Phase One

Testbericht: Phase One Capture One 4.1

2008-07-02 Capture One galt lange als einer besten RAW-Konverter auf dem Markt. Programme wie RAW Shooter, Adobe Photoshop Lightroom oder Apple Aperture liefen dem Tool in den vergangenen Jahren mit erweiterten Funktionen, schnellerem Bildaufbau und leichterer Bedienung allerdings den Rang ab. Der digitalkamera.de-Test zeigt, ob Hersteller Phase One mit der aktuellen Version, Capture One 4.1, wieder zur Konkurrenz aufschließen kann.  (Thomas Hafen)

Bild 1: Benutzoberfläche [Foto: Dr. Thomas Hafen] Das ist neu: Obwohl Capture One 4 der Nachfolger für die "Lite"-Version des RAW-Konverters ist, bietet es viele Funktionen, die bisher nur in der weitaus teureren "Pro"-Variante verfügbar waren. Dazu gehören unter anderem individuelle Kamera-Profile und Mehrfachansichten sowie die Möglichkeit, mehrere Konvertierungen als Stapelverarbeitung durchzuführen. Ganz neu sind die Variantenansicht und das "High Dynamic Range"-Tool. Die wichtigste Verbesserung ist aber auf der Oberfläche nicht sichtbar: Die RAW-Verarbeitung ist nach Angaben des Herstellers viermal schneller geworden. Mit Version 4.1 hat der Hersteller außerdem das erste Service-Release vorgestellt. Es bringt neben einigen Fehlerkorrekturen neue Werkzeuge zur Behebung von optischen Fehlern – derzeit allerdings nur für Mamiya-Objektive –, unterstützt weitere Kamera-Modelle und erlaubt die direkte Steuerung von Phase-One-Digitalrückteilen.

Der erste Eindruck: Die Benutzeroberfläche erinnert vom Stil her an Lightroom. Allerdings sind die Werkzeuge nicht auf der rechten Seite angeordnet, sondern finden sich in einer Kopfleiste, beginnend mit der Bildverwaltung, über Belichtungsanpassung, Zuschneiden, Schärfen und Metadatenverwaltung bis hin zur Konvertierung. Module zum Drucken, für Diashows oder Web-Galerien, wie sie die Konkurrenz von Adobe bietet, sucht man vergeblich. Nutzer, die bereits mit Capture One Pro gearbeitet haben, werden die Einteilung in ein Verwaltungs- und ein Bearbeitungsfenster vermissen. Durch diese Begrenzung auf ein einziges Fenster lässt sich ein zweiter Bildschirm nicht optimal nutzen.

Bild 2: Import-Dialog [Foto: Dr. Thomas Hafen] Zum Import von Bildern legt der Anwender eine Speicherkarte in den am PC angeschlossenen oder integrierten Kartenleser, oder schließt er seine Kamera an den Rechner an. Capture One öffnet automatisch den Dialog "Bilder importieren". Dieser lässt sich auch jederzeit über das Menü "Ablage" aufrufen. Augenfälligstes Merkmal des Dialogs ist die Möglichkeit, während des Imports automatisch eine Sicherungskopie der Bilder zu erstellen. Weniger überzeugend sind die weiteren Auswahloptionen. So lassen sich an Metadaten nur Copyright und eine Bildunterschrift eingeben, bei der automatischen Umbenennung kann der Nutzer nur einen Auftragsnamen frei definieren und mit der bestehenden Bildnummer oder einer laufenden Nummer kombinieren.

