Spiegellose Systemkamera der Mittelklasse

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-G81

2016-10-26 Die Panasonic Lumix DMC-G81 verspricht eine reichhaltige Ausstattung im robusten, spritzwassergeschützten Gehäuse zu einem mit unter 1.000 Euro guten Preis. Sie ist das neue Flaggschiff der G-Serie und bringt als solches erstmals einen 5-Achsen-Bildstabilisator mittels beweglich gelagertem Bildaufnahmesensor mit, der bisher der GX-Serie vorbehalten war. Mit 16 Megapixeln ist der Sensor auflösungstechnisch nicht der letzte Schrei, verspricht aber dennoch "genug" Auflösung und dafür eine gute Performance auch bei schwächerem Licht. Im Test fühlen wir der G81 genau auf den Zahn.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Die Panasonic Lumix DMC-G81 besitzt das klassische Aussehen einer DSLR, nur dass sie klassenbezogen etwas kompakter, aber mit einen guten halben Kilo nicht unbedingt viel leichter ausfällt. Mit 128 mal 89 mal 74 Millimeter kommt sie etwa auf die Abmessungen einer besonders kompakten Einsteiger-DSLR, bringt aber die Ausstattung einer Mittelklasse-DSLR mit. Das Gehäuse besteht zum Teil aus hochwertigem Kunststoff, bei der Kamerafront und der Bodenplatte kommt sogar eine Leichtmetalllegierung zum Einsatz. Das Gehäuse ist zudem gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Wie praktisch, dass auch das neue Setobjektiv 12-60 mm, das knapp über 200 Gramm wiegt, über einen solchen "Umweltschutz" verfügt und obendrein mit 24 bis 120 Millimeter entsprechend Kleinbild einen größeren Zoombereich mit mehr Weitwinkel und mehr Telebrennweite als die Konkurrenz mitbringt.

Das auf der Unterseite befindliche Akkufach besitzt ebenfalls Dichtungen. Die Speicherkarte ist erstmals seit der G1 nicht mehr in diesem Fach untergebracht, sondern hat seitlich eine separate Klappe. Insbesondere wer gerne mit dem Stativ fotografiert beziehungsweise eine Wechselplatte verwendet, wird das zu schätzen wissen. Das Speicherkartenfach ist allerdings die Achillesferse der G81. Hier fehlt nicht nur die Gummidichtung, im geschlossenen Zustand klappert die Klappe, wenn man mit dem Finger dran tippt. Das ist der sonst sehr gut verarbeiteten G81 definitiv nicht würdig.

Die Lumix G81 verfügt über einen ausreichend großen Handgriff, um angenehm in der Hand zu liegen. Die beiden Bedienräder, der Auslöser, das Programmwählrad, der Einschalthebel und die meisten Tasten lassen sich bequem mit der rechten Hand bedienen. Großzügige Belederungen aus genarbtem Gummi sorgen zusätzlich für ein bisschen Hochwertigkeit. An der linken Gehäuseseite sind zwei großflächige Gummiklappen zu finden, hinter denen sich jeweils zwei Schnittstellen verbergen. Hinter der vorderen sind die Anschlüsse für ein externes Stereomikrofon (3,5 mm Klinke) und einen Kabelfernauslöser (2,5 mm Klinke) zu finden, hinter der hinteren befinden sich die Micro-HDMI-Buchse sowie der Micro-USB-Anschluss. Leider lässt sich der Kameraakku darüber unterwegs nicht nachladen; das Potential sieht Panasonic in dieser Klasse leider noch nicht (die kleineren Panasonic-Kameras haben das). Dafür befindet sich selbstverständlich eine Ladeschale im Lieferumfang, mit deren Hilfe der für ca. 330 Aufnahmen reichende Lithium-Ionen-Akku extern geladen wird.

Mit Hilfe des optional erhältlichen Multifunktionsgriff kann man der G81 übrigens zu doppelter Akkulaufzeit und verbesserter Ergonomie gleichermaßen verhelfen. Mit dem Griff passt auch der kleine Finger an den Handgriff. Der Multifunktiongriff bringt zudem die wichtigsten Bedienelemente wie den Auslöser und die Einstellräder mit. Wie die Kamera selbst ist er ebenfalls gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Der Griff fällt mit 290 Gramm, wovon 50 Gramm dem Akku zuzuschreiben sind, erstaunlich schwer aus. Vermutlich setzt Panasonic Gewichte für eine bessere Balance ein. Und hätte es besser gefallen, wenn zwei herausnehmbare Akkus verbaut wären oder Panasonic den Griff gar mit (fest verbauten) Akkus vollgestopft hätte, das ergäbe dann Laufzeiten weit jenseits der 1.000 Aufnahmen. Spätestens mit dem angesetzten Griff wird übrigens klar, warum der Speicherkartenschacht nicht im Akkufach sitzt.

