Die besten Kamera-Smartphones 2015 im Überblick

Smartphones zum Fotografieren: Stand der Technik

2015-03-12 Fotografieren mit Handys. Ganz schlimm! So war zumindest vor einiger Zeit die Meinung vieler ernsthafterer Fotografen. Und nachdem sie lange Zeit eher belächelt wurden ("kein Problem, taugt alles nichts") sollen sie nun plötzlich für den Niedergang der Fotobranche verantwortlich sein: Die Handys, heute allesamt Smartphones, in die mehr oder weniger gute Kameratechnik eingebaut ist. Vom nicht Ernst zu nehmenden Spielzeug zum Terminator der Kompaktkameras in nur wenigen Jahren, das ist ja eine recht steile Karriere! Es ist Zeit für eine Bestandsaufnahme.  (Jan-Markus Rupprecht)

Was zählt, ist das Ergebnis. Zwar gibt es diese unsäglichen Glaubenskriege. Canon oder Nikon? Spiegelreflex oder spiegellos? Kompaktkamera oder Systemkamera. Analog oder digital? Vollformat oder APS-C oder reicht auch Micro Four Thirds oder gar ein 1-Zoll-Sensor? Zoom oder Festbrennweite? Richtige Kamera oder Smartphone? Bei alledem gibt es oft einen etwas verklärten Blick, wie Fotografie sei. Aktfotografie, um mal mit dem A anzufangen, oder Architektur. Hochzeit, Landschaft, Panorama, Portrait, Sport usw.; auf der anderen Seite, machen wir uns nichts vor: Aushänge im Supermarkt, Autos für Mobile.de, Baustellendokumentation, Bewirtungsbelege für die Abrechnung, der Busfahrplan der nahen Bushaltestelle, Design-Ikonen im Ladengeschäft zum Nachbauen, Essen für was auch immer, Gegenstände für Ebay, Möbel als Gedächtnisstütze, Preisschilder im Baumarkt. Und die Kinder, weil man nichts verpassen möchte und der Urlaub in allen Details, weil endlich mal Zeit ist. (Anstatt den Moment mit den Kindern und im Urlaub mal Live statt durch den Sucher zu genießen.) Gerne auch Ich-war-hier-Fotos (Selfies, offenbar gerade wichtiger denn je). Hand aufs Herz: die meisten Fotos, die gemacht werden (und schon immer gemacht wurden), verfolgen nicht künstlerische Ziele oder hohe Ansprüche, sondern dienen der Dokumentation oder der Kommunikation. Was ja nicht schlimm ist. Passbilder oder Fotos für den Lebenslauf haben auch keinen künstlerischen Anspruch, werden aber nicht selten noch beim Fotografen gemacht. Weil die Qualität eben stimmen soll. Das hat etwas mit Handwerk zu tun, nicht mit Kunst. Die gibt es auch, und die wurde schon immer auch mit zweifelhaften Werkzeugen geschaffen. Wobei es besser, leichter, zielführender natürlich mit guten Werkzeugen geht.

Digitale Fotokameras haben schon seit einigen Jahren ein Niveau erreicht, das all diese Bereiche mehr oder weniger souverän abdeckt. Auf digitalkamera.de haben wird das von Anfang an mitverfolgt. Erst haperte es vor allem an der Auflösung (da war im Bild kaum etwas zu sehen). Als die Auflösung auf vernünftigem Niveau war (so ab etwa acht Megapixeln, was für DIN-A4 bis DIN-A3 locker reicht) ging es an die Verbesserung der Akkulaufzeit. Statt 40 oder 50 Aufnahmen mit einer Akku-Füllung gab es bald 200 Aufnahmen (heute noch viel mehr); wer sich traute, fuhr ohne Ladegerät in den Wochenendurlaub. Dann ging es der Auslöseverzögerung an den Kragen. Plötzlich musste man auch nicht mehr vorausdenken "Was könnte in ca. 0,5 Sekunden passieren? Ich drücke sicherheitshalber schon mal den Auslöser." Und auch die Bildwiederholraten waren so, dass man einfach drauf los fotografieren konnte. Da war eigentlich alles gut.

