Testbericht: GDMcom Picopolo 2.0.5

2007-07-12 Sowohl Bildverwaltung als auch Geotagging sind aktuelle Themen der Fotografie. In Picopolo, das an "Marco Polo", den berühmten China-Reisenden bzw. die "Reiseführer mit Insidertipps" erinnert, werden beide Funktionalitäten in einem Programm vereint, das obendrein für Privatanwender auch noch kostenlos ist. Wie sinnvoll diese Vereinigung ist und ob das Programm alltagstauglich ist, soll die folgende Rezension zeigen.  (Benjamin Kirchheim)

Das Picopolo Hauptfenster [Foto: Benjamin Kirchheim]Eine Bildverwaltung wird auch für Privatanwender spätestens dann interessant, wenn der Bilderberg auf der Festplatte unüberschaubar wächst und Fotos nicht nur anhand von Kriterien, die man noch schriftlich in Ordner- und Dateinamen festhalten kann, gesucht werden oder Zusammenstellungen bzw. Gruppierungen von unterschiedlich einsortierten Fotos erfolgen sollen. Hauptmerkmale von Bildverwaltungsprogrammen sind unter anderem eine Schlagwortzuordnung und eine Sortierung von Fotos in Kategorien, wobei einzelne Fotos – wenn auch physikalisch nur einmal gespeichert – in mehreren Kategorien auftauchen können. Außerdem sollte eine Bildverwaltung über Zeitleisten sowie mächtige Sortier- und Suchfunktionen verfügen. Idealerweise sollte es möglich sein, verschiedene Bearbeitungen von Fotos auch nicht destruktiv – also ohne Änderung am Originalbild – speichern zu können. Auch Bildbestellungen, Webalben, Fotobücher und interaktive Diashows gehören durchaus zum Funktionsumfang solcher Programme. Doch meist sind diese teuer in der Anschaffung, und der Privatmann schreckt davor zurück.

Doch nicht so bei Picopolo. Das Programm ist für Privatanwender vollkommen kostenlos und bietet die oben beschriebenen Funktionalitäten – und noch viel mehr. Dabei ist das Programm optisch sehr ansprechend gestaltet, wofür eigens ein Spezialist in Form eines Softwareergonomen beauftragt wurde. Dieser hat sehr gute Arbeit geleistet und den großen Funktionsumfang von Picopolo nicht nur in eine ansprechende, sondern auch übersichtliche und durchdachte Oberfläche gepackt. Es kann sogar zwischen verschiedenen Designs ausgewählt werden. Dabei sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass Picopolo so einen sehr eigenen Weg geht und selbst die Fensterelemente nicht mehr an Windows erinnern und man am Anfang schon zweimal hingucken muss, bevor man das richtige Icon zum Maximieren des Fensters oder zum Verkleinern in die Taskbar findet.

Vollbildansicht eines Fotos mit Iconleisten für Bildbearbeitungsoptionen [Foto: Benjamin Kirchheim] Organisiert werden die Fotos in Alben. Man kann sich diverse Alben anlegen und auch nebeneinander öffnen. Im Album selber befinden sich die Fotos mit allerlei zugeordneten Informationen. Um Fotos hier hinein zu befördern, muss man sie importieren. Dabei kann man entscheiden, ob die Fotos an ihrem ursprünglichen Speicherort verbleiben oder aber in den Albumspeicherplatz befördert werden. Dieser darf sich auch auf Wechseldatenträgern wie externen Festplatten, CDs und DVDs oder USB Speichersticks befinden. Außerdem hat ein Album allerlei Grundeinstellungen wie z. B. die Größe der Vorschaubilder. Picopolo ist dabei mit einem Demoalbum mit ansprechenden Fotos ausgestattet, auch eine umfangreiche Hilfe sowie eine Kurzreferenz sind zum einfachen Erlernen der Bedienung beigelegt. Wer sich ein wenig mit Programmen auskennt, wird aber ohne große Hilfe mit Picopolo zurechtkommen. Das Programm mit seinen Hilfen ist komplett in Deutsch und leicht verständlich und logisch aufgebaut.

Hauptsortierungskriterium für die Fotos sind Ordner bzw. Themen, die man sich in beliebiger Zahl und Schachtelung anlegen kann. So erfolgt die Sortierung intuitiv, wie man es vom Dateisystem gewohnt ist. Gewissermaßen können diese Themen auch durchaus die Verschlagwortung ersetzen, die aber zusätzlich ebenfalls möglich ist. Der Clou bei den Themen ist, dass Fotos gleichzeitig beliebig vielen Themen zugewiesen werden können. So kann man etwa ein Thema "Tante Erna" anlegen, wo man alle Fotos, wo Tante Erna drauf ist, ablegt. Hat man nun ein weiteres Thema "Sommerurlaub 2006", wobei Tante Erna für ein Wochenende zu Besuch gekommen ist, kann man die entsprechenden Urlaubsbilder sowohl dem "Sommerurlaub 2006" als auch "Tante Erna" zuordnen – genauso kann man mit Architekturfotos, Strandfotos, Sonnenuntergängen etc. vorgehen.

