Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Olympus Pen E-PL7

2014-09-01 Die Olympus Pen Lite E-PL7 bringt als große Schwester der E-PL5 und E-PL6 mit Ausnahme des Suchers praktisch die gesamte Ausstattung der OM-D E-M10 in die Pen-Serie mit. Zudem hat sie beim hochwertiger gestalteten Gehäuse Anleihen von der Pen E-P5 genommen, beim Preis hingegen orientiert sie sich an der bisher kleinsten Pen Mini E-PM2. Da bleibt praktisch kein Platz mehr für eine E-PM3, und so hat Olympus die Pen Mini Serie bereits eingestellt und ausverkauft. Die Pen E-PL7 ist also mit ihrer edlen Verarbeitung und gehobenen Ausstattung zum niedrigen Preis eine Kampfansage an die Konkurrenz im Einsteigersegment. Bereits vier Wochen vor Markteinführung konnten wir ein Serienmodell testen.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung Schon beim ersten Blick auf die Olympus Pen E-PL7 im Vergleich zur Pen E-PL5 und E-P5 ist klar: Die Pen Lite-Serie, deren sechstes Modell die E-PL7 ist (die 4 wurde ausgelassen), hat optisch mehr Anleihen bei der größeren Schwester E-P5 genommen. Das Gehäuse besteht zum größten Teil aus Metall, sogar die Rückplatte, die bei der OM-D E-M10 aus Kunststoff besteht, ist hier aus Metall gefertigt. Außerdem hat Olympus die E-PL7 großflächig und mit viel Liebe zum Detail mit einer lederartigen Textur beklebt. Selbst der Knopf zum Entriegeln des Objektivs ist innen beledert. Olympus bietet die Pen E-PL7 wahlweise in Schwarz, Silber-Schwarz oder Weiß an. Die schwarze Version, die uns zum Test vorlag, ist dabei noch die zurückhaltendste, was den Retro-Look betrifft. Die weiße Pen Lite mit dem beigen Griff sieht eher nach einer Lifestyle-Kamera aus und die silber-schwarze Version spielt den Retro-Trumpf voll aus, womit diese Variante auch sehr sympathisch wirkt und nicht so sehr den Aspekt der ernsthaften Kamera mit technisch hochwertiger Ausstattung und guter Bildqualität in den Vordergrund stellt. Die erste Frage lautet eher: Kann die auch digital oder ist die analog?

Anders als bei der Pen E-PL5 ist der kleine Handgriff nicht mehr abnehmbar, denn hierunter sitzt die WLAN-Antenne. Die Kamera fasst sich angesichts dessen, dass ihr ein voluminöser Handgriff fehlt, gut an, eignet sich aber weniger für den einhändigen Betrieb. Dies ist bei einer Wechselobjektivkamera sowieso selten der Fall, die zweite Hand stützt die Kamera in der Regel am Objektiv, alleine schon um Zoom- und Fokusring zu bedienen. Die Bedienelemente der Kamera hingegen werden allesamt mit der rechten Hand bedient. Auf der Oberseite sitzen zwei Räder, die wahlweise vom Daumen oder Zeigefinger oder beiden zusammen gedreht werden können. Im Gegensatz zur E-PL5, deren Programmwählrad im Test als zu leichtgängig negativ auffiel, hat Olympus bei der E-PL7 nachgebessert, das Rad läuft schön stramm, so dass es sich kaum versehentlich verstellt. Hierüber erreicht man die Automatik, den Videomodus, die Motivprogramme sowie die Kreativprogramme P, A, S und M. Das andere Einstellrad ist von der Rückseite auf die Oberseite gewandert und umschließt wie bei der OM-D E-M10 den Auslöser. Das Rad läuft deutlich leichter als das Programmwählrad, rastet aber gut spürbar ein und lässt sich, genauso wie der mit zwei guten Druckpunkten versehene Auslöser, hervorragend bedienen.

Der Daumen findet auf der Rückseite einen sicheren Platz, ohne versehentlich die recht klein geratenen Tasten zu bedienen. Obwohl sie filigran aussehen, lassen sie sich auch mit dem Daumen gut drücken und besitzen einen vernünftigen Druckpunkt. Sehr praktisch ist, dass sich viele der Tasten individuell belegen lassen, etwa die Fn-Taste, die Lupentaste und sogar die Videotaste. So kann man sich beispielsweise die AEL-Funktion auf die Fn-Taste legen, die ISO-Empfindlichkeit auf die Lupentaste und den Weißabgleich auf die Videotaste. Schaltet man auf den Filmmodus um, so nimmt die Videotaste wieder ihre ursprüngliche Funktion an. Zudem lassen sich die Kameraeinstellungen auf vier Presets abspeichern, um die Kamera schnell verschiedenen Aufnahmesituationen anzupassen.

