Spiegellose Systemkamera für ambitionierte Fotografen

Testbericht: Canon EOS M5

Seite 2 von 2, vom 2017-04-21 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

So erklärt es sich auch, dass trotz des nicht allzu begeisternden Messergebnisses auch bei recht hohen Serienbildgeschwindigkeiten von sieben Bildern pro Sekunde noch eine Fokusverfolgung des Motivs möglich ist. Ohne diese kann die Canon sogar mit neun Bildern pro Sekunde fotografieren. Diese Geschwindigkeit hält sie für 15 Raw- oder 25 JPEG-Bilder aufrecht, bevor sie, vor allem bei Raw, deutlich langsamer wird. Der Puffer fällt also nicht allzu groß aus, reicht aber vor allem bei JPEG für fast drei Sekunden lange Aufnahmen mit voller Geschwindigkeit. Danach geht es, natürlich motivabhängig, mit etwas über fünf Bildern pro Sekunde bei JPEG oder nur einem Bild pro Sekunde bei Raw weiter. Begrenzend wirkt hier das SD-Karteninterface, das maximal 51 Megabyte pro Sekunde schnell ist. Ein verlustfrei komprimiertes Raw benötigt knapp über 50 Megabyte, was die langsame Serienbildgeschwindigkeit bei vollem Puffer erklärt.

Bei der Videofunktion gibt sich das Canon-EOS-M-System weiterhin konservativ bescheiden. Die Auflösung erreicht maximal Full-HD, aber bei immerhin knapp 60 Bildern pro Sekunde mit einer flüssigen Bildwiederholrate, die auf Wunsch auf bis zu 24 Bilder pro Sekunde heruntergeregelt werden kann. Die Autofokusverfolgung im Video funktioniert gut, vor allem aber der Bildstabilisator leistet einen wichtigen Beitrag zu gelungenen Videoaufnahmen. Hierbei kombiniert Canon nämlich den optischen Stabilisator des Objektivs mit einem digitalen Videostabilisator, der sogar Rotationsbewegungen ausgleichen kann. Somit arbeitet der Stabilisator auf fünf Achsen und kann selbst im Gehen noch für ein recht ruhiges Videobild sorgen. Die Belichtung lässt sich im Videomodus auf Wunsch genauso manuell einstellen wie der Fokus oder der Mikrofonpegel. Die Komprimierung erfolgt mit dem effektiven und mit vielen Geräten kompatiblen H.264-Codec.

Der eingebaute Pop-Up-Blitz der M5 fährt nur auf manuellen Knopfdruck aus und niemals automatisch, da es sich um einen mechanischen Riegel handelt. Der Blitz bietet lediglich eine (von uns gemessene) Leitzahl von sechs, was zwar zum Aufhellen naher Motive in Innenräumen taugt, jedoch draußen, vor allem auch aufgrund der Blitzsynchronzeit von lediglich 1/200 Sekunde, schnell an seine Grenzen stößt. Zum Glück besitzt die Canon einen Systemblitzschuh, womit sich das umfassende Blitzsystem des japanischen Herstellers vollumfänglich inklusive Drahtlossteuerung und Highspeed-Synchronisation nutzen lässt. Aber auch die Einstelloptionen des integrierten Blitzes können sich mit einer Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang, einer Langzeitsynchronisation, einer Blitzbelichtungskorrektur und sogar einer manuellen Leistungsregelung, wenn auch nur in drei Stufen, sehen lassen. Als Drahtlosmaster taugt der integrierte Blitz hingegen leider nicht. Die Anti-rote-Augen-Funktion arbeitet übrigens mit Hilfe des orangen LED-AF-Hilfslichts, das vor der Aufnahme ausgesendet wird, damit sich die Pupillen der porträtierten Person etwas schließen und die Augenrückwand damit weniger Blitzlicht in roter Farbe reflektiert.

Die Canon EOS M5 bietet einige rudimentäre Bildverarbeitungsfunktionen, etwa den Beschnitt oder das Drehen der Aufnahmen, wobei letzteres dank des Orientierungssensors eigentlich nicht nötig ist. Interessant ist die Möglichkeit, die Bilder noch in der Kamera bewerten zu können, sodass man nach dem Überspielen auf den Computer seine Favoriten schneller finden kann. Ebenfalls lobenswert ist der eingebaute Raw-Konverter. Dank WLAN, Bluetooth und NFC bietet die Canon EOS M5 übrigens gute Vernetzungsfähigkeiten. So nimmt sie energiesparend eine dauerhafte Smartphoneverbindung auf, um etwa das GPS des Smartphones anzuzapfen. WLAN wird bei Bedarf zugeschaltet, etwa zum Übertragen großer Bilder oder zur Kamerafernsteuerung. Aber auch beispielsweise zur Canon Connect Station CS100 mit Bildspeicher nimmt die M5 Verbindung auf, sodass sich die Aufnahmen bequem im heimischen Netzwerk sichern und auf dem Fernseher wiedergeben lassen.

