Rundum weiter entwickelt

Nikon präsentiert mit der D4 ein neues Profimodell

2012-01-06 Nikon wird mit der D4 im Februar 2012 eine komplett überarbeitete Profi-DSLR auf den Markt bringen. Gegenüber der D3S wurden praktisch alle relevanten Eigenschaften überarbeitet und verbessert: Das abgedichtete Magnesiumgehäuse soll besser in der Hand liegen und ist etwas leichter geraten, das Autofokusmodul wurde verbessert und der Belichtungsmesser verfügt nun über die 90-fache Menge an Messpunkten. Der neue FX-CMOS-Sensor löst 16,2 Megapixel auf, ihm zur Seite steht ein leistungsfähigerer Bildprozessor, mit dessen Hilfe die D4 elf Bilder pro Sekunde aufnimmt. Deutlich überarbeitet hat Nikon die Videofunktion, außerdem kommt in der D4 erstmals das neue XQD-Speicherkartenformat zum Einsatz.  (Benjamin Kirchheim)

MiNikon D4 mit AF-S 24-70 mm 2.8 G IF ED [Foto: Nikon]t der D3 präsentierte Nikon im Sommer 2007 erstmals eine Vollformat-DSLR, die seit Herbst 2009 als leicht überarbeitete D3S unterwegs ist. Mittlerweile ist die 3er-Serie arg in die Jahre gekommen und es wurde höchste Zeit für eine zeitgemäße Profi-DSLR aus dem Hause Nikon. Sie kommt nun in Form der heute vorgestellten D4. Nikon hat viel Entwicklungsarbeit in das Nachfolgemodell D4 investiert und dafür eifrig Feedback von Profifotografen gesammelt, um insbesondere deren Bedürfnisse zu befriedigen. Ganz oben auf der Wunschliste der Profis stand eine verbesserte Ergonomie. Nikon trägt dem mit einem neu geformten Hochformatgriff Rechnung, der die D4 deutlich besser in der Hand liegen lässt.

Dennoch ist das Querformat ergonomisch nach wie vor vorzuziehen, wie wir bei einem ersten Hands-On feststellen konnten. Darüber hinaus hat das Gehäuse gegenüber der D3S 60 Gramm an Gewicht eingebüst, besteht aber weiterhin aus einer widerstandsfähigen Magnesiumlegierung und ist mittels Gummidichtungen gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Eine spezielle Thermo-Farbbeschichtung sorgt für geringeres Aufheizen bei Sonneneinstrahlung, einige Kameratasten sind bei der D4 im Dunkeln aktiv beleuchtet.

Überarbeitet wurden auch die Schnittstellen, so verfügt die D4 nun über einen separaten Anschluss für das neue WLAN-Modul WT-5, das darüber hinaus deutlich kompakter als das Vorgängermodell ausfällt. Die Universalschnittstelle bleibt damit nun für den Anschluss des GPS-Moduls GP-1 neben dem Wirelessmodul frei. Außerdem lassen sich IPTC-Daten in die Aufnahmen integrieren. Der WT-5 wird über die Kamera mit Strom versorgt und bietet schnelles WLAN nach n-Standard, aber auch die älteren Standards a, b und g werden Nikon WT-5 Wireless Transmitter [Foto: Nikon] unterstützt. Eine http-Schnittstelle erlaubt die Übertragung zu mobilen Geräten wie Tablet-PCs und Smartphones sowie die Steuerung elementarer Kamerafunktionen wie die Foto- oder Videoaufnahme. Speziell für das iPhone soll es darüber hinaus eine Remote-APP zur Steuerung der D4 geben. Neu ist auch die Möglichkeit, bis zu zehn Kameras synchron drahtlos via WLAN auszulösen. Eine weitere neue Schnittstelle wendet sich vor allem an Studiofotografen: Die D4 verfügt über einen LAN-Anschluss im weit verbreiteten Steckerformat RJ-45. Darüber lässt sich die Kamera steuern und kann Aufnahmen direkt auf den Rechner übertragen. Benötigt wird dafür die optional erhältliche Software Nikon Camera Control Pro 2. Sie erlaubt in der neuen Version unter anderem die Steuerung des LiveView inklusive Umschaltung zwischen Foto- und Videomodus und kann Filmaufnahmen starten und stoppen.

Herzstück der D4 ist ein brandneuer CMOS-Bildsensor im 36 x 24 Millimeter großen FX-Format. Er löst 16,2 Megapixel auf und bietet dennoch einen größeren Empfindlichkeitsbereich als noch die D3S: ISO 100 bis 12.800 ist der Standardbereich, der sich auf Lo1 entsprechend ISO 50 bis Hi4 entsprechend ISO 204.800 erweitern lässt. Nikon D4 mit WT-5 Wireless Transmitter [Foto: Nikon]Die erhöhte Auflösung bedeutet dabei keineswegs erhöhtes Rauschen – im Gegenteil, Nikon konnte das Rauschen durch ein neues Sensorlayout und neue Fertigungstechnologien sogar verringern. Entwickelt hat Nikon den Sensor selbst, lässt ihn aber bei Auftragsherstellern mit Nikon-Werkzeugen fertigen.

