Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Sony Alpha 6300

2016-05-31 Die Sony Alpha 6300 ist nicht etwa das Nachfolgemodell der Alpha 6000, sondern das große Schwestermodell. Bot die Alpha 6000 noch sehr gute Technik im billigen Gehäuse zu einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis, setzt die Alpha 6300 einiges drauf und kann als Premiumvariante der Alpha 6000 verstanden werden. Sie bietet etwa ein edleres Gehäuse, einen verbesserten Autofokus und eine 4K-Videofunktion. Dafür setzt Sony aber auch, wie bei so gut wie allen Premium-Neuvorstellungen, einen deutlich höheren Preispunkt. Was taugt also die Alpha 6300? Der Test verrät, ob sie immer noch eine sehr gute Bildqualität und vor allem ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bietet.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Im Gegensatz zur Alpha 6000 besteht das Gehäuse der Alpha 6300 aus einer robusten Magnesiumlegierung mit zusätzlich verstärktem Bajonett. Zwar gleicht die 6300 der 6000 wie ein Ei dem anderen, aber wenn man sie in die Hand nimmt, spürt man den Unterschied deutlich. Die Alpha 6300 fühlt sich hochwertig an und drückt 120 Gramm mehr auf die Waage als ihr Schwestermodell. Mit knapp über 400 Gramm fällt die Alpha 6300 dennoch nicht sehr schwer aus, kompakt ist sie obendrein. Zusammen mit dem Zeiss 16-70 1:4 liegt das Gesamtgewicht bei knapp über 700 Gramm, eine gut tragbare Kombination, zumal das Mittelklasse-Standardzoom mit dem Zeiss-Label auch in Punkto Verarbeitung und Anfassqualität sowie vom Design her perfekt mit der Alpha 6300 harmoniert.

Ein weiteres Merkmal haben Objektiv und Kamera gemeinsam: Wenn man genau hinsieht, kann man Makel erkennen. So besitzt das Objektiv einen Kunststofftubus, der beim Zoomen zum Vorschein kommt. Und die Alpha 6300? Die verspricht einen Feuchtigkeitsschutz mittels gedichteter Tasten und Räder sowie einer doppelten Schutzschicht (von was, verrät Sony nicht). Jedenfalls sollen weder Staub noch Feuchtigkeit eindringen können. Mangels Dichtungen am Batterie- und Speicherkartenfach sowie der Schnittstellenklappe mögen wir das kaum glauben. Andere Hersteller jedenfalls können das, zumindest dem Anschein nach, besser.

Das soll aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Alpha 6300 einen sehr gut verarbeiteten und robusten Eindruck macht. Trotz ihrer Kompaktheit besitzt die Alpha 6300 einen ausgeprägten Handgriff mit einer rutschfesten Gummibelederung. Die Kamera lässt sich gut greifen, auch wenn der Griff eine ausgewachsene Pranke nicht füllen kann. Die 6300 besitzt zusätzlich zum Programmwählrad zwei Drehräder, die allerdings beide mit dem Daumen bedient werden. Das Programmwählrad rastet angenehm stramm und satt, wodurch es kaum versehentlich verstellt werden kann. Das obere Daumenrad rastet ebenfalls gut und dreht sich recht stramm, aber von der angenehmen Sorte. Das im Steuerkreuz integrierte Daumenrad bedient sich erstaunlich gut, auch wenn es deutlich leichter rastet. Man kann es aber gut bedienen, ohne gleich eine Taste zu drücken.

Für die wichtigsten Funktionen verfügt die Alpha 6300 über Direktwahltasten, zusätzlich lassen sich zwei Tasten individuell belegen und auch andere Bedienelemente den eigenen Bedürfnissen anpassen. Zusätzlich bietet das Programmwählrad Zugriff auf zwei Speicherplätze, um wichtige persönliche Aufnahmepresets schnell auswählen zu können. Das Fn-Menü lässt sich ebenfalls konfigurieren und damit den eigenen Anforderungen anpassen. Das Hauptmenü hingegen ist aufgrund der zahlreichen Funktionen leidlich übersichtlich. Sony setzt angenehmerweise auf Registerkarten, sodass das Suchen von Menüpunkten in langen vertikalen Scrolllisten entfällt.

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Der rückwärtige Bildschirm misst 7,5 Zentimeter in der Diagonale und löst mit 921.000 Bildpunkten ausreichend fein auf. Stellt man den Bildschirm auf Sonnenlicht, lässt er sich sogar in der Sonne tatsächlich gut ablesen. Wieso der Bildschirm allerdings beim Start einer Videoaufnahme wieder dunkel wird, sodass man das Bild kaum noch erkennen kann, bleibt vorerst ein Geheimnis von Sony. Zwar handelt es sich um keinen Touchscreen, aber bewegen lässt er sich: 90 Grad nach oben geklappt gelingen Aufnahmen aus der Froschperspektive oder mit der Kamera vor dem Bauch oder der Brust. Um 45 Grad nach unten geklappt sind Aufnahmen über die Köpfe von Menschenmengen hinweg kein Problem. Nicht unerwähnt bleiben sollte die Tatsache, dass es sich um einen 16:9-Bildschirm handelt, das heißt im nativen 3:2-Seitenverhältnis des Sensors fällt das Sucherbild etwas kleiner aus, dafür verdecken die Informationsanzeigen weniger das Bild. Und wer bei der Alpha 6000 die elektronische Wasserwaage noch schmerzlich vermisste, wird erfreut sein zu hören, dass die Alpha 6300 dieses nützliche Feature wieder bietet.