Wählt man zur Bildverwaltung das Ordner-Symbol in der oberen linken Werkzeugleiste, finden sich ganz oben in der linken Spalte die so genannten Anwendungsordner, die Capture One standardmäßig für Aufnahme und Ausgabe vorsieht. Als weiteres Ordnungselement gibt es Alben, die den Kollektionen in Lightroom entsprechen, Bilder werden per Drag & Drop einem Album zugeordnet, dabei aber physikalisch nicht verschoben oder kopiert. Intelligente Alben, die Bilder automatisch anhand bestimmter Metadaten sammeln, wie sie Aperture 2 und die Beta-Version von Bild 3:Verwaltungsfenster mit Mehrfach- und Browseransicht [Foto: Dr. Thomas Hafen]Lightroom 2 bieten, gibt es nicht. Häufig benutzte Ordner lassen sich außerdem als Favoriten speichern. Importiert man wie oben beschrieben Bilder in einen Ordner oder legt einen Ordner für den Bildimport neu an, fügt das Programm ihn automatisch zu den Favoriten hinzu, so dass man ihn leicht wiederfindet. Schließlich kann der Anwender über einen Verzeichnisbaum auf alle Ordner des Dateisystems zugreifen.

Capture One bietet mehrere Möglichkeiten, Bilder zu sichten, zu bewerten und auf Qualitätsmerkmale zu überprüfen. Da ist zum einen die "Browser"-Ansicht. Sie enthält Miniaturansichten der im Ordner befindlichen Bilder. Die Größe der Ansichten lässt sich ebenso verändern wie die Platzierung des Browsers, der unter oder rechts neben dem Hauptfenster angeordnet werden kann. Das eigentliche Bearbeitungsfenster, "Viewer" genannt, bietet zwei Betrachtungsmöglichkeiten. Als "Hauptansicht" zeigt es ein Bild an, in der "Mehrfachansicht" lassen sich bis zu zwölf Bilder gleichzeitig betrachten. Drückt man in der Mehrfachansicht die Shift-Taste und klickt doppelt auf ein Bild, zoomt das Programm alle angezeigten Fotos auf 100 Prozent. Der Aufbau der Vorschaubilder, der Hundert-Prozent-Ansichten und der Ausschnitte erfolgt dabei flott und kann mit der aktuellen Konkurrenz mithalten.

Bild 4: Varianten und Anpassungen-Dialog [Foto: Dr. Thomas Hafen] Um bei der Bildbearbeitung einen Vergleich mit dem Original zu haben, muss man bei Capture One eine so genannte Variante anlegen. Das ist zwar etwas umständlicher als die üblichen "Vorher/Nachher"-Fenster, hat aber auch Vorteile. So lassen sich leicht mehrere Versionen eines Bildes erzeugen, um beispielsweise verschiedene Farb- oder Schwarz-Weiß-Varianten desselben Motivs zu erstellen. Die Varianten lassen sich stapeln, wobei der Nutzer festlegen kann, welche der Versionen im Stapel oben liegen und damit im Browser-Fenster sichtbar sein soll. Ist man mit einer Version besonders zufrieden und will die Änderungen auch auf andere Bilder einer Serie anwenden, kommt das Anpassungstool zum Einsatz. Dabei kann der Nutzer auswählen, welche der veränderten Einstellungen kopiert und auf andere Bilder übertragen werden sollen.

Bild 5: HDR-Tool mit eingeschalteter Überbelichtungswarnung [Foto: Dr. Thomas Hafen] Für eilige Nutzer bietet Capture One zur Bildbearbeitung eine "Schnellkorrektur". Sie erlaubt es, ein ICC-Profil auszuwählen, das generelle Kontrastverhalten zu bestimmen, einen Weißabgleich durchzuführen und die Belichtung zu korrigieren. Über "Effekte" genannte Voreinstellungen, die sich – nicht ganz logisch – in den ICC-Profilen verstecken, kann man außerdem ein Bild schnell in ein Schwarz-Weiß-Foto umwandeln oder mit Sepia-, beziehungsweise Blautönung versehen. In der Schnellkorrektur-Palette ist auch das neue HDR-Werkzeug zu finden. Mit ihm lassen sich die Dynamikreserven einer RAW-Datei voll ausreizen. Über die beiden Regler "Schatten" beziehungsweise "Spitzlicht" kann der Nutzer zugelaufene Schatten und ausgefressene Lichter reparieren.

