High-End Foto-Video-Hybrid

Testbericht: Panasonic Lumix DC-GH5

2017-07-05 Mit einer Größe von 139 x 98 x 87 Millimetern und einem betriebsbereiten Gewicht (ohne Objektiv) von über 720 Gramm ist die Panasonic Lumix DC-GH5 die mit Abstand größte und schwerste Micro-Four-Thirds-Kamera. Der 4/3"-Sensor wirkt in ihr schon fast verloren klein. Selbst die spiegellosen Vollformatkameras Alpha 7 und Alpha 9 sind kleiner und leichter. "Micro" ist die GH5 also wahrlich nicht. Doch dafür hat sie technisch viel zu bieten. Was genau und wie es um die Praxistauglichkeit und Bildqualität bestellt ist, verrät der ausführliche Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Das bullige Gehäuse der Panasonic Lumix DC-GH5 könnte gut und gerne das einer DSLR sein. Der große Handgriff bietet viel Grifffläche, dürfte aber im Übergang zum Gehäuse besser auskonturiert sein, denn in der Hand getragen muss man sie fest mit Gegendruck packen und darf sie keinesfalls lockerlassen, denn sonst rutscht sie aus den Händen. Menschen mit zierlichen Pranken wird der Griff schon zu groß sein, Fotografen mit großen Händen hingegen werden sich freuen, endlich mal etwas "Richtiges" in der Hand zu haben. Denn der eine oder andere Vorteil des Micro-Four-Thirds-Standards bleibt trotz des großen Gehäuses durchaus bestehen: Etwa die relativ kleinen und leichten Objektive, wenn man sie mit Vollformatkonkurrenten mit gleichem Bildwinkel vergleicht. Oder die größere Schärfentiefe, die manch einer als Vorteil, sieht (man muss nicht so weit abblenden), andere wiederum als Nachteil (man kann weniger gut freistellen). Das sind durchaus Geschmacksfragen, aber jedenfalls gibt es "endlich" eine große, griffige Micro-Four-Thirds-Kamera.

Das Gehäuse besteht rundherum aus einer robusten Magnesiumlegierung, das im Griffbereich links und rechts großzügig mit einer rutschfesten, genarbten Gummierung beklebt ist. Das Gehäuse ist selbstverständlich staub- und spritzwassergeschützt. Während sich vorne die Blitzsynchronbuchse befindet, deren kleinen Schraubdeckel man fest anziehen sollte, um ihn nicht zu verlieren, befinden sich links gleich drei Schnittstellenklappen, die allesamt aus Gummi bestehen. Die oberste verdeckt den Stereomikrofonanschluss, eine 3,5 mm Klinke, und hängt lediglich an einem beweglichen Gummi. Die beiden Klappen darunter hingegen verfügen über ein Scharnier. Hinter der oberen Klappe befindet sich der Kopfhörerausgang, ebenfalls eine 3,5 mm Stereoklinke. Hinter der unteren Klappe befinden sich eine großzügige HDMI-Buchse in voller Größe (Typ A) sowie ein USB-C-Anschluss, der jedoch leider nicht zum Aufladen des Akkus taugt. Des Weiteren verstecken sich zwei Buchsen mit Gewinde hinter den Schnittstellenklappen. Im Lieferumfang befindet sich ein schnörkelloses Plastikteil, das sich hier einschrauben lässt. Es sorgt für die Zugentlastung und den Knickschutz der angeschlossenen Kabel und schützt somit die Anschlüsse vor dem Herausbrechen. Für Videografen ist das unglaublich wichtig, zumal die höchsten Videoqualitäten nur extern via HDMI-Rekorder aufgezeichnet werden können.

Auf der Handgriffseite befindet sich eine weitere Schnittstelle, ebenfalls von einem Gummipfropfen geschützt, wie der Mikrofonanschluss. Hier lässt sich ein Kabelfernauslöser in die 2,5 mm Klinkenbuchse einstecken. Das Speicherkartenfach ist ebenfalls auf der Handgriffseite zu finden. Hierbei handelt es sich um eine robuste Kunststoffklappe mit Gummidichtungen und Feder, die die Klappe nach der Entriegelung aufdrückt. Dahinter verbergen sich gleich zwei SD-Kartensteckplätze, die zu SDHC, SDXC, UHS I sowie UHS II kompatibel sind – alle beide, wohlgemerkt! Auf der Unterseite ist eine weitere Schnittstelle zu finden, die von einem losen Gummipfropfen geschützt wird. Hierbei handelt es sich um den elektronischen Anschluss für den optionalen und ebenfalls spritzwassergeschützten Batterie-Hochformat-Handgriff. Einen Video-Handgriff wie bei der GH4 gibt es hingegen nicht mehr, stattdessen bietet Panasonic einen Aufsatz für den Blitzschuh an, der XLR-Tonanschlüsse samt Bedienelementen beinhaltet.

