Kompakte spiegellose Mittelklasse-Systemkamera

Testbericht: Fujifilm X-E3

2018-01-26 Gegenüber dem Vorgängermodell ist die Fujifilm X-E3 geschrumpft und damit noch portabler geworden, ohne aber beim Funktionsumfang abgespeckt zu haben. Im Gegenteil: Im Grunde handelt es sich technisch um eine leicht aufgebohrte X-T20 mit einem anderen Gehäusekonzept. Mit der Einbeziehung des Touchscreens geht die von außen nach Retro aussehende Kamera zudem modernere Wege als noch ihr Vorgängermodell. Im Test muss die X-E3 nun zeigen, wie gut ihr dieser Spagat gelingt, wie flott sie unterwegs ist und natürlich, was sie bei der Bildqualität leistet.  (Benjamin Kirchheim)

Da die X-E3 der X-T20 technisch äußerst ähnlich ist, basiert dieser Testbericht teilweise auf dem Testbericht zur X-T20 und wurde entsprechend überarbeitet und angepasst, wo es nötig war, damit wir uns auf die Besonderheiten der X-E3 konzentrieren konnten.

Ergonomie und Verarbeitung

Das Design der Fujifilm X-E3 lehnt sich an das ihres Vorgängermodells X-E2 (bzw. X-E2S) an, nur, dass das Gehäuse etwa acht Millimeter schmaler und teilweise etwas anders gestaltet ist. Sowohl gegenüber der X-E2S als auch der X-T20 gibt es beim Bedienkonzept einige Unterschiede, insbesondere auf der Gehäuserückseite. Doch dazu gleich mehr. Mit 337 Gramm betriebsbereitem Gewicht (ohne Objektiv) ist die X-E3 zudem etwas leichter als ihr Vorgängermodell und deutlich leichter als die X-T20.

Das Gehäuse kommt im klassischen Ziegelsteindesign daher. Die Top- und die Bodenplatte bestehen aus einer Leichtmetalllegierung, während dazwischen Kunststoff mit einer großzügigen Gummiarmierung im Look von genarbtem Leder zum Einsatz kommt. So macht die X-E3 einen robusten Eindruck, ist aber nicht gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Die Metallteile des Gehäuses sind wahlweise in Silber oder Schwarz gehalten. In der silbernen Variante, wie unser Testgerät, versprüht die Kamera einen deutlichen Retrocharme.

Trotz des Ziegelsteindesigns deutet sich ein leichter Handgriff an, was die Ergonomie gegenüber dem Vorgängermodell und der X-T20 verbessert. Wer gerne einen großen Griff satt mit seiner Hand umschließen möchte, ist hier aber definitiv an der falschen Adresse. Auf der Rückseite sitzt eine Daumenmulde als Gegengewicht. Wem der Handgriff zu dünn ist, der kann ihn übrigens mit dem optional erhältlichen Unterschraubgriff MHG-XE3 vergrößern. Dieser behebt ein weiteres Manko des Gehäuses: Das Stativgewinde auf der Unterseite sitzt weit außerhalb der optischen Achse und zudem viel zu dicht neben dem Akku- und Speicherkartenfach, sodass dieses bei Verwendung einer Stativwechselplatte blockiert wird. Der optionale Griff lässt den Zugang frei und bietet gleichzeitig eine Arca-Swiss-kompatible Stativbefestigung. 

