RAW- und JPEG-Fotos des Nokia Lumia 1520 im Vergleich

Revolutionieren RAW-Aufnahmen die Smartphone-Fotografie?

2013-12-18 Mit dem Phablet Lumia 1520 von Nokia kommt erstmals ein Mobilgerät auf den Markt, das wie eine professionelle Digitalkamera auch im RAW-Format aufzeichnen kann. Damit wird der engagierte Smartphone-Fotograf unabhängig von der internen Bildaufbereitung des Geräts und sprengt zudem die Fesseln des JPEG-Formats. Auf der anderen Seite müssen die RAW-Aufnahmen zwingend entwickelt werden, bevor sie wie herkömmliche Bilddateien weiter verarbeitet werden können. Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt? digitalkamera.de hat ausprobiert, welches Potential in den RAW-Dateien von Nokia steckt – und welches nicht.  (Martin Vieten)

  • Bild Die JPEG-Dateien wirken bei ISO 1.600 rau und detailarm … [Foto: MediaNord]

    Die JPEG-Dateien wirken bei ISO 1.600 rau und detailarm … [Foto: MediaNord]

  • Bild … woran sich auch mit DNG-Aufnahmen nichts ändern lässt. [Foto: MediaNord]

    … woran sich auch mit DNG-Aufnahmen nichts ändern lässt. [Foto: MediaNord]

  • Bild Bei ISO 100 arbeitet die Rauschunterdrückung zu stark, die JPEG-Dateien verlieren an Mikrokontrasten. [Foto: MediaNord]

    Bei ISO 100 arbeitet die Rauschunterdrückung zu stark, die JPEG-Dateien verlieren an Mikrokontrasten. [Foto: MediaNord]

  • Bild DNG-Dateien wirken bei ISO 100 nicht ganz so rauscharm, dafür detailreicher und konturierter. [Foto: MediaNord]

    DNG-Dateien wirken bei ISO 100 nicht ganz so rauscharm, dafür detailreicher und konturierter. [Foto: MediaNord]

  • Bild JPEG-Dateien überschärft das Lumia 1520 etwas, es kommt zu Überschwingern an Kontrastkanten. [Foto: MediaNord]

    JPEG-Dateien überschärft das Lumia 1520 etwas, es kommt zu Überschwingern an Kontrastkanten. [Foto: MediaNord]

  • Bild Bei DNG-Dateien lässt sich die Schärfe auf den Punkt genau einstellen, ohne dass es zu Schärfeartefakten kommt. [Foto: MediaNord]

    Bei DNG-Dateien lässt sich die Schärfe auf den Punkt genau einstellen, ohne dass es zu Schärfeartefakten kommt. [Foto: MediaNord]

  • Bild Ab ISO 1.600 sind die Kontraste in JPEG-Dateien überhart … [Foto: MediaNord]

    Ab ISO 1.600 sind die Kontraste in JPEG-Dateien überhart … [Foto: MediaNord]

  • Bild … bei DNG-Dateien lassen sie sich besser ausgleichen. [Foto: MediaNord]

    … bei DNG-Dateien lassen sie sich besser ausgleichen. [Foto: MediaNord]

Von den lichtempfindlichen Fotodioden auf einem Bildsensor bis zum fertigen Abbild als Bilddatei auf der Speicherkarte ist es ein langer Weg. Zunächst muss das analoge Signal des Sensors digitalisiert werden, sodann interpoliert die interne Bildaufbereitung die Farben und schließlich sorgen eine Gamma-Korrektur und weitere Bearbeitungsschritte wie Schärfen, Rauschreduzierung etc. für ein Foto, das sich sehen lassen kann. Das ist praktisch, hat aber einen Nachteil: Die derart vom Bildprozessor der Kamera oder des Smartphones aufbereiteten Daten lassen sich nur noch in engen Grenzen ändern. Wer mehr Freiheiten wünscht, zeichnet besser im RAW-Format auf.

RAW-Dateien enthalten mehr oder weniger das rohe Signal, so wie es der Bildsensor nach der Digitalisierung geliefert hat. Die interne Aufbereitung dieser Daten entfällt dabei, RAW-Dateien werden erst am Rechner entwickelt. Das ist zwar umständlich, macht einen jedoch unabhängig von der Leistung und den Möglichkeiten des internen Bildprozessors.

Bislang war die Möglichkeit zur Aufzeichnung im RAW-Format hochwertigen Digitalkameras vorbehalten. Mit dem Phablet Lumia 1520 eröffnet Nokia diese Möglichkeit nun erstmals auch den Anwendern eines Mobilgeräts – für weitere Nokia-Geräte soll es Anfang 2014 ein entsprechendes Update geben. Damit besteht jetzt theoretische die Möglichkeit, deutlich bessere Bildergebnisse von der 20-Megapixel-Kamera des Mobilgeräts zu erhalten. Doch gilt das auch in der Praxis?

digitalkamera.de hat sich die Mühe gemacht, und mit dem Lumia 1520 je zwei ISO-Reihen aufgenommen – einmal in JPEG und zum zweiten in RAW (siehe weiterführende Links am Ende des Beitrags). Anschließend haben wir die beiden Dateiversionen in Adobe Camera Raw miteinander verglichen und versucht, aus den RAW-Dateien jeweils das Optimum herauszuholen. Erleichtert wurde dieser kleine Test von dem Umstand, dass das Lumia 1520 RAW-Dateien im universellen DNG-Format speichert. Jeder RAW-Konverter, der DNG-Dateien lesen kann, kann also die Roh-Daten des Lumia 1520 entwickeln.

