Kompaktkamera

Testbericht: Kyocera Finecam S4

2002-06-14 Der Erfahrungsbericht der Kyocera Finecam S4 ist eine Premiere auf unseren Seiten. Ließen die Aufnahmebedingungen in unseren Praxistests nur Kameras mit erweiterten Möglichkeiten (u. a. externer Blitzanschluss und/oder Möglichkeit, Vorsatzlinsen anzubringen) zu, besteht diese Einschränkung für unsere Erfahrungsberichte nicht. Die Kyocera Finecam S4 ist demnach die erste Ultra-Kompakt-Kamera, die von uns getestet wird. Dieser Erfahrungsbericht dient gleichzeitig als ausführliche Beschreibung der Kamera, die seit unserer Vorankündigung vom 20. Februar aussteht.  (Yvan Boeres)

   Kyocera Finecam S4 Frontansicht [Foto: MediaNord]
 

Eines vorweg: Wir wollen die Finecam S4 nicht mit den zuvor von uns getesteten Kameras der gehobenen Amateur-Liga vergleichen. Die Kyocera Finecam S4 tritt im wahrsten Sinne des Wortes in einer anderen "Gewichtsklasse" an und richtet sich auch an eine andere Käuferschicht. Die S4 ist für diejenigen gedacht, die eine äußerst kleine Digitalkamera suchen, die als ständiger Begleiter überall hin mitgenommen werden kann. Sie wurde hingegen nicht für den ambitionierten Amateurfotografen entwickelt, der eine Kamera mit zahlreichen Einstellungs- und Erweiterungsmöglichkeiten sucht. Mit ihren vier Megapixeln hegt die S4 trotzdem gewisse Ansprüche bzw. verspricht eine Bildqualität, die über die Ansprüche eines 10 x 15 cm-Fotoabzugs hinausgehen. Dem Anspruch der Kompaktheit wird die S4 auf jeden Fall gerecht. Die Kamera ist in etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel (genau 91 x 57 x 32 Millimeter) und wiegt auf unserer Waage betriebsbereit (und mit Handschlaufe) exakt 210 Gramm. Das Gehäuse wirkt solide und sauber verarbeitet und kommt im anthrazitfarbenen lackierten Metallkleid daher. Das Design der S4 wirkt schlicht und trotzdem ansprechend. Wie es sich für eine kleine Taschenkamera gehört, ist das Objektiv in eingefahrenem Zustand durch einen Lamellenvorhang vor Staub und Kratzern geschützt. Der Pop-Up-Blitz ist an das Objektiv gekoppelt. Wenn die Kamera über die "Power"-Taste eingeschaltet wird, fährt Objektiv mit leisem Surren heraus und der Blitz klappt heraus. Das gleiche Surren begleitet das Objektiv, wenn man per Knopfdruck dessen Brennweitenbereich von 7,3 bis 21,9 mm (entspr. 35-105 mm bei KB) durchfährt. Die Lichtstärke des Objektivs beträgt F2.8 in extremster Weitwinkel-Position und F4.8 in Tele-Stellung.

Kyocera Finecam S4 - Detail Speicherplatz [Foto: MediaNord]   

Vom Einschalten bis in den schussbereiten Zustand vergehen zirka fünf Sekunden. Der Auslöser besitzt wie üblich einen Druckpunkt auf halbem Wege. Drückt man den Auslöser halb durch, stellt die Kamera scharf und ermittelt die Belichtungsparameter. Das Autofokus-System der Finecam S4 kann man dabei bestenfalls als durchschnittlich bezeichnen. Im Mittel liegt die Reaktionszeit des Autofokus bei 1,3 bis 1,5 Sekunden. Dabei kommt es öfter vor, dass die S4 den korrekten Schärfepunkt gar nicht ermitteln kann und dies mit blinkender grüner Leuchtdiode (bzw. blinkendem grünen Punkt auf dem LCD-Farbbildschirm) signalisiert. Einen der beiden visuellen Indikatoren sollte man auf jeden Fall im Auge behalten, da die S4 mit ihrer Auslösepriorität ungeachtet dessen auslöst, ob das Motiv erfolgreich anfokussiert werden konnte oder nicht. Die S4 verfügt auch weder über ein AF-Hilfslicht noch über einen Mehrpunkt-Autofokus. Der Motivteil, der scharf erscheinen soll, muss sich also ungefähr in der Bildmitte befinden und ausreichend Kontrast aufweisen. Natürlich kann man nach dem Fokussieren den Auslöser halb gedrückt halten und den Bildausschnitt noch verändern. Gerade bei Pocket-Kameras, die häufig von weniger erfahrenen Anwendern und oft für Schnappschüsse gebraucht werden, wäre ein leistungsfähiges intelligentes AF-System nützlich, das man allerdings bei den wenigsten Kompakt-Digitalkameras findet. Die Kyocera Finecam S4 macht da keine Ausnahme – eher im Gegenteil. Bei der S4 kommt noch hinzu, dass der Autofokus auch nicht besonders unauffällig, sondern mit einem "kratzenden" Geräusch arbeitet.

