Kleine Systemkameras mit großem Sensor

Sony stellt mit NEX-5 und NEX-3 komplettes neues Kamerasystem vor

2010-05-11 Als vierter Hersteller nach Panasonic, Olympus und Samsung stellt nun Sony sein lang erwartetes neues Kamerasystem vor. Und das gleich richtig! Zwei Kameras, drei Objektive, zwei Vorsatzkonverter, Objektivadapter, Aufstecksucher, Aufsteckblitzgerät, Aufsteckmikrofon, GPS-Datenlogger, Infrarot-Fernauslöser, Netzgerät sind die "Hart"-ware, ergänzt durch Taschen, Trageriemen, Einschlagtücher und einiges mehr. Zwar ziert auch die beiden Kameraneuheiten ein kleines Alpha-Logo, sonst findet man den Begriff bei der Kameraneuvorstellung aber nur noch in Verbindung mit dem Objektivadapter, mit dem sich viele Sony-Alpha- und Minolta-Objektive an das neue System anschließen lassen. "E-Mount" nennt sich der neue Anschluss, "A-Bajonett" der bisherige, von Konica Minolta übernommene Objektivanschluss.  (Jan-Markus Rupprecht)

Sony NEX-5 mit Aufsteckblitz HVL-F7S [Foto: 
Sony]Das "E" in "E-Mount" steht dabei übrigens für "Eighteen", denn lediglich 18 Millimeter beträgt das so genannte Auflagemaß des neuen Sony-Systems (das ist noch weniger als beim Micro-Four-Thirds-System). Auch für "NEX" gibt es natürlich eine Erklärung der Marketing-Leute: das steht für "New E-Mount X-perience (experience)", also "Neue E-Bajonett-Erfahrung" oder "Neues E-Bajonett-Erlebnis". Den Mittelpunkt des neuen Systems bilden zunächst die beiden Digitalkameras NEX-5 und NEX-3, die technisch kaum Unterschiede aufweisen, sondern vor allem durch unterschiedliche Haptik ihren Preisunterschied von 100 Euro begründen: Die NEX-5 besitzt ein Magnesiumdruckgussgehäuse und eine Metallfront sowie besonders edle Bedienelemente, die NEX-3 dagegen ein Kunststoffgehäuse. Die elektronischen Unterschiede der beiden Modelle sind schnell aufgezählt: Die  Sony NEX-5 beherrscht Full-HD-Video (1080i) im AVCHD-Format, während die NEX-3 normale MPEG-4-Videos mit 720 Pixeln Bildhöhe aufzeichnet. Und nur die NEX-5 besitzt einen Infrarotempfänger für die optional erhältliche Fernbedienung. Bei Videoaufnahmen wird mittels zweier eingebauter Mikrofone Stereoton aufgezeichnet, und Sony verspricht einen besonders leisen Autofokus mit allen drei vorgestellten Objektiven (auf die wir unten noch detailliert eingehen). In der Entwicklung befindet sich übrigens auch noch ein echter Semiprofi-Camcorder mit E-Mount, der dann ebenfalls Videos in DSLR-Qualität liefern wird.

Sony gibt an, mit der NEX-5 die derzeit kleinste und leichteste Wechselobjektiv-Systemkamera zu haben. Das glaubt man gern, denn selbst die beiden kleineren Objektive – mit 49 mm Filtergewinde wirklich keine Riesen – ragen oben und unten über das nur 58,8 mm hohe Kameragehäuse hinaus, wodurch sich ein sehr interessantes Design ergibt. In der Gehäusetiefe ist die NEX-5 durch ihren deutlicher ausgeprägten Griff etwas tiefer als ihr Schwestermodell NEX-3 (38,2 versus 33,4 mm). Dass die Kameras auf den Fotos noch wesentlich schlanker wirken, ist einem geschickten Design-Trick zu verdanken: Beide Gehäuse sind an der Oberseite hinten pultförmig abgeschrägt. Und natürlich haben die Produktfotografen alle perspektivischen Ansichten so fotografiert, dass man dort von der nach hinten herausragenden Gehäuserückwand nichts sieht. So oder so haben aber beide Kameras ein sehr schönes, schlichtes Design, das auch und besonders den europäischen Geschmack treffen wird. Die NEX-5 wird es in Silber und Schwarz geben, die NEX-3 in Silber, Schwarz und Rot.