Bildqualität

Um der Bildqualität der Canon EOS M5 auf den Grund zu gehen, haben wir sie eingehend in unserem Lübecker Testlabor untersucht. Der gesamte Labortest mit allen Diagrammen, auf denen die folgenden Betrachtungen beruhen, kann gegen eine kleine Gebühr von 1,40 € eingesehen werden (siehe weiterführende Links). Des Weiteren bieten wir Prepaid-Flatrates an, die zeitlich beschränkt den Zugriff auf das gesamte Testarchiv mit über 1.600 Tests von Kameras und Objektiven, darunter auch einige, die wir an der EOS M5 getestet haben, ermöglichen. Die umgerechnet ab 2,08 € monatlich erhältlichen Flatrates werden einmalig im Voraus bezahlt und verlängern sich nicht automatisch. Auch wer sich nicht primär für den Labortestinhalt interessiert, unsere redaktionelle Arbeit und die kostenlosen Tests wie diesen hier aber finanziell unterstützen beziehungsweise würdigen möchte, kann dies einfach mit dem Kauf eines Labortests tun.

Als Testobjektiv diente in unserem Fall das mit der EOS M5 erhältliche, neue EF-M 18-150 mm 3.5-6.3 IS STM, das einen alltagstauglichen wie großen Brennweitenbereich von auf Kleinbild umgerechnet 29 bis 240 Millimeter bietet. Wie bereits im Testbericht des Objektivs festgestellt (siehe weiterführende Links) zeigt es zwar eine hohe tonnenförmige Verzeichnung im Weitwinkel und kissenförmige Verzeichnung bei mittlerer und langer Brennweite, schattet jedoch am Bildrand kaum ab und die chromatischen Aberrationen halten sich ebenfalls in Grenzen. Mit einer maximalen Auflösung von 65 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm, bei 50 Prozent Kontrast im Kleinbildäquivalent) zeigt es zudem, dass die EOS M5 sehr hoch auflösen kann. Jenseits von F5,6 nimmt die Auflösung jedoch beugungsbedingt ab und ein deutlicher Randabfall der Auflösung ist bei dem Objektiv auch nicht zu leugnen, der jedoch erst bei Ausdrucken größer als im DIN A4 Format sichtbar wird.

Die M5 selbst zeigt bei ISO 100 und 200 einen guten Signal-Rauschabstand von über 40, aber unter 45 dB. Bei ISO 400 sinkt der Wert unter 40 dB und unterschreitet die kritische Grenze von 35 dB bereits bei ISO 1.600. Mit unter zwei Pixeln Durchmesser bleibt das Rauschen feinkörnig und wird ab ISO 3.200 leicht in Form von Helligkeitsrauschen sichtbar. Auch bei höheren Empfindlichkeiten steigt es nur sanft an, um jedoch bei der höchsten Empfindlichkeit von ISO 25.600 einen deutlichen Sprung nach oben zu machen. Farbrauschen hat die Canon hingegen perfekt im Griff. Die Rauschunterdrückung macht sich ab ISO 800 durch den Verlust an Details bemerkbar, kritisch wird es jedoch erst oberhalb von ISO 1.600, wo die Bilder deutlich weicher werden und Details vermissen lassen, die bei niedrigeren Empfindlichkeiten noch sichtbar sind. Vor allem bei ISO 12.800 und 25.600 ist der Detailverlust äußerst hoch.

Die Eingangsdynamik erreicht bis einschließlich ISO 800 einen sehr guten Wert von über elf Blendenstufen und beginnt dann langsam mit der Steigerung der Empfindlichkeit zu sinken. Bis ISO 3.200 bleibt der Wert mit über zehn Blendenstufen noch im guten Bereich, kritisch niedrig wird auch die Eingangsdynamik wieder bei den beiden höchsten einstellbaren ISO-Empfindlichkeiten. Die Tonwertkurve verläuft für eine knackige Darstellung gut angesteilt, der Ausgangs-Tonwertumfang ist bei ISO 100 und 200 sehr gut, hier werden fast alle der 256 möglichen Helligkeitsnuancen tatsächlich genutzt. Mit steigender Empfindlichkeit sinkt dieser Wert jedoch rapide, oberhalb von ISO 800 sind es weniger als 160 Helligkeitsabstufungen, kritisch wird es bereits oberhalb von ISO 3.200 mit unter 100 Stufen, sodass feine Helligkeitsübergänge gestuft aussehen. Die Farbwiedergabe hingegen ist wieder gut, auch bei höheren Empfindlichkeiten bis hin zu ISO 3.200 werden über zwei Millionen Farben unterschieden, bei ISO 100 und 200 sogar acht Millionen. Die Farbwiedergabe ist größtenteils recht neutral, Grüntöne sind teilweise leicht entsättigt, während Rottöne etwas übersättigt sind. Nichts Kritisches und im normalen Rahmen einer herstellerspezifischen Abstimmung. Schärfeartefakte sind übrigens vorhanden, aber im völlig unkritischen Bereich.