Umso erfreulicher ist die geringe Auslöseverzögerung der Kamera bei abgeschlossenem Fokussiervorgang. Hat die S4 die Schärfe erst einmal eingestellt, dann vergehen nach dem Durchdrücken des Auslösers nur noch rund 0,15 Sekunden bis das Bild "im Kasten", d. h. zumindest erst mal im Zwischenspeicher der Kamera gelandet ist. Denn der Schreibvorgang auf der Karte (SD oder MMC) nimmt bei höchster Auflösung und niedrigster Kompression (durchschnittliche Dateigröße: 1.230 KB) im Durchschnitt neun Sekunden in Anspruch. Auch wenn SD/MMC-Karten etwas langsamer sind als z. B. CompactFlash-Karten, ist dies ein ziemlich schlechter Wert – zumindest für ein JPEG-Bild (TIFFs kann die S4 sowieso nicht speichern). Eine Minolta DiMAGE F100 oder eine Leica Digilux 1, die beide ebenfalls 4-Megapixel-Kameras sind und SD/MMC-Speicherkarten verwenden, brauchen mit rund 1,5 Sekunden nur ein Sechstel der Zeit, um ein Bild auf die Speicherkarte zu schreiben. Glücklicherweise gibt die Kyocera Finecam S4 den Auslöser wieder frei, sobald genug Zwischenspeicher Kyocera Finecam S4 unten [Foto: MediaNord] für das nächste Bild vorhanden ist, so dass man die neun Sekunden nicht ganz abwarten muss. Störender ist die lange Speicherzeit wenn man von dem Aufnahmemodus in den Wiedergabemodus bzw. ins Kamera-Setup wechselt. Hier fragt man sich oft, ob der Betriebswahl-Schalter in der richtigen Position eingerastet ist, so lange dauert es, bis die Kamera endlich in den entsprechenden Modus umschaltet.

Der Wiedergabemodus bietet einige Möglichkeiten. So kann man die Bilder nicht nur begutachten (einzeln oder mehrere Miniaturen gleichzeitig) und löschen (einzeln oder alle), sondern auch vor versehentlichem Löschen schützen, dank DPOF-Bildbestellungsformat zum Drucken vorbestellen, fortlaufend als Dia-Schau anzeigen lassen, aber auch um jeweils 90 Grad drehen und nachträglich in der Bildgröße verändern. Bei der Wiedergabe besteht die Möglichkeit, in das Bild hinein zu zoomen, leider aber nur in einer Stufe. Die Wiedergabe erfolgt wahlweise auf dem LCD-Bildschirm der Kamera (1,5" Bildschirmdiagonale bei 110.000 Bildpunkten) oder – bei angeschlossenem Videokabel – auf einem Fernsehgerät. Im Setup-Menü ist  unter anderem wählbar, ob die Wiedergabe im PAL- oder NTSC-Format erfolgt, ob die Einstellungen (auch die Aufnahme-Einstellungen) nach dem Ausschalten der Kamera erhalten bleiben sollen und ob die Kamera wieder auf die Grundeinstellungen zurückgesetzt werden soll. Verspielte Naturen werden sich über die Möglichkeit freuen, wählen zu können, in welcher Farbe (Gelb, Rot, Violett oder Blau) die aktiven Menüs hervorgehoben werden sollen.

Kyocera Finecam S4 Rückansicht [Foto: MediaNord]   
 

Neben dem vollautomatischen Betrieb der Kamera, gibt es aber auch Möglichkeiten, in die Aufnahmeparameter einzugreifen. So kann man nicht nur – wie bei vielen Ultrakompaktkameras – Belichtungskorrekturen eingeben (+/- 2 EV in Drittelstufen) und auf Weißabgleichs-Voreinstellungen zurückgreifen, sondern – in einem gewissen Maße – auch Verschlusszeit und/oder Blende einstellen. Allerdings sollte sich der ambitionierte Fotograf nicht zu viele Hoffnungen machen. Wer auf eine volle manuelle bzw. semi-automatische Belichtungssteuerung hofft, wird enttäuscht sein. Lediglich zwei Blenden (F2.8 bzw. F4.8 und F9.6) und drei lange Verschlusszeiten (2, 4 und 8 Sekunden) stehen zur Wahl. Während mit den beiden Blenden die Schärfentiefe beeinflussbar ist, eignen sich die langen Verschlusszeiten für Nachtaufnahmen mit Stativ. Wo wir schon beim Thema Stativ sind: Das Stativgewinde der S4 ist nicht mittig, sondern etwas ungünstig am rechten Ende der Gehäuseunterseite platziert, was sich bei einer derart winzigen Kamera aber konstruktiv vermutlich nicht anders lösen ließ. Schön ist die Möglichkeit, die Lichtempfindlichkeit der Kamera zu steuern. Anstatt die ISO-Äquivalenz anzugeben, hat man bei Kyocera die beiden erhöhten Empfindlichkeitsstufen mit "2x" und "4x" gekennzeichnet. Die Standard-Einstellung entspricht dabei ISO 100, die höheren also ISO 200 und ISO 400, wobei die Kamera gelegentlich auch mal auf Zwischenempfindlichkeiten von z. B. ISO 120 oder 160 zurückgreift. Bei ultrakompakten Digitalkameras keine Selbstverständlichkeit ist allerdings der bei der S4 vorhandene manuelle Weißabgleich. Weitere lobenswerte Features an der S4 sind die Matrix-Belichtungsmessung, die sich auch auf mittenbetont integral oder Spot umschalten lässt sowie die Umschaltung von Autofokus auf manuelle Fokussierung (in sieben Stufen). Bedauerlicherweise wird die manuelle Fokussierung beim Umschalten auf den Makro-Modus von der Kamera außer Kraft gesetzt. Makro (bei der S4 übrigens ab 12 cm) und Manuell gleichzeitig ist also nicht möglich.