Auf der Rückseite verfügt die Panasonic über den obligatorischen Schwenk- und drehbaren Touchscreen, der auch bei Verwendung des Suchers als AF-Feld-Touchpad benutzt werden kann. Mit einer Diagonalen von 7,5 Zentimetern und einer Auflösung von 1,04 Millionen Bildpunkten bietet er die üblichen technischen Eckdaten. Der Bildschirm liefert ein helles, farbenfrohes und nahezu verzögerungsfreies Bild, ohne sich aber aus der Masse hervorzuheben. Der elektronische Sucher verfügt über einen Näherungssensor, der sich nun oberhalb des Okulars befindet. Eine gute Position, denn dadurch schaltet der Sucher nicht so leicht versehentlich um, wenn man den Touchscreen bedienen möchte, wie bei einer Positionierung unterhalb des elektronischen Suchers. Mit einer Auflösung von 2,36 Millionen Bildpunkten sowie einer im Vergleich zum Kleinbild 0,74-fachen Vergrößerung fällt der OLED-Sucher komfortabel aus. Brillenträger jedoch können die Ränder nicht einwandfrei einsehen. Zum Glück verfügt der Sucher über einen großzügigen Dioptrienausgleich. Neben der Livevorschau ist das Praktische an einem solchen Sucher beispielsweise, dass man ihn auch zur Bildwiedergabe nutzen kann. Insbesondere in hellen Umgebungen, in denen der rückwärtige Bildschirm an seine Grenzen stößt, ist das ein nicht zu verachtender Vorteil.

Zur Bedienung bietet die G81 viele Direkttasten, die teilweise frei belegbar sind. Sogar auf dem Bildschirm hat Panasonic Individualtouchflächen vorgesehen. Das Schnellmenü wird angesichts dessen fast überflüssig. Die Lumix ist allerdings auch mit vielen, teilweise sehr speziellen Funktionen vollgestopft, so dass die Menüs sehr lang ausfallen. Die fünf Menühauptkategorien besitzen bis zu neun Unterseiten, so ist es nicht immer einfach, eine gewünschte Einstellung tatsächlich zu finden. Ein Favoritenmenü fehlt leider.

Ausstattung

Die Panasonic Lumix DMC-G81 bietet praktisch alles, was man braucht – und vieles, von dem man bisher gar nicht wusste, dass man es brauchen könnte. Vor den vielen Funktionen muss man sich aber keineswegs fürchten. Man kann das Programmwählrad einfach auf den "Eselmodus" iA stellen und schon übernimmt die Lumix alle Einstellungen selbstständig. Sie analysiert das Motiv, die Lichtbedingungen, die Bewegungen von Motiv und Fotograf und stimmt alle Aufnahmeparameter genau ab. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Wer sich traut, wählt statt der Vollautomatik ein Motivprogramm selbst aus, hier verbergen sich auch einige kreative Effekte sowie der Schwenkpanoramamodus, der gerne höher auflösen dürfte (nur 1.920 Pixel vertikal). Immerhin arbeitet dieser mit der Serienbildfunktion und mechanischem Verschluss, auch das Stitching klappt selbst bei schwierigen Motiven gut.

Experten und Experimentierfreudigen stehen in den Kreativprogrammen P, A, S und M alle Möglichkeiten offen, um halbautomatisch oder manuell zu fotografieren. Zahlreiche Aufnahmereihen-Funktionen variieren auf Wunsch verschiedene Aufnahmeparameter wie den Fokus, die Blende, den Weißabgleich und natürlich die Belichtung. Bis zu sieben Aufnahmen mit einem Belichtungsunterschied von jeweils bis zu 1 EV bieten genügend Spielraum und eignen sich auch bestens für HDR-Aufnahmen. Wer dies ohne Computersoftware erledigen möchte, greift auf den eingebauten HDR-Modus zurück, der drei Bilder mit einem jeweiligen Belichtungsunterschied von bis zu drei Blendenstufen aufnehmen und automatisch zusammensetzen kann. Ob man den HDR-Bereich selbst wählen möchte oder dies der Automatik überlässt, ist einerlei. Auch eine Ausrichtung der Aufnahmen, falls man nicht mit einem Stativ arbeitet, bietet die Panasonic G81.

