Ende eines Dinosauriers

Digitalfoto-Zeitschrift ComputerFoto im zehnten Jahr eingestellt

2006-01-17 Seit 1996 war ComputerFoto das etablierteste Digitalkamera-Magazin im deutschen Sprachraum und Testbild-Lieferant für digitalkamera.de. Aufgrund ihrer konstant hohen Qualität genoss die Zeitschrift einen guten Ruf, markierte allerdings preislich auch stets die Spitze aller Digitalfoto-Zeitschriften und sah sich in letzter Zeit einer starken Konkurrenz durch zahlreiche neue Titel ausgesetzt. Deshalb wird das aktuelle Heft 01/2006 die letzte ComputerFoto-Ausgabe sein. Das Heft-Konzept wurde zu den Akten gelegt, die Abonnenten an die Konkurrenz "verkauft" und die Redaktion aufgelöst.  (Jan-Markus Rupprecht)

ComputerPhoto [Screenshot: MediaNord]

Hinter vorgehaltener Hand munkelte man schon seit vergangenem Sommer, dass es wohl zu Ende gehen würde mit ComputerFoto, der Zeitschrift zur Digitalfotografie, die praktisch von der ersten Stunde, seit Digitalkameras für Privatanwender bezahlbar waren, mit dabei war und in all den Jahren qualitativ zu den Spitzentiteln zählte. Gewissheit gab aber erst eine Pressemitteilung des Vogel-Burda-Verlags vom 16. Dezember 2005. Darin wird nach Zustimmung des Kartellamts die Übernahme der ComputerFoto-Abonnenten von der Redtec Publishing GmbH in den Kreis der "Chip Foto-Video digital"-Abonnenten verkündet. Chip Foto-Video digital, der Shooting-Star unter den Fotomagazinen (verkaufte Auflage gemäß IVW im 3. Quartal 2005: 65.303 Exemplare) wird damit gemäß Pressemitteilung "auch die Nr. 1 der Fotomagazine im Abobereich." Hans-Joachim Jauch, Geschäftsführer Redtec Publishing, wird in der Pressemitteilung wie folgt zitiert: "Der Markt der Computerfotografie hat eine rasante Entwicklung genommen. Gleichzeitig sind viele neue Zeitschriften entstanden, die sich mit digitaler Fotografie beschäftigen. Der dicht besetzte Markt bedeutet natürlich ein schwieriges Umfeld für einen kleineren Anbieter wie ComputerFoto. Wir haben uns deshalb entschlossen, uns aus diesem Segment zurückzuziehen und uns auf die nachhaltig positive Entwicklung unserer anderen Geschäftsfelder zu konzentrieren." ComputerFoto hatte laut IVW im 3. Quartal 2005 noch eine Auflage von durchschnittlich 16.720 verkauften Exemplaren, weit weniger als die Hälfte dürfte davon allerdings den Abonnenten zuzurechnen sein. Insofern erscheint der Nutzen der Abonnenten-Übernahme ein wenig zweifelhaft. Kenner der Verlagsbranche wissen, dass sich Abonnenten eines Magazins nicht einfach beliebig und langfristig auf einen anderen Titel transferieren lassen, so dass dessen Abonnenten-Steigerung oft nicht von Dauer ist.

Nicht dass Chip Foto-Video digital kein gutes Magazin wäre. Aber die Ausrichtung ist doch eine andere, als es die von ComputerFoto war. Und eine Integration ist offensichtlich nicht geplant, denn der Vogel-Burda-Verlag hat natürlich eine eigene Redaktionsmannschaft und ein eigenes Testlabor. So liegen die Rechte an ComputerFoto auch weiterhin bei der Redtec Publishing GmbH, in der vor einigen Jahren der MACup-Verlag aufgegangen war, der ComputerFoto ursprünglich auf den Markt gebracht hatte. Redtec Publishing hält auch noch die Rechte an dem Einsteiger-Titel DigiFoto, dem allerdings ohne die Zweitverwertungsmöglichkeit aus dem Schwestermagazin ComputerFoto vermutlich die Existenzgrundlage entzogen sein dürfte. Die Website von ComputerFoto inklusive Diskussionsforum war noch bis Anfang Januar online, seitdem erfolgt eine Umleitung auf Chip Fotowelt, eine Online-Galerie für Digitalfotografen. Die ComputerFoto-Redaktion zerstreut sich derweil in alle Himmelsrichtungen, im Fall von News-Redakteurin Daniela Schmid sogar bis in die USA. Chefredakteur Richard Joerges, der diese Funktion parallel auch für das Apple Macintosh-Magazin MACup inne hatte, hat – allerdings nicht wegen des ComputerFoto-Verkaufs – ebenfalls seinen Abschied genommen und macht sich im Bereich Neue Medien selbständig.

Die aktuelle Ausgabe 01/2006 wird also definitiv die letzte ComputerFoto-Ausgabe sein. Geplanter Erstverkaufstag war der 14. Dezember, an dem das Heft jedoch nicht erschien. Nach der erwähnten Pressemitteilung vom 16. Dezember war zunächst unklar, ob die bereits fertig vorbereitete Ausgabe überhaupt noch erscheinen würde. Kurz vor dem Monatsende landete das Heft dann doch noch in den Briefkästen der Abonnenten und im Zeitschriftenhandel – und die Testfotos der beiliegenden CD ergänzen damit auch ein letztes Mal die Rubrik digitalkamera.de-Rubrik "Testbilder". Mit Michael Hußmann vom Hamburger Redaktionsbüro Digicam Experts, dem obersten Kameratester von ComputerFoto, suchen wir derzeit nach einer Nachfolge-Lösung für die ComputerFoto-Testbilder. Die Testbilder-Rubrik auf digitalkamera.de bietet seit 1997 rückwirkend von der ersten ComputerFoto-Ausgabe im Jahr 1996 alle Testbilder zum Download an und seit Ende 2003 sogar die Betrachtung in einem komfortablen Zoom-Viewer, der den kompletten Download der oft mehrere Megabyte großen Original-Bilddaten überflüssig macht. Dass nach dem Ende von ComputerFoto nun digitalkamera.de als Online-Magazin (unter der Domain seit März 1997 "auf dem Markt", die Marktübersicht sogar schon seit 1996) das älteste deutschsprachige Digitalfoto-Magazin ist, erfreut uns nicht wirklich, denn ComputerFoto und seine Redaktionsmitglieder waren uns immer sympathisch, und die Qualität des Hefts und seine Kontinuität haben wir sehr geschätzt.

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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.