Rubrik: Bildbearbeitung

Perfekte Architekturaufnahmen – Shift-Objektiv per Bildbearbeitung

2001-06-18 Jeder kennt den Effekt: Fotografierte Gebäude sind auf Fotos unten breiter als oben. Das nehmen wir oft klaglos hin, aber irgendwie stört es doch. Profis verhindern das Zusammenlaufen der Bildlinien durch die Verwendung teurer Shift-Objektive. Wir zeigen Ihnen, wie Sie ein solches Ergebnis per Bildbearbeitung realisieren.  (Jan-Markus Rupprecht)

   Fototipp - Shift-Objekte - Ausgangsbild [Foto: MediaNord]
Fototipp - Shift-Objekte - ausrichten [Screenshot: MediaNord]
Fototipp - Shift-Objekte - Arbeitsfenster vergrößern [Screenshot: MediaNord]
Fototipp - Shift-Objekte - Hilfslinien setzen [Screenshot: MediaNord]
Fototipp - Shift-Objekte - perspektivisch verzerren [Screenshot: MediaNord]
  Fototipp - Shift-Objekte - Endergebnis [Foto: MediaNord]
  
Durch die niedrige Kameraposition des Fotografen mit nach oben geneigtem Objektiv ist das Dach des Gebäudes weiter entfernt als das Erdgeschoss. Das Dach erscheint deshalb kleiner und die Wände laufen nach oben scheinbar zusammen. Dies verstärkt sich, je mehr wir uns dem Gebäude nähern und je höher das Gebäude ist. Der Effekt wird gerne gestalterisch eingesetzt, oft aber ist er unerwünscht. Besonders störend macht sich das gleiche Phänomen auch bei Sachaufnahmen bemerkbar: Ein leicht von oben fotografiertes Motiv scheint sich nach unten zu verjüngen. Verhindern kann man dies, indem man die Kamera nicht schräg nach oben oder unten, sondern exakt gerade richtet. Das liefert bei der Sachfotografie aber oft nicht mehr den gewünschten Blickwinkel und ist bei Gebäuden meist gar nicht möglich (dazu müsste man ein mehrere Meter hohes Gerüst aufbauen, um die Kamera auf halber Gebäudehöhe zu montieren).

Zumindest lindern kann man den Effekt etwas, indem man sich so weit wie möglich von dem Objekt entfernt und es mit einer möglichst langen Brennweite aufnimmt. Profis verwenden statt dessen ein so genanntes Shift-Objektiv (von englisch to shift = verschieben), bei dem die optischen Achsen der Linsengruppen gegeneinander verschoben werden und den Effekt damit optisch ausgleichen. Dies ist eine elegante Lösung, allerdings sind derartige Objektive auch sehr teuer. Wir zeigen Ihnen deshalb hier am Beispiel von Adobe Photoshop, wie Sie Ihre Digitalfotos elektronisch entsprechend korrigieren können. Grundsätzlich geht dies aber mit jedem Bildbearbeitungsprogramm, das ein Verzerren von Bildern ermöglicht.

  • Öffnen Sie das Bild und richten es ggf. durch leichtes Drehen aus, so dass horizontale Linien (z. B. der Dachfirst) im Bild exakt waagerecht oder vertikale Linien in der Bildmitte (z. B. Fensterkreuze) exakt vertikal liegen (Bild 2 und 3).
  • Ziehen Sie das Arbeitsfenster breiter, so dass links und rechts vom Bild etwas Platz entsteht (alternativ vergrößern Sie die Bildfläche oder legen ein neues, leeres Bild an, das breiter als Ihr Original ist; dort fügen Sie Ihr Bild mittig über die Zwischenablage ein).
  • Ziehen Sie sich Hilfslinien an markante vertikale Linien im Bild, z. B. an die Außenmauern links und rechts. Die Hilfslinien sollen die schrägen Bildlinien an den jeweils äußeren Punkten berühren (Bild 4).
  • Markieren Sie das gesamte Bild (bzw. den Teil, der das Originalbild enthält).
  • Wählen Sie in Photoshop die Funktion "Perspektivisch verzerren..." (im Menü "Bild, Transformieren"; steht diese spezielle Variante in Ihrem Programm nicht zur Verfügung, tut es auch ganz normales Verzerren).
  • Ziehen Sie die Anfasser in den Bildecken nach außen, so dass die ehemals schrägen Bildlinien auf den Hilfslinien zum Liegen kommen (Bild 5).
  • Wählen Sie den endgültigen Bildausschnitt und speichern Sie das Bild.

Noch einige Hinweise: Da Sie Teile des Bildes breiter ziehen, leidet die Schärfe etwas; deshalb empfiehlt es sich, das ganze Bild anschließend etwas scharf zu zeichnen. Erfordert das Originalbild eine extrem starke Korrektur, sollte man von der Bearbeitung lieber absehen (unser Beispielbild ist bereits solch ein Grenzfall) oder evtl. keine vollständige Korrektur durchführen, d. h die eigentlich lotrechten Linien doch noch ein wenig schräg lassen. Um eine optimale Qualität zu erhalten, sollten Sie schon bei der Aufnahme dafür sorgen, dass Sie später so wenig wie möglich in der Bildbearbeitung korrigieren müssen. Entfernen Sie sich also so weit wie möglich von dem Motiv und verwenden Sie eine lange Brennweite. Dabei keinesfalls in die Hocke gehen, sondern möglichst eine erhöhte Position einnehmen. Wenn Ihre Kamera einen schwenkbaren Monitor besitzt, können Sie sie sogar mit ausgestreckten Armen über Ihrem Kopf halten. Wenn Sie auch die durch die Weitwinkel-Aufnahme entstandene und durch unsere Bearbeitung noch verstärkte, tonnenförmige Verzeichnung korrigieren möchten, lesen Sie den Fototipp "Verzeichnung von Objektiven korrigieren (I).

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Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.