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36 Megapixel im Kleinbildformat: Nikon D800 und D800E

2012-02-07 Mit den Zwillingen D800 und D800E stellt Nikon zwei digitale Spiegelreflexkameras im Kleinbildformat vor, die mit 36 Megapixeln besonders hoch auflösen. Der japanische Kamerahersteller lanciert die Modelle nicht etwa als Nachfolger der D700, sondern als hochauflösende Ergänzung, denn für hohe Geschwindigkeiten oder besonders hohe Empfindlichkeiten sind diese Modelle nicht ausgelegt. Bei der D800 geht es vor allem um die Detailauflösung, bei der D800E sogar noch mehr: Diese teurere Modellvariante richtet sich an Profis, die mit einer Kamera ohne Tiefpassfilter umzugehen wissen. Dessen Fehlen erlaubt zwar eine höhere Auflösung, birgt aber auch das Risiko von unschönen Moirés.  (Benjamin Kirchheim)

Nikon D800 [Foto: Nikon]Eigens für die D800 entwickelte Nikon einen neuen CMOS-Bildensor im 36 x 24 Millimeter großen Kleinbildformat, der physikalisch 36,8 Megapixel auflöst, was effektiv in 36,3 Megapixel oder 7.360 mal 4.912 Pixel mündet. Nikon lässt diesen Sensor bei entsprechend ausgestatteten Auftragsfertigern produzieren.  Damit erreicht die D800 einen neuen Auflösungsrekord im Kleinbildformat (bei Nikon FX). Anders als die D700, die mit ihrem 12-Megapixelsensor besonders große und lichtempfindliche Pixel bietet, widmet sich die D800 also der Aufnahme von feinsten Details. Sie stellt selbst die Profikamera D3x in den Schatten und bietet dabei sogar noch den Vorteil der größeren Handlichkeit und des eingebauten Blitzes mit einer Leitzahl von 12, der auch als Master zur Steuerung externer Blitzgeräte dienen kann. Freilich lässt sich die D800 wie gewohnt mit einem Multifunktionsgriff ausstatten, mit dem die Kamera dann nicht nur eine längere Akkulaufzeit erreicht, sondern auch um einen Hochformatauslöser samt ergonomischem Handgriff erweitert wird. Nikon sieht die D800 bewusst als handliche Alternative zur Mittelformatkamera, dabei bietet die D800 aber einen großen ISO-Bereich von 100 bis 6.400, der manuell auf ISO 50 herunter und ISO 12.800 oder 25.600 herauf geschraubt werden kann.

Nikon D800 [Foto: Nikon]Ausgelesen wird der Sensor auf zwölf Kanälen, die Digitalisierung des Bildsignals erfolgt mit 14 Bit, die Datenverarbeitung im leistungsfähigen Bildprozessor Expeed 3 sogar in 16 Bit. Dies soll laut Nikon "sehr feine Tonwertabstufungen und äußerst natürliche Farbdarstellung bei enorm großem Detailreichtum und Dynamikumfang – selbst bei Aufnahmen im JPEG-Format" ermöglichen. Dabei kann die D800 aber auch in den Formaten RAW oder TIFF speichern. In die Neuentwicklung flossen zahlreiche technologische Fortschritte ein, die schon die D4 zu bieten hat: Etwa den verbesserten 51-Punkt-Autofokus mit seinen 15 Kreuzsensoren, wobei 11 der Sensoren bis zu F8 lichtempfindlich sind, also eine automatische Fokussierung selbst mit einem 600/F4 Teleobjektiv samt Zweifachkonverter erlaubt. Auch mit dem neuen 91.000 Pixel auflösenden RGB-Belichtungsmesser ist die D800 ausgestattet. Er unterstützt nicht nur den kontinuierlichen Autofokus bei der Motivverfolgung, sondern auch den automatischen Weißabgleich und bietet sogar eine Gesichtserkennung bei Verwendung des optischen Suchers. Auch die i-TTL-Blitzbelichtungsmessung wird damit verbessert.