Das Design der X-E3 erinnert an eine Messsucherkamera: Statt in einem Buckel sitzt der Sucher links oben in der Ecke, was wir als durchaus angenehm empfinden. Wer linksäugig durch den Sucher blick, hat so die Kamera mittig vor dem Gesicht, wer mit dem rechten Auge hindurchblickt, hat für das linke Auge ein ziemlich freies Sichtfeld, drückt die Nase nicht auf den Bildschirm und kommt gut an die Tasten heran. Der Sucher selbst ist bekannte Kost: Die 2,36 Millionen Bildpunkte sind ausreichend fein auflösend, hauen aber heutzutage niemanden mehr vom Hocker. Die im Kleinbildäquivalent 0,62-fache Vergrößerung entspricht ungefähr der von üblichen Mittelklasse-DSLRs, aber auch hier gibt es heutzutage, auch von Fujifilm selbst, wesentlich größere Sucher. Wer nun hofft, dafür umso besser mit Brille den Sucher überblicken zu können, wird enttäuscht. Wer kann, sollte daher die Brille auf die Stirn schieben und den Dioptrienausgleich verwenden. Das sorgt auch für weniger Streulicht im Sucherbild. Dank des Näherungssensors aktiviert sich der Sucher immerhin automatisch, sobald man die Kamera ans Auge nimmt. Auch an der Bildqualität und Reaktionsgeschwindigkeit gibt es nichts zu auszusetzen. Es ist ein guter Standardsucher, ohne besonders aufzufallen.

Die Unterschiede sowohl zum Vorgängermodell als auch zur X-T20 werden insbesondere auf der Kamerarückseite beziehungsweise dem Bedienkonzept dort deutlich. Die Tasten sitzen nun rechts vom Bildschirm und nicht mehr links davon, wie noch beim Vorgängermodell. Der Vier-Wege-Wähler ist völlig entfallen, es gibt damit insgesamt weniger Tasten. Dafür gibt es nun einen Joystick, der beispielsweise im Menü den bisherigen Vierwegewähler mit seinen Einzeltasten mehr als gut ersetzt. Der Bildschirm ist leider weiterhin fest verbaut, also nicht wie bei der X-T20 klappbar, aber dafür handelt es sich um einen Touchscreen. Mit einer Diagonalen von 7,6 Zentimeter, einem Seitenverhältnis von 3:2 und einer Auflösung von 1,04 Millionen Bildpunkten gibt es auch hier Standardkost, die maximale Helligkeit beträgt sogar nur knapp über 600 cd/m² auf hellster Stufe, das reicht kaum, um den Monitor bei starkem Sonnenlicht vernünftig anlesen zu können.

Richtig pfiffig, aber auch gewöhnungsbedürftig, ist der Einsatz von Gesten auf dem Touchscreen, die den Vierwegewähler zumindest von den Tastenfunktionen her ersetzen. Streicht man von links nach rechts, von rechts nach links, von oben nach unten oder von unten nach oben über den Touchscreen, werden verschiedene Einstellungen aufgerufen, deren Wert man wiederum mit Streichen über den Bildschirm einstellen kann. Defaultmäßig sind dies die ISO-Empfindlichkeit, der Weißabgleich, der Filmsimulationsmodus und der AF-Modus. Allerdings kommt die Gestensteuerung mit der Wahl des Autofokusfeldes oder mit dem Auslösen per Touchscreen ins Gehege. So scheint es dem Zufall überlassen zu sein, ob die Kamera eher eine Geste oder ein Tippen erkennt. Zuverlässiger funktioniert es, wenn man die Touch-AF- und Auslösesteuerung abschaltet, was über eine einfache Schaltfläche per Fingertipper möglich ist.

Einsteiger stellt die Gestensteuerung genauso vor Herausforderungen wie Personen, die ihre Kamera nur selten verwenden. Wer kommt schon ohne den Blick ins Handbuch auf die Idee, über das Display zu streichen, um die ISO-Empfindlichkeit einzustellen? Wer kann sich merken, welche der vier Wischgesten welche Funktion aufruft? Denn angezeigt wird dies nicht. So wird vielleicht mancher eher das umfangreiche Schnellmenü aufrufen oder die Fn-Taste auf der Kameraoberseite entsprechend mit der ihm wichtigsten Funktion programmieren. Der Schritt von Fujifilm ist sicherlich mutig und auch löblich, aber noch nicht ganz durchdacht. Allenfalls Käufer, die mit dem Smartphone in der Hand aufgewachsen sind, werden die Gestensteuerung als natürlich bei einem Fotoapparat empfinden. Im Menü hingegen gibt es wiederum keine Touchbedienung, hier kommt man nur mit den Drehrädern oder dem Joystick weiter.