Kompaktkameras mit vielen Megapixeln aber wenig Lichtstärke

Danach wurde die Auflösung bei Kompaktkameras mit kleinen Sensoren ins Unvernünftige gesteigert. Mit der Folge, dass den Anwendern, die ja nun einmal schon am Kamerabildschirm bis zur 100-Prozent-Darstellung (1 Pixel im Foto entspricht 1 Pixel auf dem Monitor) zoomen konnten, die stark entrauschten, aquarellartigen Bilder, die mit Fotos auf den ersten Blick wenig gemein haben, gar nicht mehr so toll fanden. Hier bringen Systemkameras mit ihren vielfach größeren Sensoren ungleich mehr Qualität und ehrlichere, weniger "aufbereitete" Fotos zustande. Dies aber um den Preis deutlich größerer Bauformen, schon allein deshalb, weil die Objektive sich nicht ins Kameragehäuse zurückziehen können. Und sehr häufig mit der Hypothek billiger Kit-Objektive, also Standard-Zoom-Objektive, die mit einem Preisanteil von höchstens 50 Euro das Gesamtpaket nur wenig "belasten" sollen. Diese bringen aber weder viel Bildqualität noch viel Lichtstärke (in der Regel beginnend ab Blende 3,5) und machen damit viel von der theoretischen Leistung der schönen Kamera zunichte. Wie man aus Herstellerkreisen hört, haben aber nur wenige der preisgünstigeren Spiegelreflex- oder spiegellosen Systemkameras jemals ein anderes Objektiv an ihrem Wechselobjektiv-Bajonett. Die allermeisten werden entweder direkt nach dem Kauf für alle Zeiten mit dem im Karton liegenden Kit-Objektiv verheiratet, das nie das Potenzial der Kamera ausreizt. Selbst wenn die Qualität an sich noch OK oder ganz gut ist, bleibt immer noch die relativ geringe Anfangslichtstärke, die dafür sorgt, dass manche Erwartungen der Käufer unerfüllt bleiben. Aber ohne Zoom und ohne günstig geht es halt scheinbar nicht.

Praktische Smartphones mit ordentlicher Bildqualität

Und dann kommen auf der anderen Seite die Smartphones daher, bei denen plötzlich die Anwender wie selbstverständlich akzeptieren, dass es keinen Zoom gibt, als sei das das Normalste der Welt. Da geht dann ganz easy eine Lichtstärke von F2,2, F2,0 oder gar F1,8, und durch die einfachere Festbrennweiten-Bauweise ist auch die Qualität OK. Dazu bleibt oft die Auflösung auf dem Teppich (Apple, alle Modelle) oder die Smartphone-Hersteller, wohl wissend, was sie tun (Nokia Lumia 1020, 1520, 930 oder Sony Xperia Z-Serie) zeigen dem Anwender standardmäßig gar nicht die 20 oder 41 Megapixel, die in 1:1-Darstellung auch gar nicht optimal aussehen. Statt dessen bekommt der Smartphone-Besitzer wunderschöne Fotos mit 5 oder 8 Megapixeln zu sehen, bei denen man ruhig mal in die 100-Prozent-Darstellung zoomen kann, ohne sich über das stark bildaufbereitete Ergebnis zu wundern. Und dazu kommt oft noch eine einfachere und intuitivere Bedienung. Von P, A, S und M, ISO usw. will das Smartphone meist (zunächst) nichts wissen. Und die Fotos können sehr einfach "geteilt" werden, was bedeutet, dass man sie irgendwo veröffentlichen oder irgendwohin weiterleiten kann. Nebenbei und ohne weiteres Zutun gibt es dann auch noch ein automatisches Geotagging, das heißt alle Fotos sind schön mit Geokoordinaten ausgestattet. Und die Datensicherung läuft unbemerkt im Hintergrund in die Cloud, selbst wenn man nicht im heimischen WLAN ist, sondern sich beispielsweise im Urlaub mit dem Hotel-WLAN verbindet. Kein Wunder, dass sich viele Anwender da fragen, wozu sie dann noch ihre Kompaktkamera benutzen sollen.

Natürlich gibt es die Gründe. Bei einigen muss man sagen "noch", andere werden uns systembedingt erhalten bleiben. Geschwindigkeit und optischer Zoom sind die großen Vorteile der Kompaktkameras. Bei den Kompaktkameras mit großem Sensor und den Systemkameras (mit oder ohne Spiegel) zudem eine überragende Bildqualität.

