Nik Software

Testbericht: Nik Software Silver Efex Pro

2008-07-25 Nik Software, die in den vergangenen Monaten sehr fleißig neue Softwareprodukte auf den Markt gebracht haben (Viveza und Color Efex 3 Pro) und sich für die Entwicklung der U-Point-Technologie verantwortlich zeigen, haben erneut eine "Plug-in"-Lösung für ein weiteres fotografisches Gebiet veröffentlicht: Silver Efex Pro. Das Programm beschäftigt sich nämlich nur mit einem sehr komplexen Thema, der Schwarz-Weiß-Fotografie. Ob es das zufriedenstellend oder besser schafft, soll unser kurzer Praxistest zeigen.  (Harm-Diercks Gronewold)

Plugindialog mit Stilbrowser links und vorher/nachher-Bild [Foto: MediaNord] Silver Efex Pro ist ein Photoshop Plug-in und kann somit von allen Programmen benutzt werden, die diese Art von Plug-ins verarbeiten können. Darunter fallen Photoshop Elements und Photo X2 von Corel. Silver Efex Pro ist auch unter Apple Aperture zu betreiben und bietet dort auch besondere Funktionen an. Unser Test bezieht sich auf den Einsatz unter Photoshop.

In der Bildbearbeitung ist es, wie immer, auf verschiedenen Wegen möglich, Schwarzweiß-Bilder zu erstellen. Angefangen von der Aufnahme im S/W-Modus über nachträgliches Entsättigen bis zur Technik des Kanalmixens, der Verlaufsumsetzung, der Farbfüllebenen-Option und der extravaganten Kunst der Bildberechnung. All das ist entweder einfach zu handhaben und führt zu unbefriedigenden Ergebnissen oder ist so komplex und schwer zu beherrschen, dass man sich langsam vortasten muss und immer ein Auge auf dem Histogramm haben sollte bzw. muss.

Nik Silver Efex Pro schickt sich nun an, das alles zu revolutionieren, indem dem Benutzer nur ein Dialogfenster angeboten wird, welches es allerdings in sich hat. Die Ähnlichkeiten zu anderen Nik-Produkten sind kein Zufall, und selbstverständlich bettet sich das Plug-in sehr schön in die Nik-Expresspalette ein. Der Aufbau ist auf den ersten Blick ein wenig verwirrend, weil eine Menge Informationen im Dialog untergebracht sind. So findet sich auf der linken Seite der Stil Browser. Dort sind alle vorgefertigten Bildstile mit dem aktuell geöffneten Bild zu sehen. Doch dazu später mehr. Diesen Stilbrowser kann man mit einem Buttonklick ausblenden, um mehr Platz für die Vorschau zu haben. Die Vorschau lässt sich, wie auch bei Viveza und Color Efex 3.0, horizontal/vertikal mit einem Schieber teilen. Auch kann man das "Vorher/Nachher"-Bild einschalten oder sich nur das aktuelle Ergebnis anzeigen lassen, was sich durch einen Mausklick in das Ursprungsbild verwandelt. Auch zu finden sind die "üblichen Verdächtigen" wie Zoom und Auswahlpfeil. Auf der rechten Seite finden sich allerdings die wirklich interessanten Features. An oberster prominenter Stelle stehen die Grundeinstellungen Helligkeit, Kontrast und ein weiterer Schieberegler namens Struktur. Der Strukturregler bezeichnet den lokalen Kontrast und ist für die Erhöhung bzw. Abschwächung von Details zu gebrauchen. Alle drei Regler haben einen Bereich von -100 bis +100 %.

Kontrollpunkt setzen mit partieller Abdunklung des Himmelblaus [Foto: MediaNord] Darunter befindet sich die Schaltfläche, um einen U-Point zu erzeugen. Dieser funktioniert wie bei Viveza, hat allerdings weniger Schieberegler, lediglich finden sich hier Größe des Bereiches, Helligkeit, Kontrast und Struktur. Setzt man einen U-Point, kann man sich auch den Einzugsbereich per Masken ansehen und einzelne Punkte ein- und ausblenden, bis das Endergebnis passt. Die Masken, welche die U-Point Technologie erzeugt, sind nicht so genau, dass man ein Objekt präzise freistellen könnte. Doch immerhin präzise genug, um damit den Zweck zu erfüllen. Nicht vergessen hat man die Schatten- und Spitzlichter-Funktion, die einem, gerade in Grenzbereichen, eine sehr gute Möglichkeit gibt, das Optimum aus einem Bild herauszuholen.

