Rubrik: Aufnahmeeinstellungen

Segelfotografie Teil 2

2005-06-27 Die maritime Fotografie ist ein weites Feld, und um interessante Bilder zu bekommen, sollten einige Dinge beachtet werden. Im ersten Teil ging es um Aufnahmeeinstellungen und vor allem die Wirkung der Brennweite, dieser zweite Teil beschäftigt sich dagegen mit den Auswirkungen des Lichts und des Windes auf die Bildergebnisse.  (Benjamin Kirchheim)

   Das Licht schimmert durch das Segel und hebt es gegen den Himmel ab [Foto: MediaNord]

Die Beleuchtung bei der Wassersportfotografie ist immer das natürliche (Sonnen-)Licht. D. h. selbst an bewölkten Tagen steht meistens relativ viel Licht zur Verfügung. Am besten kann man jedoch mit Sonnenlicht arbeiten. Wichtig dabei ist möglichst klare Luft, denn sehr feuchte Luft führt zu diffusem Licht und starken Streuungen in der Atmosphäre, was in einem weißen Himmel am Horizont resultiert. Ein paar Schönwetterwolken am Himmel machen ein Foto auch wesentlich interessanter als ein rein blauer, langweiliger Himmel.

Der Stand der Sonne ist entscheidend dafür, wie das Motiv wirkt. Um die Mittagszeit ist das Sonnenlicht am ungünstigsten, da es sehr kalte Farben und vor allem harte Kontraste erzeugt. In den Schatten geht die Zeichnung Schlechtes Beispiel: Die harte, hoch stehende Sonne zerstört die Bildtiefe, die Segel sind überbelichtet [Foto: MediaNord]verloren, und gleichzeitig sind die meist weißen Segel und Rümpfe überbelichtet und zeigen ebenfalls keine Konturen. In der Mittagszeit ist es günstig, wenn sich ein paar Schleierwolken vor die Sonne schieben und das Licht streuen, was die Kontraste im Motiv mindert. Morgens und abends dagegen erzeugt die Sonne ein eher wärmeres, kontrastärmeres Licht. Gerade Holzteile bekommen bei warmem Licht viel natürlichere Farben. Auch heben sich in der Morgen- und Abendzeit die Segel besser gegen den dann dunkleren Himmel ab. Der allgemeine Spruch "mit der Sonne im Rücken gelingen die Fotos immer" hat auch keine Gültigkeit, denn mit der Sonne im Rücken wirken Fotos auf dem Wasser eher langweilig, flach und fast wie "angeblitzt". In den Segeln entsteht keine räumliche Tiefe, sondern sie sind (meist überbelichtet) weiß. Interessant wird es bei Streif- oder Gegenlicht, wobei Gegenlicht hier nicht bedeutet, dass die Sonne genau von vorne, sondern dass sie im Winkel von 15 bis 45 Grad von vorne kommt. Bei direktem Gegenlicht erhält man schöne Scherenschnitte und viele tausend Reflexe der Sonne auf dem Wasser.

   Streiflicht hebt jede noch so winzige Falte in den Segeln hervor [Foto: MediaNord]
 

Da Segelboote ihren Kurs immer nach dem Wind richten müssen, kann man hier einfache Regeln zur Fotografie ableiten. Wenn Segelboote gegen den Wind fahren möchten, müssen sie aufkreuzen, sich ihrem Ziel auf einer Zick-Zack-Linie nähern, da der Kurs bei den meisten Segelbooten maximal 40° am Wind ist. Kreuzt ein Boot gegen den Wind auf, sollte die Sonne möglichst aus derselben Richtung wie der Wind kommen. Fotografiert man dann von Lee, wird das Deck einer Yacht sichtbar und vom Licht schön modelliert, die Segel bekommen räumliche Tiefe, weil die Nähte durch Schattenwurf sichtbar werden. Daraus ergibt sich die Regel, dass man von einer kreuzenden (hoch am Wind segelnden) Yacht bei Ostwind am besten vormittags Fotos von Lee macht und bei Westwind nachmittags. Dasselbe gilt für Fotos unter Spinnaker (ein Spinnaker ist ein großes, rundliches, oft buntes Segel, das wie ein Teil eines Heißluftballons aussieht), wenn man das Boot auf sich zusegeln lässt. Für ein schönes romantisches Sonnenuntergangsbild unter Spinnaker hingegen, wo das Boot von hinten aufgenommen in die Sonne segelt, benötigt man östliche Winde.

Das Streif-/Gegenlicht lässt den Spinnaker leuchten, durch die lange Brennweite wurde der Vorschiffmann eingefangen, wie er versucht, das Segel zu bändigen [Foto: MediaNord]   

Besonders interessant wird es auf See, wenn die Sonne sich verkriecht und der Wind stark auflebt, so dass Steuermann und Crew alle Hände voll zu tun haben, die Segelyacht im Griff zu behalten und sich gegen die Naturkräfte wie weiß schäumende Wellen und böigen Wind zu behaupten. Dann wird es auch sehr anspruchsvoll, sich auf dem Boot zu halten und die Hände zum Fotografieren frei zu haben. Die Kamera sollte gut gesichert werden, denn das Verlustrisiko ist auf dem Wasser nicht unerheblich, vor allem, wenn man das Gleichgewicht auf dem schaukelnden Boot verliert. Auch können Objektiv und Kamera den einen oder anderen (Salz-) Wasserspritzer abbekommen. Ein gutes Ledertuch (trangegerbtes Rehleder, ausgewaschen mit grüner Seife) oder ein modernes Mikrofasertuch sollte dann immer griffbereit liegen, um die Linse abwischen zu können. Auch gibt es diverse Beutel oder gar Unterwassergehäuse für Kameras, die vor Spritzwasser schützen, das Fotografieren aber meist unbequem machen. Auf jeden Fall ist hier Vorsicht geboten, denn die mit Elektronik voll gestopften Kameras sind gegen Wasser im Inneren sehr empfindlich.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.