Sony NEX-3 [Foto: Sony]In beiden Kameras arbeitet ein Sony Exmor APS HD getaufter CMOS-Bildsensor mit 14,2 Megapixeln (effektiv, d. h. bildwirksam). Hinsichtlich Bildqualität (einschließlich Rauschen, Lichtempfindlichkeit usw.) wird er damit Spiegelreflexkamera-Qualität erreichen. Im Vergleich zum Kleinbild-Vollformat ergibt sich ein Umrechnungsfaktor („Brennweitenverlängerungsfaktor“) von 1,5. Der Autofokus erfolgt, wie bei spiegellosen Systemen üblich, per Kontrastautofokus, basierend auf 25 Messfeldern. Der aktuelle BIONZ-Bildprozessor soll die nötige Rechenpower bereitstellen und einen schnellen Autofokus ermöglichen; dazu auch High-Speed-Serienaufnahmen mit bis zu sieben Bildern pro Sekunde. Die kürzeste Belichtungszeit beträgt 1/4.000 Sekunde. Die Lichtempfindlichkeit geht im Automatik-Modus von ISO 200 bis ISO 1.600, manuell lassen sich sogar bis ISO 12.800 einstellen.

Sony NEX-3 
[Foto: Sony]Beide Kameras besitzen einen vertikal um bis zu 80 Grad nach oben und bis zu 54 Grad nach unten schwenkbaren, 3 Zoll großen LCD-Monitor im 16:9-Format. Dieser passt sich dank integriertem Helligkeitssensor an das Umgebungslicht an und soll auch bei direktem Sonnenlicht noch ein gutes Bild liefern. Mit einer Displayauflösung von 921.600 Bildpunkten (307.200 Pixel) zeigt er auch feine Bilddetails an. Einen eingebauten Video-Sucher oder externen Video-Aufstecksucher gibt es für die neuen NEX-Modelle nicht.

Die neu entwickelte Menüführung soll Einsteiger und Kompaktkamera-Umsteiger gleichermaßen zufrieden stellen wie fortgeschrittene Hobbyfotografen und sogar professionelle Nutzer. Die Bedienung erfolgt über das Wählrad und zwei Tasten. Dabei werden die Auswirkungen auf das finale Bildergebnis bereits in der Vorschau dargestellt. Bei den vielfältigen automatischen Aufnahmeoptionen haben die Sony NEX-5 und NEX-3 sowohl die Sony Alpha Spiegelreflexkameras als auch die aktuellen Kompaktkameras von Sony beerbt. Darunter die mit der Alpha 550 eingeführte, jetzt noch einmal verbesserte Auto-HDR-Funktion. Eine Belichtungsreihe aus drei Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungswerten wird bereits in der Kamera zu einem Foto zusammengerechnet und ermöglicht so brillante Farben und Kontraste auch bei Motiven mit einem für ein Einzelfoto eigentlich zu hohen Kontrastumfang. Im Schwenkpanorama-Modus lassen sich Panoramaaufnahmen mit 23 Megapixeln Auflösung und einem Schwenkbereich von bis zu 226 Grad anfertigen. Hierzu muss der Fotograf nur den Aufnahmeknopf drücken und danach die Kamera horizontal oder vertikal schwenken. Das Panorama wird danach noch in der Kameras selbst berechnet. Nach einem für Juli 2010 angekündigten Firmware-Update sollen sich mit einem E-Mount-Objektiv sogar Panorama-Aufnahmen im 3D-Format aufnehmen lassen, deren dreidimensionaler Effekt sich dann auf einem 3D-tauglichen Sony Bravia Fernsehgerät betrachten lässt. Hierzu macht der Fotograf einen Panoramaschwenk. Die Kamera rechnet die Aufnahmen dann in ein 3D-Bild nach CIPA-Standard um, dass auf einem 3D-Fernseher als dreidimensionale Panoramaaufnahme betrachtet werden kann. Parallel dazu wird ein herkömmliches zweidimensionales Bild gespeichert. Zur Wiedergabe auf Fernsehgeräten besitzen beide Kameras eine HDMI-Schnittstelle. Besitzer eines Sony Bravia Fernsehers profitieren von zusätzlichen Komfort-Funktionen (Bravia Sync und Photo TV HD).