Alle folgenden Bereiche, auch die von der obigen Schaltfläche gesetzten U-Points, sind so konzipiert, dass sie mit einem Klick ein- bzw. ausgeblendet werden können und auch auf die Grundeinstellung zurücksetzbar sind. Das ist auch nötig, da es eine Menge Dinge gibt, die man beurteilen möchte, bevor sie auf das Bild angewandt werden. So ist es einfach genial zu sehen, wie das Bild vor bzw. nach der U-Point-Behandlung aussieht, ohne sie tatsächlich anwenden zu müssen – dabei ist zu bedenken, dass das Basisbild immer noch farbig ist.

Weitere Kategorien sind die Farbfilter, welche zwar auch in Photoshop zu finden sind, dort aber recht versteckt untergebracht wurden. Hier beschränkt sich der Hersteller Nik Software mit den Standardfiltern wie Neutral (Grau), Rot, Orange, Gelb, Grün und Blau. Per Stärkenregler sind die Intensitäten der Filter zu steuern. Doch auch eigene Farbfilter sind erstellbar, aber nicht einzeln speicherbar, jedoch über einen Umweg; doch dazu später mehr. Die Farbfilter-Sektion macht es unnötig – auch wenn da die Fotografen geteilter Meinung sind –, tatsächlich Filter bei der Aufnahme zu verwenden. Denn dank des Bayer-Filters, welcher auf jedem Farbsensor sitzt (außer auf einem Foveon Sensor), sind auf den Sensoren schon alle Farbfiltermöglichkeiten enthalten, und dies dürfte der wohl einleuchtendste Grund sein, niemals in SW-Modus der Kamera zu fotografieren, ohne auch Farbfilter einzusetzen.

Filmsimulation bei 100% Ansicht [Foto: MediaNord] In Foren wird oft gefragt, wie man am besten das Filmkorn generiert, um damit einen Silberfilm zu simulieren. Die meisten Antworten sind vom Aufwand sehr umfangreich, und man muss mehr als die Basics der EBV verstehen. In Silver Efex Pro gibt es nun einen steuerbaren "Korn"-Generator, und dieser soll in der Lage sein, realistische Korneffekte zu erzielen. Das Problem bei den meisten Kornsimulationen ist, dass das Korn auf einer separaten Ebene liegt und nicht aus dem eigentlichen Bild entsteht, was aber wichtig wäre, denn das Korn basiert auf den Silberhalogenidkristallen in der gesamten Filmemulsion. Silver Efex Pro geht daher den Weg, das Korn direkt im Bild zu generieren. Der Benutzer kann neben den voreingestellten Filmtypsimulationen (18 an der Zahl, vom Kodak Pantonic ISO32 Film bis zum TMax 3200 Pro) auch noch die Möglichkeit nutzen, diese Voreinstellung zu variieren. Dazu stehen verschiedene Untersektionen zur Verfügung. Das Korn kann zum Beispiel verstärkt werden, indem das Verhältnis von Korn zu Pixel verändert wird, oder man variiert die Randschärfe des Korns. Hier empfiehlt es sich, das Bild mit einem Doppelklick auf 100 % zu bringen, damit man das Korn optimal beurteilen kann.

Als nächstes kann der Benutzer die Farbempfindlichkeit des Films ändern, was auch in diese Sektion des Plug-ins gehört, da es durchaus Filme gibt, die unterschiedlich auf Farben reagieren wie etwa der nicht mehr erhältliche Agfa Ortho 25, welcher – mit einem Tetenal Umkehrkit entwickelt – kein Korn mehr zeigte und nahezu glasklar wurde. Ist dieser allein schon sehr mächtige Bereich wieder geschlossen, kann der Benutzer sich mit der Tonwertkurve beschäftigen. Diese Tonwertkurve ist einer Gradationskurve ähnlich und war für jeden Filmtyp individuell und kann nun mit Silver Efex Pro relativ leicht simuliert werden, wenn z. B. ein altes Filmdatenblatt vorhanden ist.

