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Testbericht: Jasc Paint Shop Pro 9

2004-12-09 Mit Version 9 erschien die erste Paint Shop Version seit Übernahme von Jasc Software durch Corel. Es gibt zahlreiche neue Funktionen, von denen einige für Digitalfotografen interessant sind. Neu ist auch, dass nun zwei Versionen zu haben sind – eine günstigere, eingeschränkte "Studio"-Version für Heimanwender mit integrierter Bildverwaltung und eine "Pro"-Version mit vollem Funktionsumfang.  (Benjamin Kirchheim)

Jasc Paint Shop Pro 9 [Foto: Jasc]
  
  

Die Studio-Version wurde dabei allerdings in einigen wichtigen Bereichen eingeschränkt, so dass diese nicht für Digitalfotografen empfohlen werden kann. Es fehlen wichtige Funktionen wie z. B. das Entfernen von Bildrauschen sowie Farbsäumen und die Befehlsaufzeichnung und damit einhergehend die gezielte Rückgängigmachung von Arbeitsschritten. Grundlage für diese Besprechung ist daher Paint Shop Pro 9 und nicht die Studio-Version.

Im Folgenden wird vor allem auf die Neuerungen eingegangen, als ergänzende Lektüre dient die Rezension von Paint Shop Pro 8 (siehe weiterführende Links). Paint Shop Pro 9 kommt in einem Karton mit einer über 500 Seiten dicken Anleitung und einer Installations-CD. Das Handbuch ist ausführlich und übersichtlich, allerdings komplett in Schwarzweiß und ohne ausreichend festen Einband. Nach dem Einlegen der CD startet das Installationsprogramm automatisch, die folgenden Schritte sind so einfach wie bei jeder anderen Programminstallation unter Windows auch. Gegenüber der Version 8 hat Paint Shop Pro noch einmal an Umfang zugelegt, es braucht nun 500 MByte Festplattenspeicher und mindestens 256 MByte RAM – 512 MByte oder mehr werden aber für flüssiges Arbeiten empfohlen. Auch der Prozessor sollte schneller als 1 GHz sein. Die Installation legt im Startmenü unter "Programme" einen Ordner Namens "Jasc Software" an, in dem sich Paint Shop Pro befindet. Nach dem ersten Start muss festgelegt werden, welche Dateien mit Paint Shop Pro verknüpft werden sollen, um sie per Doppelklick im Windows-Explorer direkt mit Paint Shop Pro zu öffnen. Hier zeigt sich der Ursprung des Programms als Bildanzeigetool: Nicht weniger als 71 verschiedene Grafikformate werden unterstützt. Nach der Einstellung, wie häufig automatisch nach Updates im Internet gesucht werden soll, kann man loslegen. Ein "Quick-Guide" öffnet sich, der viele Tipps und Lösungen für spezifische Probleme enthält – ideal für den Bildbearbeitungsanfänger und auch für diejenigen, die Paint Shop Pro noch nicht kennen. Im Hilfe-Menü ist der Guide über den Punkt "Learning-Center" zu finden. Außerdem befindet sich hier auch eine ausführliche allgemeine Hilfe und eine Kontexthilfe.

Paint Shop Pro ist eine günstige Alternative zu Photoshop, und man erkennt an der Arbeitsoberfläche, dass es sich um ein Bildbearbeitungsprogramm handelt. Viele Symbole, Namen, Werkzeuge und Fenster dürften z. B. von Photoshop bekannt sein. Wer schon einmal mit einer Bildbearbeitung gearbeitet hat, findet sich also schnell zurecht. Sehr komfortabel ist, dass man sich die Arbeitsfläche abspeichern und laden kann – so ist es möglich, die Arbeitsfläche flexibel an die Aufgaben anzupassen.

   Jasc Paint Shop Pro 9 - Arbeitsoberfläche [Screenshot: MediaNord]
  

Für Fotografen sind einige interessante neue Funktionen hinzugekommen. Dazu gehört z. B. die Möglichkeit, Bilder zu entrauschen und die individuell einstellbaren Entrauschparameter für die Bearbeitung anderer Bilder derselben Digitalkamera zu speichern. Das funktioniert zwar ganz gut – im Test wurde das Rauschen sichtbar minimiert, ohne zu viele Details zu entfernen – es dauert aber bei einem 8 Megapixel Bild über 25 Sekunden auf einem 2 GHz Rechner. Neu ist auch der RAW-Import – nun kann man endlich seine "digitalen Negative" auch mit Paint Shop Pro "entwickeln". Das funktioniert zwar, ist aber alles andere als komfortabel und vor allem sehr langsam. Der Photoshop-RAW-Konverter bietet –, wie auch die Kameraherstellerkonverter – wesentliche Möglichkeiten. Die Kontexthilfe funktioniert im RAW-Konverter allerdings nicht, obwohl ein Button dafür existiert (siehe Bild). Der Verlauf der Aktionen, die der Benutzer vornimmt, wird aufgezeichnet und kann gespeichert werden, um ihn auf andere Bilder anzuwenden. Auch lassen sich gezielt einzelne Schritte zurücknehmen – jedoch muss man auch hier wieder Zeit mitbringen, denn bei jedem Zurücknehmen bzw. Neuanwenden eines Schritts müssen die anderen zwangsläufig auch neu berechnet werden.

Neu ist auch der so genannte "Farbabweichungsfilter", der Farbkanten an kontrastreichen Übergängen eliminieren soll. Diese Farbsäume treten besonders bei digitaler Fotografie auf und sind teils sensorbedingt und teils objektivbedingt. Zumindest die objektivbedingten, chromatischen Aberrationen konnte Paint Shop Pro im Test nicht eliminieren. Die neuen Funktionen Aufhellblitz und Hintergrundbeleuchtung sorgen für hellere Schatten bzw. dunklere Lichter. Diese Werkzeuge arbeiten gut, es gibt eine Vorschau, und sie sind vor allem schnell. Die weiteren Neuerungen sorgen hauptsächlich in den Bereichen für Grafikdesign/Webdesign und digitale Kunst für mehr kreativen Spielraum, sollen hier aber nicht näher betrachtet werden, sie sind auf der Herstellerwebseite (siehe weiterführende Links) nachzulesen.

Fazit: Paint Shop Pro ist eine interessante Alternative zu Photoshop oder Corel Photopaint und richtet sich vor allem an Einsteiger und Amateure. Die Oberfläche ist mächtig und lässt sich individuell gestalten, es werden viele Grafikformate unterstützt, und die Bearbeitungsfunktionen sind zahlreich. Hilfe und Learning-Center sowie das Handbuch sind sehr ausführlich und nützlich. Abstriche müssen allerdings in der Arbeitsgeschwindigkeit bei einigen Funktionen gemacht werden, auch scheinen einige neue Funktionen noch nicht sehr ausgereift, so z. B. der RAW-Konverter.

Kurzbewertung

  • Unterstützung von 71 Grafikformaten
  • Kontexthilfe und Learning-Center
  • Ausführliches Handbuch
  • Eignung für Anfänger
  • Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
  • Funktionsvielfalt
  • Kontexthilfe nicht immer zugänglich
  • Primitiver RAW-Konverter
  • Langsam
  •  Ressourcenhungrig

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.