Trotz ihres kompakten Gehäuses verfügt die A6300 über einen eingebauten elektronischen Sucher, der sich bei Annäherung automatisch aktiviert. Mit einer 0,7-fachen Vergrößerung im Vergleich zu Kleinbild fällt der Sucher angenehm groß aus, allerdings sollte er aufgrund der kleinen Austrittspupille eher ohne Brille verwendet werden, sonst fehlt der Überblick über den gesamten Bildausschnitt. Immerhin bietet der Sucher einen großen Bereich für die Dioptrienkorrektur. Er löst mit 2,36 Millionen Bildpunkten auch angemessen hoch auf. Da ein OLED zum Einsatz kommt, fällt der Sucher farbenfroh und kontrastreich aus, in hellen Bildpartien werden empfindliche Naturen jedoch ein leichtes Flimmern wahrnehmen, wie es bei fast allen OLED-Suchern zu beobachten ist.

Mit Micro-HDMI, Micro-USB und einem 3,5mm-Stereoklinken-Mikrofonanschluss ist die Alpha 6300 ausreichend mit Schnittstellen bestückt. Geschützt werden diese von einer vernünftigen Klappe, die aber wie bereits erwähnt ohne Gummidichtungen auskommen muss. Über die Micro-USB-Schnittstelle wird auch der wechselbare Lithium-Ionen-Akku geladen. Dabei ist es der 6300 herzlich egal, ob das mitgelieferte USB-Netzgerät oder das eines Fremdherstellers, etwa das vom eigenen Smartphone, zum Einsatz kommt. So reichen auf Reisen ein Kabel und ein Netzgerät, wenn es aufs Gewicht und geringe Gepäck ankommt und man sich mit seriellem Laden arrangieren kann. Zudem lässt sich der Akku unterwegs aus einer so genannten Powerbank nachladen. Mit 350 Aufnahmen nach CIPA-Standard, die in der Praxis auch gut hinkommen, sofern man nicht zu viele Videos aufnimmt, fällt die Akkulaufzeit ausreichend lange aus. Wer viel fotografiert, sollte aber über die Anschaffung eines Zweitakkus samt externen Ladegeräts nachdenken. Mit dem NP-FW50 kommt jedenfalls ein bereits seit geraumer Zeit verwendeter Akkutyp zum Einsatz. Wer möchte, kann die Alpha 6300 zudem optional mittels Netzgerätadapter für den Akkuschacht mit Dauerstrom versorgen. Über USB geht das leider nicht, im Gegensatz zu einem Smartphone wird der Ladevorgang beendet, sobald man die Kamera einschaltet.

Positiv hervorgehoben sei noch das in der optischen Achse sitzende Stativgewinde, das zudem genügend Abstand zum Akku- und Speicherkartenfach lässt, sodass man dieses auf dem Stativ beziehungsweise mit Wechselplatte problemlos öffnen kann. Als Speicherkarte kann anstelle einer SD-Karte auch ein Memorystick verwendet werden. Aufgrund der hohen Serienbildleistung und der 4K-Videofunktion sei jedoch jedem Käufer eine größere SDHC- oder gar SDXC-Karte mit dem schnellen UHS-I-Standard U3 ans Herz gelegt.

Ausstattung

Auch wenn die Sony Alpha 6300 mit einem Preis von knapp 1.250 Euro (UVP) als Kamera für ambitionierte Fotografen vorgesehen ist, bietet sie doch auch Automatikmodi zum einfachen Knipsen. Im Automatikmodus übernimmt sie sämtliche Einstellungen und wählt sogar das Motivprogramm anhand einer Analyse des Livebilds automatisch aus. Auf Wunsch kann sie hierbei auch solche Programme anfahren, die mittels Mehrfachbelichtung Verwackelungen mindern sollen, denn einen eingebauten Bildstabilisator bietet die Alpha 6300 nicht. Damit ist sie auf den optischen Bildstabilisator des verwendeten Objektivs angewiesen, sofern dieses einen besitzt. Trotz Automatik hat der Fotograf aber gewisse Eingriffsmöglichkeiten, so kann er etwa manuell fokussieren. Dabei wird der Fotograf von der Fokuslupe sowie dem Fokuspeaking, das Kontrastkanten im Schärfebereich farbig hervorhebt, unterstützt. Der leistungsfähige Autofokus arbeitet mit 425 auf dem Sensor integrierten Phasenautofokus-Messpunkten und zusätzlich mit 169 Kontrast-AF-Messfeldern. Sony verspricht einen 0,05 Sekunden schnellen Autofokus, den wir im Labor nicht nachvollziehen konnten. Zumindest im Einzel-AF braucht die Sony eher knapp 0,3 Sekunden zum Fokussieren samt Auslösen, wobei die Auslöseverzögerung nach erfolgter Fokussierung erfreulich kurz ausfällt.

Die Stärke des Autofokus spielt die Sony eher beim AF-C und der Verfolgung von Motiven aus, denn hier kann sie den Fokus bei hoher, aber nicht der höchsten Serienbildrate gut nachführen. Die höchste Serienbildrate von elf Bildern pro Sekunde bietet die Sony nur ohne Autofokus-Nachführung. Hierbei nimmt sie wahlweise 45 JPEG- oder 22 Raw-Bilder auf, braucht anschließend aber 17 Sekunden zum Speichern. Man kann dann zwar weiter fotografieren, aber das Menü und die Bildwiedergabe sind gesperrt. Die LED, die den Schreibvorgang anzeigt, hat Sony unsinnigerweise auf der Kameraunterseite versteckt. Überhaupt schreibt die 6300 Fotos nicht besonders schnell weg, denn sobald der Zwischenspeicher voll ist, sinkt die Serienbildrate auf deutlich unter zwei Bilder pro Sekunde.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.