Nikon D800 [Foto: Nikon]Bot die D700 noch keine Videoaufnahme, so kann die D800 gleich mit der zweiten, fortgeschrittenen Generation aufwarten. Bei FullHD-Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixel hat der Videograf die Wahl zwischen den Bildwiederholfrequenzen von 30, 25 und 24 Bildern pro Sekunde, bei 1.280 x 720 Pixeln stehen sogar 50 und 60 Bilder pro Sekunde zur Verfügung. Die D800 bietet sowohl einen Kopfhöreranschluss als auch einen Stereomikrofoneingang (jeweils mittels 3,5 Millimeter Klinkenanschluss) sowie eine manuelle Tonaussteuerung. Über den HDMI-Mini-Anschluss kann das unkomprimierte Bildsignal (ohne Monitoreinblendungen) ausgegeben werden, so dass eine externe und damit unbegrenzte Videoaufnahme mit entsprechenden Geräten erfolgen kann. Die D800 selbst kann dann nicht aufzeichnen. Die externe Aufzeichnung des Tonsignals im PCM-Format ist ebenfalls möglich. Ohne unkomprimierte HDMI-Ausgabe dagegen landen die Filmaufnahmen auf der Speicherkarte, die maximale Aufnahmelänge ist dann aber pro Clip auf 29 Minuten und 59 Sekunden beschränkt. Gespeichert wird im Quicktime-Format (MOV) mit der Komprimierung H.264 beziehungsweise MPEG-4/AVC. Weitere interessante Funktionen für Videografen sind die Blendensteuerung in feinen 1/8-Schritten und die mögliche Indexmarkierung wichtiger Phasenbilder einer Videosequenz, was das Auffinden bestimmter Sequenzen beim späteren Videoschnitt erleichtert.

Nikon D800 [Foto: Nikon]Gegenüber der D700 ist das Gehäuse ein paar Gramm leichter, betriebsbereit mit Akku und SD-Speicherkarte aber ohne Objektiv drückt die D800 genau ein Kilogramm auf die Waage. Neben dem SD-Kartenfach, das auch SDHC- oder SDXC-Speicherkarten (auch UHS-1) aufnimmt, verfügt die D800 über einen CompactFlash-Steckplatz, der UDMA-7-kompatibel ist. Auf Wunsch können beide Kartentypen gleichzeitig genutzt werden. Entweder füllt die Kamera sie nacheinander, oder beide gleichzeitig als Backup, oder speichert auf eine RAW und auf die andere JPEG oder man trennt Foto- und Videoaufnahmen voneinander. Der Rückwärtige Bildschirm ist auf 3,2 Zoll (etwa acht Zentimeter) Diagonale angewachsen und bietet weiterhin 921.000 Bildpunkte Auflösung. Neu ist ein Lichtsensor zur automatischen Anpassung der Monitorhelligkeit. Der Spritzwasser- und Staubschutz ist genauso erhalten geblieben (und sogar auf D4-Niveau) wie das hochwertige Magnesiumgehäuse.

Neu ist, dass der Sucher das Bildfeld zu 100 Prozent abdeckt, dafür sinkt der Vergrößerungsfaktor minimal von 0,72-fach auf 0,7-fach, die Austrittspupille misst nun 17 statt der 18 Millimeter bei der D700. Der Verschluss bietet mit 200.000 Auslösungen eine lange Lebensdauer und erlaubt Belichtungszeiten von 1/8.000 bis 30 Sekunden. Der neu konstruierte Antrieb arbeitet besonders im LiveView und bei langen Filmaufnahmen mit jeweils hochgeklapptem Spiegel sehr sparsam. Mit einer Akkuladung des EN-EL15 sind 850 Aufnahmen nach CIPA-Standard möglich, im LiveView-Filmaufnahmemodus beträgt die Betriebszeit immerhin 60 Minuten, sofern die Kamera nicht vorher aufgrund zu großer Hitzeentwicklung Nikon D800E [Foto: Nikon]sicherheitshalber abschaltet. Erweitert wurde die Intervallfunktion um die Möglichkeit, Zeitrafferfilme aufzunehmen und mit 24- bis 36.000-facher Geschwindigkeit abzuspielen. Ebenfalls neu ist eine HDR-Aufnahmefunktion, die drei Bilder automatisch miteinander verrechnet. Die Glättung der Übergänge zwischen unterschiedlich belichteten Bildpartien kann dabei vom Benutzer individuell für eine natürliche Bildwirkung angepasst werden.

Ab Ende März 2012 soll die D800 zu einem Preis von 2.900 EUR erhältlich sein. Das Schwestermodell D800E wird ab Mitte April für 3.220 EUR nur bei ausgesuchten Profihändlern angeboten. Im Gegensatz zur D800 fehlt der D800E der Tiefpassfilter. Das bringt zwar nochmals eine etwas höhere reelle Auflösung, birgt aber die nicht zu unterschätzende Gefahr von Moirés. Nikon meint, Profis wüssten damit umzugehen, da es im Mittelformat auch keine Tiefpassfilter gäbe. Gerade bei Stoffen und anderen feinen Strukturen muss der Fotograf aufpassen und beispielsweise den Fokus oder die Kamerastellung leicht anpassen. Im Lieferumfang der D800E befindet sich ein Freischaltcode für die Kamerabildbearbeitungssoftware Capture NX 2, die bei der D800 zusätzlich erworben werden muss. Capture NX 2 bietet eine Funktion zur Reduktion von Moirés, Nikon betont aber, dass diese einen Tiefpassfilter nicht ersetzen könne.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.