Zur Bildbearbeitung stehen ebenfalls einige Funktionen zur Verfügung, die sich auf Wunsch nicht direkt auf das Ausgangsbild auswirken, also jederzeit rückgängig gemacht werden können. Picopolo ist dabei allerdings keine ausgewiesene Bildbearbeitung, sondern bietet nur ein paar grundlegende Funktionalitäten – für weitergehende Bearbeitungen können externe EBV-Programme direkt aufgerufen werden. Zu den Bearbeitungsmöglichkeiten von Picopolo zählen einige Einklick-Korrekturen, die aber nicht alle unbedingt bildverbessernd wirken, man sollte also schon genau hinschauen. Neben dem Drehen von Bildern können diese beschnitten werden. Auch eine Korrektur von Farbe, Kontrast und Helligkeit sowie eine Nachschärfung und Farbtonwandlung (Sepia, Schwarzweiß) sind möglich. Ebenfalls mit an Bord ist eine einstellbare, automatische Rote-Augen-Korrektur, die die ungeliebten Kaninchenaugen aus Personenaufnahmen mit Blitz entfernt.

Bildbearbeitungsfenster mit Einklick-Korrekturen [Foto: Benjamin Kirchheim]In so genannten Präsentationen können Bilder zu verschiedenen Zwecken gesammelt werden. Hier ist es nicht nur möglich, eine Bildauswahl direkt über das Internet zum digitalen Ausbelichter zu schicken, wobei jedoch nur mit dem Anbieter Pixaco zusammengearbeitet wird, sondern auch Diashows, Webalben und Fotobücher können erzeugt werden. Dafür gibt es ein paar Designvorlagen, wobei die Einstellmöglichkeiten jedoch insgesamt eher begrenzt sind – hier bleibt Raum für spezialisierte Programme. Ein Fotobuch kann dabei nicht nur übers Internet bestellt werden, sondern auch der Ausdruck auf dem heimischen Drucker ist möglich.

Eine besondere Funktion von Picopolo ist die Möglichkeit, Landkarten zu integrieren. Bereits beim Standardprogramm ist eine – niedrig auflösende – Weltkarte dabei. Zwei detailreichere Karten von der Welt und von Deutschland lassen sich von der Homepage des Programms kostenlos nachladen. Haben eingelesene Fotos bereits Positionsdaten in den EXIFs gespeichert, werden die Fotos automatisch in der Karte platziert. Ist dies nicht der Fall, kann man sie von Hand in die Karte ziehen und an der gewünschten Position platzieren, die Koordinaten werden automatisch in das Bild übernommen. Außerdem ist es möglich, Bilder mit parallel zur Aufnahme gespeicherten Koordinaten zu verknüpfen. Die Aufzeichnung kann z. B. mit einem tragbaren GPS-Gerät erfolgen – die Synchronisation erfolgt anhand der Zeit, wobei man einen Zeitunterschied zwischen Kamera- und GPS-Uhr mittels eines Offsets ausgleichen kann. Picopolo weist im Bezug auf die Karten noch eine weitere Besonderheit auf: Es ist möglich, jegliche Art von Karten zu importieren, sofern sie als Bilddatei vorliegen. Man kann so Wanderkarten oder auch selbst gemalte Karten einbinden. Man muss diese nur entsprechend möglichst genau in der größeren Karte platzieren. Dass Norden auf einer Wanderkarte nicht immer oben ist, wurde auch berücksichtigt – man kann die Karte in Größe und Rotation anpassen, um die Platzierung möglichst genau vErstellung eines Webalbums [Foto: Benjamin Kirchheim]orzunehmen. Es ist übrigens nicht nur möglich, einzelne Bilder zu platzieren, sondern auch viele Bilder zu einer Route zusammen zu fassen – diese werden auch als Routen von Picopolo verwaltet und lassen sich explizit mit den dazugehörigen Fotos aufrufen. Routeninformationen und Kartenausschnitte können zur Veranschaulichung sogar in die von Picopolo erzeugbaren Fotobücher oder Diashows eingearbeitet werden.

Der Download des 60 MBytes großen Programms erfolgt über die Homepage des Herstellers (siehe auch weiterführende Links). Dafür muss jedoch eine E-Mailadresse angegeben werden, an die eine Seriennummer, die zur Installation nötig ist, geschickt wird. Somit hält sich der Hersteller wohl eine kostenpflichtige Zukunft des Programms bzw. von Updates mit weitergehenden Funktionen offen. Auf der Homepage sind ebenfalls die je ca. 300 MBytes großen Zusatzkarten von der Welt bzw. von Deutschland erhältlich. Detailreichere Karten – in diesem Fall speziell von den zwölf Städten der Fußballweltmeisterschaft 2006 – sind im Shop der Homepage käuflich zu erwerben – es handelt sich dabei um hoch auflösende Luftaufnahmen. Wer Hilfe zum Programm braucht, sich mit anderen Anwendern austauschen möchte oder den Kontakt mit den Entwicklern zwecks Anregungen oder Verbesserungsvorschlägen sucht, findet darüber hinaus ein Supportforum auf der Homepage von Picopolo.

Wer eine moderne Bildverwaltung mit vielen Funktionen und einfacher Bedienung sucht, findet in Picopolo ein sehr gutes, kostenloses Programm, das darüber hinaus auch noch den Einstieg ins Geotagging auch ohne GPS bietet; so kann man schon mal anfangen, seine Urlaubsfotos in den Karten zu platzieren.

Kurzbewertung

  • exzellentes Preis/Leitungsverhältnis (kostenlos)
  • ergonomische Oberfläche
  • hoher Funktionsumfang
  • teilweise schlecht funktionierende Einklick-Korrekturen
  • hübsche, aber nicht Windows-konforme Oberfläche
  • Bildbestellung nur bei Pixaco möglich

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.