Einen echten Mehrwert stellt der Sensor-Shift-Bildstabilisator dar. Gemessen werden die Kippbewegungen der Kamera in der Horizontalen und Vertikalen, die Verschiebungen in der Horizontalen und Vertikalen, was insbesondere bei geringen Aufnahmedistanzen wichtig ist sowie die Rollbewegungen, was insbesondere bei längeren Belichtungszeiten zum Tragen kommt. Der beweglich gelagerte Sensor gleich alle fünf Arten der Verwackelung aus. Dabei ist ein leises Rauschen wahrnehmbar, das man von ähnlichen Systemen anderer Hersteller kennt. Auch dass der Bildsensor bei ausgeschalteter Kamera im Gehäuse klappert, braucht einen nicht zu beunruhigen. Da ein Sensor-Shift-Stabilisator bei sehr langen Telebrennweiten buchstäblich an seine Grenzen stößt, kann die G81 den Objektiv- mit dem Kamerabildstabilisator kombinieren (Dual-IS) und erreicht dadurch eine noch höhere Effektivität bei stärkeren Verwackelungen. Allerdings muss das Objektiv diesen Modus unterstützen. Bei 12-60mm Setobjektiv ist das der Fall.

Die Serienbildfunktion kann sich ebenfalls sehen lassen. Neun Serienbilder pro Sekunde verspricht Panasonic. Wir konnten sogar 9,6 Bilder pro Sekunde für 180 Aufnahmen in Folge messen, wenn JPEG als Dateiformat gewählt wurde. Mit Raw waren es allerdings nur noch 7,4 Bilder pro Sekunde für lediglich 18 Aufnahmen in Folge. Bei dieser Geschwindigkeit kann die G81 trotz den rasanten DFD-Autofokus die Schärfe jedoch nicht nachführen. Erst wenn man auf sechs Bilder pro Sekunde herunterschaltet, verfolgt der Autofokus sein Motiv. Im Einzelautofokusmodus dauert es übrigens lediglich 0,15 Sekunden vom Drücken des Auslösers bis zur eigentlichen Aufnahme. Davon gehen 0,09 Sekunde auf die Kappe des Autofokus und 0,06 Sekunde beansprucht die G81 auch ohne Fokussierung zum Auslösen. Mit dieser Geschwindigkeit kann keine DSLR mehr konkurrieren. Für die manuelle Fokussierung stehen Hilfen wie eine Fokuslupe sowie Fokuspeaking zur Verfügung.

Wenn sechs beziehungsweise neun Serienbilder pro Sekunde nicht reichen, um den richtigen Moment einzufangen, kann man auf den 4K-Foto-Modus zurückgreifen. Hier werden mit einer Einzelbildauflösung von immerhin 8,3 Megapixeln (mit wählbarem Seitenverhältnis, also nicht nur in 16:9) schnelle 30 Serienbilder pro Sekunde inklusive Autofokusnachführung als Video aufgenommen. Anschließend kann der Fotograf in Ruhe das richtige Einzelbild aus der Videodatei extrahieren. Statt die Schärfe nachzuführen, kann diese zudem den gesamten Bereich des Motivs durchlaufen, der Fotograf wählt einfach nach der Aufnahme (Post-Focus) das für ihn passend scharfe Bild aus. Neu ist die Möglichkeit des Focus-Stackings, hierbei wird durch Verrechnung der Einzelaufnahmen ein auswählbarer Bereich oder aber das gesamte Bild scharf gespeichert.

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Der integrierte Blitz der Lumix G81 klappt mechanisch nach oben und kann nicht automatisch von der Kamera entriegelt werden. Einmal aufgeklappt bietet er alle Funktionen, die man sich nur wünschen kann. Automatische Belichtung, Langzeitsynchronisation, Blitzen am Ende der Belichtung, Blitzbelichtungskorrektur, manuelle Blitzleistungseinstellung ohne Messvorblitz sowie eine Drahtlossteuerfunktion für drei Gruppen auf vier Kanälen. Mit 1/160 Sekunde bietet die Panasonic nicht gerade die schnellste Blitzsynchronzeit. Mit aufgestecktem Systemblitz oder aber per Drahtlos-TTL ausgelöstem Systemblitz beherrscht die Lumix aber auch eine Highspeeds-Snchronisation. Mit einer gemessenen Blitzleitzahl von 6,4 bei ISO 100 ist der interne Blitz zwar nicht allzu leistungsstark, durch die Basis-ISO-Empfindlichkeit von 200 vergrößert sich aber die Reichweite durch die dann äquivalente Leitzahl von 9,1.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.