UED-Linse und lediglich eine asphärische Linse zum Einsatz. Während sich in der Praxis keinerlei Verzeichnung ausmachen lässt, werden bei genauem Hinsehen leichte Farbsäume sichtbar, die aber nicht störend ins Gewicht fallen. Das Objektiv besitzt durch die lange Brennweite eine geringe Schärfentiefe, das Bokeh ist eher mäßig gut und wirkt bei vielen Spitzlichtern im Hintergrund doch ein wenig unruhig. In der schmalen Schärfeebene wirken die Bilder durchaus scharf, ohne aber eine Offenbarung an Knackigkeit zu sein.

Im Testlabor (alle Diagramme sind für 50 Cent oder per Flatrate über die weiterführenden Links abrufbar) bestätigen sich die Beobachtungen aus der Praxis. So war tatsächlich keine Verzeichnung zu messen, während die Farbsäume nicht zu verleugnen sind, ohne aber in kritische Bereiche vorzustoßen. So bleiben die chromatischen Aberrationen im Bereich von maximal 1,5 Pixeln Ausdehnung. Randabdunklung spielt nur am "kurzen" Brennweitenende eine Rolle. Man muss hier schon auf F11 abblenden, um diese auf das Niveau der längeren Brennweiten zu senken. Mit maximal 0,7 EV Randabdunklung ist aber auch das eher Jammern auf hohem Niveau. Bei der Auflösungsmessung bei 50 Prozent Kantenkontrast zeigt sich jedoch, dass das 100-400 nicht so richtig aus dem Quark kommt. Zwar werden ganz hohe Auflösungen bei so extremen Teleobjektiven ohnehin selten erreicht, mit maximal 40 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bleibt aber doch ein etwas fader Beigeschmack. Auf jeden Fall sollte man möglichst den elektronischen Verschluss verwenden, denn der mechanische Verschluss führt vor allem bei den Brennweiten 200 und 400 Millimeter trotz Stativeinsatz zu Auflösungsverlusten, was im Labor deutlich messbar war. Während bei kurzer Brennweite schon bei Offenblende das Auflösungsmaximum anliegt (siehe Diagramm aus dem kostenpflichtigen Labortest unten), muss man bei längeren Brennweiten etwas abblenden. Die Auflösung fällt zum Bildrand hin ab, jedoch nicht dramatisch.

Fazit

Für Telezoomfans und Fotografen von Vögeln und ähnlichem Getier führt im Micro-Four-Thirds-System fast kein Weg am Panasonic Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. OIS vorbei, gibt es hier doch die längste aktuell erhältliche Zoombrennweite. Die Konstruktion des Telezooms ist solide und dank des Spritzwasserschutzes auch dann einsetzbar, wenn das Wetter mal nicht so gemütlich ist. Die Bedienung ist einwandfrei, der Fokus, zumindest mit Begrenzer, schnell und leise und die obligatorische Stativschelle ist vorhanden. Dank des recht geringen Gewichts und des optischen Bildstabilisators lässt sich mit dem Objektiv aber auch gut aus der Hand fotografieren, sofern man ein entsprechend ergonomisches Kameragehäuse besitzt. Die Bildqualität wird dem Leica-Label nicht unbedingt gerecht. Sie ist solide, aber nicht herausragend.

Kurzbewertung

  • Relativ kompaktes Superteleobjektiv
  • Verzeichnungsfrei
  • Pfiffige Hochformatfunktion dreht die gesamte Bedienelementeinheit
  • Spritzwassergeschützte Konstruktion
  • Insgesamt nicht besonders hohe Auflösung
  • Stativfuß nicht Arca-Swiss-kompatibel

Panasonic Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. Power OIS mit Panasonic Lumix DMC-GX8 (v6.0)

Auflösung MTF


Lumix DMC-GX8

F4,0F5,1F5,6F6,3F8,0F11,0F16,0F22,0
100 mm39,3 / 32,7 (17 %)38,2 / 31,3 (18 %)37 / 31,3 (15 %)34,5 / 30 (13 %)29,3 / 25,3 (14 %)20,7 / 18,7 (10 %)
200 mm32,3 / 27,8 (14 %)32,6 / 27,5 (16 %)38,9 / 30,9 (21 %)36,3 / 33 (9 %)29 / 27,6 (5 %)21,1 / 20,2 (4 %)
400 mm29,1 / 26,8 (8 %)35,1 / 26,9 (23 %)31,1 / 25,9 (17 %)24,7 / 21,8 (12 %)19 / 16,8 (12 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Panasonic
Modell Leica DG Vario-Elmar 100-400 mm 4-6.3 Asph. Power OIS (H-RS100400E)
Unverbindliche Preisempfehlung 1.699,00 €
Bajonett Micro Four Thirds
Brennweitenbereich 100-400 mm
Lichtstärke (größte Blende) F4 bis F6,3
Kleinste Blendenöffnung F22
Linsensystem 20 Linsen in 13 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
KB-Vollformat nein
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 1.300 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 83 x 172 mm
Objektivgewicht 985 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.