Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GF1

2009-10-09 Das Design der Panasonic Lumix DMC-GF1 ist im Gegensatz zur retromäßigen Olympus Pen E-P1 sehr schlicht und edel. Das ist zwar zunächst Geschmackssache, doch spätestens beim Blick auf die Ausstattungsdetails können Besitzer der Olympus Pen E-P1 neidisch werden: Die GF1 bietet nicht nur ein eingebautes Blitzgerät, sondern auch einen höher auflösenden Bildschirm und optional einen elektronischen Sucher. Bei der Autofokusgeschwindigkeit erreicht die Panasonic angeblich sogar DSLR-Niveau. Dabei spricht die GF1 als ultrakompakte Systemkamera mit Wechselobjektiven sowohl Spiegelreflexbesitzer als auch Kompaktkameranutzer an. Ob die GF1 aber tatsächlich ein solcher "Überflieger" ist, klärt der digitalkamera.de-Test.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung Das Design der Panasonic Lumix DMC-GF1 ist eher schlicht, wirkt dafür aber umso edler. Es lehnt sich stark an kompakte Lumix-Digitalkameras wie etwa die LX3 an. Das Gehäuse besteht aus Metall und ist präzise verarbeitet. Durch die flache Bauweise ohne ausgeprägten Handgriff ist das Kameragehäuse extrem kompakt, nur das angesetzte Wechselobjektiv lässt den Systemkameracharakter noch erahnen. Von den Abmessungen her ist die GF1 ähnlich kompakt wie das Pendant von Olympus, die Pen E-P1. Wer statt des edlen Mattschwarz etwas Farbe bekennen will, bekommt die GF1 auch in Perlmutt-Weiß, Rot oder Titan-Silber.

Die Ergonomie der GF1 gestaltet sich etwas anders als die einer Kamera mit ausgeprägtem Handgriff. Sie ist nicht einhandtauglich, die zweite Hand sollte die Kamera immer entweder am Objektiv oder der linken Gehäuseseite stützen, das noch genug Raum für die Finger bietet. Außer einem rutschhemmenden Kunststoffstück für den Daumen auf der Rückseite gibt es keinerlei Elemente, die den Halt erhöhen. Dennoch liegt die GF1 recht gut in den Händen, was nicht zuletzt am ausgewogenen Gewicht (ca. 345 g ohne Objektiv) und dem äußerst solide wirkenden Gehäuse liegt.

Die Bedienelemente sind größtenteils gut mit dem rechten Daumen erreichbar, nur die mechanische Blitzöffnung, die Bajonettentriegelung und selbstverständlich die Objektivbedienung (Zoomring, Fokusring und Schalter für den Bildstabilisator) sind mit links zu bedienen. Auch wenn die Knöpfe nicht allzu groß geraten sind, haben sie doch einen guten Druckpunkt und sind gut "erfühlbar". Das gilt allerdings für das Daumenrad weniger. Es ist etwas zu tief versenkt und nicht griffig genug, es wirkt im Gegensatz zum Rest der Kamera etwas billig. Sehr pfiffig ist hingegen, dass man das Rad drücken kann, um seine Funktion (beispielsweise von Blende auf Belichtungszeit) umzustellen.

Auf der linken Gehäuseseite befindet sich eine Kunststoffklappe, hinter der sich drei Schnittstellen für Fernauslöser, HDMI und USB/AV-Out befinden. Auf der Gehäuseunterseite sind ein Metallstativgewinde in der optischen Achse sowie eine Klappe angeordnet, hinter der sich Akku und SDHC-Speicherkartenschacht verbergen. Auf einem Stativ montiert, wird diese Klappe allerdings blockiert. Der Akku reicht mit seinen 7,2 V und 1.250 mAh für etwa 350 Aufnahmen nach CIPA-Standardmessverfahren. Er ist mit einem Sicherheitschip ausgestattet, der von der Kamera abgefragt wird – d. h., es funktionieren nur Originalakkus von Panasonic, die mit 70 bis 100 EUR einen recht stolzen Preis haben. Die Stromversorgung über ein Netzteil erfolgt indirekt über einen Akkudummy und eine Aussparung am Batteriefach, durch die ein Kabel geführt werden kann.