Die letzte Kategorie beschäftigt sich mit Stilisierungseffekten rund um das Schwarz/Weiß-Bild. Hier sind Tonereffekte (sowohl Silber- als auch Papiertoner) untergebracht, und dabei fehlt auch nicht die Balance beider zueinander. Um dem Benutzer einen leichten Einstieg zu verschaffen, hat Silver Efex Pro 18 Tonungsvoreinstellungen implementiert. Diese dürfen dann nach Herzenslust verändert werden, bis das Endergebnis dem Benutzer zusagt. Nach der optionalen Tonung kann man dem Foto auch noch eine Vignette verpassen, die Einstellungen hierfür reichen von aufgehellt bis abgedunkelt und in der Stärke von kitschig bis edel. Die Art der Vignette ist per Schieberegler von Kreis zu Rechteck variierbar, und der Mittelpunkt ist manuell setzbar. Der letzte Effekt sind die "ausgebrannten Kanten", diese kennt man durchaus von alten Fotografien: Wenn die Glas- bzw. Filmplatten Licht von den Seiten bekommen hatten, dann war dieser Schein auf dem fertigen Bild auch zu sehen. Dieser Effekt ist für alle vier Seiten individuell anwendbar und in Stärke, Größe und Übergang frei einstellbar.

Sepia und Vignetteneffekt mit eingeblendeter Zonenschraffur [Foto: MediaNord] Wie schon angekündigt, geht es nun um den am Anfang erwähnten Stilbrowser und das Fehlen der Speichermöglichkeit bei den Farbfiltern und eigenen Filmsimulationen. Der Stilbrowser beinhaltet ab Werk mehr als 20 vordefinierte Stile, und man kann eigene Stile speichern. Anstelle also einzelne Filmsimulationen oder eine besonders gelungene Tonung bei der jeweiligen Kategorie zu speichern, speichert man einfach einen neuen Stil ab und kann den bequem auf ein anderes Bild übertragen. Die Stile lassen sich ebenso exportieren, auch damit man sich mit anderen Nutzern austauschen kann.

Ein weiteres sehr interessantes Feature versteckt sich beinahe ganz unten auf der rechten Seite. Es ist eine profane Zahlenleiste von 0 bis 10, wobei sich die 0 in einem schwarzen Kasten befindet und die 10 in einem weißen. Der Kenner ist sich nun sofort bewusst, dass es sich hierbei um die Helligkeitszonen des von Ansel Adams erdachten und von vielen Fotografen so geliebten Zonensystems handelt. Doch damit man sich nicht damit plagen muss, die Zonen selber zu erkennen, tut Silver Efex Pro dies automatisch. Fährt man mit der Maus über ein Feld, dann schraffiert sich der Teil im Bild, der dieser Zone angehört. Klickt man auf das Feld, dann bleibt die Schraffur bestehen. So kann man das Bild einteilen und beurteilen, um ggf. etwas an den Kontrasten und der Helligkeit zu ändern. Natürlich lässt sich das Ganze auch mit einem Klick aus- und einblenden.

Die Pinselfunktion ist natürlich auch hier (wie in Viveza etc.) vorhanden, um bestimmte Änderungen nur auf bestimmte Bildteile wirken zu lassen. Auch lässt sich das Plug-in in eine Smartebene unter CS3 gruppieren, so dass man bis zum Ende des Workflows alles unter Kontrolle hat. Unter Apple Aperture gibt es dann noch das besondere Feature, dass mehrere Bilder nacheinander mit Silver Efex Pro bearbeitet werden können, ohne (wie in Photoshop) ein Bild erneut öffnen zu müssen etc.

Fazit Erneut ist es Nik Software gelungen, ein Plug-in zu kreieren, welches in seiner Vielfalt so mächtig ist, dass es Einsteiger-Bildbearbeitungsprogramme wie z. B. Photoshop Elements zu einer professionellen Bildbearbeitung werden lässt. Aber auch CS2/3-Nutzer, die durchaus alle Effekte in der Bildbearbeitung selber "händisch" erledigen können, werden profitieren. Denn die Zeitersparnis ist immens, und man braucht ein immer gleiches Ergebnis nicht zu fürchten, kann es aber jederzeit erhalten. Der Preis von knapp 200 EUR ist dem Funktionsumfang angemessen. Wer sich von dem Programm noch selber überzeugen möchte, der lädt sich auf der Nik-Website (siehe weiterführende Links) einfach die 15 Tage gültige Demo herunter und startet damit durch.

Kurzbewertung

  • 16-bit Unterstützung
  • Realistische Filmsimulation
  • Intuitive Handhabung
  • Speicherbare Bildstile
  • Mächtiger Funktionsumfang

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.