Sony  NEX-3 
[Foto: Sony]Die Kameras besitzen keinen eingebauten Blitz, aber gleich mit im Lieferumfang enthalten ist der kleine Aufsteck-Blitz HVL-F7S mit einer Leitzahl 7. Dieser ist aufklappbar (siehe Foto ganz oben rechts) und trägt in Ruheposition kaum auf, so dass er auch gut an der Kamera verbleiben kann, sofern im Zubehör-Schuh nicht anderes Zubehör Platz nehmen soll. Darüber, ob es einmal einen Adapter geben wird, um mit den NEX-Kameras auch bestehende große Sony-Blitzgeräte verwenden zu können, ist noch nichts bekannt. Ausgeschlossen wird das nicht. Eine Drahtlosblitzsteuerung gibt es derzeit ebenfalls noch nicht.

Mit den beiden neuen Systemkameras stellt Sony zunächst drei E-Mount-Objektive vor: ein Pancake, ein Standard-Zoom und ein Superzoom-Objektiv. Interessanterweise ist in den beiden Zoomobjektiven ein optischer Bildstabilisator eingebaut. Bei seinen DSLR-Modellen und Kompaktkameras setzte Sony bislang auf eine Bildstabilisierung mittels beweglich gelagertem Bildsensor. Das benötigt jedoch etwas Platz und war bei der großen Sensorgröße in den winzigen Kameragehäusen nicht zu integrieren. Die drei Objektive sind innen teilweise aus Kunststoff, haben aber außen einen Alu-Tubus und wirken dadurch edel. Auch das Bajonett am Objektiv (und natürlich an der Kamera) ist aus Metall.

Bei dem Pancake-Objektiv SEL 16F28 handelt es sich, wie die Typenbezeichnung andeutet, um ein 16mm/F2,8-Weitwinkel-Objektiv, woraus mit dem Umrechnungsfaktor von 1,5 eine äquivalente Kleinbild-Brennweite von 24 mm resultiert. Das Standard-3-fach-Zoom SEL 1855 (18 bis 55 mm tatsächliche Brennweite bei einer Lichtstärke von F3,5 bis 5,6) umfasst einen Kleinbild-Brennweitenbereich von 27 bis 82,5 mm. Beide Objektive sind – dem geringen Auflagemaß der spiegellosen Kameras entsprechend – sehr klein und leicht: 62 mm Durchmesser (49 mm Filtergewinde) und 22,5 bzw. 60 mm lang und nur 67 bzw. 194 g schwer. Ein anderes "Kaliber" ist da schon das Superzoom SEL 18200, das immerhin 524 Gramm auf die Waage bringt. Dafür umfasst das 11,1-fach-Zoomobjektiv einen Brennweitenbereich von (umgerechnet auf Kleinbild) 27 bis 300 mm (tatsächlich 18-200 mm bei F3,5 bis 6,3). Hier beträgt der Durchmesser immerhin 75,5 mm (Filter 67 mm) bei einer Baulänge von 99 mm. Alle Objektive besitzen einen Fokusring zum direkten manuellen Scharfstellen und sind durch leise Schrittmotoren für Videoaufzeichnung optimiert. Die Einzelpreise der Objektive sind bisher nur für das Pancake und das Standard-Zoom bekannt: 149 und 199 EUR. Das Superzoom wird deutlich teurer sein, man kann wohl von 650 bis 700 EUR ausgehen.