Der rückwärtige, 3" (7,6 cm) große Bildschirm ist eine wahre Augenweide. Er besitzt eine feine Auflösung von 460.000 Bildpunkten und hat ein Seitenverhältnis von 3:2. Durch die spiegelnde Schutzscheibe wirkt die Farbdarstellung zwar sehr brillant, aber in hellen Umgebungen macht sich das Spiegeln negativ bemerkbar. Es ist teilweise schwer, statt des Spiegelbilds überhaupt noch das Monitorbild abzulesen – erst recht, wenn man bei bodennahen oder Überkopf-Aufnahmen schräg auf das Display schaut. Zwar hat die GF1 keinen eingebauten Sucher, bietet aber im Zubehör für rund 230 EUR einen elektronischen Aufstecksucher an. Dieser wird auf den Blitzschuh gesteckt und findet über eine spezielle Buchse an der Kamerarückseite elektronischen Anschluss an die GF1. Der Sucher ist praktischerweise um bis zu 90° nach oben schwenkbar, so dass man ihn aus vielen Perspektiven bequem einsehen kann. Die Auflösung ist mit 202.000 Bildpunkten nicht allzu hoch, der "Gap" (Zwischenraum zwischen den Pixeln) ist aber sehr klein, so dass sich ein recht homogenes Bild ergibt. Mit einer Vergrößerung von 0,52-fach, bezogen auf Kleinbild, ist er nicht besonders groß, kann aber dem Vergleich mit Suchergrößen von Einsteiger-DSLRs locker standhalten. Der Augabstand ist mit 13 mm allerdings recht gering, so dass es selbst ohne Brille schon zu Abschattungen in den Ecken kommt. Mit Brille hat man keine Chance, das Sucherbild zu überblicken. Glücklicherweise ist der Dioptrienausgleich mit +/- 4 dpt. recht großzügig. Die Umschaltung zwischen Sucher und Bildschirm erfolgt mit einer Taste, die rechts am Sucher angeordnet ist.

Von der Qualität gibt sich die GF1 beim Livebild – egal ob im Sucher oder auf dem Bildschirm – keine Blöße. Die Bildwiederholrate ist bei ausreichend Licht sehr hoch, man kann fast keine Nachzieh- oder Wischeffekte beim Schwenken ausmachen. Selbst bei wenig Licht hat man noch ein einigermaßen vernünftiges Livebild. Die Menüs sind ganz klassisch – kennt man eine Panasonic, kennt man sie alle. Es ist klar ablesbar, wirkt modern und kommt ohne unnötige Spielereien aus. Der Einstellungsumfang variiert je nach gewähltem Programm. So ist das Menü im Modus "intelligente Automatik" (iA) sehr übersichtlich, in den Kreativprogrammen P/A/S/M hingegen sehr umfangreich und lässt kaum Wünsche übrig. Neben dem Menü und den zahlreichen Direktwahltasten gibt es auch ein Quick-Menü, bei dem man direkt auf die im Livebild angezeigten Parameter springt, um diese zu ändern. Intuitiver bzw. einfacher geht es nicht. Das entbindet natürlich nicht von der Kenntnis der fotografischen Grundfunktionen, ohne die man mit den Einstellungen teilweise wenig anfangen kann.

Auf dem Display kann der Nutzer Informationen wie ein Histogramm oder Gitterlinien einblenden. Die Belichtungsvorschau und das Livehistogramm verdienen ihre Namen hingegen nur bei automatischer oder halbautomatischer Belichtung, bei manueller Belichtungseinstellung hingegen wird das Monitorbild auch bei halb gedrücktem Auslöser nicht der gewählten Belichtung angepasst.

