Rubrik: Motive und Situationen

Unterwasser-Fotografie – Teil 5 Digitale Nachbearbeitung

2008-09-08 Der erste Blick auf die ersten Unterwasser-Fotos ist oft ernüchternd: Was sich eben noch als beeindruckendes Panorama darstellte, erscheint nach dem Tauchgang im Display der Digitalkamera als blaustichiges, kontrastarmes Bild – vor allem, wenn Landschaften, Schwärme oder weiter entfernte Objekte ohne Blitz aufgenommen wurden. Doch keine Sorge: Am heimischen Computer entfalten die Bild-Dateien ihre Pracht. Hierzu reichen meist wenige Handgriffe, für normale Ansprüche und Urlaubs-Schnappschüsse kann man die Arbeit den Automatik-Programmen der einschlägigen Bildbearbeitungs-Software überlassen.  (Christian Fischer)

Aufnahme eines Blaupunkt-Rochens, wie sie aus der Kamera kommt. [Foto: ScubaPhotoFactory]Um aus Unterwasser-Fotos ordentliche Bilde zu generieren, genügt in der Regel Standard-Software wie Adobe Photoshop Elements oder Ulead PhotoImpact. Selbst die simplen Programme, die Digitalkameras beiliegen, erfüllen die grundlegendsten Bedürfnisse. Dazu zählt zuerst die Optimierung von Kontrast und Farbe. Wer nicht viel Zeit investieren will, darf durchaus die Automatik-Funktionen ausprobieren. Die führt vor allem beim Kontrast fast immer zu einem deutlich klareren Bild. Allerdings kann auch das Gegenteil passieren: dass es die Automatik übertreibt und das Bild durch scharf kontrastierende Farben verunstaltet. Dann rettet der Griff zur Zurück-Taste – und anschließend zum manuellen Regler.

Die Farben lassen sich selbst bei Standard-Programmen einzeln in ihrer Sättigung verstellen. Rot wird in der Regel dazugegeben – aber nicht zu viel, da dann einzelne rote Pixelgruppen übermäßig stark betont werden. Blau und Grün können etwas zurückgenommen werden. Hier hilft Experimentieren; mit etwas Übung findet man schnell seinen persönlichen Stil.

Mehr Kontrast und die Funktion «Auto-Farbe» schärfen die Konturen. [Foto: ScubaPhotoFactory] Ein weiteres wichtiges Werkzeug ist der Tonwert. Hier gibt es verschiedene Wege, eine nicht optimale Voreinstellung an der Kamera zu korrigieren. Die Automatik-Funktion ist hier meist wenig wirksam: In der Regel liefert sie entweder kaum sichtbare oder völlig entstellende Ergebnisse. Weiter hilft manchmal die Halb-Automatik, bei der man entweder einen Weiß- oder einen Schwarzpunkt innerhalb des Bildes definieren kann. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, die manuelle Regelung auszuprobieren. Dies geschieht standardgemäß für das ganze Bild. Bei hochwertigen Programmen lassen sich natürlich noch die Farbkanäle einzeln ausbalancieren. (Derlei professionelle Ansätze sprengen aber den Rahmen dieser Folge, die Arbeitsweise unterscheidet sich nicht von der normaler Fotos und wird in anderen Fototipps ausführlich dargestellt.)

Soweit die Grundfunktionen, die ein Unterwasser-Bild auf das Niveau eines normalen Land-Fotos liften. Für Tüftler fängt der Spaß jetzt erst an. Pixelstarke Kameras lassen – so sie mit hochwertiger Optik ausgestattet sind – Ausschnitte in verschiedenen Formaten bis hin zum spektakulären Breitwand-Design zu: Immer nur 3:2 ist ja langweilig. Auch schöne, etwas unscharf geratene Bilder, wie sie beim Tauchen oft entstehen, sind Eine Korrektur des Tonwertes bringt noch mehr Farbe ins Spiel und enthüllt das (im Gegensatz zum natürlichen) rötere Licht der Xenon-Lampe. [Foto: ScubaPhotoFactory]mit nachträglicher Schärfung eventuell zu retten. Zu dunkle Bilder lassen sich aufhellen, zu helle (die unter Wasser eher selten vorkommen) abdunkeln. Einen deutlichen Vorteil genießt hier, wer seine Dateien im kameraeigenen RAW-Format abspeichert. Diese Option ist auch in einigen hochwertigen Kompaktkameras enthalten und arbeitet mittlerweile so schnell, dass sie Belichtungsreihen nicht mehr behindert. Gerade Unterwasser-Motive lassen sich mit der entsprechenden Software so nachträglich (und auch stellenweise) aufhellen oder schärfen.

Umgekehrt kann ein nachträglich in Unschärfe (oder sogar ganz in Nachtschwarz) gesetzter Hintergrund dabei helfen, das Augenmerk auf einen einzelnen Fisch, quasi als Protagonisten, zu lenken. Ab dem nächsten Schritt scheiden sich die Geister: Ist es eine weitere Optimierung oder Manipulation, ist es künstlerische Freiheit oder Fälschung, wenn etwa Bewegungsunschärfe zugefügt wird – die unter Wasser eher schwer auf natürlichem Wege zu erzeugen ist. Die Umgebung der Muräne aus Teil 1 dieser Serie (siehe weiterführende Links) etwa wurde per Photoshop markiert und mit dem entsprechendem Filter versehen. Schon scheint es, als springe sie förmlich in die Kamera. Derlei Optimierungen der Wirklichkeit sind unter Wildlife-Fotografen eher verpönt – aber ist nicht auch eine Aufhellung der Szenerie per Blitz oder Jetzt noch die Farbe nach Geschmack nachkorrigieren – und aus dem Foto wurde ein Bild. [Foto: ScubaPhotoFactory]die Linien-Verzerrung eines Fisheye-Objektivs ein unnatürlicher Eingriff? Wer nicht gerade wissenschaftliche Studien der Unterwasser-Fauna betreibt, darf also ruhig experimentieren. Typisch für Unterwasser-Motive ist schließlich ihre Toleranz gegenüber Manipulation: Eine gekonterter Kirchturm fällt als solcher auf, ein gekonterter Korallenstock nicht.

Eine wichtige Frage bei derlei Eingriffen lautet, was man mit dem Foto anzufangen gedenkt. Wer Reiseberichte im Internet veröffentlichen möchte, sollte weitestgehend das wahre Leben zeigen. Wer mit der Hai-Datei seinen Duschvorhang bedruckt, darf nach Belieben retuschieren. Die heutigen vielfältigen Möglichkeiten, Digitalfotos im privaten Raum oder der Öffentlichkeit zu präsentieren, beflügeln auch die Unterwasser-Fotografie. Wer nicht weiß, was er seinem Schwiegervater zu Weihnachten schenken soll: Ein Kalender mit selbst geschossenen Fotos aus der unbekannten Unterwasser-Welt ist um ein vielfaches spektakulärer und persönlicher als eine weitere Krawatte mit Mickey-Maus-Motiv.

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