Sony NEX-5 Objektivübersicht [Foto: Sony]

Die Kameras gibt es sinnvollerweise nicht als Body allein, denn ein Objektiv braucht der Anwender ja sowieso. Aber es gibt fast alle erdenklichen Kits. Voraussichtlich Ende Juni 2010 werden folgende Kombinationen auf den Markt kommen (alle Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen): die NEX-5 mit Pancake-Objektiv SEL 16F28 für 599 EUR, mit 3-fach-Zoomobjektiv SEL1855 für 649 EUR und mit beiden Objektiven zusammen für 749 EUR. Die NEX-3 ist jeweils 100 EUR billiger. Ab zirka August 2010 wird es dann die NEX-5 auch in Kombination mit dem Superzoom-Objektiv SEL18200 zum Preis von 1.099 EUR geben.

Zur NEX-5 und NEX-3 wird es vom Start weg etliche Zubehörprodukte geben. Gleich mit im Lieferumfang enthalten ist der Aufsteck-Blitz HVL-F7S. In demselben Zubehör-Steckschuh kann man aber auch das Aufsteck-Stereo-Mikrofon ECM-SST1 (UVP 149 EUR) montieren, das bei Videoaufnahmen für besseren und störungsarmen Ton ohne Windgeräusche sorgt, oder den optischen Sucher FDA-SV1 (219 EUR), der zusammen mit dem Pancake-Objektiv verwendet werden kann. Für das Pancake-Objektiv wird es auch zwei Objektivadapter geben, die vor das Objektiv gesetzt werden. Der Ultraweitwinkel-Vorsatz VCL-ECU1 (159 EUR) mit einem Faktor von 0,75 reduziert dessen 24 mm Kleinbildbrennweite auf 18 mm. Noch extremer geht der Fisheye-Konverter VCL-ECF1 (179 EUR) zu Werke – 16 mm Brennweite (x0,62) sind das Resultat. Wer andere Objektive benutzen möchte, kann mittels Objektivadapter LA-EA1 (199 EUR) alle Optiken mit Sony-Alpha- bzw. Konica-Minolta-Bajonett anschließen, deren Blende dann von der NEX-Kamera gesteuert wird. Auf den Autofokus muss man dann aber verzichten und manuell scharfstellen. Der LA-EA1 besitzt sogar eine abnehmbare Stativschelle, um größere Objektive sicher auf einem Stativ (und nicht nur an der kleinen NEX-Kamera) zu befestigen. Rein manuelle Adapter sind theoretisch auch für zahlreiche andere Objektivbajonette denkbar.

 

Sony  ECM-SST1 externes Mikrofon [Foto: Sony] Sony FDA-SV1  Optischer Sucher [Foto: Sony]  Sony LA-EA1  Objektivadapter mit Stativschelle [Foto: Sony]  Sony AC-PW20 Stationäres Netzteil [Foto: Sony]

 

Für die Stromversorgung gibt es ein Netzteil AC-PW20 (100 EUR) für den stationären Betrieb der Kameras, beispielsweise im Studio oder am Fototisch, und natürlich ein Ersatz- bzw. Zusatz-Akku NP-FW50 (99 EUR). Besser greift man da gleich zum Zubehör-Kit ACC-FWCA (129 EUR), das neben dem Akku auch einen Tragegurt, eine Schutztasche für die Objektivkappe und ein Einschlagtuch für die Kamera enthält. Tragegurte (Schultergurte) in verschiedenen Farben (STP-XH1 für 39 EUR) sind auch separat erhältlich.

 

In den nächsten Tagen werden wir mit einem Hands-On-Artikel (inkl. mit der Kamera aufgenommenen Original-Fotos) auf das neue Sony-Kamerasystem zurückkommen, von dem wir uns heute und morgen einen ersten Eindruck verschaffen können.

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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.