Das Stativgewinde auf der Kameraunterseite befindet sich in der optischen Achse, sitzt jedoch ungewöhnlich weit hinten, so dass die Kamera mit Objektiv schnell frontlastig wird. Das Akkufach ist weit genug vom Stativgewinde entfernt, so dass es sich auch mit Stativwechselplatte noch öffnen lässt. Der Lithium-Ionen-Akku BLF-19E ist derselbe wie in der GH4 und bietet eine Akkulaufzeit von gut 400 Bildern nach CIPA-Standard, die man auch in der Praxis problemlos erreicht. Etwas versteckt in der Handgriffmulde befindet sich zudem ein herausnehmbarer Kabelauslass für den Netzadapter, der in den Akkuschacht geschoben wird. Es ist logischerweise ebenfalls derselbe, wie in der GH4.

Aufgrund des großen Gehäuses war es kein Problem, genügend Bedienelemente darauf zu verteilen, ohne dass es zu vollgestopft wirkt. Zudem sind die Knöpfe teilweise blind ertastbar. Auf der Oberseite beispielsweise ist der Belichtungskorrekturknopf glatt, die ISO-Taste ist mit zwei kleinen Pins versehen, die Fn1-Taste ist abgerundet und die Weißabgleichstaste ebenfalls, aber sie steht deutlich weiter aus dem Gehäuse heraus. Das Programmwählrad lässt sich gegen versehentliches Verstellen sichern, der Einschalter befindet sich als gut bedienbarer Hebel direkt darunter. Darüber hinaus bietet die GH5 gleich drei Multifunktionsräder, eines in Daumenposition auf der Rückseite, eines hinter dem Auslöser auf der Oberseite und ein drittes ist mit dem Vierwegewähler kombiniert, wobei das Rad groß und griffig genug ist, um nicht ungewollt eine der vier Tasten zu drücken. Zusätzlich zum Vierwegewähler gibt es einen Joystick, der für die Auswahl der Autofokuspunkte zuständig ist. In seiner Nähe befindet sich die AEL/AFL-Taste, die vom Fokuswahlhebel umschlossen ist. Weitere Funktionstasten sind über das gesamte Gehäuse verteilt und mit sinnvollen Funktionen vorbelegt, die teilweise auf das Gehäuse aufgedruckt sind.

Der acht Zentimeter große Bildschirm löst äußerst feine 1,62 Millionen Bildpunkte auf. Das Schwenk-Drehgelenk gehört quasi zur Standardausstattung bei Panasonic, so dass der Bildschirm aus allen möglichen Perspektiven betrachtet werden kann. Wie üblich handelt es sich um einen Touchscreen, auf dem sich weitere Funktionstasten einblenden lassen und der auch zum Festlegen des Autofokuspunkts dienen kann, selbst wenn man das Auge am Sucher hat. Wer möchte, kann den Bildschirm aber auch zum Schutz verkehrt herum an die Rückwand klappen.

Der elektronische Sucher ist eine wahre Augenweide. Er besitzt eine kleinbildäquivalente 0,76-fache Vergrößerung, kann es also mit einer Vollformat-DSLR aufnehmen. Das trifft jedoch nicht nur auf die Größe zu, denn die Auflösung ist mit 3,68 Millionen Bildpunkten ebenfalls äußerst fein, so dass man praktisch keine einzelnen Pixel mehr erkennen kann. Rein rechnerisch dürfte das Display 1.280 x 960 Pixel (4:3) auflösen, da jeder Pixel aus drei Bildpunkten besteht, kommt man damit auf 3.686.400 Bildpunkte. Dank des Näherungssensors schaltet sich der Sucher automatisch ein, sobald man ihn ans Auge nimmt. Eine Dioptrienkorrektur ist ebenfalls vorhanden und die Augenmuschel angenehm groß. Brillenträger können den Sucher nahezu komplett überblicken. An den Seiten gibt es keine Abschattungen, in den Ecken hingegen schon. Der Sucher bietet eine flüssige Anzeige ohne Ruckeln und Nachziehen und auch ein Jelly-Movie-Effekt ist praktisch nicht sichtbar. Die Farben und Kontraste sind kräftig und natürlich, so dass man das Bild sehr gut beurteilen kann. Zur Bildwiedergabe und Menüanzeige eignet sich der Sucher ebenfalls hervorragend, stört dabei doch Sonnenlicht viel weniger als auf dem Monitor, der in manchen Situationen durchaus an seine (Helligkeits-) Grenzen kommt.