Der USB-Anschluss sowie die Micro-HDMI-Schnittstelle verbergen sich hinter einer kleinen Kunststoffklappe auf der rechten Kameraseite, in den USB-Anschluss kann auch ein Fernauslösekabel gesteckt werden. Erstmalig bei einer Olympus Pen sitzt das Metallstativgewinde endlich in der optischen Achse. Es ist allerdings wie bei der OM-D E-M10 sehr nah ans Objektiv gerückt, was für die Balance zwar gut ist, bei voluminöseren Objektiven aber auch zu Konflikten zwischen Stativplatte und Objektiv führen kann. Bei der OM-D E-M10 bietet der Zusatzgriff Abhilfe, diese Option hat man bei der E-PL7 nicht. Ein betroffenes Objektiv ist etwa das Panasonic Leica DG Nocticron 42,5 mm 1.2 Asph Power-OIS. Einen weiteren Konflikt kann es mit dem Zugang zum Akku- und Speicherkartenfach geben, nur mit kleineren Stativplatten bleibt das Fach zugänglich. Beim Lithium-Ionen-Akku handelt es sich mit dem BLS-50 um ein neues Modell, das 60 mAh mehr Kapazität als der äußerlich baugleiche BLS-5 bietet. Die Akkus sind voll kompatibel, auch der ältere BLS-1 kann eingesetzt werden. Da die E-PL7 aber etwas stromhungriger ist, sinkt die Akkulaufzeit dennoch auf 350 Bilder nach CIPA-Standard. Geladen werden die Akkus extern im mitgelieferten Ladegerät.

Eine weitere Besonderheit der E-PL7 ist ihr drei Zoll (etwa 7,5 Zentimeter) großer Touchscreen, das sich für Selbstporträts über die Unterseite nach vorne klappen lässt. Bei Selbstporträts aus der Hand ist das genial, weil ein aufgesteckter Sucher oder Blitz im Gegensatz zur E-PL5, bei der das Display noch über die Oberseite nach vorne klappte, nicht mehr das Display verdeckt. Auf dem Stativ hingegen ist das für Selbstporträts nun eher nachteilig, hier hilft aber beispielsweise die Steuerung der Kamera per WLAN mit Livebildübertragung auf das Smartphone. Das Display ist aber auch normal nach unten und oben klappbar, so dass auch Aufnahmen aus bodennahen oder Über-Kopf-Perspektiven problemlos gelingen. Ebenfalls vorteilhaft ist die mit 1,04 Millionen Bildpunkten höhere Displayauflösung sowie das 3:2-Seitenverhältnis, das dem 4:3-Sensorformat näher kommt als das 16:9-Display der E-PL5, die dadurch bei 4:3 zum Mäusekino verkam. Weiterhin problematisch weil etwas unübersichtlich und mit vielen in der Kamerahilfe nicht erklärten Abkürzungen ist das Menü. Man kann Olympus allerdings zu Gute halten, dass die Kamera sehr weitreichend konfigurierbar ist. So lassen sich beispielsweise selbst die drei Belichtungsmessarten oder etwa der Akkulevel korrigieren beziehungsweise an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Praktisch ist zudem das Schnellmenü, mit dem sich alle fotowichtigen Parameter ohne Gang ins Hauptmenü schnell überblicken und einstellen lassen.

Im Gegensatz zur OM-D-Serie besitzt die Pen-Serie keinen eingebauten elektronischen Sucher, stattdessen muss dieser separat gekauft und auf den Blitzschuh gesteckt werden. Da die E-PL7 keinen eingebauten Blitz besitzt (ein aufsteckbarer wird mitgeliefert), kann man also nur entweder den Blitz oder den Sucher nutzen. Immerhin unterstützt die E-PL7 die vollen 2,36 Millionen Bildpunkte Auflösung des Aufstecksuchers VF-4, was bei der E-PL5 noch nicht der Fall war. Ein weiterer Vorteil des Aufstecksuchers: Er ist für bodennahe Perspektiven um 90 Grad nach oben klappbar.

Ausstattung Olympus will bei der Pen E-PL7 der Spagat zwischen einer Einsteigerkamera und einer für fortgeschrittene Fotografen gelingen, was auch größtenteils gut funktioniert. So bietet sie etwa eine intelligente Automatik, die Motivsituationen selbstständig erkennt und die Kameraparameter darauf einstellt. Wer möchte, kann die Motivprogramme aber auch manuell wählen. Die Zahl der Art-Filter klettert mit der E-PL7 auf stattliche 14, wobei sich jeder Filter noch an die eigenen Vorstellungen anpassen lässt. Pop-Art, Wasserfarben, weiches Licht, Dramatischer Effekt, Zartes Sepia, Crossentwicklung, Diorama (Miniatureffekt), Monochrom Film, Lochkamera etc. sind weiterhin vertreten, mit Vintage und Partielle Farbe kommen zwei weitere interessante Effekte hinzu. Ersterer passt perfekt zum Retrolook der Kamera, letzterer erlaubt interessante Effekte, da nicht nur eine spezielle Farbe, sondern ganze Farbbereiche mit verschiedenen Methoden ausgewählt werden können. Im Übrigen lassen sich alle Art-Filter auch in den Kreativprogrammen P, A, S und M verwenden und beschränken sich somit nicht auf die reine Vollautomatik. Und wer sich nicht für einen Art-Filter entscheiden kann, stellt einfach Art-Bracketing ein, wo gleich mehrere Filter angewendet und als einzelne Bilder gespeichert werden. Gut konfigurierbar ist auch die ISO-Automatik, hier lassen sich sowohl die Unter- als auch die Obergrenze festlegen. Wenn die ISO-Automatik auch bei manueller Belichtung arbeiten soll, muss man dies erst im Zahnradmenü freischalten.