Zweierlei Maß

Bei der Qualitätsklassifizierung sind wir Journalisten übrigens selber schuld. Seit jeher ist es in der Fotobranche üblich, dass Kompaktkameras und Systemkameras (früher immer "Spiegelreflexkameras") mit zweierlei Maß gemessen werden. Das mag einerseits nachvollziehbar sein, Radiorecorder und Stereoanlagen würde man ja auch nicht nach den gleichen Maßstäben bewerten, obwohl beide Musik wiedergeben. Aber wenn man normale Waschmaschinen mit Waschmaschinen, die einen eingebautem Trockner haben, vergleicht, wäre es dann legitim, wenn letztere die Wäsche weniger sauber waschen und trotzdem gleich gute Testnoten erhalten? Nicht anderes passiert aber bei den Kameratests, überall, auch bei digitalkamera.de. Da erreicht eine Kompaktkamera fünf Sterne weil sie eine sehr gute Kompaktkamera ist. Die Maßstäbe einer Systemkamera angesetzt würde sie weit schlechter abschneiden. Das ist aktuell besonders problematisch, da sich die Felder zunehmend mischen. Mittlerweile gibt es Kompaktkameras mit richtig großen Sensoren, die sich leistungsmäßig eigentlich mit den Systemkameras messen müssen, denn sie haben die gleiche Technik eingebaut und kosten auch ähnlich viel. Aber wo will man die Grenze ziehen. Oder sollte man gar keine Grenze ziehen. Und wo stehen da die Smartphones in dem Vergleich? Am ehrlichsten sind da immer die Labortests. Die Zeigen die nackten Daten in Zahlen und Diagrammen. Und ob Smartphone, Kompaktkamera, Edelkompakte, spiegellose Systemkamera oder Profi-DSLR – das ist dem Labortest herzlich egal.

Stand der Dinge heute

Aber nach diesem Rückblick zum eigentliche Thema: Wo stehen die Smartphones heute? Können sie eine digitale Fotokamera ersetzen beziehungsweise wann können sie das und wann nicht? Und welches sind eigentlich die Top-Smartphones, wenn es um die Kamera-Qualität geht? MediaNord, die Redaktion von digitalkamera.de, betreibt seit Herbst 2013 auch digitalEyes.de und dort sind Smartphones (zum fotografieren) eines der Schwerpunkt-Themen. Entsprechend kennen wir seit zwei Jahren fast jedes Top-Smartphone ("top" hinsichtlich der Kamera-Leistung) und haben alle mehrere Wochen in der praktischen Erprobung. Und nicht zuletzt nutzen wir, neben anderen Quellen, das digitalkamera.de-Messlabor, um die Top-Kamera-Smartphones den gleichen Tests zu unterziehen, denen sich auch die "richtigen" Kameras stellen müssen. Was in der Praxis gar nicht so einfach ist, denn die Smartphones zeigen sich da mitunter störrisch. Das fängt beim nicht vorhandenen Stativgewinde an und hört bei nicht ohne weiteres vorhandenen manuellen Einstellmöglichkeiten noch lange nicht auf. digitalkamera.de-Testlabor-Leiter Benjamin Kirchheim hat bislang noch vor keinen Smartphone kapitulieren müssen (allerdings haben wir uns von den Apple-Geräten auch erst das aktuelle iPhone 6 vorgenommen, bei früheren Geräten vor iOS 8 wäre es mit einem Labortest aufgrund fehlender Einstellmöglichkeiten wohl nichts geworden). Wobei die Labormessungen nur eine Seite der Medaille sind.

Noch entscheidender ist eigentlich die Praxis. Und da sieht es für die Smartphones derzeit einerseits sehr gut, in anderen Bereichen aber auch wieder gnadenlos ernüchternd aus. Am wenigsten können die Smartphone den "richtigen" Kameras bei der Geschwindigkeit das Wasser reichen. Die Zeit bis die Kamera schussbereit ist und die Zeit, die zwischen zwei Fotos vergehen muss, bis das nächste Foto geschossen werden kann, ist bei Smartphones bislang noch lange nicht auf dem Niveau der "richtigen" Kameras. Aber an dem Thema sind die Smartphone-Hersteller bereits dran und man darf davon ausgehen, dass die Smartphone-Hersteller die Geschwindigkeit ebenso in den Griff kriegen werden, wie die Kamerahersteller vor ein paar Jahren. In diesem Punkt werden die Smartphones sicherlich innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahren mit den Kameras gleichziehen. Auch das Thema Autofokus-Geschwindigkeit ist bereits im Umbruch. Es gibt schon viele Smartphones, die schnell fokussieren, die meisten brauchen aber noch länger als klassische Kameras, bis sie scharf gestellt haben. Immer dann, wenn es um schnelle Schnappschüsse geht, haben also selbst einfache preisgünstige Digitalkameras derzeit noch Vorteile. Noch.