Dem Sensor zur Seite steht der leistungsfähige Bildprozessor Expeed 3. Er verbessert dank 16 Bit Datenverarbeitung nicht nur das Rauschverhalten, sondern erhöht auch den Dynamikumfang und sorgt für eine verbesserte Wiedergabe von Hauttönen. Außerdem erlaubt der neue Bildprozessor eine Aufnahmegeschwindigkeit von elf Bildern pro Sekunde bei voller Auflösung. Soll der Autofokus aktiv nachgeführt werden, sinkt die Serienbildrate auf 10 Bilder/s. Um diese zu speichern, sind indes schnelle Speicherkarten nötig. Zwar rüstete Lexar die CompactFlash-Geschwindigkeit mit einer 1000x-Speicherkarte gerade auf, aber dennoch gerät das CF-Format an seine elektronischen Grenzen, die das kürzlich neue vorgestellte XQD-Speicherkartenformat sprengen wird (siehe weiterführende Links). Die D4 besitzt einen Doppelkartenslot und nimmt zusätzlich zu einer CF-Karte auch eine XQD-Karte auf. Letztere erlaubt dank ihres schnelleren Bussystems bis zu 200 JPEG-Aufnahmen oder 100-RAW-Aufnahmen in schneller Serie bei 11 Bildern pro Sekunde. Um der damit einhergehenden mechanischen Belastung Rechnung zu tragen, hat Nikon den Verschluss überarbeitet – er soll nun mindestens 400.000 Auslösungen überstehen. Die Auslöseverzögerung konnte Nikon darüber hinaus auf 42 Millisekunden verringern.

Ebenfalls renoviert wurde der Bildschirm, der auf üppige 3,2 Zoll (8 Zentimeter) in der Diagonale angewachsen ist, aber weiterhin 921.000 Bildpunkte auflöst. Das neue Display bietet einen größeren Farbraum als das der D3S und soll nun den kompletten sRGB-Farbraum abdecken. Außerdem konnten die Bildschirmreflexionen verringert werden und die Helligkeit regelt sich nun automatisch. Beibehalten wurde der große Pentaprismasucher mit 100 Prozent Bildfeldabdeckung und 0,7-facher Vergrößerung, 18 Millimeter Austrittspupille und Dioptrienausgleich. Im Sucher Nikon D4 [Foto: Nikon]sind die Randbereiche für kleinere Aufnahmeformate, etwa Crop 1,2 oder das DX-Format, abschattbar. Außerdem lassen sich Gitterlinien einblenden, die Autofokusmessfeldanzeigen können als Wasserwaage zur Horizontausrichtung dienen, die seitliche Belichtungsmesswaage zeigt zusätzlich an, ob die Kamera nach oben oder unten gekippt ist. Die Wasserwaage ist selbstverständlich auch im LiveView-Modus auf dem Bildschirm einblendbar. Der Autofokus verfügt weiterhin über 51 Messfelder, wovon 15 Stück als Kreuzsensoren ausgeführt sind. Neu ist jedoch die erhöhte Empfindlichkeit von elf der Kreuzsensoren, die nun auch eine Fokussierung mit F8 erlauben und bereits bei einem Lichtwert von -2 arbeiten. Interessant wird diese Neuerung beim Einsatz eine Telekonverters. So gibt Nikon an, dass die D4 mit dem F4/600 mm und 2-fach-Telekonverter, der daraus faktisch ein F8/1200mm macht, noch einwandfrei fokussieren kann. Geändert wurde auch die Ansteuerung der Autofokussensoren beim Wechsel von Hoch- auf Querformat, was insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn nur ein Messfeld oder eine Gruppe aktiviert ist.

Der überarbeitete Videomodus erlaubt bei FullHD-Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixeln nun eine Bildwiederholrate von wahlweise 24, 25 oder 30 Bildern pro Sekunde, bei reduzierter HD-Auflösung von 1.280 x 720 Pixel sind sogar 50 und 60 Bilder pro Sekunde möglich. Gespeichert wird im MOV-Format mit H.264-Komprimierung, wodurch kompakte Videodateien entstehen. Die maximale Aufnahmelänge pro Videoclip beträgt 29 Minuten und 59 Sekunden. Rolling-Shutter-Effekt und Blockartefakte will Nikon minimiert haben. Ohne Interpolation kann das Bild bis zu 2,7-fach gezoomt werden, bei der maximalen digitalen Ausschnittsvergrößerung werden also die Sensorpixel nativ 1:1 aufgenommen. Über die HDMI-Schnittstelle lässt sich das Videosignal darüber hinaus unkomprimiert ausgeben, eine gleichzeitige Speicherung auf der Kameraspeicherkarte ist dabei jedoch nicht möglich.

