Acclaim Software

Testbericht: Acclaim Software Focus Magic

2002-07-08 Einer Spezialanwendung hat sich Focus Magic verschrieben. Mit dieser Shareware kann man aus seinen verwackelten Bildern akzeptable Aufnahmen machen – in gwissen Grenzen natürlich.  ( PhotoWorld)

  
 
Bis zur Erschöpfung hat man San Francisco durchstreift und versucht abends noch ein historisches Gebäude zu knipsen. Doch ohne Stativ wird man später die Bekannten nur mit der sichtbaren Kreislaufschwäche beeindrucken. Bei der im Zwielicht erforderlichen Belichtungszeit sieht das Bauwerk wie beim großen Erdbeben aufgenommen aus – verwackelt und unscharf. Egal, im nächsten Amerika-Urlaub hat man noch einmal die Chance, das Motiv einzufangen. Wenn man nicht so lange warten will, ist die Software Focus Magic einen Versuch wert. Sie verspricht, die misslungene Aufnahme wieder gerade zu rücken.

Focus Magic - Arbeitsoberfläche [Screenshot: Photoworld]
  
  
Wunder mit beschränkter Haftung  Wunder kann man von Focus Magic nicht erwarten. Auch wenn die Kanten wieder auf Linie sind, enden zierliche Erker im schlimmsten Fall als Pixelbrei. Der Einsatz lohnt sich daher vor allem bei Architekturfotos, die keine feinziselierten Details enthalten oder aus gleichförmigen Flächen bestehen. Zum Trost erhält man zusätzlich noch drei Anwendungen, die den umgekehrten Weg gehen. "Defocus" legt einen Nebelschleier über ein Motiv und schafft damit ein romantisches Ambiente. "Increase resolution" vergrößert Bilder und zeichnet sie zugleich weich, damit die Vermehrung der Bildpunkte nicht zur Treppchenbildung führt. "Despeckle" dagegen verspricht Kratzer und Staubkörnchen von gescannten Fotos verschwinden zu lassen, indem sie mit dem Hintergrund verschwimmen.

Focus Magic ist zwar eine Shareware, aber trotzdem in weiten Teilen freigeschaltet. Sie bearbeitet Graustufenbilder oder Fotos unterhalb einer Auflösung von einem Megapixel. Will man ihr auch andere Bilder anvertrauen, kostet das 39 EUR.

Ermitteln der Grenzwerte  Die Software macht es sich zunutze, dass sich der verwackelte Motivrand durch einen Hell-Dunkel-Kontrast bemerkbar macht. An dieser Stelle kann sie ansetzen und den Umriss betonen. Zuvor muss ihr aber noch ein Parameter übergeben werden: Die Stärke des unscharfen Bereichs. Um ihn zu bestimmen, benötigt man ein externes Programm. Entweder man benutzt ein kostenloses Bildschirmlineal wie Scale oder man nutzt die entsprechenden Hilfsmittel in Photoshop oder Gimp.

   Focus Magic - Pixelausmessung [Screenshot: Photoworld]

Der verwackelte Bereich lässt sich als
Hell-Dunkel-Übergang in Pixel bestimmen
  

Um den Bereich deutlich einzugrenzen, sollte man ihn so weit vergrößern, bis die einzelnen Pixel mit bloßem Auge sichtbar werden. Mit einem Messwerkzeug, wie es alle drei Programme bereitstellen, lassen sich die Abstände exakt bestimmen. Es hindert einen natürlich nichts daran, die Bildpunkte auch einzeln abzuzählen. Damit ist der exakten Wissenschaft genüge getan und man kann sich dem Spiel von "Try & Error" hingeben.

Die Situation wird entschärft  Als Filter hat man bereits "Focus" ausgewählt. Den ermittelten Wert trägt man in das Feld "Amount" ein. Dann wählt man eine der vier Filtermethoden, unter denen sich als erster Versuch "Medium" empfiehlt. Klickt man nun auf einen verwackelten Bildbereich, sollte er im angezeigten Vorschaurechteck wieder scharf wie eine Bügelfalte ausgerichtet sein. Wenn nicht, muss man die ermittelte Pixelzahl etwas hinauf- oder herabsetzen, bis der verschwommene Bereich verschwindet. Die Variation der Filtermethode gibt der Kante den letzten Schliff.

Focus Magic - Anzeige des voraussichlichen Ergebnisses [Screenshot: Photoworld]
  
  

Das Viereck dient aber nicht nur der Vorschau, sondern markiert auch den Bezirk. Für Focus Magic ist er nun die Referenz dafür, wie ein gelungenes Bild auszusehen hat. Leider wird das gesamte Foto der Prozedur unterzogen – geschickter wäre es, wenn verschiedene Bildbereiche auch unterschiedlich behandelt werden könnten.

Mit einem Klick auf das Ampelsymbol hat die Zitterpartie ein Ende. Die Aufnahme wird neu berechnet und nähert sich der Vorstellung des Fotografen an. Im schlimmsten Fall aber ist man vom Regen in die Traufe gekommen: Der diffuse Rand ist zwar verschwunden, dafür sieht der Rest des Bildes aus, als wäre er zu lange in der Waschmaschine gewesen. Doch Versuch macht klug – die einzige Alternative wäre schließlich, das Bild von Hand zu korrigieren. In diesem Fall könnte man es aber ebenso gut neu zeichnen.

Das Foto wurde mit einer Belichtungszeit von 1/125 Sekunden und f8 aufgenommen. Zu Testzwecken wurde der Versuchperson Kaffee eingeflößt, dann musste sie aus der Hand heraus knipsen. Am linken und oberen Rand ist ebenso wie beim Ziffernblatt die Nervosität bemerkbar.    Focus Magic - Bild vorher [Screenshot: Photoworld]
Die Kanten sind begradigt und stehen wieder wie eine Eins. Die Fokussierung von Zeiger und Ziffern hatte aber ihren Preis. Bei näherer Betrachtung wirken sie grobkörnig und die Ränder sind gezackt. Focus Magic - Bild nachher [Screenshot: Photoworld]

Fazit  Newsgoups sind voll von Hilferufen, wie man seine verwackelten Fotos entstört – doch perfekte Ergebnisse bleiben wissenschaftlichen Anwendungen vorbehalten, die Normalsterbliche kaum bedienen können. So bleibt zumeist nur, die Aufnahme ihrem Schicksal zu überlassen. Mit Focus Magic hat man zumindest einen Silberstreif am Horizont. Für viele Aufnahmen lassen sich akzeptable Ergebnisse erreichen. In Postergröße wirken sie zwar möglicherweise etwas zermatscht, doch bis zu einer gewissen Größe lässt sich das Bilderbeben um einige Werte auf der Richterskala herabsetzen.

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