Revolution in der Smartphone-Fotografie

41-Megapixel-Smartphone Nokia Lumia 1020 im Test bei digitalkamera.de

2013-10-14 Revolution in der Smartphone-Fotografie. So lautet eine Überschrift auf der Nokia-Website zum Lumia 1020. Das schießt nämlich derzeit den Vogel ab, was die Sensorauflösung angeht: Satte 41 Megapixel offeriert das Gerät. Weit mehr als jedes andere Smartphone und jede kompakte Digitalkamera. Allenfalls Spiegelreflex-Boliden wie die Nikon D800 können mit ähnlichen Zahlen aufwarten. Die hohe Auflösung soll auch ein optisches Zoom ersetzen. Zu der tollen Foto-Bildqualität verspricht Nokia auch noch eine herausragende Video- und Ton-Qualität. Da war es natürlich sehr spannend, das neue Nokia-Flaggschiff ausführlich zu testen – im Labor und in der Praxis.  (Jan-Markus Rupprecht)

Nokia Lumia 1020 [Foto: Nokia]

Das Gehäuse des Nokia Lumia 1020 ist in komplett aus dem Kunststoff Polycarbonat gefertigt. In einem Stück sozusagen. Vorne ist das Display eingesetzt mit edel abgerundetem Glas. Auf der Rückseite gibt es einen kleinen Höcker, auf dem dann noch einige Millimeter die kreisrunde Metallfront des Kameramoduls hervorsteht. Der seidenmatte Kunststoff ist schön griffig und macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Keine Spur von billigem Plastik. Alle Kanten sind etwas abgerundet, in der Hosentasche verhält es sich entsprechend unauffällig. Dass die Kamera etwas hervorsteht, stört in der Tasche oder in der Hand kaum. Im Gegenteil: Wie bei kaum einem anderen Smartphone findet man sofort die richtige Position, selbst ohne hinzuschauen. Auf dem Tisch liegend, ist der Kamerahöcker, dann aber nicht so praktisch. Beim Tippen kippelt das Gerät auf der Unterlage hin und her. Einhand-Tippen ist da schwierig. Man wird es mit einer Hand festhalten und mit der anderen Hand tippen.

Nokia Lumia 1020 [Foto: Nokia]

Das Betriebssystem Windows Phone 8 ist leicht bedienbar, lange einarbeiten muss man sich nicht. Auf einen Satz reduziert könnte man Windows Phone 8 beschreiben mit „Belaste den Smartphone-Besitzer nicht mit unnötigen Informationen, Abfragen und Eingaben!“ Herausgekommen ist dabei eine extrem aufgeräumte Bedienoberfläche, die manchem Android-Anwender jedoch vielleicht zu puristisch ist. Das AMOLED-Display hat 4,5 Zoll Bilddiagonale und eine Auflösung von 1.280 x 768 Pixel (Pixeldichte 334 ppi). Es lässt sich auch aus seitlichen Blickwinkeln ohne Farbverfälschungen gut ablesen und gibt eigentlich keinen Anlass zur Kritik. Edel in dieser Top-Preisklasse wäre vielleicht ein noch höher auflösendes Full-HD-Display. Aber nötig ist das bei 4,5 Zoll nicht. Als OLED-Display verbraucht es nur sehr wenig Strom, wenn wenig angezeigt wird. Nokia nutzt dies für die Anzeige der Uhrzeit in zartem Grau quasi als eine Art Bildschirmschoner (mit wechselnder Position auf dem Display). Dazu hat das 1020 sogar einen optischen Bewegungssensor hinter dem Frontglas. Wenn dieser längere Zeit keine Bewegung erkannt hat, verschwindet auch die Uhrzeit. Wer zu den Leuten gehört, die keine Armbanduhr mehr tragen, wird dies schätzen. Man muss das Lumia 1020 nur aus der Tasche nehmen (oder auf dem Tisch liegen haben) und braucht nicht einmal einen Knopf zu drücken, um die Uhrzeit zu sehen.

Die Arbeitsgeschwindigkeit ist mit allen Programmen sehr flüssig, die Bedienung des Touchscreens sehr zuverlässig. Das Lumia wiegt mit 158 Gramm erfreulich wenig für so viel Technik. LTE und NFC sind mit an Bord. Stattliche 32 GByte Flashspeicher sind fest verbaut, aber leider nicht per Speicherkarte erweiterbar. Exklusiv bei O2 gibt es eine Version mit 64 GByte. Wer möchte, kann ein Cover dazukaufen, mit dem sich das Lumia 1020 auf entsprechenden Ladeschalen kabellos aufladen lässt. Diese Technik hätte Nokia in sein Flaggschiff besser auch gleich einbauen können! Sie hätte das Smartphone ja nicht einmal dicker gemacht (im sehr schlanken Lumia 920 ist das direkt eingebaut), da es sowieso die Kamera ist, die am weitesten heraussteht. 

Nokia Lumia 1020 [Foto: Nokia]

Ein interessanteres Zubehör ist da sicherlich der Kameragriff, der aber leider auch das sonst sehr gelungene Design etwas zunichte macht. Griff und Smartphone zusammen wirken nicht mehr so edel wie das Lumia 1020 allein. Praktisch ist der Griff aber zweifellos, denn er besitzt ein Stativgewinde und einen eingebauten, zusätzlichen Akku mit 1.020 mAh, der die Laufzeit des Lumia 1020 um etwa die Hälfte erhöht (Kapazität des eingebauten Akkus: 2.000 mAh).