Nikon D4 mit AF 50 mm 1.4 D [Foto: Nikon]Neu ist die mechanische Entkopplung von Spiegel und Irisblende, die sich nun unabhängig voneinander steuern lassen. Der Spiegel kann ohne Stromverbrauch hochgeklappt bleiben, während Blende und Filmaufnahme ohne weiteren Spiegelschlag gesteuert werden können; das gilt auch für Fotoaufnahmen im LiveView, die nun viel leiser ohne Spiegelschlag möglich sind. Die Blende lässt sich für Filmaufnahmen in M und A in 1/8-Stufen einstellen; während der Aufnahme jedoch nur, wenn das Videosignal über die HDMI-Schnittstelle ausgegeben wird, jedoch nicht, wenn auf die Speicherkarte aufgezeichnet wird. Intern verfügt die D4 lediglich über ein Mono-Mikrofon, kann aber über den Stereo-Klinkenanschluss mit einem externen Stereomikrofon, beispielsweise dem Nikon ME-1, aufgerüstet werden. Die 3,5-Millimeter-Buchse bietet dabei eine Spannungsversorgung für aktive Mikrofone. Tonaufnahmen lassen sich sowohl mit dem internen als auch mit externem Mikrofon manuell aussteuern. Über den neuen Kopfhöhreranschluss mit 30-stufiger Lautstärkeregelung kann das Tonsignal kontrollieren werden, auch eine Line-Input-Option für externe Audio-Aufnahmegeräte existiert. Ebenfalls nützlich ist die neue Videoaufnahmetaste neben dem Auslöser. Videografen wird zudem freuen, dass die Kamera jede Filmaufnahme mit bis zu 20 Indexmarkierungen versehen kann, was den späteren Schnitt am PC erleichtert. Außerdem kann die D4 Zeitrafferaufnahmen anfertigen, die mit Hilfe der Intervallfunktion erzeugt werden. Die Abspielgeschwindigkeit beträgt dabei wahlweise 24- bis 3.600-fach.

Auch den Belichtungsmesser hat Nikon überarbeitet, er trägt nun den Namen 3D-Color-Matrixmessung III. Der Belichtungsmesssensor verfügt nun über 91.000 statt bisher 1.005 RGB-Messpunkte. Das ermöglicht nicht nur eine noch präzisere Belichtungsmessung, sondern auch eine verbesserte Objektverfolgung und damit Autofokusnachführung. Darüber hinaus reicht die Nikon D4 mit AF-S 24-70 mm 2.8 G IF ED [Foto: Nikon]Auflösung bereits zum Erkennen von Gesichtern, so dass nun auch bei der Sucherfotografie die Gesichtserkennung aktiv arbeitet. Außerdem werden mit Hilfe einer Datenbank die Belichtungs- und Farbmessungen anhand von 30.000 Motivdatensätzen abgeglichen, um sowohl in der Automatik als auch manuellen Fotografie die Bildaufbereitung weiter zu verbessern.

Zwei praktische Verbesserungen erfährt auch der Weißabgleich. So gibt es nun zwei Automatikmodi: Einer bietet wie bisher eine möglichst neutrale Farbwiedergabe, der neue Modus sorgt für stimmungsvolle Farben, die schön aussehen und der Motivsituation entsprechen. Darüber hinaus ist der Weißabgleich für das Livebild und die Aufnahme getrennt einstellbar. Nützlich ist das beispielsweise bei der Studio- oder Blitzfotografie, wenn das Einstell- bzw. Umgebungslicht nicht der Farbtemperatur des Blitzlichts entspricht. Dadurch sieht der Fotograf sowohl im Livebild als auch im aufgenommenen Bild neutrale Farben mit einem korrekten Weißabgleich. Auch die Belichtungskorrektur verfügt über einen neuen Modus. Während sich die Belichtungskorrektur bisher sowohl auf das Blitzlicht im Vordergrund als auch auf die Hintergrundhelligkeit gemeinsam auswirkte und die Blitzbelichtungskorrektur ihrerseits nur auf den Vordergrund wirkte, gibt es nun einen dritten Modus, bei dem sich die Belichtungskorrektur nur auf den Hintergrund des Motivs auswirkt. Darüber hinaus gibt es eine integrierte HDR-Funktion, die zwei Bilder direkt in der Kamera miteinander verrechnet. Die beiden Bilder werden wahlweise mit 1, 2 oder 3 EV Belichtungsunterschied aufgenommen und in einer von drei wählbaren Stärkestufen miteinander verrechnet. Der Verkauf der Nikon D4 startet bereits am 16. Februar 2012 bei ausgesuchten Nikon-Vertriebspartnern, der Preis der Kamera soll 5.930 EUR betragen.


Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

FOTOPROFI Die News sponsert FOTOPROFI, ein familien­geführter Fachhändler mit 9 Standorten in Baden-Württemberg, hochwertiger Bildmanufaktur, umfangreichem Webshop und kompetenter Telefonberatung: +49 (0) 7121 768 100.

News-Suche

von bis
Hersteller
Autor
Suche nach

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.