Die Abstimmung der Bilder in JPEG ist gut, die Bilder wirken knackig und sehen schön aus, ohne aber Anzeichen eines zu starken Eingriffs der Bildaufbereitung zu zeigen. Eine bessere Nachbearbeitungsgrundlage sind aber wie immer die Rohdatenbilder, zumal sie eine höhere Farbtiefe bieten und sich dadurch in Lichtern und Schatten bei kritischen Motiven noch mehr Details herausholen lassen.

Fazit

Insgesamt kann man die Canon EOS M5, mit Abstrichen in gewissen Bereichen, als gut gelungene spiegellose Systemkamera bezeichnen. Sie bietet eine gute Ausstattung, die nur recht wenige Punkte vermissen lässt (etwa eine Panoramafunktion) sowie ein durchdachtes Bedieninterface, das teilweise von der Gehäuseergonomie etwas ausgebremst wird. Den dicksten Minuspunkt fährt sie in unseren Augen bei der preisunwürdigen Verarbeitungsqualität ein. Canon ist zwar in dieser Preisklasse nicht berühmt für die am besten verarbeiteten Kameras, die Schwerpunkte auf Technik, Bildqualität und Bedienung zu legen ist auch völlig legitim, bei der M5 ist die Verarbeitungsqualität jedoch arg grenzwertig. Bei der Bildqualität kann die Kamera wiederum überzeugen, wobei sie insbesondere bei den niedrigsten Empfindlichkeiten punkten kann, hingegen oberhalb von ISO 1.600 weniger. So ist die Canon kein Available-Light-Monster, braucht sich aber ansonsten wahrlich nicht hinter der Konkurrenz zu verstecken. Ein gewisses Manko stellt die bisher geringe Objektivauswahl dar, hier könnte und sollte Canon etwas Gas geben und sich nicht zu sehr auf dem relativ preisgünstigen EF-Adapter ausruhen, der teilweise sogar als kostenlose Zugabe zur Kamera zu haben ist, denn der Vorteil der Kompaktheit einer spiegellosen Systemkamera wird dabei außen vor gelassen. Durch den Adapter bietet sich die EOS M5 für Besitzer einer EOS-DSLR natürlich als ideale Zweitkamera an.

Kurzbewertung

  • Dank drei Einstellrädern unabhängige Einstellung von Blende, ISO und Belichtungszeit
  • Guter Video-Bildstabilisator und -Autofokus
  • Hohe erreichbare Auflösung (mit gutem Objektiv)
  • Gute Bildqualität bis ISO 1.600 mit sehr guter Dynamik bis ISO 800
  • Wenig robust wirkendes Gehäuse
  • Gelegentlich unentschlossener Autofokus
  • Hinteres, oberes Daumenrad zwischen Sucher und Belichtungskorrekturrad schlecht zu erreichen
  • Keine Panoramafunktion

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Steckbrief

Hersteller Canon
Modell EOS M5
Sensor CMOS APS-C 22,5 x 15,0 mm (Cropfaktor 1,6)
25,8 Megapixel (physikalisch)
24,2 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,7 µm
Auflösung (max.) 6.000 x 4.000 (3:2)
Video (max.) 1.920 x 1.080 60p
Objektiv Canon EF-M 18-150 mm 3.5-6.3 IS STM (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, Dioptrienausgleich
Monitor 3,2" (8,0 cm)
  Auflösung 1.620.000 Bildpunkte
  kippbar ja
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 8
Programmautomatik ja
Programmshift
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion nein
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung, Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/200 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Canon, Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC ja
GPS extern, dauerhafte Smartphone Verbindung
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Infrarotauslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 100-25.600
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 49
  Geschwindigkeit 0,30 s bis 0,50 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 116 x 89 x 61 mm
Gewicht (betriebsbereit) 424 g (nur Gehäuse)
713 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 295 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.