  • Bild Das Nokia Lumia 1520 ist das erste Smartphone, das Raw-Dateien speichert.  [Foto: Nokia]

    Das Nokia Lumia 1520 ist das erste Smartphone, das Raw-Dateien speichert. [Foto: Nokia]

  • Bild Die rückseitige Kamera des Nokia Lumia 1520 hat einen 20-Megapixel-Bildsensor und einen optischen Bildstabilisator. [Foto: Nokia]

    Die rückseitige Kamera des Nokia Lumia 1520 hat einen 20-Megapixel-Bildsensor und einen optischen Bildstabilisator. [Foto: Nokia]

  • Bild Das Nokia Lumia 1520 besitzt ein 6 Zoll großes Display und zählt damit zu der Geräteklasse der "Phablets", einem Zwischending aus Phone und Tablet. [Foto: Nokia]

    Das Nokia Lumia 1520 besitzt ein 6 Zoll großes Display und zählt damit zu der Geräteklasse der "Phablets", einem Zwischending aus Phone und Tablet. [Foto: Nokia]

Üblicherweise spielen RAW-Dateien ihren Vorteil bei Aufnahmen mit hoher ISO-Empfindlichkeit aus. Denn die interne Rauschunterdrückung arbeitet gemeinhin wesentlich grobschlächtiger als ein RAW-Konverter wie Camera Raw oder Lightroom. Überraschenderweise gilt dies bei unserem kleinen Vergleich nicht für das Lumia 1520. Dessen Rauschunterdrückung ist sehr gut auf die (begrenzten) Möglichkeiten des kleinen 1/2,5-Zoll-Sensors mit 20 Megapixeln Auflösung abgestimmt. So gut jedenfalls, dass sich auch aus den DNG-Dateien bei ISO 1.600 keine bessere Balance zwischen Rauschunterdrückung und Detailwiedergabe herausholen ließen. Die interne Rauschunterdrückung hat vor allem tieffrequentes Rauschen besser im Griff als die Software von Adobe. Wünschenswert wäre allenfalls, dass das Nokia dem Rauschen nicht so sehr an den Kragen gehen würde, die Rauschunterdrückung des Geräts bügelt mehr feinste Details weg als der externe RAW-Konverter. Dass die Aufnahmen bei ISO 1.600 insgesamt detailarm und rau wirken, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

Bei ISO 100 liegen die Ergebnisse etwa gleichauf, mit leichten Vorteilen für das DNG-Format, das wieder einen Hauch mehr Details zeigt. In Sachen „Rauschen und Detailwiedergabe“ bietet das RAW-Format beim Lumia 1520 also kaum Vorteile. Dafür ist es den fertig gegarten JPEG-Daten beim Dynamikumfang deutlich überlegen. Die Verarbeitung hoher Motivkontraste ist sowieso keine Stärke des Lumia 1520, es packt bestenfalls einen Kontrastumfang von mageren acht Blendenstufen. Da besteht leicht die Gefahr, dass Spitzlichter ausfressen. Dieser Gefahr begegnet das Mobilgerät, indem es knapp belichtet – und zwar umso knapper, je höher die ISO-Zahl steigt. Bei ISO 1.600 schälen sich da nur noch einige helle Stellen aus dem deutlich unterbelichteten Foto heraus. Werden die nun in der JPEG-Datei aufgezogen, kommt es schnell zu Tonwertabrissen, das Bild erhält einen harten, unnatürlichen Look.

Verantwortlich dafür ist auch das JPEG-Format, das nur 256 Tonwertstufen je Kanal (8 Bit) zulässt. Mehr Reserven bietet Nokias DNG-Format, das immerhin mit 10 Bit je Kanal speichert und so 1.024 Tonwertstufen pro Kanal unterscheidet. Wenn es also darum geht, die Kontraste zu reduzieren und die Helligkeit anzupassen, ist man mit den DNG-Dateien auf der sichereren Seite. Das gilt ebenso beim Schärfen: Die JPEG-Dateien direkt aus dem Mobilgerät wirken leicht überschärft, es kommt zu sichtbaren Halos an Kontrastkanten. Solange die Bilder, so wie sie sind, gedruckt werden sollen, ist das noch OK. Werden die JPEG-Dateien dagegen weiter bearbeitet, besteht die Gefahr, dass die Kontrastsäume nochmals verstärkt werden. Dieser Gefahr geht aus dem Wege, wer seinem Bildbearbeitungsprogramm die RAW-Dateien des Lumia 1520 anvertraut.

Fazit In Sachen „Rauschunterdrückung und Detailwiedergabe“ schlagen sich die JPEG-Dateien des Lumia 1520 überraschend gut, da haben auch die RAW-Daten nicht mehr zu bieten. Klar im Vorteil ist man indes mit den DNG-Daten, wenn es gilt, harte Kontraste auszugleichen und die Helligkeit zu erhöhen. Ebenso bietet das RAW-Format des Lumia 1520 mehr Reserven beim Ausgleich der bisweilen unnatürlichen Farbwiedergabe. Revolutionär sind die Vorteile der RAW-Aufzeichnung indes nicht – zumindest solange nicht, wie das Aufnahmegerät mit einer ordentlichen JPEG-Engine wie das Lumia 1520 ausgestattet ist.


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