Ist man mit dem Bild zufrieden, kann man es direkt aus der Schnellkorrektur-Palette heraus als TIFF oder JPEG ausgeben. Bei der Umwandlung werden die Parameter verwendet, die der Nutzer in der "Ausgabe"-Palette (siehe Bild) definiert hat. Wer sein Bild weiter optimieren will, findet links neben der Schnellkorrektur Werkzeuge zur Farbfeinabstimmung zur Korrektur der Bildkontraste, zum Zuschneiden und Drehen des Bildes und zum Schärfen. Dabei sind immer nur globale Änderungen am Bild möglich, Pinsel für die Korrektur roter Augen etwa oder zur Entfernung von Staubflecken gibt es nicht.

Bild 6: Ausgabe-Dialog [Foto: Dr. Thomas Hafen] Rechts neben dem bereits erwähnten Anpassungen-Dialog findet der Nutzer die Ausgabe-Palette. Bei Capture One ist damit die Umwandlung in ein anderes Bildformat gemeint – nicht etwa die Ausgabe auf einen Drucker oder als Web-Galerie. In der Palette lassen sich unter anderem das Datenformat (JPEG oder TIFF), die Farbtiefe, das zu verwendende ICC-Profil sowie die Ausgabegröße festlegen. Außerdem kann der Anwender bestimmen, ob die Datei direkt in einem anderen Programm geöffnet werden soll und ob Capture One die Ausgabedatei schärfen soll oder nicht. Schließlich kann er noch definieren, wie die Datei heißen und wo sie gespeichert werden soll. Anders als in der Pro-Version lassen sich die Voreinstellungen nicht sichern, um sie auf andere Bilder erneut anwenden zu können. Auch die Möglichkeit, gleichzeitig mehrere Ausgabeversionen desselben Bildes zu erstellen, beispielsweise ein TIFF für den Druck und ein JPEG in niedriger Auflösung für die Webseite, gibt es bei Capture One 4 nicht. Dafür kann man bei Bedarf alle Varianten eines Bildes gleichzeitig umwandeln – sehr praktisch, wenn man beispielsweise eine Farb- und eine Schwarz-Weiß-Version desselben Fotos erzeugen möchte.

Bild 7: Web-Galerie erzeugen [Foto: Dr. Thomas Hafen] Eine weitere Möglichkeit, Bilder auszugeben, bietet die Funktion "Web-Kontaktabzug erstellen" im "Ablage"-Menü. Wie der Name schon sagt, will der Hersteller kein vollwertiges Webgalerie-Modul liefern, sondern dem Nutzer die Möglichkeit bieten, schnell für einen Kunden Kontaktabzüge online zu stellen. Die Auswahlmöglichkeiten sind entsprechend gering und können mit den Optionen von anderen Programmen wie Lightroom nicht konkurrieren.

Fazit Capture One 4 ist ein schneller, intuitiv zu bedienender RAW-Konverter – genau das und nicht mehr. Für die Verwaltung und Verschlagwortung der Bilder benötigt der Nutzer ebenso ein zusätzliches Programm wie für die Ausgabe als Druck oder Web-Galerie. Da trifft es sich gut, dass Phase One den RAW-Konverter derzeit in Kombination mit dem Programm Media Expression 2 zum Vorzugspreis von 139 Euro anbietet, mit dem sich viele dieser Aufgaben erledigen lassen.

Kurzbewertung

  • automatische Sicherungskopie beim Bilder-Import möglich
  • einfache Erstellung verschiedener Bildvarianten
  • aufgeräumte, intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche
  • wesentlich schneller als Vorgängerversion
  • keine Korrektur von roten Augen, kein Staubpinsel
  • keine Tools für Druck und Diashow
  • keine Unterstützung eines zweiten Monitors

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