   Kyocera Finecam S4 - Detail Akku [Foto: MediaNord]
 

Kommen wir auf das Wichtigste bei einer Digitalkamera zu sprechen, auf die Bildqualität. Die Kyocera Finecam S4 liefert Bilder, die man als "sauber" bezeichnen kann – hat aber mit den den gleichen Problemen wie alle ultrakompakten Digitalkameras zu kämpfen – nämlich einer erhöhten Neigung zu verwackelten Bildern (aufgrund des geringen Gewichts) und Roten Augen (wegen des geringen Abstands zwischen eingebautem Blitz und Objektiv). Gegen letztere hilft zum Teil die entsprechende Korrekturfunktion am Blitz, die mit einem Vorblitz ziemlich effektiv gegen die Kaninchenaugen vorgeht. Der Blitz der Kyocera Finecam S4 ist überhaupt vorbildlich gut abgestimmt. Auch wenn der Blitz wegen seiner Bauweise relativ klein und folglich auch leistungsschwach ausfällt, liefert er innerhalb seines Arbeitsbereiches von 60 cm bis maximal 2,5 Meter praktisch immer sauber ausgeleuchtete und nie überblitzte Bilder. Das Einzige, was man dem Blitz bzw. Kyocera wirklich vorwerfen kann, ist, dass der Hersteller bei den Blitzfunktionen der S4 keine Langzeitsynchronisations-Einstellung vorgesehen hat. Stimmungsvolle Blitzaufnahmen, bei denen auch noch das verbleibende Restlicht mit aufs Bild kommt, sind mit der Finecam also nicht möglich. Was die Qualität der Signalverarbeitung angeht, rangiert die Finecam S4 im oberen Mittelfeld. Die Bilder sind weitgehend rauschfrei, Blooming-Effekte sind selten und die Farbwiedergabe neutral (wenn auch etwas blass). Scharfzeichnung und Farbsättigung sind sehr dezent eingestellt, was für die Weiterverarbeitung der Fotos im Bildbearbeitungsprogramm vorteilhaft ist. Die optische Qualität ist ebenfalls in Ordnung; Verzeichnung, Vignettierung und Randunschärfen sind gering. Insgesamt kann sich die Bildqualität der Finecam S4 also sehen lassen.

Die Übertragung der Bilder erfolgt wie heute üblich über die USB-Schnittstelle mit dem mitgelieferten Kabel. Der im Lieferumfang enthaltene Lithiumionen-Akku BP-900S der Kamera ist natürlich entsprechend klein, um in der winzigen Kamera Platz zu finden. Demzufolge fällt er nicht besonders leistungsstark aus (900 mAh bei 3,6 V), eine Ladung reicht aber immerhin für rund 100 Bilder.

Fazit: Die Kyocera Finecam S4 ist ein würdiger Vertreter der Ultrakompakt-Klasse. Hauptkritikpunkt an der S4 ist der Autofokus; allerdings muss man fairerweise sagen, dass dies auch der Fall für 80 Prozent aller anderen Digitalkameras der Fall ist. Kleinere Schönheitsfehler sind die langen Speicherzeiten und die fehlende Blitz-Langzeitsynchronisation sowie der nur einstufige Wiedergabezoom und die nicht im Makro-Modus arbeitende manuelle Fokussierung. Vielleicht lassen sich einige dieser Punkte mit einem Firmware-Update beheben. Auch ohne solche Verbesserungen ist die S4 ein guter Kauf und der Preis von rund 700 EUR für die Kamera samt Akku, Netz-/Ladegerät, 16 MByte-Speicherkarte, Kabel (USB und Video), Trageschlaufe und Treiber-/Software-Paket (inkl. einem Bildverwaltungsprogramm für PalmOS) scheint nicht übertrieben. Wer heute eine extrem kleine Kamera sucht, die gute Bilder in hoher 4-Megapixel-Auflösung macht, kommt an der Kyocera Finecam S4 sowieso nicht vorbei. Lieferbare Kameras der Mitbewerber bieten entweder nur die halbe Auflösung oder sind deutlich größer. Und die direkte Konkurrenz von Pentax und Konica kommt erst in ein paar Wochen auf den Markt und muss dann zeigen, was sie kann.

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