Nokia Lumia 1020 in Schwarz, Rückseite mit der Kamera [Foto: Nokia]

Die 41-Megapixel-Technik ist eigentlich gar nicht ganz neu. Nokia hatte die letztes Jahr schon einmal im Nokia 808 PureView. Aber das Gerät war furchtbar hässlich, hatte ein veraltetes Symbian-Betriebssystem und ein schwaches Display, das nicht einmal VGA-Auflösung hatte. Das war wirklich nur etwas für Hartgesottene. Schön, dass die tolle Kameratechnik nun den Weg in ein zeitgemäßes Smartphone gefunden hat! Wie funktioniert das Ganze nun? Was soll man mit 41-Megapixel-Fotos im Smartphone? Zunächst: Der Sensor hat zwar wirklich 41 Megapixel, nämlich 7.712 x 5.360 Pixel (mit zwei Nachkommastellen also 41,34 Megapixel). Die äußersten Bildecken liegen aber offenbar außerhalb des Abbildungsbereichs des Objektivs. Im 4:3-Format sind die Fotos 7.136 x 5.360 Pixel groß (38 Megapixel) und im 16:9-Format 7.712 x 4.352 Pixel (34 Megapixel). Die 16:9-Fotos sind also ein gutes Stück breiter als die 4:3-Fotos. Damit bleiben auch die 26 Millimeter kleinbildäquivalente Weitwinkelbrennweite im 16:9-Format erhalten, was unsere Testaufnahmen bestätigen. Apropos Weitwinkel: Die Brennweite beträgt entsprechend Kleinbild 26 Millimeter, die feste Blende 2,2. Das sind gute, praxisgerechte Werte: da geht viel aufs Bild und das Objektiv ist ziemlich lichtstark. Der Sensor ist auch mit 1/1,5 Zoll (2/3 Zoll ist eigentlich gebräuchlicher) ungewöhnlich groß für ein Smartphone, mehr als dreimal so groß wie üblich und auch noch mehr als doppelt so groß wie der Sensor des Sony Experia Z1 (20,7 Megapixel, dem derzeit einzigen echten Konkurrenten). Das ist natürlich immer noch eine kleine Fläche für so viele Pixel, aber das Problem haben alle anderen Smartphones ebenfalls und auch viele der in der Megapixel-Zahl hochgezüchteten digitalen Kompaktkameras. Eine Vollformat-Spiegelreflex-DSLR mit einer ebensolchen Pixelzahl (36 Megapixel) schöpft wiederum aus einer fast 15 mal so großen Fläche, spielt aber einfach preislich und von der Gehäusegröße in einer völlig anderen Liga, dass wir das nicht vergleichen werden.

Nokia Lumia 1020 in Weiß, Rückseite mit der Kamera [Foto: Nokia]

Diese Bilder verbrauchen im Speicher der Kamera 6 bis 17 MByte pro Bild, je nach Motiv beziehungsweise Kompressionsfähigkeit der Aufnahme und Bildseitenverhältnis. Die meisten 16:9-Fotos sind rund 10 MByte groß. Normalerweise kommt der Besitzer des Nokia Lumia 1020 mit den Riesenbildern aber gar nicht in Berührung. Die Kamera speichert immer die große Version und zusätzlich eine 2 bis 3 MByte große 5-Megapixel-Version. Die ist sozusagen das Ausgabeformat. Die lässt sich beispielsweise gut per E-Mail verschicken (da verschickt das Betriebssystem allerdings automatisch eine noch kleinere Version) oder in soziale Netzwerke oder Fotogalerien hochladen. An die  34- beziehungsweise 38-Megapixel-Version kommt man sogar gar nicht ganz so leicht heran. Das geht nur, indem man das Lumia 1020 an einen Rechner anschließt und dann von dort auf den Massenspeicher des Smartphones zugreift. Die automatische Datenübertragung aufs Skydrive überträgt (selbst bei WLAN) nur die kleine Version. Auch die Fotoanzeige von Windows Phone 8 zeigt immer nur die kleine Version an. Ausschließlich die Nokia Pro Cam App greift auf die große Version zu, und dann wird es interessant! Mit derselben Foto-App, mit der man normalerweise die Fotos macht, lässt sich aus jedem bereits geschossenen Foto eine neue kleine Version mit neuem Bildausschnitt machen. Im gleichen oder in einem anderen Seitenverhältnis. Im Hoch-, oder im Querformat. Oder auch etwas gedreht, wenn man zuvor aus Versehen ein schiefes Foto geschossen hat. Genug Bilddaten sind ja vorhanden.

Fortsetzung auf Seite 2

Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

Objektiv konfigurieren und steuern mit TAMRON Lens Utility Mobile

Objektiv konfigurieren und steuern mit TAMRON Lens Utility Mobile

Objektiv-Funktionen lassen sich einfach mit dem Smartphone über die Tamron Lens Utility Mobile-App anpassen. mehr…

Radiant Photo im Test

Radiant Photo im Test

Der "Bildveredler" zeigt in diesem Test, was er kann, wo er seine Schwächen hat und für wen er sich eignet. mehr…

Das Fn-Menü bei Sony Alpha 7 Systemkameras individuell anpassen

Das Fn-Menü bei Sony Alpha 7 Systemkameras individuell anpassen

Fototrainer Manuel Quarta zeigt, wie man das Fn-Menü bei der Sony Alpha 7 Serie auf eigene Bedürfnisse anpassen kann. mehr…

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Markt+Technik E-Books drastisch im Preis reduziert

Kamerabücher und Bücher zu Bildbearbeitung und allgemeinen Fotothemen gibt es schon ab 3,99 € zum Herunterladen. mehr…

FOTOPROFI Die News sponsert FOTOPROFI, ein familien­geführter Fachhändler mit 9 Standorten in Baden-Württemberg, hochwertiger Bildmanufaktur, umfangreichem Webshop und kompetenter Telefonberatung: +49 (0) 7121 768 100.

News-Suche

von bis
Hersteller
Autor
Suche nach

Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.