Ausstattung

Die Panasonic Lumix DC-GH5 ist wahrlich keine Kamera für Anfänger. Einsteiger bekommen einen 20 Megapixel auflösenden Micro-Four-Thirds-Sensor und 4K-Video beispielsweise in der viel günstigeren GX8 (und selbst das ist eigentlich keine Einsteigerkamera). Entsprechend bietet die GH5 keine Motivprogramme, wohl aber eine intelligente Automatik, die im Eifer des Gefechts schnell alles automatisch einstellt – dann sogar inklusive einem passenden Motivprogramm. Wer es dennoch mal verspielt mag, findet auf dem Programmwählrad eine Einstellung, die eine Auswahl aus 22 Filtereffekten für Fotos offeriert. Wirklich kreativ wird ein Fotograf aber in den klassischen Programmen, vor allem der Blendenautomatik, der Zeitautomatik und dem manuellen Modus. Letzterer bietet auf Wunsch eine ISO-Automatik, die Belichtungskorrektur bleibt dabei ebenfalls aktiv und bietet einen großen Einstellbereich von +/- 5 EV. Für Videografen gibt es ebenfalls einen manuellen Videomodus, dazu später mehr, es kann jedoch dank des Videoauslösers auch in jedem anderen Programm gefilmt werden. Außerdem befinden sich auf dem Programmwahlrad drei Plätze, die mit individuellen Einstellungen vorbelegt werden können, um die Kamera schnell auf die favorisierten Motivsituationen vorbereiten zu können.

Zwar bietet die GH5 keine Panoramafunktion, aber man kann mit ihr HDR-Aufnahmen anfertigen, die auf Wunsch automatisch ausgerichtet und verrechnet werden. Dazu gibt es sogar einige Einstellungen für die Stärke oder eine Automatik. Manuelle Belichtungsreihen laden mit bis zu sieben Aufnahmen und einem EV-Belichtungsabstand ebenfalls zum HDR-Fotografieren ein, dann mit Verrechnung im Bildbearbeitungsprogramm und natürlich am besten im Rohdatenformat. Wer möchte, kann auch Intervallaufnahmen anfertigen, die GH5 lässt sich entsprechend programmieren und macht bis zu 9.999 Aufnahmen. Dank des Wetterschutzes und des optionalen Netzteils ist das kein Problem.

Beim Autofokus kommt wieder Panasonics DFD-Technologie zum Einsatz, die sich bereits bestens bewährt hat. Ohne Phasen-AF-Sensoren ist diese Methode genauso schnell und zuverlässig. Der Trick: Die Kamera vergleich zwei blitzschnell mit leicht unterschiedlicher Entfernungseinstellung aufgenommene Fotos miteinander und errechnet anhand der Objektivcharakteristik den nahezu exakten Schärfepunkt, der wie bei einem Phasen-AF direkt angesprungen werden kann. Der Kontrastautofokus sorgt blitzschnell für die Feinjustage. Laut unserer Labormessung dauert dieser gesamte Vorgang lediglich 0,06 Sekunden, jedenfalls wenn man von unendlich auf zwei Meter fokussiert. Das ist sogar unabhängig von der Brennweite und der Anfangsöffnung des Objektivs. Panasonic verspricht, dass die GH5 das sogar noch bei -4 EV geringem Umgebungslicht, also nachts bei Mondschein, schafft.