Ausstattung Gleich zwei verschiedene Nutzergruppen werden von der GF1 gleichermaßen angesprochen. Zahlreiche "Helferlein" unterstützen den Anfänger bei seinem Umgang mit der GF1. Dazu gehört ganz vorne an die intelligente Automatik von Panasonic, auf die man sich sehr gut verlassen kann. Sie wählt nicht nur das passende Motivprogramm (z. B. Porträt, Landschaft, Makro oder Sport) anhand der Motivstrukturen aus, sondern erkennt auch Motivbewegungen und kann damit die Empfindlichkeit zum einen so regeln, dass keine Verwackelungsunschärfe auftritt, zum anderen wird auch Bewegungsunschärfe verhindert. Die intelligente Kontraststeuerung hingegen erkennt Motive mit viel Kontrast und sorgt in den sonst schwarzen Schatten für mehr Durchzeichnung und erkennbare Details. Selbst der optische Bildstabilisator im Objektiv wird von der Automatik gesteuert. Darüber hinaus erkennt ein Orientierungssensor, ob man im Hoch- oder Querformat fotografiert, speichert diese Informationen im Bild ab, und so werden die Bilder schon bei der Wiedergabe richtig gedreht.

Wer gerne etwas kreativer tätig wird, findet elektronische Spielereien wie verschiedene Filmeffekte oder Farbmodi. Letztere haben sogar eine eigene Position auf dem Programmwahlrad spendiert bekommen, und so kann man den Bildern einen ganz eigenen Ausdruck wie etwa "Expressiv", "Monochrom", "Silhouette" oder "Hoher Kontrast" verleihen. Es ist aber auch die Definition von eigenen Effekten möglich, die dann abgespeichert werden können. Die Personalisierbarkeit geht bei zwei Benutzerprogrammen weiter, wo man seine persönlichen Aufnahmeeinstellungen abspeichern und über das Programmwahlrad direkt abrufen kann. Zusätzlich gibt es ein selbst belegbares "My Menü" zum Speichern häufig verwendeter Menüfunktionen, um diese nicht immer mühsam heraussuchen zu müssen. Eine Funktion kann man sich sogar auf die Fn-Taste legen, allerdings ist man bei der Auswahl auf eine von acht Auswahlmöglichkeiten begrenzt. So kann man etwa den Filmmodus, die Belichtungsmessmethode oder das Bildseitenverhältnis hier ablegen. Da die GF1 nur einen "normalen" 4:3-Bildsensor besitzt, werden je nach eingestelltem Seitenverhältnis Pixel abgeschnitten. Man hat die Wahl zwischen 4:3, 3:2, 16:9 und 1:1. Der Bildwinkel in der Diagonalen verengt sich entsprechend etwas.

Doch die GF1 zeichnet nicht nur Fotos auf, sondern kann auch Videos filmen. Dabei kommt alternativ zum veralteten Quicktime Motion-JPEG der AVCHD-Lite-Standard zum Einsatz, wie man ihn schon von anderen Panasonic Digitalkameras und erst recht aus der Camcorderwelt kennt. Dieser lohnt sich nicht nur von der Bildqualität her, die etwas höher als bei Motion-JPEG ist, sondern auch beim Speicherverbrauch, der dank effektiver MPEG-4-Komprimierung geringer ist. Die größte Errungenschaft ist aber die Sprengung der 4-GBytes-Dateigrenze von FAT32. Damit ist man beim Filmen nicht mehr vom Dateisystem in der Länge beschränkt, wohl aber vom europäischen Zoll. Dieser stuft Kameras dann als teuer zu verzollende Camcorder ein, wenn sie mindestens 30 Minuten Film am Stück in hoher Qualität aufzeichnen. Daher beendet die GF1 die Aufnahme kurz vor Erreichen der Grenze, und man muss die Aufnahme erneut starten. Die Tonaufzeichnung funktioniert allerdings nur in Mono über das eingebaute Mikrofon oberhalb des Objektivbajonetts. Dank schneller automatischer Fokussierung und manuellem Zoom sind aber beide Funktionen während der Videoaufzeichnung möglich.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.