Sind Sie auf der Suche nach einer spiegellosen Systemkamera und möchten sich über dieses Kamerasegment informieren? Dann haben wir das passende E-Book!Dieses E-Book hilft Ihnen, die individuell passende Kamera zu finden. Was zeichnet spiegellose Systemkameras aus? Welche Ausstattungsmerkmale gibt es? Worauf sollten Sie beim Kauf achten? Alle 74 aktuellen Modelle werden vorgestellt, mit ihren Highlights, einer kurzen Beschreibung und einer kurzen Einschätzung aus bis zu drei Testberichten. Ein E-Book als PDF mit 212 Seiten für 7,99 €. Kostenlose 15-seitige Leseprobe erhältlich. mehr …

Nach einem klassischen Fotoapparat sieht die X-E3 viel eher aus als nach einer supermodernen Kamera. Unterstrichen wird dies von den Objektiven mit dem Blendenring sowie dem Belichtungszeit- und Belichtungskorrektureinstellrad auf der Kameraoberseite. Ein klassisches Moduswahlrad sucht man hingegen vergeblich. Immerhin gibt es einen Auto-Hebel, der die Vollautomatik sowie die Motivprogramme freischaltet. Aber Vorsicht: Das Belichtungskorrekturrad bleibt aktiv, was einem Unwissenden die Aufnahmen ziemlich versauen kann. Immerhin ist das Rad so schwergängig, dass es kaum zu einer versehentlichen Verstellung kommen dürfte.

Trotz der "mechanischen" Räder bietet die X-E3 aber auch zwei Multifunktionsräder, erstmals eines an der Kameravorderseite. Bei beiden Rädern handelt es sich um Dreh-Klick-Räder, was etwas ungünstig ist, denn die Räder sind sehr klein und nicht griffig genug. Dadurch drückt man beim Drehen stärker, sie geben aber nach und sinken ins Gehäuse ein, was sie noch schlechter drehbar macht. Immerhin stört das Drücken nicht bei der Einstellung der Belichtungszeit, wenn das Zeitenrad auf "T" steht. Menschen mit trockener, glatter Haut und auch solche mit sehr schwitzigen und damit wiederum rutschigen Fingern werden mit den Rädern nicht so viel Freude haben. Immerhin, und das mag trösten, kann man die Funktionen oft auch irgendwie anders auswählen.

Der Auslöser verfügt über zwei gut fühlbare Druckpunkte. Ganz dem Konzept der klassischen Kamera folgend ist ein Gewinde für einen Drahtauslöser vorhanden. Es kann jedoch genauso gut ein Kabelfernauslöser verwendet werden, der hinter der Schnittstellenklappe auf der linken Seite eingesteckt werden kann. Der 2,5mm-Klinkenanschluss nimmt aber auch wahlweise den Stecker eines Stereomikrofons auf. Des Weiteren sind hier eine Micro-HDMI-Buchse sowie eine Micro-USB-Schnittstelle zu finden. Obwohl sich ein externes Ladegerät für den Lithium-Ionen-Akku im Lieferumfang der Fujifilm X-E3 befindet, kann der Akku auch per USB aufgeladen werden, allerdings nur, wenn die Kamera ausgeschaltet ist. Die Laufzeit des Lithium-Ionen-Akkus ist mit 350 Aufnahmen nach CIPA-Standard nicht gerade üppig, aber durchaus ausreichend. Das macht die USB-Ladefunktion unterwegs umso wertvoller, denn dadurch lässt sich der Akku beispielsweise mit einer Powerbank auftanken. Anstelle des Akkus kann auch ein Dummy mit Kabel für eine externe Stromversorgung angeschlossen werden. Das SD-Kartenfach ist zu SDHC und SDXC sowie UHS I kompatibel, die Schreibrate beträgt knapp über 60 Megabyte pro Sekunde. Man sollte also eine entsprechend schnelle Karte wählen, allein wegen der 4K-Videofunktion, die eine UHS I Speed Class 3 Karte erfordert, die eine minimale Schreibrate von 30 MByte/s garantiert.

Fortsetzung auf Seite 2

Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.