Des Weiteren bietet die Pen Lite einen HDR-Modus, wahlweise werden hier mehrere Bilder in zwei Stärkestufen automatisch verschmolzen oder aber die Kamera fertigt eine konfigurierbar gespreizte Belichtungsreihe an, deren Bilder man hinterher am PC zusammen setzt. Unglücklich ist aber, dass dieser Effekt nicht etwa bei den Belichtungsreihen sitzt, sondern speziell im Menü angewählt werden muss. Neu ist ein Motivprogramm speziell für Mitziehaufnahmen. Die Kamera misst die Mitziehgeschwindigkeit und passt die Belichtungszeit so an, dass das Hauptmotiv scharf und der Hintergrund verwischt ist. Nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist hingegen der Panoramamodus, den Olympus dringend modernisieren sollte. Dieser blendet lediglich ein paar Hilfsmarkierungen ein, aber weder werden die Bilder in der Kamera zusammengesetzt, noch blendet sie einen Teil des vorigen Bildes transparent ein, um die Anschlüsse möglichst gut hinzubekommen. Mit einem Schwenkpanoramamodus, wie ihn inzwischen viele Wettbewerber bieten, kann die E-PL7 hingegen nicht aufwarten, obwohl ihre Serienbildgeschwindigkeit von 8 Bildern pro Sekunde dafür prädestiniert wäre. Wer übrigens den Fokus bei Serienbildern nachführen lassen möchte, muss sich auf magere 3,5 Bilder pro Sekunde beschränken. Und dass, obwohl der Einzel-Autofokus der Pen mit rund 0,2 Sekunden inklusive 0,05 Sekunden Auslöseverzögerung äußerst schnell arbeitet, obwohl er auf ganze 81 Fokuspunkte zurückgreift. Praktisch ist auch der eingebaute, äußerst effektive Bildstabilisator, der etwa drei bis vier EV-Stufen längere Belichtungszeiten mit jedem angesetzten Objektiv erlaubt. Der Bildstabilisator ist am Rauschen bei halbgedrücktem Auslöser hörbar.

Über das eingebaute WLAN können die Aufnahmen an Smartphones oder Tablets mit iOS oder Android geschickt werden, wofür die kostenlose App OI.Share benötigt wird. Es gibt mit Camera Control aber auch ein privat nachprogrammiertes PC-Programm, mit dem die E-PL7 gesteuert werden kann (siehe Fototipp in den weiterführenden Links). Offiziell von Olympus gibt es hingegen keine PC-Anwendung. Über die App beziehungsweise das PC-Programm lässt sich die E-PL7 auch fernsteuern. Neu ist dabei die Möglichkeit, Serienbilder mit dem Selbstauslöser per WLAN aufzunehmen, endlich lassen sich auch Videoaufnahmen mit der App starten. Ob Camera Control entsprechend vom Programmierer erweitert wird, bleibt abzuwarten. Wer die Bilder vor dem Übertragen noch bearbeiten möchte, findet in der Kamerawiedergabe zahlreiche Möglichkeiten, etwa eine Gegenlichtkorrektur oder einen SW- oder Sepia-Modus, nur die Art-Filter stehen für JPEG-Aufnahmen nicht zur Verfügung. Doch auch Raw-Bilder können in der Kamera entwickelt werden, wahlweise mit den aktuellen Parametern oder mit individuellen Einstellungen, hier ist dann auch die Anwendung von Art-Filtern möglich, sogar als Art-Filter-Bracketing. Man muss also nicht unbedingt in Raw+JPEG aufnehmen, um noch in der Kamera ein JPEG zum Raw zu bekommen. An dieser Stelle ein Tipp: Die höchste JPEG-Qualität "Super Fine", abgekürzt "SF", ist in den Werkseinstellungen zunächst nicht auswählbar, man muss diese zuerst im Zahnradmenü G unter dem Punkt "Einstellen" auf einen der vier Qualitätsmodi legen, aus denen man dann die Bildqualität für Aufnahmen wählen kann. Ein kleines Beispiel, dass die Menüführung bei Olympus nicht immer optimal ist. In SF jedenfalls ist die Bildqualität nochmal sichtbar besser als in "F", da weniger Komprimierungs-Artefakte auftreten.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.