Bildqualität

Und wie sieht es bei der Bildqualität aus? Da gibt es, wie bei normalen Kameras auch, eine große Bandbreite von grottenschlecht (das heißt noch schlechter als die schlechtesten derzeit erhältlichen Digitalkameras) bis exzellent, wenn man die Maßstäbe von Kompaktkameras ansetzt. Wenn man Systemkameras (mit Sensoren ab 1 Zoll) als Maßstab nimmt, dann erreicht derzeit kein Smartphone dieses Niveau, das beste Kamera-Smartphone ist aber dicht dran.

Als Sensorauflösung bei den Premium-Smartphones hat sich derzeit 20 Megapixel etabliert (manchmal 16 Megapixel) bei einer Sensorgröße von 1/2,3 Zoll, also ziemlich klein (aber mit 6,2 mal 4,6 Millimeter nicht ganz winzig). Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Das ist aber bei Kompaktkameras genauso. Eine Klasse unter den absoluten Top-Geräten haben die Modelle üblicherweise noch kleinere 1/3-Zoll-Sensoren (4,8 mal 3,6 Millimeter) mit 13 Megapixel Auflösung. Eine Ausnahme bildet Apple. Dessen iPhones bleiben bei einer moderaten Auflösung von 8 Megapixel und fahren damit gar nicht schlecht. Zwar enthalten die iPhone-Fotos wirklich etwas weniger Details als die Spitzenmodelle anderer Hersteller. Aber in anderen Kennwerten wie dem Signal-Rauschabstand sind die Ergebnisse der aktuellen iPhone-6-Generation tadellos und beispielsweise bei der Eingangsdynamik sind die moderat auflösenden 8-Megapixel-iPhones besser als ausgewachsene Kompaktkameras, die viel zu viele Megapixel mit sich herumschleppen. Insgesamt gehören die Kameras in den iPhones damit zu den besten Smartphone-Kameras.

In Sachen Sensor stechen zwei Geräte aus der Masse deutlich heraus. Das ist zum einen das 41-Megapixel-Handy Nokia Lumia 1020 sowie das beziehungsweise die Panasonic Lumix DMC-CM1 mit 1 Zoll großem (13,2 mal 8,8 Millimeter) 20-Megapixel-Sensor. Letzteres bezeichnet Panasonic durchaus als Kamera (daher "die"). Es ist aber auch ein vollwertiges Android-Smartphone, deshalb läuft es bei uns als Smartphone (also doch "das") und nicht als Kamera. Hätte es ein Stativgewinde würden wir mit uns reden lassen ;-). Es ist für ein Smartphone recht dick und schwer, hat aber diesen schönen 1-Zoll-Sony-Sensor eingebaut, der auch in der Sony RX-100-Serie oder einigen anderen Kameras für ziemlich tolle Bilder aus kleinem Kameragehäuse sorgt. Der 41-Megapixel-Sensor im Lumia 1020 macht die Kamera auch recht dick, ermöglicht aber tatsächlich einen gewissen Zoom, ohne in der Qualität stark einzubrechen. Laut Microsoft werden solche auftragenden Kameramodule von den Verbrauchen nicht gut akzeptiert (obwohl das 1020 sicherlich nicht ganz erfolglos war beziehungsweise ist und auf jeden Fall viel Publicity gebracht hat). Microsoft wird das Konzept deshalb nicht weiter verfolgen.

Die Smartphone-Hersteller unternehmen übrigens einige Anstrengungen, die Nachteile der kleinen Sensoren (die brauchen sie unter anderem, um die Geräte so flach wie möglich zu halten) immer mehr durch innovative Softwarelösungen auszugleichen. Das klappt mal weniger gut (wie zum Beispiel bei den verschiedenen "Bokeh-Simulationen" die es so gibt), kann aber auch wirklich erstaunlich gute Ergebnisse liefern, wie zum Beispiel die Low-Light Modi im Apple iPhone 6 und Google Nexus 6.

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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.