Angesichts dieses rasanten Autofokus erscheint die reine Auslöseverzögerung von 0,07 bis 0,08 Sekunden geradezu lang. Ist sie tatsächlich auch, denn so lange brauchen normalerweise DSLRs, die dafür beispielsweise noch den Spiegel hochklappen müssen. Spiegellose Systemkameras wie die GH5 sollten eigentlich locker doppelt so schnell sein. Sei es drum, vom Druck auf den Auslöser dauert es insgesamt lediglich 0,14 Sekunden, bis das Bild inklusive Fokussierung im Kasten ist. Die GH5 deckt mit ihren 225 Autofokuspunkten fast das gesamte Bildfeld ab und führt den Fokus auf Wunsch automatisch einem sich bewegen Motiv nach. Selbst kleinste Insekten kann der Autofokus im Bild verfolgen. Der Fokus lässt sich in seiner Größe ändern, es können mehrere Fokusfelder als Gruppe angesteuert werden etc. Bei der manuellen Fokussierung wird der Fotograf von einem Balkendiagramm (allerdings ohne konkrete Werte oder gar eine Schärfentiefeskala), einer Fokuslupe sowie einem Fokus-Peaking unterstützt, das kontrastreiche und damit scharfe Bildbereich farblich markiert.

Der schnelle Autofokus ist eine hervorragende Voraussetzung für eine hohe Serienbildrate. Tatsächlich nimmt die GH5 knapp zwölf Serienbilder pro Sekunde auf, in Raw 65 am Stück, in JPEG sogar 277. Dabei sind allerdings weder der AF-C, noch die Livebildanzeige aktiv, gezeigt wird immer das zuletzt aufgenommene Foto. Bei 9 Bildern pro Sekunde kann der AF-C aktiviert werden, bei 7 Bildern pro Sekunde ist auch die Livebildansicht wieder mit von der Partie. Entscheidend für lange Bildserien ist eine schnelle Speicherkarte, denn der Puffer wird immerhin mit bis zu knapp 86 Megabyte pro Sekunde auf die Speicherkarte entleert. Das ist kein Rekordwert und wäre auch mit schnellen UHS-I-Karten möglich, aber mit einer langsameren Karte sinkt natürlich die Anzahl der möglichen Serienbilder, weil der Puffer zu schnell vollläuft beziehungsweise nicht schnell genug geleert werden kann. Die Schreibgeschwindigkeit reicht für ein Dauerfeuer in Raw von 3,7 Serienbildern pro Sekunde, in JPEG für 7,8 Serienbilder pro Sekunde. Verwendet haben wir bei dem Test die schnellste derzeit erhältliche UHS-II-SD-Karte SF-G32 von Sony, die eine Schreibgeschwindigkeit von 299 Megabyte pro Sekunde verspricht, also mehr als dreimal so schnell wie die Kamera ist.

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Eine schnelle Speicherkarte ist nicht nur für die Serienbildfunktion erforderlich, sondern auch zur Aufnahme von 4K-Videos. Hierbei sind bis zu 60 Bilder pro Sekunde möglich, was sehr flüssige Bewegungsabläufe erlaubt. Bei niedrigerer Auflösung, etwa Full-HD, wobei Full-HD eigentlich ebenfalls eine hohe Videoauflösung ist, sind 180 Bilder pro Sekunde möglich, was viel Spielraum für Slow-Motion lässt. Die 4K-Videoaufnahme erfolgt nun übrigens ohne reduzierten Bildausschnitt – mal abgesehen davon, dass eine 16:9-Aufnahme bei einem 4:3-Bildsensor immer etwas Bildwinkelverlust bedeutet. Für die Videoaufnahmen bietet die GH5 gleich vier Videoformate an: AVCHD, MP4, MP4 (LPCM) und MOV (jeweils mit H.264-Komprimierung). Nur mit den beiden letztgenannten Videoformaten sind die höchsten Bitraten (d. h. geringster Kompression und damit höchster Qualität) sowie 10 Bit Farbtiefe mit 4:2:2 Unterabtastung für die Videoaufzeichnung möglich. Die Kamera warnt, dass hierfür ein sehr leistungsfähiger PC nötig sei. Das stimmt so weit, denn zum Dekodieren braucht es ordentlich Rechenleistung, vor allem beim Videoschnitt. Bei letzterem kann man sich jedoch mit einem simplen Trick behelfen, der lediglich viel freien Festplattenspeicherplatz erfordert: Man dekodiert erst die Videos in ein unkomprimiertes Format. Das macht der Rechner alleine und man kann einen Kaffee trinken gehen oder bei mehr Material den Rechner über Nacht laufen lassen. Die unkomprimierten Daten erfordern dann keine allzu hohe Rechenleistung mehr zum Bild-genauen schneiden, da keine rechenaufwändige Dekodierung mehr nötig ist.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.